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er durch Noth, Elend und Nohheit zum Stehlen oder anderen Verbrechen getrieben und zur Strafe gezogen wird, er mit dem frohen Bewußtsein im Zucht- oder Korrektionshaus fizzen kann, daß er und die Klasse der Inlieger, der er angehört, die Gefängnißkosten dem gutsherrlichen Beutel schon hundertfach vorausnehmen bezahlt hat... Der Inlieger, der das Schutzgeld wir es durchschnittlich zu 13 Thaler jährlich- 30 Jahre lang gezahlt und nicht ins Zuchthaus kommt, hat dem gutsherrlichen Beutel, von Zins und Zinseszinsen abgesehen, 40 Thaler baar hinwerfen müssen. Dafür verzinst der Herr ein bei der Landschaft( dem Kreditverein der Rittergutsbesitzer) aufgenommenes Kapital von mehr als 1000 Thalern.
,, Welch ergiebige Quelle die Herren Raubritter im Schutzgelde fanden, ergibt sich aus der Thatsache, daß in den meisten Dörfern eben so viel, oft noch mehr, Inlieger als Wirthe sind.
Wir erinnern uns eines der kleinsten Raubritter, der 3 Dominien besaß und von den in seinen 3 Dörfern befindlichen Inliegern jährlich 240 Thaler Schutzgeld erpreßte, womit er ein landschaftliches( auf sein Gut aufgenommenes) Kapital von 6000 Thalern verzinste.... ,, Naive Leute werden nach alle Dem vielleicht glauben, daß die Herren Ritter nun auch wirklich etwa entstehende Kriminalfosten aus ihren pränumerando( durch Vorausbezahlung) gefüllten Beuteln bezahlen? Solch naiver Glaube wird an der ritterlichen Spekulation völlig zu Schanden. Es sind uns aus den zwanziger wie aus späteren Jahren her eine Menge Fälle bekannt, wo die ritterliche Unverschämtheit nicht blos von den Inliegern das Schutzgeld erhob, sondern bei entstehenden Untersuchungsund Gefängnißkosten die geliebten Dorfunterthanen zur Tragung theils von 3, theils von 1/2, ja in mehreren Dörfern von 2/3 der Kosten zu zwingen wußte."
( Fortseßung.)
Da die vorhandenen Wohnungen den Anforderungen eines zivilisirten Lebens" nicht entsprachen, so ließ Owen nach seinen Angaben Cottages( Rothen, kleine Wohnhäuser) erbauen, welche mit geräumigen, luftigen Wohn- und Schlafzimmern, mit praktisch angelegten Küchen u. s. w. versehen waren, außerdem mit einem Gärtchen, um Gemüse, Obst und Blumen zu ziehen. Für die Kinder waren überdies gemeinsame Spielplätze hergestellt. Die neuen Wohnhäuser mit den dazu gehörigen Gärt chen und Spielplätzen wurden zu einem sehr niedrigen, blos die Zinsen des Anlagekapitals und die Unterhaltungskosten deckenden Miethe abgelassen, und, wie sich von selbst versteht, von den Arbeitern den bisherigen Hundelöchern" vorgezogen.
in England herrschende Durchschnittsmaß hinausreichende Bildung besaß. In der Fabrik wurde die Arbeit in ebenso humaner wie praktischer Weise organisirt. Strafen waren prinzipiell ausgeschlossen. Es wurden gute Löhne gezahlt und Owen setzte den Leuten auseinander, daß je besser sie arbeiteten, desto höhere Löhne gezahlt, desto besser für das Wohl der Arbeiter gesorgt werden könnte. Er verhehlte den Leuten nicht, daß auch die Eigenthümer der Fabrik sich besser dabei stehen würden, allein unter Hinweis auf das, was er zur Hebung der Lage der Arbeiter gethan und fortwährend that, konnte er auch mit gutem Gewissen erklären, daß die Fabrik selbst ihm nur Mittel zum Schwieriger, oder besser ausgedrückt: ein langwierigeres Unter- 3wed, und daß sein Zweck die Lösung des Problems sei: durch nehmen, war die geistige Hebung der Arbeiter. Hier mußte die Arbeit, welche bisher der Fluch des Arbeiters gezu gleicher Zeit ,, an zwei Enden angefangen" werden. Mit bloßer wesen, dem Arbeiter ein menschenwürdiges Dasein zu Erziehung der Jugend war es nicht gethan, auch die herange- sichern, dem arbeitenden Volk zu einer normalen förperlichen wachsene Generation durfte nicht in ihrer intellektuellen Verwahr- und geistigen Entwickelung zu verhelfen. Der einzige