-

Gefahr, zur Abwehr der Gefahr. Indeß mit Zeitungsartikeln war's nicht gethan. Es galt zu handeln. Er handelte mag sein, zur unrechten Zeit, ja gewiß zur unrechten Zeit, aber er handelte. Am 15. Mai 1848 legte er die Lunte an's Pulver­faß die Explosion blieb aus, zwischen Pulver und Lunte hatte sich dies und jenes gedrängt.

-

Die Bourgeoisregierung, die Bourgeois- Nationalversammlung, die Bourgeoisgesellschaft waren gerettet Raspail mit seinen Freunden wanderte in's Gefängniß, Raspail auf sechs Jahre. In der Junischlacht fehlte er. Hätte er fünf Wochen länger ge­

wartet!

Den sechs Jahren Gefängniß widerstand seine eiserne Gesund­heit; doch dem Ekel vor dem Kaiserreich, dem Bas Empire des Lumpazius Bonaparte, Abgotts der europäischen   Bourgeoisie, konnte er nicht widerstehen. Aus dem Kerker entlassen, verbannte er sich freiwillig nach Belgien  , wo er neun Jahre lang lebte; erst 1864 führte das von den lyoner Arbeitern angebotene Mandat für den gesetzgebenden Körper ihn nach Frankreich   zurück. Im gesetzgebenden Körper saß er auf der äußersten Linken und that, was in seinen Kräften, den Fall des sichtlich verfaulenden Empire zu beschleunigen.

-

Der Krieg mit Deutschland   kam, Sedan   und der 4. Sep­tember. Die Jules Favre   und Konsorten waren Raspail in der Seele zuwider. Er zog sich zurück, ließ dem Verhängniß, dessen Nothwendigkeit er begriff, seinen Lauf. Für die Commune hatte er kein Verständniß. Wer will auf den fast Achtzigjährigen den

246

Ueber ein gewisses Alter hinaus vermag auch Stein werfen? die begabteste, elastischste, fortschrittwilligste Natur nicht dem reißenden Strom der Menschheitsentwicklung zu folgen.

Das Jahr 1875 erlebte die Schmach, daß der 80jährige Greis wegen einiger wissenschaftlicher Wahrheiten, die er in seinem Gesundheitsalmanach" verkündigt, zu zwölfmonatlicher Ge­fängnißstrafe verurtheilt wurde.

Die Wähler von Marseille   straften und sühnten die Schmach, indem sie Raspail 1876 mit überwältigender Majorität in die Nationalversammlung wählten, deren Alterspräsident er wurde. Er hielt nur zwei Reden: die Eröffnungsrede als Alterspräsident, und eine Rede für die volle und ausnahmslose Amnestie. Er begriff die Commune nicht, aber er war zu ehrlicher Demokrat, sie zu verdammen.

-

Nach der Kammerauflösung durch den Pfaffen- und Weiber­knecht Mac Mahon   wurde Raspail am 14. Oftober des vorigen Jahres wiedergewählt doch die Wahl traf einen Sterbenden. Am 7. Januar dieses Jahres, einen Tag vor Eröffnung der neuen Nationalversammlung, starb, zweiundzwanzig Tage vor seinem fünfundachtzigsten Geburtstag, François Vincent Raspail  , der Altmeister der französischen   Demokratie. Wie das Volk ihn troß seiner mancherlei Schrullen- geliebt und geachtet, das zeigte die Viertelmillion Menschen, welche Sonntag, den 13. Januar, der Leiche nach dem Père Lachaise   das Geleite gab. Kein König und kein Kaiser hat je ein solches Todtengeleit gehabt.

-

Die Verwerthung der alten deutschen Silbermünzen.

Von Ludwig Opificius.

Was wird nun eigentlich mit dem alten Gelde gemacht? So fragt sich vielleicht mancher, wenn er von Zeit zu Zeit die Außer furssetzung der alten Münzen in amtlicher Bekanntmachung an geordnet findet. Der Schreiber dieser Zeilen hatte schon öfters Gelegenheit, wenn diese Frage bei Unterhaltungen aufgeworfen wurde, die Antwort zu hören: Es wird umgeschmolzen und zu neuen Münzen verarbeitet; die Preußen machen dabei noch gar fein schlechtes Geschäft, denn das Silber der alten Münzen ist viel besser und reiner als das der neuen." Vielleicht sind die Leser der Neuen Welt" damit einverstanden, wenn hier der Versuch gemacht wird, die Vorurtheile zu beseitigen, die Frr­thümer aufzuklären und die Frage selbst in schlichter Weise zu beantworten.

