,, Aber um Gotteswillen, was ist denn geschehen?" fragte Konrad. Ich war des Todes erschrocken, als ich Sie hier im Blute liegen sah. Wir müssen zum Doktor schicken."
,, Sie sind fort, nicht wahr?" sagte Berner und richtete sich auf. ,, Wen meinen Sie denn? Ich habe Niemanden hier angetroffen, die ganze Straße war leer, weit und breit kein Mensch zu sehen.“
Berner stand auf, stützte sich auf Konrad's Arm und ließ sich von ihm nach der Laube führen.„ Ich danke Ihnen recht sehr," sagte er mit leiser Stimme.
,, Aber nun sagen Sie mir doch um Gotteswillen, was ist denn eigentlich geschehen?" fragte Konrad wieder, als sie in der Laube saßen.
Berner schüttelte den Kopf. Ein andermal, lieber Herr Konrad," antwortete er matt. ,, Wollen Sie mir einen Gefallen thun?" ,, Mit größtem Vergnügen, Herr Berner, befehlen Sie über mich," rief Konrad eifrig.
,, Man hat den alten Frommelt fortgeschleppt die Polizei hat es gethan- Sie kennen die Geschichte mit seinem Sohne und dem Grafen Falkenburg?"
Konrad nickte bestätigend.
-
-
-
sich
382
,, Er hatte den verrückten Wahn," fuhr Berner mit großer Bitterkeit fort ,,, die Unschuld seines Sohnes beweisen und die Bestrafung des Mörders fordern zu müssen. Dafür hat Dafür hat man ihn jetzt in's Gefängniß geschleppt- auf schändliche empörende Weise. Bitten Sie Herrn von Rabenberg, des armen, alten Mannes anzunehmen, den man morden wird wie man seinen Sohn gemordet hat wenn ihm nicht schnelle Hülfe wird. Er muß auf dem langen Wege zusammenbrechen. Eilen Sie, eilen Sie!" Das Sprechen strengte Berner an, er mußte tief Athem holen.
-
Konrad wollte sich von ihm näheren Aufschluß geben lassen, aber das erschöpfte Aussehen Berner's hielt ihn von neuen Fragen zurück. ,, Ich werde es gewissenhaft besorgen," sagte er.„ Aber kann ich nicht Etwas zu Ihrer eigenen Erleichterung thun? Sie sehen so blaß ausach, was wird das gnädige Fräulein sagen?" ,, Es ist nur vorübergehend, Herr Konrad, ich habe mich schnell erholt. Aber wollen Sie noch einen Auftrag über
"
nehmen?"
-
-
,, Befehlen Sie über mich wieder eifrig. Was soll ich thun?"
,, Bitten Sie Herrn von Rabenberg, sich mit dem Abschluß der Heirath nicht zu übereilen." In Konrad's Gesicht trat der Ausdruck großer Spannung.„ Er soll sich nicht übereilen," fuhr Berner fort.„ Es ist nicht Alles Gold, was glänzt. Nur wenige Tage noch soll er warten."
,, Sie können es schon glauben. Ich rede nicht im Fieber. Aber nun eilen Sie, eilen Sie, ehe es zu spät ist."
-
"
,, Ich weiß wirklich nicht, ob ich noch der alte Konrad bin," sagte der alte Diener, sich mit Leichtigkeit auf dem Absatze umdrehend;„ ich komme mir ganz verändert vor. Ich bin wieder jung, ich könnte singen und springen. Jetzt ist mir Alles klar," fuhr er ruhiger fort. Mit Gottes Hülfe wird es mir jetzt gelingen, die Schurken zu entlarven und die Verschwörung aufzudecken. Aber Sie wissen ja noch gar nichts von den großen Entdeckungen, die ich gemacht. Es war eine Erbschleicherei im Werke, eine himmelschreiende Erbschleicherei. Werden Sie nicht ungeduldig das müssen Sie wissen, ich springe dann zum Schloſſe. Sehen Sie, die Güter des Herrn von Rabenberg wären nach dem Erbrecht an seinen ältesten Sohn gefallen, unsern gnädigen Herrn. Aber er enterbte ihn und machte den jüngern Sohn zum Erben. Später that es ihm leid, er machte einen Nachtrag zum Haupttestament und theilte die Güter. Den Nachtrag stahl der Heilmann, der Bruder wurde Haupterbe und jetzt verkauft Heilmann sein Geheimniß dem bankerotten Grafen aber um Gotteswillen, wie sehen Sie aus?" unterbrach er seine Mittheilungen, die in größter Schnelligkeit flossen. Daß ich doch das Schwazen nicht lassen kann."
