Kochgeschirrsammlung gönnen, damit diese Herren sich einmal überzeugten, welche Waare man dem Publikum für die Küche zumuthet. Der größte Theil der Schuld liegt, wie gesagt, an den Zwischenhändlern, welche zum großen Theil den Fabrikanten gegenüber geradezu erklären, es sei ihnen völlig gleichgiltig, ob die Emaille metallfrei oder nicht, ob sie für alle Zwecke brauchbar sei oder nicht. Wenn das Geschirr nur elegant, leicht und mit recht weißer, deckender Emaille versehen sei, so wäre das genug, die innere Qualität sei durchaus Nebensache, und was die Leute nachher mit den Töpfen machten, gehe die Händler nichts an. Der reelle Fabrikant hat unter dieser Gleichgiltigkeit schwer zu leiden. Denn seine Emaille ist, soll sie gut sein, wegen des Mangels opaleszirender Metallzusätze durchscheinend und daher bei weitem nicht so ansehnlich wie das schlechtere Fabrikat. Die Fabrikanten der soliden Emailkochgeschirre fönnten ihren Absatz verdoppeln, wenn sie, was namentlich durch Zinnoryd geschieht, ihren Emaillen, auf Kosten der sanitären Vorzüge, ein satt deckendes Aussehen geben wollten.
Sicher ist, daß die untersuchten Geschirre der dreizehn Fabriken in ihrer Gesammtheit dem Volke ein Bild der deutschen Blechemaillir Industrie geben, nicht vertreten in unserer Arbeit ist, soviel mir bekannt, nur ein älteres Werk( M. in O.). Von drei neuen Werken sind die Fabrikate noch nicht im Handel, ich konnte daher keiner Proben habhaft werden. Eine dieser neuen Fabriken in der Nähe von Dresden soll die" alte" Email von Nr. 6 P., verwenden, ein anderes in H. in W.( W. A...) soll voraussichtlich das Emaillerezept von Fr.( Nr. 3) für seine Fabrikate benügen.
Nebenbei bemerkt, sind die französischen Blechemaillen sämmt lich bleihaltig, die belgischen ebenfalls, mit einer Ausnahme, die ich auf dem Hygieniferkongreß in Brüssel ausgestellt fand. Die österreichischen außer Haardt& Co. in Wien ( unsere Tabelle Nr. 4) gleichfalls.
Es ist mir bekannt, daß die meisten Firmen Atteste, auch von hervorragenden Chemikern, über absolute Bleifreiheit ihrer Emaillen besitzen. Solche Atteste verdanken ihre Entstehung entweder einer großen Nachlässigkeit, beziehungsweise Weitherzigkeit der betreffenden Chemiker, oder man hat vielleicht Geschirre für derartige Untersuchungen besonders hergestellt. Augenscheinlich ist in den meisten Fällen das Blei unwillkürlich durch das zum Weiß- Opalfärben bestimmte Zinnoryd in die Emaille importirt; der Fabrikant braucht also für einen Paradetopf behufs Untersuchung ausnahmsweise nur statt des billigen bleihaltigen Zinnoryds das enorm theure, chemisch reine Zinnoryd- welches man im alltäglichen
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Betriebe anzuwenden sich sehr hüten wird zu nehmen, und der bleifreie Topf ist, unter Beibehaltung des Fabrikrezeptes, für den untersuchenden Chemiker fertig.
Erfahrungen in dieser Richtung bestimmten mich, die Probetöpfe zu unserer Untersuchung nicht aus den Fabriken selbst, sondern durch zuverlässige Händler zu beziehen. So allein konnte ich mir die Ueberzeugung verschaffen, daß keinem unrecht geschehe und daß wir dem Volke wirklich chemisch- hygienische Durchschnittsergebnisse berichten.
Ich könnte ein renommirtes Eisenwerk namhaft machen, welches von 1820 bis 1864 eine sehr stark bleihaltige Emaille anwandte und nichtsdestoweniger- nach eigenem Geständniß des Fabrikanten ein Attest von einem bekannten Chemiker besaß, worin derselbe die völlige Giftfreiheit dieser Emaille bescheinigt!! Bei so vielen Möglichkeiten der Täuschung dürften so sachliche Anhaltspunkte, wie die vorliegenden Untersuchungen, das Publikum, besonders die Hausfrauen, über die Frage der modernen Kochgeschirre, soweit sie die Küchenhygiene berühren, vollständig beruhigen. Tabelle E. macht diejenigen Eisenwerke namhaft, von welchen selbst der strengste Hygieniker nichts Nachtheiliges sagen kann.
Soviel über schmiedeeiserne Kochgeschirre. Als Ergänzung hoffe ich später an anderer Stelle ähnliche, auf chemischen Analysen beruhende Mittheilungen über gußeiserne emaillirte Geschirre folgen zu lassen.
