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Robert Owen ( spr. Ohn) wurde am 14. Mai 1771 zu Newtown, einem Landstädtchen in Montgommeryshire, Wales , England, geboren, wo sein Vater Krämer und Posthalter war. Die Mutter stammte aus einer geachteten Pächterfamilie, Namens Williams. Der alte Owen, obgleich nicht vermögend ein ihm von Rechtswegen gehöriges Grundstück, das jährlich 500 Lstrl. einbrachte, behauptete er durch die Gewissenlosigkeit seines Advokaten verloren zu haben lebte doch in auskömmlichen Verhältnissen, und nahm lebhaften Antheil an der Gemeindeverwaltung. Robert, das jüngste von sieben Geschwistern, war als Kind sehr schwächlich, namentlich litt er an schwerer Verdauung, was ihn früh zu einer fest geregelten und außerordentlich mäßigen Lebensweise veranlaßte. Diese strenge Diät, welche er sein ganzes Leben lang mit eiserner Konsequenz durch= führte, erreichte ihren Zweck: derschwächliche Knabe wuchs zu einem Mann heran, welcher den höchsten förperlichen und geistigen Anstrengungen gewachsen war und trotz ruheloser Arbeit weit über das gewöhnliche Menschenalter hinauslebte und bis zum letzten Tag sich das Feuer der Jugend bewahrte.
Im fünften Jahr wurde der kleine Robert in die
Schule geschickt; er lernte so eifrig, daß er schon mit sieben Jahren( nach der in England noch jetzt herrschenden Sitte) zum Unterricht der jüngeren Schüler verwandt wurde. In seinen Freistunden las er mit Heißhunger alle Bücher, deren er habhaft werden fonnte besonders No
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und geschichtliche Werke. Seine Eltern, die zwar der Staatskirche angehörten, jedoch freundschaftlichen Umgang mit Bekennern anderer Sekten hatten und von Fanatis
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Kinder schon häufig, Robert noch niemals gezüchtigt worden war, und verabreichte dem Knaben, der seine Unschuld betheuerte, eine Tracht Hiebe.„ Willst du eingestehen, daß du ungehorsam warst?" Nein!" Eine zweite Tracht, kräftiger als die erste. Willst du jetzt eingestehen, daß du ungehorsam warst und die Strafe verdient hast?"" Nein! Und wenn du mich todtschlägst!" war die Antwort des jungen Rebellen, dem keine Wimper zuckte. Der Vater gab sich besiegt; die Sache wurde aufgeklärt, und Robert erhielt nie mehr eine körperliche Züchtigung. Diesen Vorgang hat er nicht vergessen, und zog später die Moral daraus. Mit neun Jahren hatte er gelernt, was in der Schule von Newtown zu lernen war, und kam nun zu einem Krämer in die Lehre, blieb jedoch im elterlichen Hause wohnen. Dies behagte ihm aber nicht lange, er wollte die Welt sehen, und als er das zehnte Jahr zurückgelegt, schickte man ihn zu einem älteren Bruder nach Lon don , der ihm bald eine Stelle bei einem Kaufmann in Stamford , einem Herrn Mac Guffog, verschaffte. Von seinem neuen Lehrmeister, der sich müh
mus frei waren, legten dem Forschersinn des Knaben keine Zwangsjacke an, so daß derselbe sich ziemlich ungehemmt und naturwüchsig entwickeln konnte. Der Umstand, daß Christen, Muhamedaner und Juden einander hassen, und namentlich, daß auch die Christen der verschiedenen Konfessionen sich gegenseitig befehden, ließ in der Seele des Knaben sehr früh den Gedanken aufkeimen, daß allen vorhandenen Religionen ein falsches Prinzip zu Grund liegen müsse.
Wie schon gesagt, er war ein schwächliches Kind; und da er auch folgsam und willig war, blieben ihm körperliche Züchtigungen in der Schule wie im elterlichen Hause fast gänzlich erspart. Die seltenen Ausnahmefälle machten einen um so tieferen Eindruck auf ihn, empörten sein innerstes Wesen. Einmal hatte er einen Befehl der Mutter mißverstanden und deshalb nicht richtig befolgt. Der Vater holte die Peitsche, mit welcher die übrigen
sam zu Wohlstand emporgearbeitet hatte und in jeder Beziehung ein braver, charakterfester Mann war, empfing er eine ebenso humane Behandlung als tüchtige Geschäftserziehung. Der junge Owen blieb hier vier Jahre, und benutzte seine Zeit vortrefflich. Jede Minute, die er sich vom Geschäft erübrigen konnte, verwandte er auf Lesen und Studiren. Obgleich er sich hauptsächlich mit den so genannten exakten Wissenschaften, Mathematik, Naturwissenschaften und Geschichte, beschäftigte, so grübelte er doch auch viel über religiöse Gegenstände und festigte sich in seinen
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Zweifeln. Um so bedeutsamer und den künftigen Staatsreformer ankündigend, ist, daß er schon damals die Sonntagsfeier ihrer religiösen Umhüllung zu entkleiden suchte, und als eine wohlthätige Schutzmaßregel für die arbeitende Menschheit auffaßte. Das Arbeiten am Sonntag und die sonstigen Entheiligungen des Sabbath", deren allwöchentlicher Zeuge er war, empörten ihn so, daß er dem Haupt der Regierung( Pitt) einen langen Brief schrieb, in welchem er strenge Beobachtung der Sonntagsgesetze verlangte. Natürlich wanderte der Brief in den Papierkorb. Ein eigenthümliches Zusammentreffen aber ist es, daß der erste öffentliche Aft Owen's gleich dem Proudhon's die Befürwortung eines wöchentlichen Ruhetags war. Wir werden später noch einem zweiten Reformvorschlag begegnen, mit welchem der englische Sozialist dem französischen um viele Jahre vorausgeeilt ist. ( Fortseßung folgt.)