Nun fam's wie ein Seufzer aus des Mädchens Brust und ihre Augen sahen fast bittend zu ihm hinüber.
,, Es ist viel zu schlecht für Sie, jetzt seh' ich's ein; seien Sie nur nicht böse...."
,, Böse? Ich könnte es werden, wenn Sie solche Redensarten machen wie ein zimperliches Bourgeoisdämchen, das, weil ihr selber nichts mehr gut genug ist, dies auch bei Andern voraussetzt. Unter uns paßt das nicht. Wir Arbeiter sind eine Familie und haben gleichgeartete Mägen, Brot"- und er schnitt ein tüchtiges Stück davon ab, Brot muß uns so lange befriedigen, bis wir uns das Fleisch dazu erkämpft haben."
Ein zweiter tiefer Athemzug schien Mietz von der bisher ungekannten Beklemmung vollständig zu befreien, und ihre alte Munterkeit brach wie ein Sonnenstrahl hervor.„ Er ist ja gar nicht verwöhnt, und eklig schon gar nicht!" rief sie, freudig in die Hände klatschend.
" Hat mich der Hilpert so arg verleumdet?"
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,, nein, die Fanny oder eigentlich auch nicht ich dummes Ding habe diese abscheuliche Meinung von Ihnen gefaßt und die langen krummen Beine, die ich Ihnen gemacht habe, und die Stöpselnase da sehen Sie nur dieses lange Scheusal, das
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sollten Sie sein!" Beide brachen in ein schallendes Gelächter aus, und als ob es ihnen Vergnügen gemacht hätte, ihre Freudigkeit und ihre jugendlich hellen Stimmen zu vermischen, brachen sie immer wieder von neuem los und konnten sich gar nicht beschwichtigen.
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,, Er ist zu köstlich, ein unvergleichlich arroganter Kerl, aber wie hübsch gemacht, und das modelliren Sie? sagen Sie mir doch Ihren Taufnamen." ,, Marie."
,, Fräulein Marie?"
Wenig fehlte, so hätte sie ihm grade in's Gesicht gelacht. ,, Fräulein Marie- so hat mich noch Niemand genannt," meinte sie ,,, sie sagen Alle Mietz zu mir."
,, Dann will ich Sie auch so nennen, Mietz."
Marie nickte sehr zustimmend; aber sie hatte jetzt bemerkt, wie dünn er sein Butterbrot bestrich, und das wollte sie nicht leiden.
,, So gar viel sparen brauchen Sie auch bei mir nicht, das will ich schon verantworten; geben Sie her, ich will's Ihnen aufstreichen. Ich hätte noch etwas, wenn Sie's mögen, rothe, frische Radieschen."
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" Her mit den Radieschen!"
„ Und dannach, daß ich auch nicht gleich daran dachte," und sie nahm eilig ihr Tuch von einem Wandnagel. ,, Wohin wollen Sie?"
,, Nach Bier."
,, Bleiben Sie nur hier."
Wenn Sie aber durstig sind, recht durstig?"
,, Dann trint' ich auch Wasser."
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,,, das können Sie schon haben und sogleich, frisches, köstliches Wasser."
Sie nahm einen Glaskrug und war im Nu aus der Thür. Eine Minute später war sein Glas vollgefüllt, rasch geleert und von ihr wieder gefüllt. Er aber schnitt mit hausväterlicher Würde zwei weitere Schnitten ab und schenkte das Glas voll.„ Mietz, Sie müssen mithalten und sich da hübsch mir vis- à- vis setzen, dann wird mir's noch einmal so gut schmecken. So, streichen Sie nur gleich in Vorrath!"