Mit der Herstellung gußeiserner emaillirter Geschirre beschäf tigen sich ziemlich viele Werke. Die Gußgeschirre werden aber schnell von den weit leichteren, haltbareren und gefälligeren schmiedeeisernen verdrängt, und dürfte daher das völlige Unterliegen der ersteren nur noch eine Frage der Zeit sein.
Bezüglich der Emaille wird zwar aber auch bei den emaillirten Gußwaaren noch viel gesündigt. Im allgemeinen jedoch finden sich unter den Gußemaillen mehr bleifreie als unter denen für Schmiedeeisen, da mehrere Schwierigkeiten, welche sich der Anwendung bleifreier Emaille für Schmiedeeisen entgegenstellten, bei | Gußeisen wegfallen.
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Im Vergleich zu den verzinnten Kupfergeschirren und wenn die Verzinnung eine noch so gute war ist die Einführung der emaillirten Eisentöpfe als ein sehr großer hygienischer Fortschritt zu bezeichnen. Der Krankheits- Genius" chronischer Nervenleiden Folgen von Zinn und Bleigenuß in den Mahlzeiten) wird sich vor dieser Umgestaltung der Kochgewohnheiten in den nächsten Dezennien zurückziehen.
Der Stammbaum der jüngsten Großmacht.
Schöne Leserin! Hast du schon einmal, wenn die Bleisoldaten einer Zeitung zur täglichen Musterung vor dir aufmarschirten, über die Entstehung des Wortes Buchstabe" nachgedacht? Nun: nur unter Waldmenschen, wie es unsere germanischen Urahnen waren, kann dieses Wort troß seiner jezigen Bedeutung entstanden sein. Auch diese Politiker auf der Bärenhaut, denn der Lurus der Bierbank war ihnen unbekannt, hatten schon ihre Zeitung, die durch die Barden von Gehöft zu Gehöft getragen, die Losung den Parteien für den Allthing( Abstimmungstag) brachte. Diese Zeitung war selbstverständlich weder geschrieben, noch gedruckt, sondern auf Buchenstäben eingerißt, deshalb im Englischen heute noch to wright" rißen und schreiben heißt. Die Schriftzeichen, Runen genannt, waren gleich unsern diplomatischen Chiffren nur für die„ Wissenden" bestimmt. Auf diesen Buchenstäben wanderte jede gemeinnüßige Nachricht trotz Sumpf und Urwald in verhältnißmäßig furzer Zeit bis in die entferntesten Theile des Reiches. Auf dem Forum im heiligen Eschenhain", welcher die Presse und Tribüne ersetzte, wurden die Runenstäbe von Priestern um den Altar der Schicksalsgöttin gestreut und von Jungfrauen aufgelesen, aus welchem Grunde wir kulturgefirnißten Gegenwartsmenschen auch noch Buchstaben„ lesen". Dieses von Priestern und Weibern dirigirte himmlische" Drafel war die geheime Triebfeder der altdeutschen Abstimmungsmaschine und hat noch im Anfang der christlichen Zeitrechnung, nach Tacitus im Jahre 9, Altdeutschland vom Belt bis zum Taunus gegen den römischen Statthalter Varus zu den Waffen gerufen. Dieser Orakelhumbug vereitelte die guten Absichten des Strategen Hermann und die bösen Anschläge des Diplomaten Marbod .
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China und Japan schrieb oder pinselte vielmehr seinen Staatsflatsch auf die gewaltte Zellenfaser der Brusonetia papyrifera. Die schwere Beschaffung dieses Schreibmaterials, wovon ein Bogen 30 bis 40 Pfennig nach unserem Gelde kostete, und die 80,000 Schriftzeichen des mongolischen Begriffsalphabets be wahrten die zitronengelben Zopfträger vor der Papierverwüstung unseres tintenflecksenden Säculums.
Im alten Babylon schrieb man auf Thontafeln oder Mauerziegeln, solange diese Lapidarblätter noch weich und naß waren, brannte sie, mauerte sie an die Wand der Säle und nahm sich natürlich bei der Langsamkeit der Ausführung sehr inacht, nichts Unnüßes und Gleichgültiges zu schreiben.
Im Jahre 1876 entzifferte George Smith auf einer Anzahl solcher Thonziegel, welche im British Museum in London aufgestellt sind, die älteste Schöpfungssage und das semitische Märchen von der Sintfluth.
Ob unsere Tagesblätter nach 4000 Jahren noch jemanden interessiren werden?
Die syrische Journalistik meißelte die Tagesgeschichte auf auf Palinopseste( Bildsteintafeln). Ihr Revier war aber ausschließlich die Sphäre des Hofes, gleichwie die Abfassung der Hieroglyphenchronik der Aegypter, wie schon der Name besagt, von Prieſtern beeinflußt wurde.
Immer und überall dieselbe Erscheinung:„ Die Herren der Schöpfung"- Automaten, entweder in den Händen der Priester oder der Weiber.
Bei den Griechen, wo der Dichter den Stichel und Meißel beeinflußt und die vielbewegte Tagesgeschichte eines freien, hoch