Zunächst muß die bekannte Thatsache in Erinnerung gebracht werden, daß infolge Einführung der Goldwährung in Deutsch­ land   lange nicht mehr soviel Silbergeld geprägt und cirkuliren wird, als dies früher vor Einführung der reinen Goldwährung der Fall war. Dazu kommt noch, daß die kleinwerthigen Silber­münzen nicht mehr wie früher aus einer Silber- Kupferlegirung, sondern aus einer Nickel- Kupferlegirung bestehen. Diese beiden Hauptursachen erklären, warum das deutsche Reich bei Einführung der Reichswährung einen Ueberschuß an Silber bekommen mußte. In der Form nun, in welcher dieses Silber vorhanden war, war es entweder garnicht oder nur sehr schwierig zu verkaufen, denn legirtes Silber, und namentlich sehr geringhaltiges, ist weit schwieriger als Feinsilber, ja fast garnicht, als Handelsartikel zu verkaufen, ganz abgesehen von den hierbei in Betracht kommenden großen Massen.

Um nun das in den Münzen enthaltene Silber als Feinsilber verwerthen zu können, mußte das deutsche Reich dieselben scheiden Lassen, d. h. das Silber mußte auf chemischem Wege von den übrigen Metallen getrennt, und nicht nur die Münzen einfach umgeschmolzen werden. Gegen die Mitte des Jahres 1873 wurde mit dieser Arbeit begonnen, und seit der Zeit dauert dieselbe in mehreren größeren und kleineren deutschen   Scheideanstalten un­unterbrochen fort.

Sowohl der Silber- als der Goldgehalt der alten Münzen wird durch Proben des königlicheit Münzamtes zu Berlin   festgestellt. Diese Gehaltsbestimmungen dienen als Grundlage bei den Ver­trägen zwischen dem Reichskanzleramt und den betreffenden Scheide­anstalten. Die Münzen selbst werden durch Reichskommissäre den Scheideanstalten auf das genaueste zugewogen, und dann das

daraus abgeschiedene Feinfilber von denselben Herren wieder in Empfang genommen. Die Gehaltsbestimmungen des Silbers in den an das Reich abzugebenden Feinsilberbarren werden von durch das Reich dazu ernannten Münzbeamten ausgeführt. Die Barren selbst werden in einem Gewicht von 30-32 Kilogramm gegossen.

Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Scheidung und Ver­werthung der alten Münzen nicht im Auftrag und auf Rechnung der einzelnen deutschen Staaten geschieht, wie das Publikum viel­fach glaubt, sondern im Auftrag und auf Rechnung des Reiches.

Ueber den Feingehalt der zum Scheiden kommenden Münzen mag nun folgendes gesagt sein. Derselbe schwankt zwischen den Biffern 166-900 Tausendtheilen Silber im Kilogramm. Aus­genommen hiervon sind die feinen Thaler und die fast ganz feinen halben Thaler  ( 36 Groten) der Hansestadt Bremen  . Von ersteren wurden die letzten im Jahre 1840 in der Münze zu Klausthal  am Harz   und von den halben Thalern die letzten im Jahr 1864 geschlagen. Die Beträge hiervon sind aber verschwindend klein. Die niedrigsten aus dieser Musterkarte des Durcheinanders waren die süddeutschen Silberkreuzer mit einem Feingehalt von 166 Tausendtheilen, die höchsten die süddeutschen Doppelgulden, einfachen und halben Gulden, die Vereins- und Doppelthaler mit 900 Tausendtheilen Feingehalt. Der höchste Silbergehalt der goldhaltigen Münzen war der der Kronenthaler mit 875 Tausend­theilen. Die neunzehntelfeinen Münzen waren nicht goldhaltig, sie gleichen hieriu, wie auch in ihrem Silbergehalt, den Reichs­münzen. Letztere wurden denn auch zum weitaus größten Theil aus süddeutschen Gulden, Doppel- und Vereinsthalern durch ein­faches Umschmelzen und Ausprägen hergestellt. Mit der Ein­führung der ne zehntelfeinen Münzlegirung wurde in Deutsch­ land   1837 det anfang mit den süddeutschen Gulden gemacht, 1838 folgten die Doppelthaler, 1857 die Vereinsthaler und endlich 1873 wurde sie als die alleinige Legirung für sämmtliche Reichs­silbermünzen bestimmt. Alle übrigen nicht aus Feinfilber bestehen­den, welche vor dem Jahr 1837 geschlagen wurden, waren nicht neunzehntelfein, aber goldhaltig. Beträgt auch der Goldgehalt im einzelnen Stück und Stückchen nur Spuren, so werden diese dennoch beim Scheiden in Betracht und Berechnung gezogen.

Zur Erklärung des Goldvorkommens in den älteren Silber­Bis zu Anfang unseres Jahr­münzen mag folgendes dienen. hunderts standen sowohl die Berg- und Hütten, als auch die Scheidekunde noch lange nicht auf der Höhe, die sie heute ein­