zwei Gensdarmen ermordet; Vermorel waren durch eine Kanonen- kugel die Beine weggerissen und er hatte sein Ende in einem Versailler Hospital gefunden; Rochefort und Grousset lebten in der Verbannung in Genf , nachdem es ihnen gelungen war, sich durch eine beispiellos kühne Flucht aus der Strafkolonie zu Numea zu retten; die beiden Fonvielle's wohnten irgendwo in der Pro- vinz. Ich ging allein in den Straßen von Paris umher, suchte mir andere Bekannte und dachte oft wehmüthig der in so schreck- licher Weise umgekommenen Freunde, mit denen ich mich so manche Stunde an denselben Orten und Platzen, die ich nun allein wiedersah, von ihren politische» Hoffnungen und Aussichten unter- halten hatte. Ihre Hoffnungen hatten sich erfüllt. Das Kaiser- reich war gefallen. Auf dem Frontispiz der öffentlichen Gebäude laß ich wieder das Dogma der demokratischen Republik:Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit"; aber sie waren im Kampfe um dies Dogma umgekommen. Und doch waren erst fünf Jahre seit jener Zeit verflossen, wo ich sie alle im Kampfe sah! Welche Ereignisse waren seit diesen fünf Jahren über Paris dahingezogen! Am schmerzlichsten traten diese Erinnerungen an mich heran, als ich eines Tages das Gefängniß Saint Pelagie besuchte. St. Pelagie ist ein altes Haus; Jahrhunderte sind über seine Firste dahingezogen; anfänglich ein ZufluchtShaus für reuige Mädchen filles repenties hatte es nacheinander als Krankenhaus, Gefängniß und Strafanstalt gedient; während der großen Revolution hatte mancher Royalist und Priester in seinem kleinen Hofe den Todeskarren bestiegen, der ihn zum Schaffot führte. Das Gefängniß hatte noch ganz seine frühere Gestalt. Es war von einer hohen düstcrn Mauer umgeben, über deren Krone breite Thürme und Zinnen hervorragten. Der Eingang fand durch ein gewölbtes, düsteres Thor statt, welches dem Thor einer mittelalterlichen Zwingburg nur zu ähnlich sah. An ein Entkommen aus diesem gewaltigen, düsteren Gefängniß war kaum Zu denken. Die Räumlichkeiten deS Gefängniffes bestanden aus einer Reihe von düsteren Gebäuden, welche ein Dutzend kleiner Höfe flankirten. Sämmtliche Räumlichkeiten umschloß die durch den Odem von drei Jahrhunderten geschwärzte Riesenmauer. Heute war St. Pelagie zu einer Korrektionsanstalt für Ver- brechet eingerichtet, welche bis zu zwei Jahren Gefängniß ver- urtheilt waren. Seit der Regierung desBürgerkönigs" Louis Philippe hatte St. Pelagie aber noch eine andere Bestimmung erhalten. In St. Pelagie wurden alle Strafen für Preßvergehen abgeleistet. Zu dem Zwecke war in dem größten Hofe des Ge- fängnisses ein besonderes Corps de Logis erbaut worden. Es war ein stattliches Haus mit breiten Treppen, Korridoren und geräumigen Zimmern, welche durchaus nichts Gefängnißartiges an sich hatten. Seitdem es seine Bestimmung erhalten, führte es unter allen Kollegen von der Pariser Presse den scherzhaften Namen desPavillons der freien Presse". Es hat seine Be- stimmung auch während der Februarrepublik und während des Kaiserreichs beibehalten. Während der letzten beiden Jahre des Kaiserreichs, wo Louis Bonaparte seine letzte politische Komödie, die Komödie deS demokratischen Kaiserreichs, in Scene setzte und zu dem Ende die bis dahin in unerhörter Weise geknechtete Presse bis zu einem gewissen Grade entfesselte, waren die Räume des Pavillons der freien Presse" immer mitVerbrechern" überfüllt. Vermorel, Flourcns, Grousset, Delescluze, Rochefort, Fonvielle, alle Redakteure der Oppositionsblätter gegen dasdemokratische Kaiserreich" haben dort Wochen nnd Monate zugebracht; die Aus dem russischen Volksleben: Die letzte Reise.(Nach einer Photographie gezeichnet und geschnitten.) Siehe Seite 404.