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desselben. Zum Verständniß dieser neuen Theorie mögen folgende| Erde ein großes Gewicht, ein bedeutender Druck als Resultat Erläuterungen dienen. Eine anschauliche Idee läßt sich vorerst heraus. schon gewinnen aus der Beschreibung des ursprünglichen Versuchs, welchen Anderssohn zum Beweis der Gravitationsmechanik unsres Sonnensystems anstellte.
Derselbe brachte im Mittelpunkt des Fußbodens eines kreisrunden Gartentempels, der bis zu einer gewissen Höhe ringsum ausgemauert war, ein sogenanntes Reaktionswasserrad an. Indem sich dasselbe dreht, wirft es Wasserstrahlen aus, die auf den umschließenden Mauerkreis nicht senkrecht( auf die Tangenten), sondern schräg, unter spißem Winkel treffen; der Leser kann sich Bewegung und Strahlen wie bei den," Sonnen" genannten Feuerwerkskörpern vorstellen. Rings an dem Umkreis des Tempels ist ein Wasserrohr mit einer großen Anzahl Durchbohrungen angebracht, die Wasserstrahlen, nach dem Mittelpunkt des Kreises gerichtet, aussenden. Wird nun auf die Wasserfläche eine schwimmende Kugel gesetzt, so treffen auf die eine Hälfte der Oberfläche derselben vom Mittelpunkt der Kreisfläche herrührende Strahlen bewegten Wassers, gleichzeitig aber auch dergleichen auf die andere Hälfte, die vom Umkreis herkommend nach der Mitte gerichtet sind. Die willenlose Kugel nimmt dadurch sowohl eine rotirende Bewegung um ihre eigne Are, als auch in gewisser Eutfernung zwischen dem Mittelpunkt und dem Umkreis eine gleichförmige Umlaufsbahn um das Centrum an.
Selbst Störungen im Laufe dieser einen Kugel durch Annäherung an eine vorübergehende zweite, was wie Anziehung aussieht, können durch diesen Versuch praktisch erwiesen werden. Ebenso vollzieht sich eine Ellipsenbahn, wie sie Kepler für die Planeten nachwies, wenn die mittlere Kraftquelle etwas nach dem Umfang zu verrückt wurde.
Dieser Versuch, bei dem doch unleugbar nur zwei in entgegengesetter Richtung abstoßend wirkende Kraftquellen thätig sind, entspricht aber ganz gut den im Himmelsraume obwaltenden Bedingungen. Es würde das Reaktionsrad die Sonne, die schwimmende Kugel die Erde, das kreisförmige Wasserrohr jedoch die Unendlichkeit der im Weltraume unsern Planeten umgebenden Firsterne und deren Wirkung vorstellen.
Wenn alte Kulturvölker die ihnen auffälligste Naturmacht, die Sonne, als den Inbegriff alles Guten, als Spenderin von Licht, Wärme und Leben göttlich verehrten, so müssen wir ihrer zwar beschränkten, doch durchaus naturgemäßen Anschauungsweise viel größere Achtung zollen, als der gegensätzlichen unsrer ,, übernatür lichen" Weisheitsmonopolisten, welche die freilich darüber erhabnen Naturkräfte schmähen und die edelste Beschäftigung, ihr Erforschen und Erkennen, als gemein" bezeichnen. Glücklicherweise hat die Vernunft immer ein Reich für sich behauptet und die modernen Kulturvölker haben auch das Sonnenlicht eifrig weiter erforscht, in seine Bestandtheile zerlegt und die strahlende Wärme gemessen, welche täglich der Erde von dort zuströmt und Arbeit verrichtet. Aber während noch Newton sein Gesetz mit Bestimmtheit nur als für unser Sonnen- und Planetensystem giltig hinzustellen wagte, sehen wir jetzt ganz bestimmt keinen Grund dagegen sprechen, den bekannten Saß, daß alle Himmelskörper im geraden Verhältniß ihrer Massen, sowie im umgekehrten des Quadrates ihrer Entfernungen gegen einander angetrieben werden, als für das ganze unbegrenzte Weltall richtig anzusehen. Auch der Gedanke, daß, wie die unsrige, alle übrigen Sonnen im uferlosen All, alle selbstleuchtenden Sterne, wirken, daß sie vermöge ihrer ausstrahlenden Wärme im All Arbeit verrichten, Bewegung erzeugen, die durch Rechnung nachweisbar zu machen ist: dieser Gedanke ist zwar neu, liegt uns aber jetzt sehr nahe.
In den verschiedensten Entfernungen umgeben uns millionen Sonnen, die über die nördliche, wie südliche Hälfte der Planetenbahnen vertheilt sind; der Sternring der Milchstraße umfaßt wie ein Gürtel die gewölbte Fläche, worauf gleichsam die Planeten unsre Sonne umkreisen.
Dürften wir nun bei der Zusammengehörigkeit und Gegenseitigkeit der Theile des Weltganzen bei den Bewegungsgesetzen eines Sonnensystems die ungeheure Mehrheit der übrigen Sonnen in ihrer Gesammtwirkung außer Acht lassen?
Wenn das menschliche Auge von dem Dasein jedes noch sichtbaren kleinsten Fixsternes den Beweis durch einen fleinen Druck auf die Netzhaut empfängt, so stellt jeder solche Strahl auch mechanisch eine, wenn auch noch so kleine Größe dar; und wenn dieselbe auch für den Quadratmillimeter nur den hundertmillionsten Theil eines Grammes ausmacht, so kommt durch die Multiplikation dieser Fläche mit dem Flächeninhalt der Halbkugel der
Müssen wir jedem Stern, je nach seiner Entfernung, einen entsprechenden Druck auf die Oberfläche der Erde zugestehen, so erhalten wir darin die gesuchten Centripetalfräfte, die von außen auf Sonne und Planeten gerichtet sind.
Wenn ferner, wie unbestritten, gleich dem Schall auf der Erde, auch die strahlende Wärme und das Licht für alle Entfernungen sich in ihrer Wirkung nach dem Quadrate jener abnehmend verhalten, so bedarf es bei der Thatsache, daß Sonne und Planeten von weit her kugelförmig eingeschlossen sind von einer Summe von Kräften, die nach der Oberfläche jedes einzelnen Körpers gerichtet sind, gar keiner neuen mathematischen Berechnung für Newton's Exempel, da überhaupt nichts seinen Annahmen und Voraussetzungen widerspricht.
Eine neuerdings als irrig erwiesene Annahme Newton's, die seine Rechnungen allerdings weder bedingt, und deren Gegentheil dieselben auch nicht ändert, ist die des absoluten Stillstandes der Sonne und der anderen Firsterne. Aber gerade die Thatsache, daß die Sonne selbst nicht feststeht, sondern gleichfalls sowohl eine Drehung um sich selbst, als auch cine, wenn auch relativ kleine spiralförmige Ringbahn beschreibt, fügt sich auf's schönste in die neue Anschauung ein. Die in jedem Augenblick geschehende Veränderung der Richtung, welche der sphäroidale Antrieb von außen auf Sonne und Planeten ausübt, zugleich mit der Verspätung und Ablenkung, welche die Wärme- und Lichtstrahlen beim Durchgang durch den Aether ( resp. Luft oder Atmosphäre) erfahren, wodurch ihr Weg zur krummen Linie gestaltet wird, machen es erweislich, daß der Antrieb für die Rundlaufbewegungen der Weltkörper nicht in zentraler, sondern in tangentialer Richtung geschieht und dadurch ein ewiges Kreisen dieser Körper um einander stattfinden muß, wie in der Wirklichkeit geschieht. Diese in tangentialer Richtung stattfindende Uebertragung der Bewegung von seiten der Sonne auf unsre Erde ist in dem oben beschriebenen Versuch Anderssohn's durch das schräg auf den Umkreis gerichtete Auswerfen bewegten Wassers durch das im Mittelpunkt befindliche Wasserrad richtig dargestellt.
Der Versuch hat also, um es nochmals übersichtlich zusammens zufassen, dargethan, daß:
1) ohne jegliche Art anziehender Kräfte der Kreislauf der Himmelskörper geschehen kann; 2) als Grundgesetz im Weltall die Gegenseitigkeit der Wirkung aller Himmelskörper herrscht; 3) das Heer der Sterne als Wirkung ausübend mit in Rechnung gezogen und nicht, wie bisher, als völlig wirkungslos angesehen werden muß. Professor Chase brachte in einem seiner Vorträge, in denen dieser hervorragende Vertreter der kosmischen Physik Anderssohn's Lösung des Problems:" Siz und Wesen der Anziehung" besprach, einen weiteren Beitrag, der sich der entwickelten Theorie beweisend einfügt.
Er entwickelt nämlich, daß die Geschwindigkeit, welche für alle Gravitationsbewegungen der Sonnensysteme zur Erklärung genügt, nahezu, wenn nicht exakt, identisch sei mit der Geschwindigkeit des Lichts. Die Rechnungsresultate zeigten bei dreien der zuverlässigsten Forscher ein Auseinandergehen von mur 1/3 bis 1 Prozent; Verschiedenheiten, die innerhalb der erlaubten Fehlergrenzen bei derartig schwierigen Forschungen liegen.
Wenn wir nun also wissen, woher die Kräfte stammen, welche unsre Erde gleichmäßig schwebend halten und sie unveränderlich in ihrer bestimmten Bahn vorwärts treiben, so erübrigt uns noch, an ein paar Beispielen zu zeigen, wie auch Bewegungen, die wir als unsrer Erde speziell eigen anzusehen gewöhnt sind, mit den fosmischen Bewegungen zusammenhängen.
Wie die Magnetnadel anzeigt und Lamont direkt nachgewiesen hat, besteht auf der Erdoberfläche eine beständige elektrische Strömung; diesem stetigen Verbrauch an elektrischer Bewegung muß ein ebenso großer unerschöpflicher Ersatz entsprechen, dessen Quelle wir nur in der besprochenen kosmischen Bewegung suchen können.
Die regelmäßige, ganz folossale Massenbewegung des Meeres, der Ebbe und Fluth, die uns bisher als das Werk der anziehenden Thätigkeit des Mondes erklärt" wurde, müssen wir jetzt als von dem durch die Nähe des Mondes verursachten Minusdruck( d. h. aus der Abhaltung eines Theiles des kosmischen Drucks von der Erdwasserfläche) herrührend erkennen.
3n zeigen, wie die Erde den ihr beständig zuströmenden Bewegungsvorrath verwaltet, verwandelt und arbeiten läßt und schließlich an das ganze All in unverminderter Menge zurückgiebt: das sei späterer Darstellung vorbehalten! R.-L.