hangen. Und in der That, diese Erscheinung ist blendend, sie ist bestrickend!

-

Das merkt wohl auch der Graf Friß von Feldersberg, der nun schon den ganzen Abend Ludmilla mit den ausgesuchtesten Aufmerksamkeiten überhäuft.

-

482

Innerhalb all' des Glanzes und Prunkes, des Rauschens und Duftens, das einen Jeden in dem strahlenden Raume umfluthet, und das finkt schon so das Herz in einen füßen Taumel, Frauenherz vor allem, wenn es weiß, daß Hunderte von glühenden Männeraugen blitzend dem schönen Weibe folgen, daß Hunderte von zuckenden Frauenblicken neidvoll auf sie schauen, ach, das Frauenherz ist dann vor allem in einer seltsamen Er­

regung.

-

Sie ist ganz von süßem Wonnegefühl durchdrungen, sie träumt sich, ja, sie weiß sich als die Königin des Balls, die mur ihren Zauberstab über alle die hier Durcheinanderschwirrenden und Plaudernden zu schwingen braucht, um jeden Blick nur allein auf den Glanz ihrer Schönheit zu bannen, sie ist trunken vor Glück, die Tochter des Geheimraths, und erwidert mit strah­lenden Augen die Artigkeiten, welche der Graf Fritz von Felders­berg ihr erweist.

-

-

Hat Gertrud jene strahlenden Augen gesehen und die flam­menden Blicke Ludmilla's, die ,, glückliche" Gertrud, welche dort am Ende des Saales an einem statuengeschmückten Pfeiler lehnt? Ich weiß das nicht; aber sie sah jetzt so aus, als wären ihre Gedanken weit fort geflogen aus dem schimmernden, rauschenden Ballfall, weit, bis zu den Gräbern der Todten, bis zu dem Bilde eines Verstorbenen. Aber Niemand durfte sie so einsam stehen und trauern sehen, Ihre Erlaucht die Gräfin Gertrud von Feldersberg, darum wieder hinein in den wogenden Schwarm!

-

eines schmucken Kavaliers zwischen den Reihen der zur Seite Stehenden hin.

-

Und es ist reizend, wie die Frau Gräfin heute tanzt! Und wie oft sie tanzt! Sie gleitet aus dem Arme des Einen in den eines Andern.

-

-

Es ist auch am besten so: man vergißt am leichtesten die thörichten Träume und die Bilder Verlorener, Verstorbener. Nun ist es schon sehr spät geworden, und Gertrud möchte ihren Gemahl bitten, mit ihr nach Hause zu fahren; sie glaubt ja auch, daß die Equipage schon für eine frühere Stunde bestellt war, sie muß bereits draußen halten. Die großen, blauen Augen suchen im ganzen Saal umher, und die schlanke, geschmei­dige Gestalt ist schon von einem Ente zum andern geschwebt, ohne den Grafen zu finden.

-

-

Da. es ist in einem der kleinen Nebensäle sieht sie ein rosarothes Kleid schimmern, und ein kastanienbraunes Haar sieht sie wallen, und richtig! da schimmert eine glanzvolle Uniform, das ist die schlanke Gestalt des Grafen.

-

-

Und die graziösen Handbewegungen, die er zu machen ver­steht, Seine Erlaucht, um Ludmilla zum Sigen einzuladen, und, wie sanft sie sich hinschmiegt auf den rothen Sammetdivan, an die Seite des Grafen, das üppige, vom Glanz des Abends be­rauschte Mädchen!

-

Gertrud, ich glaube, Ludmilla lehnt sich weich an die Schulter des Grafen,- ich glaube, deine ,, beste Jugendfreundin" füßt deinen Gemahl. Gertrud, arme Gertrud!

-

-

Hätte sie nicht nur um den Pfeiler zu gehen brauchen, um einen Divan zu finden, auf dem sie niedersinken konnte, die Gräfin Gertrud von Feldersberg wäre an diesem Abend auf der Schwelle jenes kleinen Nebensalons mit einem Schrei des Ent­Nach wenigen Augenblicken schwebt das schöne Weib am Arm setzens zu Boden gefallen. ( Fortsetzung folgt.)

-

Plaudereien über das deutsche Theater und was dahin gehört.

( Schluß.)

,, Armes Volk! Jene Tyrannen und Untertyrannen wollen dir auch Kunstgefühl und Kunsterkenntniß anerziehen, sie, die den Geist der Freiheit, der in allem Erhabenen, so auch in der Kunst, die zeugende Kraft gewesen ist und bleiben wird, niemals geschmeckt, niemals mit den Flügeln schlagen gehört haben.

,, Es fehlt auch jetzt nicht an Stimmen, welche befürworten, daß die Regierung wiederumt, wie in den früheren Zeiten, eine strenge Kontrole über die Theater, ja über die Erziehung der Schauspieler in Theaterschulen, ausübe. Wenn das eintreten würde, würden wir in dieser Zeit gar bald mit pathetischen Worten jene preußisch- liberalen Grundsätze von der Bühne herab predigen hören, und das Gift des Absolutismus würde noch leichter in die Herzen des Volks fließen, als es bis jetzt schon in Zeitungen und Schulen geschieht. Nein, wir bessern nichts badurch, wenn wir das Theater zu einer moralischen Erziehungs­anstalt machen, auch dann nicht, wenn wir dieses Wort im edleren, im Schiller'schen Sinne verstehen. Die Kunst, das ist seit Alters her ihre charakteristische Eigenthümlichkeit, verliert den hohen Kernwerth ihres Wesens, wenn man sie zur Gouvernante mit einer Brille auf der Nase macht, oder gar, was noch viel schlimmrer ist, zu einem anatomischen Moralobjekt. Das Letztere ist vielleicht noch schlimmer als das Erstere, und würde jeden anständigen Menschen ungefähr so anmuthen, wie wenn die alten Griechen die schöne Aspasia, deren Anblick wie die alten Schriftsteller berichten finnberückend und doch zugleich moralisch wirfte, anatomisch zerlegt hätten, um die Schönheit der Aspasia nicht nur bewundern, sondern auch begreifen zu können. Wenn sie den klugen und guten Perikles vivisezirt( lebendig zerschnitten) hätten, um in den zuckenden Nerven des Herzens und des Kopfes die Ursache so' cher menschlichen Herzens- und Geistesgröße zu entdecken.

-

-

So wie die natürliche Schönheit und Gutheit unmittelbar

Herz und Sinn der unbefangenen naiven Zuschauer einnimmt, so soll es auch die durch menschliche Kunst erzeugte. Diese Un­mittelbarkeit des Zeugens seitens der Kunst und Empfangens seitens des Publikums ruft allein die Begeisterung hervor, welche ideale Freuden im Gegensatz zu materiellem Genusse schafft.

,, Ist aber eine Anleitung zu jenem Genuß von Seiten Kunst­verständiger ganz und gar zu verachten? Gewiß nicht, aber das geschehe nicht im Theater, einem der wenigen Orte, wo das Volk Gelegenheit hat, in edler Weise sich zu vergnügen, sondern an­derswo. Wir haben genug große Zeitungen, große Bücher, große Schulen, große Hörsäle, wo solches geschehen könnte, wollte Gott nur, daß die Lehrer in denselben auch groß wären oder wenigstens, daß die großen selbstständigen Geister gehört würden, anstatt die kleinen Duckmäuser, die den jeweiligen materiellen Bedürfnissen und Begierden des Volkes nach dem Mund sprechen und zu gleicher Zeit nach oben hin schielen, ob ihre sflavischen Worte über freie Kunst auch wohlgefällig dort aufgenommen werden. Und dann darf man auch nicht vergessen, daß die Anleitung zum Kunſtver­ständniß und Genuß keine einseitige pedantische sein darf, denn die Mutter der Kunst bleibt immer die edle Göttin der Freiheit, welche sich nicht in Schablonen und Doktrinen, und wären sie auch von Gott, einrahmen läßt. Nur freien Menschen gibt sich die Kunst hin. Und sie gibt sich in diesen unglücklichen Zeiten nur wenigen hin, weil die große Menge geistig total unfrei ist, wenn es auch in ihrem freien Belieben steht, ein Beefsteak ober ein Cotelette zu essen. Daß dennoch Indifferentismus gegen die großen klassischen Meisterwerke und auch gegen moderne Dramen ernsten Inhalts herrscht, daran sind beileibe nicht Theaterdirektoren schuld, sondern die von der Regierung und deren Liebhabern be­einflußte Erziehung des Volkes zur Unfreiheit.

,, Ein kurzer Ueberblick über die moralische, künstlerische und