Zwang, losung bleiben. Für die Jugend wurde eine große Schule er- welcher geübt wurde, war ein moralischer: der Zwang der richtet, die binnen Kurzem, unter Owen's persönlicher Leitung, zu öffentlichen Meinung. Die Gesammtheit der Arbeiter bildete einer Musterschule wurde. Tüchtige Lehrer und Lehrerinnen so zu sagen ein Geschworenengericht, welches darüber entschied, wurden herbeigeschafft, welche unter strikter Ausschließung ob der Einzelne seine Schuldigkeit gethan oder nicht. Um diesem von körperlichen Züchtigungen selbst der leichtesten Art Gericht die nöthigen Grundlagen für die Fällung seines Urtheils die Kinder im Lesen, Schreiben, in Mathematik, Geschichte, Geo- zu geben, verfiel Owen auf das originelle Auskunftsmittel des graphie u. f. w. zu unterrichten, und vor Allem die freie Ent- ,, Silent Monitor", des stummen Mahners. Er ließ für faltung der geistigen Fähigkeiten, die Heranbildung zu jeden Arbeiter vier verschiedene Tafeln anfertigen: eine weiße, selbstständigem Denken, und die Entwickelung der Indi- gelbe, blaue und schwarze. Die erste bedeutete: gut; die zweite: vidualität und des Charakters in's Auge zu fassen hatten. ziemlich gut; die dritte: mittelmäßig; die vierte: ungenügend. Mechanischer Gedächtnißkram war verpönt und aus den ,, Neligions- Je nach der Wochenleistung des Arbeiters wurde nun eine dieser stunden" Alles verbannt, was der Vernunft und Moral zuwider vier Tafeln neben ihm aufgehängt, so daß jeder über den anlief und dem Sektenvorurtheil irgend welchen Vorschub leisten deren urtheilen konnte. Dieser Silent Monitor, dessen Pünktfonnte. Owen war sich zwar schon vollkommen bewußt, daß die lichkeit und Gerechtigkeit Owen selbst auf das Wachsamiste konReligion als solche mit der Vernunft und Moral im Widerspruch trolirte, hatte außerdem den Vortheil, daß den Arbeitern, welche steht das Wort Moral in dem einzigen vernünftigen Sinn ihre Schuldigkeit nicht gethan hatten, ein mündlicher Verweis der Sittlichkeit, das heißt: des vernünftigen menschlichen Handelns, seitens der Aufseher erspart wurde. Denn obgleich Owen bei genommen; allein er wagte es noch nicht, mit den religiösen Auswahl der Aufseher mit äußerster Sorgfalt zu Werke gegangen Vorurtheilen ganz zu brechen. Wie dem nun sei, Thatsache ist, war, so kannte er doch die menschliche Natur zu gut, um nicht daß die Owen'sche Schule vielleicht das Vorzüglichste ist, welches zu wissen, daß die Befugniß, Erwachsenen einen Verweis zu ecje auf pädagogischem Gebiet geleistet, worden, und uns heute, theilen, etwas Entwürdigendes hat und zum Mißbrauch förmlich nach fast drei Vierteljahrhunderten als unerreichtes und, Dank herausfordert. Man kann allerdings einwenden, daß der Silent den Siegen des Intelligenzstaats", augenblicklich unerreichbares Monitor eine patriarchalische, schulmeisterliche Einrichtung war, Ideal vorschwebt. aber man muß bedenken, in welcher despotischen Abhängigkeit, in welcher entsetzlichen Verwahrlosung Owen die Arbeiter gefunden. Er wollte schulmeisterlich verfahren, er wollte die Arbeiter erziehen, und das ist eben sein unsterbliches Verdienst. Und was den Patriarchalismus anbetrifft, der allerdings der reformatorischen Wirksamkeit Owen's vielfach anklebt, so sind die Umstände und die Menschen in Betracht zu ziehen. In einer Werkstätte der Gegenwart würden freilich die Arbeiter an einem Silent
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Für die Erwachsenen wurden Unterrichtsklassen, Lesezimmer und eine Bibliothek eingerichtet, und trotz der Abwesenheit jeglichen äußeren Zwanges war die Betheiligung der Arbeiter eine allgemeine, so daß in einer vergleichungsweisen furzen Zeit New Lanark mit Ausnahme der frisch Eingewanderten und der Greise keinen erwachsenen Bewohner hatte, der nicht lesen und schreiben konnte, und nicht eine gewisse, weit über das