Himmelsgegenden durch Bergketten abgeschlossen sind, so entsteht cine nahezu regenlose Zone, wo die ununterbrochen wirkenden Sonnenstrahlen das Erdreich ausdörren und kein Gedeihen der Pflanzen möglich machen. Dasselbe gilt von der Wüste Sahara , welche gegen Süden durch die Küstengebirge, gegen Norden durch den Atlas von den Meerwinden abgeschlossen ist. Die Unfrucht barkeit und Dürre solcher Landstriche ist also nicht Folge eines ungeeigneten Bodens, sondern Folge der Abschließung gegen die regenbringenden, feuchten Meerwinde.

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Es könnte noch eine große Zahl von Beispielen außerordent­licher klimatischer Verhältnisse angeführt werden, die sich immer auf Grund einfacher physikalischer Prinzipien erklären ließen. Das bisher Gesagte wird genügen, um zu zeigen, daß zum Ver­ständniß des Klimas eines Landes nicht blos seine allgemeine geographische Lage, sondern noch in viel höherem Maße die Boden­gestaltung und der Charakter seiner Umgebung berücksichtigt werden müssen, und daß dann die oft scheinbar größten Gegensäze als einfache Konsequenzen davon sich ergeben.

Exekution.

( Fortsetzung.)

Die Frau sank auf den Stuhl und weinte bitterlich. Schwer hatte sie das erbarmungslose Schicksal getroffen, und täglich fürchtete sie neue Schläge. Und nun mußte sie es gar erleben, daß ein gemeiner Mensch die Wunden noch weiter aufriß, und sie durfte ihm nicht einmal wehren; denn das Ende ihres Noth­standes war nicht abzusehen, und da blieb trotz allem Wider willen der Exekutor doch eine Person, welcher in der traurigen Rechnung eine Stelle nicht versagt werden konnte. Das war eine über alle Schmerzen gehende Demüthigung. Nur konnte sie sich nicht erklären, was diesen Menschen, dem nie ein Leid geschehen, dem immer so höflich wie jedem andern begegnet worden be­wege, so rauh, so böse zu sein? Warum war er zu Anfang so freundlich und nur am Ende so-

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Da fiel es ihr plöglich wie Schuppen von den Augen. Als ich um fünf Ühr nach Hause gekommen war und kaum die Kinder begrüßt hatte, fragte mich die Frau: Sag'' mal, die Exekutionskosten, erhält die der Exekutor oder muß er sie an eine Kaffe abführen?"

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An die sogenannte Salarienkasse- denk ich muß er sie abführen. Der Erekutor bekommt ein monatliches Gehalt von etwa 20-30 Thalern."

,, Damit kann er freilich eine Familie nicht unterhalten, und dann wundert's mich nicht

" Daß Exekutoren etwa dürftig leben müssen?" fiel ich ein. " O, das glaube ich nicht. Die ich kennen gelernt, wohnen recht hübsch, und der Herr B., der bei uns gewesen, hat feine Möbel und scheint in seinen freien Stunden durchaus nicht zu arbeiten. Aber warum fragst du danach? War der Exekutor etwa hier?" Und nun erzählte mir die Frau die ganze Geschichte und auch die Gedanken darüber.

Was meinst," fragte sie mich am Schlusse, was hätte der Mann wohl gethan, wenn ich ihm statt einmal zwanzig zweimal zwanzig Silbergroschen oder gar zwei Thaler hingelegt hätte?" " Ja, das ist eine figliche Frage. Aber wenn ich mir ihn vorstelle und dazu halte, was du mir erzählt, so glaube ich, er hätte ganz ruhig und ohne Schöndant das Doppelte und noch lieber das Dreifache eingesteckt, als wenn das gerade nur die Kosten gewesen, und wäre dann sehr freundlich und artig ge­blieben und hätte wegen der neuen Exekution gewiß mit sich reden lassen."

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Berzeih mir Gott die schwere Sünde, wenn ich dem Manne unrecht thue," salvirte sich vorsichtig die Frau, aber wenn ich mir die verdächtige Szene von Anfang bis zu Ende überlege, so kann ich mich nicht des Gedankens entschlagen, der Herr hat auf ein gutes Trinkgeld gerechnet und ist böse geworden, als ich ihm feins gegeben. Sogar daß er zu einer Zeit fam, in der du wie er ja weiß nicht zu Hause bist, bestärkt mich in meiner Meinung. Denn wahrhaftig, der Mann versteht es, Frauen einzuschüchtern. Ach, was bin ich dumm gewesen! Nicht wahr?" Laß gut sein! Es gehört sehr viel Erfahrung und nicht selten eigene Schlechtigkeit dazu, um zu rechter Zeit die eigent lichen Zwecke der klugen Menschen, die überall und namentlich in den Häusern der Bedrängten, ihr Profitchen machen wollen, zu begreifen. Auch einen schlechten. Menschen für gut gehalten zu haben, sollen wir niemals bereuen. Uebrigens können wir uns diesmal beide irren."

Wir hatten's hier wieder einmal mit einer eigenen Lücke in unserer Erfahrung zu thun. Wir fannten nicht die fast un­ermeßliche Bedeutung der Trinkgelder, und wir wußten nicht, daß man beinahe nirgends, wie weit man auch gehe und wie hoch man auch steige, sie vergessen dürfe und daß sie häufig er­

wartet und sogar verlangt würden. In meiner Jugend hatte ich nur erfahren, daß es sich blos reiche und vornehme Herren und Damen erlanben dürfen, Trinkgelder zu geben, aber nur Bedienten, Kutschern und Stubenmädchen. Ich hatte auch ge­sehen, wie sie das machten, und dabei war's mir vollkommen flar geworden, warum man nicht auch andern Leuten ein Geldstück zuwerfe, wie einem Hunde ein Stück Brot, oder in die Hand drücke, wie einem Bettler das Almosen, ja ich glaubte auch ge­funden zu haben, warum sich nur vornehme Leute solches er­lauben dürften, weil nämlich Dienstboten den Muth nicht haben, es zurückzuweisen oder zurückzugeben. Späterhin erfuhr ich aller­dings, daß Kutscher , Bediente und Stubenmädchen von allen Leuten, gleichviel ob sie reich und vornehm oder nicht, Trinkgelder gern annehmen. Mir ist's aber doch einigemal recht eigenthüm­lich ergangen.

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Ich verlebte einmal einen Theil meiner Ferien bei einem be­freundeten Gutsbesizer. Als ich davonging, hielt ich mich ver­pflichtet, dem alten Diener, der täglich meine Kleider sorgfältig gereinigt und mir viele kleine Aufmerksamkeiten erwiesen hatte mich freilich als Kind gekannt und mir damals manchen hübschen Apfel zugeworfen, ein gutes Trinkgeld zu geben. Der alte Mann sah mich mit einem halb traurigen, halb grim­migen Blicke an, schob die Hand zurück und sagte: Nein, wenn Sie weggehen, müssen Sie einen nicht auch noch ärgern. Es ist nicht hübsch, wenn Sie schon meinen, einem armen Menschen können Sie immer mit Bezahlung genug thun. Gehen Sie mit Gott !" Ich ging beschämt davon und nahm mir ernstlich vor, mit Trinkgeldern vorsichtig zu sein. Aber was hilft Vorsicht, wenn man eben Pech hat. Ich hatte bald gefunden, daß der alte Georg ein seltenes, vielleicht einziges Exemplar sei; seine Mahnung war darum längst vergessen, als ich einmal mit mehreren Freunden zur Geburtstagsfeier in das Haus eines alten Oberförsters und zwar auf mehrere Tage einrückte. Als wir ab­fahren wollten, war es selbstverständlich, daß wir dem Stuben­mädchen ein Trinkgeld geben müßten, und da sie hübsch war und es verstanden hatte, den übermüthigen jungen Herrn gut zu antworten, so mußte es auch ziemlich reichlich sein. Sie nahm's vom ersten und zweiten willig und freundlich dankend an; als aber ich-- der blödeste, der sie nie in die Backen gezwickt, ihr kaum ein freundliches Wort gesagt hatte ihr auch das Trink geld hinreichte, schleuderte sie die Hände auf den Rücken, schaute mich mit großen, ich glaubte fast strahlenden Augen an, sagte aber kein Wort. Ich war ganz verdußt und wußte nicht, was ich machen sollte. Da riefen die Freunde:" Siehst du denn nicht, du Tölpel, Geld will sie nicht von dir, einen Kuß sollst du ihr geben!" Da machte sie still kehrt und flog zur Thüre hinaus. Was war das? Ich konnt's mir nicht erklären; aber das ich mit meinem Trinkgeld wieder einmal schlecht angekommen, hat mich lange geärgert. Und noch eine dritte Geschichte. Als ich noch Hauslehrer war, besuchte mich auf einige Tage ein weitab wohnender Freund. Von meiner Prinzipalität wurde er aufs besie aufgenommen. Mich bediente zu der Zeit ein altes, sehr braves Frauenzimmer. Als mein Freund abfahren wollte und die alte Trine ihm den legten Dienst geleistet hatte, dankte er ihr und gab ihr ein recht schönes Trinkgeld. Aber ärgerlich gab's ihm die Trine sofort zurück. Was denken Sie, Herr, von mir? Ich bin im Dienste bei meiner Herrschaft und von ihr bekomm' ich Lohn und Brot. Dafür muß ich thun, was mir befohlen wird, und wenn zu unserm Herrn Lehrer ein Gast kommt, so muß ich den so gut bedienen wie ihn und dafür kommt mir teine Bezahlung zu. Nichts für ungut. Glückliche Reise!"

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