abgeben kann, und daß dennoch die Mengen der schweren Metalle, des Bleioryd( 0,0065 Gramm), des Zinnoryd( 0,0325 Gramm) und des Zinkoryd( 0,010 Gramm) verhältnißmäßig nicht groß sind. In solchen Fällen liegt der Schwerpunkt der aus der Glasur aufgelösten Stoffe nicht in Blei, Zinn oder Zink, sondern meistentheils in der Kieselsäure und Borsäure und ihren Verbindungen mit Thonerde und Alkalien. So haben wir in dem vorliegenden Falle in der That 0,411 Gramm Kieselsäure und 0,64 Gramm Thonerde in dem sauren Topfinhalte.
Noch auffallender ist das Mengenverhältniß von Kiesel und Thon zu dem Gesammtrückstande der essigsauren Salze bei 3 ( Tr. in L.), wo auf 4,810 Gramm Rückstand 0,5335 Gramm Kieselsäure und 0,4808 Gramm Thonerde kommen. Auch mit diesen Stoffen müssen wir also rechnen.
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Wenn genossene Kiesel-, Bor- und Thonlösungen überhaupt eine bestimmte Wirkung auf unsere Nerven äußern, dann gilt, was die Grenzen dieser Wirkungen und die Wirkungsgrößen anlangt, von diesen zwei Stoffen das, was ich in meiner Gesundheitswacht( 1. Buch, 3. Lieferung) über die homöopathischen Verdünnungen der Gifte überhaupt gesagt habe; daß in gewissen Grenzen eine Giftwirkung gesteigert wird in dem Verhältniß wie, nach Analogie der Blumenduftatome- die Atome des Giftes in einem genießbaren Medium zertheilt, verdünnt werden. Nicht sowohl die Menge des betreffenden Stoffes als sein feines Gelöstsein ist es, was die Größe und Nachhaltigkeit seiner krankmachenden Wirkungen bestimmt. Die Homöopathen, welche sogar von Dezilliontel- Verdünnungen bestimmte Wirkungen auf die Nerven erwarten werden mich verstehen.
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Die Krankheitszeichen der schleichenden Blei, Zinn- und Zinkvergiftung habe ich in meinem Buch über Küchenmetalle so ausführlich beschrieben, daß ich hier als Ergänzung zu den sanitären Kochgeschirrgefahren nur noch die Krankheitsbilder des Kiesels, der Thonerde und der Borsäure zu schildern brauche.
Die Leiden, welche auf den Genuß schädlicher Metalle folgen, werden bekanntlich am häufigsten bei Essigschwelgern beobachtet; denn Essig schließt die Metalle aus ihren Kieselverbindungen auf. Bei den vielerlei Stoffen aber, welche in den Emaillen enthalten sind und von Essig aufgelöst werden, können wir nicht immer entscheiden, ob das eine und das andere Krankheitssymptom gerade auf Blei oder sonst ein bestimmtes Metall oder nicht vielmehr auf Kiesel, Thonerde oder Borsäure zurückgeführt werden muß. Ich kenne Gurken- und Essigschwelger, welche sich mit allerlei chronischen Leiden des Nervensystems, mit Haut- und Augenleiden u. s. w. von Klinik zu Klinik, von einem Bad zum andern schleppten. Wenn wir nun aus der Classen'schen Analyse uns berechnen, wie vielerlei mineralische Gifte der Essig aus den Geschirrwandungen aufschließt und in den Speisen uns zu gänglich macht, dann müssen wir füglich auch die Einflüsse der gelösten Kieselsäure und Borsäure und die der Thonerdesalze auf unsere Gesundheit in unsere Forschungen mit hereinziehen. Nun sprechen die Homöopathen gerade der Thonerde wie ich das in meiner Gesundheitswacht" ausführlich beschrieben- ein greifende krankmachende Wirkungen besonders auf den nervus vagus , das Gangliennervensystem, auf Magen und Darmkanal, auf die äußere Haut und die Schleimhäute zu.
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Der Kieselsäure sagen die Homöopathen nach, sie wirke in feinſtverdünnter Lösung lange Zeit hindurch genossen bei Gesunden vornehmlich auf die Haut, die Knochen, die drüsigen Organe, sie könne im Uebermaß fortgenossen Flechten, Finger- und Zehengeschwüre, Hornhautgeschwüre in den Augen und sogar grauen Staar erzeugen. Lassen wir, in Ermangelung verläßlicher, exakter Untersuchungen, vorläufig es dahingestellt sein, inwieweit die Homöopathen mit ihren Krankheitsbildern der Silicea( Stiefelsäure), der Aluminia( Thonerde) u. s. w. Glauben verdienen- ganz wirkungslos können diese Stoffe das Blut- und Nervensystem nicht durchfließen, so wenig wie das im Uebermaß genossene Kochsalz*). Wir müssen also vom Standpunkt der Gesundheitswacht vor den Glasuren warnen, wenn sie auch kein Blei, kein Zink und kein Zinn enthalten, aber infolge ihrer Leichtlöslichkeit ansehnliche Mengen Borsäure, Kiesel und Thon an saure Speisen abgeben. Vergleiche hierüber meine Schrift, Das moderne Essigschwelgen und seine Krankheiten erzeugenden Folgen".
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Von ganz besonderer Wichtigkeit sind die mit der Emaille von dem Eisenhüttenwerk Thale erzielten günstigen Resultate der Kochproben gegenüber den übrigen 12 untersuchten Emaillen.