-
Der starke Blutverlust hatte Berner sehr schwach gemacht, er war einer Ohnmacht nahe. Konrad bespritzte ihn mit Wasser und gab ihm zu trinken. Bald erholte er sich wieder.
„ Ich darf Sie nicht allein lassen," sagte Konrad. Hoffentlich kommt bald ein Nachbar vorüber, den ich nach dem Schlosse schicken kann."
"
,, Es geht schon wieder vorüber," sagte Berner. Blumenthal muß auch bald kommen. Eilen Sie nur nach dem Schlosse und schaffen Sie Fuhrwerk für Frommelt, seine schwache Kraft reicht nicht weit. Bitte erfüllen Sie meinen Wunsch, es kommt auf Minuten und Sekunden an."
-
-
Konrad erhob sich, brachte Berner noch frisches Wasser und eilte dann zum Schloß, um Hülfe zu holen.
*
*
*
Auf dem Rückwege nach Schönenberg holte Blumenthal eine befehlen Sie nur!" rief Konrad alte Frau ein, die am Stocke langsam sich fortbewegte und bei seiner Annäherung erschöpft stehen blieb, um sich den Schweiß von der Stirn zu trocknen. Sie mußte nicht aus der Gegend sein, wenigstens erinnerte Blumenthal sich nicht, sie vorher schon gesehen zu haben. Auch ihr Anzug deutete nicht auf eine Bewohnerin des Kreises; er war zwar ärmlich, aber doch ungemein sauber und ordentlich. Recht angenehm fühlte Blumenthal sich von ihrem Gesichte berührt, das einst schön gewesen sein mußte. Seine rauhen Zeichen hatte darin das Elend zurückgelassen, aber doch nicht alle Spuren vertilgt, die an einen sonnigen Frühling erinnerten. Was Blumenthal besonders fesselte, das waren die freundlichen Augen, die zu ihm aufblickten, als er grüßend stehen blieb. Tiefer Friede sprach aus ihnen, ein harmonisch abge= schlossenes Leben, eine seltene Erscheinung in der trostlosen Wüste des Hungers.
,, Was haben Sie denn?" fragte Konrad begierig.
,, Aa' sein Reichthum ist erlogen- der Graf ist ein Schmuggler." Konrad stand da, als sei er zur Säule erstarrt. Er bedurfte einiger Zeit, ehe er das, was Berner gesagt, zu fassen vermochte. ,, Ist so Etwas möglich?" rief er." Theilen Sie mir Alles mit," bat er, Berner's Hände erfassend und drückend.„ Sie geben uns das Leben wieder!"
-
-
-
Berner schüttelte mit mattem Lächeln den Kopf. Heute nicht, Herr Konrad," antwortete er. ,, Morgen sollen Sie Alles erfahren. Was ich Ihnen sage, ist wahr, verlassen Sie sich darauf. Noch Eins auch der Waldvertrag ist gefunden Graf Falkenburg verliert dadurch den werthvollsten Theil seines Besitzthums gelingt es uns, den Wiesenvertrag aufzustöbern- dann ja dann ist er nicht viel mehr als ein adliger Bettler." Nein! nein! ist so etwas möglich!" sagte Konrad, sich die Augen reibend. Mir wird ja von alledem, was Sie mir sagen, ganz wire im Kopfe! O, meine Ahnung-meine Ahnung! Was wird nun der gnädige Herr und was erst das gnädige Fräulein sagen? D, es wird nicht mehr weinen, nicht mehr flagen, es wird heiter, es wird glücklich werden. Ach, wenn Sie wüßten, was die Alles in diesen Tagen durchgemacht! Das war zum Erbarmen. Aber Herr Berner, es ist doch wahr, es ist doch wirklich wahr, was Sie sagen? Sie treiben feinen Scherz mit mir?" Er ergriff wieder seine Hände und drückte sie.
-
,, Ein schattenloser Weg," sagte Blumenthal,„ bei der Hize ermüdet selbst ein jüngerer Fuß."
Sie nichte mit dem Kopfe. Weiter hinauf soll der Weg ja besser werden," erwiderte sie.
Wenn Sie nach Waldau oder nach der Falkenburg wollen, dann wird er schattiger."
,, Das ist wohl die Falkenburg?" fragte sie, auf deren Thürme deutend ,,, die Thürme sehen recht finster aus."
,, Wie der ganze Bau und die Menschen darin," antwortete Blumenthal.
"
„ Es gehört ja zur Falkenburg ein großer Wald," sagte sie, ohne aufzublicken, wie man mir erzählte, soll er noch größer als der Wald am Schloffe Rabenberg sein."
,, Ja, er ist beträchtlich umfangreicher."
Schweigend setzten Beide ihren Weg einige Minuten fort, dann begann die alte Frau wieder: