abschließt. Aber ein solcher Anfang einer stofflichen Form­änderung kann immer nur gedacht werden als das gleichzeitige Ende einer vorausgegangenen Umformung, wie auch der Abschluß eines materiellen Formwechsels zugleich der Beginn eines neuen sein muß. Einen Anfang und ein Ende der Materie selbst kann man sich unmöglich denken.

Unsere Sinne sind nur befähigt, räumlich und zeitlich be­gränzte Dinge zu bemessen, weil eben alles Abschätzen nur ein Vergleichen zweier Größen ist, und weil in unserem Gesichtskreise naturgemäß lediglich beschränkte Größen vorkommen. Trotz dieser unserer finnlichen Beschränktheit können wir uns gleichwohl das Nichtentstehen und Nichtvergehen der Materie begreiflich machen, indem das Entstehen und Vergehen derselben bei einigem Nachdenken als absolute Ungeheuerlichkeit erscheinen muß. Würde die Materie entstanden sein, so müßte sie offenbar das Nichts zu ihrem Ursprunge haben. Verginge sie, so müßte sie sich in Nichts auflösen! Was entspricht nun aber der Vernunft: eine Materie, die von Nichts kommt und wieder zu Nichts wird, oder eine stets gewesene und bleibende Materie? Wer sich mit einem außermateriellen allgemeinen Macher, einer Goftheit, behelfen will, der mag es thun; weiter kommt er damit um feinen Schritt. Denn wer die Materie durchaus geschaffen wissen will, der muß sich auch die Frage nach der Herkunft des Schöpfers gefallen lassen; und wenn er diesem ein ewiges Dasein beilegt, so kann man nicht einsehen, weshalb er die Materie selbst nicht für ewig halten will. Uebrigens ist das Dasein eines außermateriellen Gottes vor der Schöpfung" der Materie eine pure Zwecklosigkeit und die höchstmögliche Langweiligkeit. Denkt man sich daher einen schaffenden Gott, so muß man offenbar damit die Annahme verbinden, derselbe habe beim Beginn seiner Existenz sofort die Materie ins Leben gerufen. Wenn aber Gott ewig ist, so muß auch die Materie ewig sein. So wären wir also abermals an der Stelle angelangt, von der wir ausgingen!

Das Geschaffenſein der Materie aus Nichts mag für Kinder - für Individuen, wie für Völker von kindlicher Denkungsart- als annehmbare Auskunft gelten; der denkende Mensch verweist derartige Erklärungen dahin, wo sie hingehören: in das Gebiet des Glaubens, das, wie sich Häckel sehr zutreffend ausdrückt, da beginnt, wo das Gebiet der Wissenschaft aufhört.

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Der Spiritualist, d. h. der zweischlächtige Stoff- und Geister­seher, verabsäumt natürlich einem Materialisten gegenüber niemals, von der Unvernünftigkeit" der Materie zu salbadern; und ver­meint mit seiner Frage nach dem sogenannten Geifte ein groß­artiges Loch in die materielle Weltanschauung zu reißen, während er in der That durch solch' kindisches Geschwätz nur bezeugt, wie täppisch er sich bei der Betrachtung des Universums anstellt, indem er sich die Welt als sein vergrößertes Ich denkt und zwar genau von demjenigen Gesichtspunkte aus, auf welchen ihn seine theologifirenden Schulmeister einstens gestellt haben. Ich hatte schon bei Betrachtung des menschlichen Denkorgans anzudeuten gesucht, was es mit der Geisterwelt für eine Bewandtniß hat, so daß es wohl genügen wird, wenn ich bemerke, daß die chimä­rischen außermateriellen Geisteseigenschaften hinsichtlich der Welt nicht mehr Geltung haben, wie hinsichtlich der Individuen. Es gibt eben nur Stoffe und Kräfte, Materie und Eigenschaften derselben. Nicht ein einziges Moment stellt sich uns vor Augen, wofür die Wissenschaft keine natürliche Erklärung zu geben oder wenigstens anzubeuten vermöchte; mindestens tritt niemals eine Naturerscheinung zu Tage, welche auf eine geistige Willkührlichkeit schließen ließe. Es gibt kein Wasser, welches den Berg hinauf­läuft; es gibt keinen Menschen, der ohne Speise und Trank zu existiren vermöchte.

Früher tannte man nur die Beschaffenheit des Stoffes, aus dem die Erde besteht; seit aber durch das Spektrum die Stoffe der Weltkörper analysirt werden können, ob sie auch noch so weit von unserem Planeten entfernt sind, ist die Kenntniß des Stoffes eine totale. Es haben die spektrischen Untersuchungen ergeben, daß allenthalben die nämlichen Stoffe sich vorfinden, daß also die Materie einheitlich organisirt ist. Daraus kann man Daraus kann man schwerlich mit Unrecht folgern, daß die einzelnen Welt­

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körper sich einstmals von der Gesammtmaterie abgezweigt haben dürften, und es eristiren mancherlei hierauf bezügliche Hypothesen, die über­man jedoch wenigstens für den vorliegenden Zwed gehen kann. Um zu einem Verständniß für den Beginn des organischen( pflanzlichen und thierischen) Lebens, worüber ich ja eigentlich allein schreiben will, zu gelangen, dürften die voran­geschickten Bemerkungen über Materie im Allgemeinen ausreichen. Ueber die Entstehung der Erde brauche ich darum auch keine weiteren Andeutungen zu machen, am wenigften in hypothetischer Form, sondern ich darf mich damit begnügen, die Vergangenheit dieses Planeten insoweit zu sfizziren, als man dieselbe uns seiner heutigen Beschaffenheit zu entziffern vermag.

Ueber das Alter der Erde habe ich mich früher schon aus­gelassen; die Beweise für dessen ungeheuere Länge sind so un­bezweifelbar, daß selbst die hartgesottensten Theologen nicht mehr so recht daran zu rütteln wagen, und daß sie unter Aufgebot ihres ganzen Vorraths von Sophistik die Mosaische Schöpfungs­sage damit in Einklang zu bringen suchen, was unter anderem dadurch erreicht werden soll, daß sie Uebersetzungsfehler in der Bibel zugestehen! ,, Es müssen nicht gerade Tage gewesen sein, man tann auch Perioden von Jahrtausenden darunter verstehen!" Eine Sache, die bereits zu solchen verzweiflungsvollen Kniffen schreiten muß, kann sich unmöglich mehr lange erhalten; die Natur­wissenschaft treibt sie mehr und mehr in die Enge, bis ihr zuletzt der Athem ausgeht.

Genug: daß das Alter der Erde nach Millionen von Jahren zählt, steht nach den Erforschungen der verschiedenen Schichten ihrer Oberfläche fest. Ferner ist konstatirt, daß die Erde einstmals aus einer gluthflüssigen Masse bestand, die sich außerhalb nur ganz allmählig abkühlte, während sie im Erdinnern auch heute noch im feurigen Flusse sich befindet, wie man beim Eindringen in die Erdkruste an der zunehmenden Wärme beobachten kann, und wie aus den Hebungen und Senkungen des Bodens, den Erdbeben und Vulkan- Ausbrüchen, den heißen Quellen u. s. w. ersichtlich ist. So lange nun dieses Gluth- Zeitalter andauerte, konnten selbstverständlich keine Pflanzen oder Thiere existiren; für das Entstehen derselben war die Möglichkeit erst dann gegeben, als der Abkühlungsprozeß bis zu einem gewissen Grade vorge= schritten war. Mindestens mußte das Wasser, das natürlich, so lange eine Gluthhize ringsum herrschte, nur in Dampfgestalt existirt haben konnte, tropfbar- flüssig geworden sein und sich rings um den Erdball angesetzt haben. Die Scheidung zwischen Wasser und Land dürfte sicherlich nur sehr langsam und sozusagen zufällig sich vollzogen haben. Die Erdkruste muß gelegentlich der allmäligen Abkühlung Risse bekommen haben, die sich natürlicher Weise sofort mit Wasser anfüllten und eine strömende Bewegung hervorriefen; außerdem peitschte das Verhältniß, in welchem Sonne Erbe und Mond zu einander stehen, die Gewässer beständig hin und her-Ebbe und Fluth!; es war demnach vielfach Gelegenheit zu Anschwemmungen gegeben. Nur auf diese Weise kann man sich die Entstehung des Festlandes denken. Uebrigens ist auch gegenwärtig immer noch das Wasser diejenige Macht, welche rastlos am Lande herumformt; hier schwemmt es an, dort spült es ab; einzelne Küstenländereien sinken immer tiefer ins Meer hinab, während andere sich immer weiter ausdehnen; ebenso verschwinden ganze Inseln und andere werden zusammengeschwemmt.

Nach solcher Voraussetzung muß man annehmen, daß die ersten Organismen nur Wasser- Thiere und Pflanzen sein konnten. Man schließt damit auch keineswegs ins Blaue hinein, sondern kann sich dabei getrost auf die ausgegrabenen Versteinerungen stützen. An allen Punkten der Erde, wo bis jetzt nach fossilen Pflanzen und Thieren gegraben wurde, fand man in den tiefsten Schichten- soweit überhaupt Reste organischen Lebens angetroffen wurden- lediglich Wasserpflanzen( Algen, Tange) und Wasserthiere( Fische, Muscheln u. s. w.) Wenn demnach feststeht, daß sich im Laufe der Zeit aus den Wasserorganismen die pflanzlichen und thierischen Wesen des nochmaligen Festlandes allmälig entwickeln mußten, so liegt es wohl auf der Hand, daß jene Versteinerungen auch nur solche Thiere und Pflanzen einen langwierigen Entwickelungsprozeß zeigen, die bereits