Die Emaille der Kochgeschirre von Thale und annähernd auch die von B. G. Weißmüller in Düsseldorf hat, soweit die Zwecke der Küche in Betracht kommen, alle Eigenschaften eines guten Porzellans, sie wird durch kein Gemüse und keine Fruchtsäure im geringsten angegriffen und ist nahezu unempfindlich Essigsäure und Salzsäure gegenüber. Glanz und Farbe zeigen sich nach jahrelangem Gebrauch völlig unverändert. Starke Mineralsäuren lassen allerdings nach wochenlanger Behandlung eine schwache Einwirkung erkennen, sie greifen aber eben nur schwach die Oberfläche an ohne- wie dies bei anderen Emaillen sofort schon der Fall zu sein pflegt die ganze Schicht bis auf's Eisen anzugreifen.
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Die Thale 'sche Emaille enthält nicht nur kein Blei, sondern überhaupt keine Schwermetalle.
Das fast in allen bleifreien Emaillen sich vorfindende Zinn zeigt seine gesundheitsschädlichen Eigenschaften schon dadurch an, daß es, wie auch das Blei, bei den meisten Gemüsen und bei sämmtlichen Fruchtsäften die natürliche Farbe derselben zerstört. Von Kochgeschirrhändlern bekommt man häufig Atteste vorgelegt, daß sie bleifreie" Emaillen verkaufen. Wie die Emaille sich sonst verhält, wird verschwiegen. Es lag mir daher sehr daran, für meine Gesundheitswacht am häuslichen Heerd" in Besiz so umfassender Versuchsresultate zu gelangen, wie sie uns in den Classen'schen Arbeiten vorliegen. Ich glaube die untersuchte Mustersammlung reicht vorläufig aus, um durch ihre Veröffentlichung auf den Geschirrmärkten nicht allein Konkurrenz in Preis und Façon, sondern auch die Konkurrenz im sanitären Werth der Geschirre zu wecken und das Publikum hygienisch wählerisch zu machen.
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Wie die Zwischenhändler der Kochgeschirre die Sache betrachten, davon nur ein Beispiel für viele. Dieselben führen neben guten Fabrikaten, damit die Käufer die Wahl haben, sehr häufig auch schlechte Geräthe, die letzteren aber zeichnen sich aus pyrotechnischen Gründen- wie ich dies bei den Küchenmetallen ausführlich erwähnt habe durch eine blendend weiße, schön glänzende Emaille aus, welche nur den einen Fehler hat, viel Blei zu enthalten, was der betreffende Händler auch sehr gut weiß. Ein Einschreiten der Sanitätspolizei ist nicht zu fürchten, denn in Berlin sieht man nicht gern wie man mir im preußischen Medizinalministerium wirklich einmal gesagt hat, daß der beamtete Arzt praktische Gewerbekunde verstehe und sich, wie ich, mit Gewerben befasse. Das gehört vorläufig noch nicht zum Leisten" des" praktischen" Arztes. Die Händler wissen sehr gut, daß die Aerzte in der Regel keine Chemiker sind, geschweige Gewerbechemie studirt haben. Wird ausnahmsweise eine polizeiliche Suche abgehalten, dann erklärt der Händler einfach, er verkaufe grundsäßlich nur die Geschirre aus der anerkannten Fabrik, die übrigen Geschirre des Lagers wären nur Proben, welche ihm die Fabrikanten auf den Hals schickten.
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Da die Fabrikanten mit ihren Fabrikerfahrungen und Emaillerezepten äußerst geheim thun, so wäre es zu wünschen, wenn das deutsche Reichsgesundheitsamt einerseits durch keramische Zeitschriften, z. B." Keramik" in Trier , Sprechsaal" in Coburg , " Illustrirte Zeitung " für Blechindustrie, Redakteur F. Stoll in Ludwigsburg , anderseits durch einflußreiche politische und belletristische Zeitungen Fabrikanten und Abnehmer über Verhältnisse, wie die hier erörterten, unterrichtete.
Ich halte es für ausreichend, wenn das Publikum dazu gebracht wird, emaillirte Geschirre( auch gußeiserne und thönerne) nur unter der ausdrücklichen Garantie zu kaufen, daß dieselben für alle Zwecke der Küche benutzbar wären. Keine Hülsenfrucht, besonders frische Erbsen und sogenannte dicke Bohnen und Linsen, teine Kohlart, Sauerkraut, kein Fruchtsaft, Himbeeren, Preißeloder Heidelbeeren, Aepfel, Birnen 2c. dürfen im Geschirr beim Kochen sich in Farbe und Beschaffenheit verändern, auch darf das Geschirr selbst nachher keine Aenderung zeigen. Es gibt Emaillen, welche zwar an den erwähnten Speisen keine Farbenveränderungen hervorbringen, aber dennoch verwerflich sind, weil sie beim Kochen von Essig ganz weich werden und Bestandtheile abgeben.- Da die Händler durch billiges Angebot der Konkurrenz und leider auch durch billige Nachfrage der Hausfrauen ein großes Interesse daran haben, mitunter auch schlechte, wenn auch gut aussehende Waare den Leuten anzuschwaßen, so muß unter allen Umständen der Handel mit emaillirten Kochgeschirren überwacht werden.
Ich möchte namentlich den wohllöblichen Aerztevereinen von Sachsen , welche ächt zünftig mich ob meiner gewerbehygienischen
*) Vergl. ,, Das moderne Salzschwelgen. Von Dr. H. Didtmann."| Arbeiten„ Töpfermeister" schelten, einen Blick in unsere ausgeprüfte