Mietz, die sonst immer hungrige Mietz, aß heute nur einige Bissen, sie hatte nicht Zeit dazu, fie mußte zusehen, wie es ihm schmeckte, und es dünkte ihr das eine sehr angenehme Unterhaltung. Er aß mit so vielem Behagen und seine Augen glänzten dabei so zufrieden. Als sie zum Dessert Fanny's zwei kleine angebrannte Kuchentheile auftrug, da war die Bankettstimmung vollständig; auch die Toaste fehlten nicht. Klings, Klings , sie stießen an: Auf das Wohl meiner kleinen Hauswirthin, Mietz soll leben und wachsen!" ,, Auf Ihr Wohl und auf das Ihrer Kameraden, die Schlosser sollen leben!"
"
,, Ein Hoch den deutschen Mädchen!"
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,, Ich lasse die Engländer leben und dafür kannst du dich bedanken, du Kleiner," und sie stellte ihr Thonmännchen vor sich und ließ es solange Knire machen, bis es in der Mitte auseinanderbrach. Jetzt sollte ihr Denk etwas von diesen spaßigen Leuten, den Engländern, erzählen. Als er ihr willfahrte, hörte sie ruhig und aufmerksam zu, als er aber aus seinem Kofferchen fleine Photographien nahm und ihr die Straßen, Gärten und Paläste Londons zeigte, und zuletzt das Fabrikgebäude, in dem er arbeitete, da war des Fragens kein Ende. Jetzt wollte sie alles wissen, alles sehen, die Fenster des Saales, in dem er arbeitete, die Thür, wo er hineinzugehen pflegte, und den großen breiten Ausgang; und mit einer Art von Begeisterung erhob sie ihr Glas.
,, Wir trinken noch auf das Wohl dieser Fabrik, in der Alles so schön und bequem ist und in der es Ihnen so gut gefallen muß, nicht wahr?"
Er hatte kein Wasser mehr in seinem Glase, der ganze Vorrath war ausgetrunken. Sie nahm den Krug und lief abermals hinunter. Sie schöpfte lange, das Wasser sollte recht frisch sein. Als sie nach einer Weile wieder in's Zimmer trat, hörte sie die tiefen, gleichmäßigen Athemzüge eines Schlafenden: die Müdigkeit hatte ihn überwältigt; sein Kopf ruhte auf den untergelegten Armen am Tische, das blondgelockte Haar fiel ihm tief in die Stirne und verlieh dem kühn gezeichneten Profile einen idealen Ausdruck. Er war schön, und wie Mietz so vor ihm stand, faltete sie unwillkürlich ihre Hände. Da holte die alte Schwarzwälder Uhr aus und schlug neun.
( Fortseßung folgt.)
II. ( Fortsetzung.)
Haushälterin. Sie ist gleichsam die älter gewordene Freyja, Freyja als Hausfrau. Unter dieser gütigen, aber gegen die Dergleichen Malstätten oder Freisteine standen unter dem Faulen, Neidischen und Schuldigen strengen Göttin standen also Schuße der Göttin Holda, der Frau Holler oder Uller. In die Dingstätten des ungebotenen, heimlichen Gerichts, das beihrem Gefolge finden wir die Klagefrauen, die Klagemuhmen, kanntlich noch Jahrhunderte lang in der christlichen Zeit in Ehren gespenstige, fliegende Wesen, deren Stimmen im Walde flüstern, gehalten und gepflegt wurde. Wie sich nun Holda in den Klageraunen und muhen. Die Klagemuhmen des Harz, welche an muhmen, den wilden Frauen vervielfältigt und diese an die vielen Orten auch wilde Frauen genannt werden, sind die Ver- Stelle jener treten, so treten wiederum nach Grimm's Mythologie vielfältigung der Holda, welche um den Verlust ihres Mannes die Heren an die Stelle dieser wilden Frauen, und überall, wo ebenso untröstlich weint, wie Freyja um ihren Sonnengemahl, wir Freisteine und Malstätten finden, begegnen wir auch dem der in der Sommersonnenwende stirbt. In dieser Beziehung Herensabbath der Walpurgisnacht. fallen Holda und Freyja zusammen. Auch ist Holda in manchen Sagen die Gemahlin des im Berge schlafenden Wodan. Im Kyffhäuser ist sie Kaiser Rothbarts( des verwandelten Wodan's)