Die Zone Well
Illustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volk.
No 35 Jahrg.III
Erscheint wöchentlich.
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Preis vierteljährlich 1 Mark 20 Pfennig. In Heften à 30 Pfennig. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Bostämter.
1878.
( Fortsetzung.)
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Der Kommerzienrath, der sich namenlos geschmeichelt fühlte,| Welt, in der es kordiale, einflußreiche Landräthe und mehr Orden drückte Herrn von Wertowsky wiederholt dankbar die Hand und gab, als die sämmtlichen Knopflöcher eines eitlen. Kommerziensagte einmal über das andere:„ Ich werde alles thun, alles raths zu fassen vermögen? verlassen Sie sich darauf, Herr Landrath. Ich kann Ihnen nicht genug danken, wahrhaftig nicht."
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Der Landrath lächelte bedeutungsvoll." Nicht im voraus; ich hoffe, Ihnen innerhalb der nächsten vier Wochen noch eine kleine Ueberraschung bereiten zu können; ich bedaure, es bei dieser Andeutung bewenden lassen zu müssen. Es scheint, als sei die Angelegenheit Sie wissen doch?-, die ich schon solange betrieben habe, jetzt im richtigen Fahrwasser."
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Das war eine frohe Ueberraschung für den Kommerzienrath, die ihn ganz verwirrte. Der Landrath hatte ihm in Aussicht Der Landrath hatte ihm in Aussicht gestellt, daß er sich bei seinem Bruder, der Minister an einem der kleinen deutschen Höfe war, für ihn dahin verwenden würde, daß er den Orden des Ländchens bekäme. Er hatte immer noch nicht recht daran glauben wollen, daß die Sache sich realisiren werde, denn welches Verdienst hatte er sich um diesen Hof erworben? Nicht einmal Geschäftsverbindungen hatte er in diesem Ländchen. Nun sollte es also dennoch wahr werden, und viel leicht sah ihn erhebender Gedanke! das neue Jahr bereits als doppelten Ritter nein, der Landrath war doch ein ganz prächtiger Herr und ein Edelmann vom Scheitel bis zur Sohle! Benn er nur gleich gewußt hätte, womit ihm ein recht willfomener Dienst geleistet werden könnte. Die Gedanken drängten ch in seinem Kopfe und er vergaß völlig, zu antworten, aber er war hochroth vor Freude geworden und sein verklärtes Gesicht hatte für den Landrath eine höchst ausdrucksvolle Beredtsamkeit. Die beiden Herren bezahlten, und als sie aus dem Hause traten, tob Herr von Wertowsky, um des Kommerzienraths freudige Verwirrung zu vervollständigen, seinen Arm unter den seinigen und schlenderte mit ihm bis an seine Wohnung, wo er sich mit kräftigem Händeschütteln von ihm verabschiedete; Herr Reischach wollte ihn his nach dem Bahnhof begleiten, er aber lehnte es ab, schlug ihn noch einmal auf die Schulter und hatte, als er mit raschen Schritten davonging, wohl kaum eine erschöpfende Vorstellung davon, wie stolz und gehoben der Kommerzienrath die erleuchtete Treppe zu seiner Wohnung emporstieg; es war grade, als sei er noch einige Zoll gewachsen, und die ganze Welt erschien ihm im rosig ſten Lichte. War sie denn auch nicht eine
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„ Das ist hübsch, Papachen, daß du heimkommst, hoffentlich zum Plaudern aufgelegt? Wo bist du aber so lange gewesen? Denke nur, es ist zehn vorüber und der Thee wird kaum noch heiß sein."
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„ Das Wohl des Staates, liebes Kind, und das Wohl der Nation gehen vor, man muß auch daran denken. Im Januar schon ist ja Reichstagswahl und wir müssen dafür Sorge tragen, daß unser Kreis einen reichstreuen Mann in's Parlament schickt. Ich habe mit dem Herrn Landrath über diese Dinge intim ge= rathschlagt wichtige Besprechungen privater Natur, die sich der Erörterung in größeren Kreisen entziehen."
„ Nun, weißt du, Papa, ich bin auch garnicht neugierig auf diese Staatsgeheimnisse, wenn du mir aber sonst etwas erzählen wolltest, wäre dies sehr hübsch von dir, denn mit Martha ist heute garnicht zu reden. Sie hat den ganzen Abend neben mir gesessen, wie der Genius des Schweigens, und wenn ich eine Frage an sie richtete, bekam ich entweder gar keine oder eine falsche Antwort."
„ Aber, Emmy, das kann doch garnicht sein!" sagte Martha mit einem leichten Erröthen. Ich war allerdings etwas müde und nicht zum Plaudern aufgelegt, aber ich würde es doch gehört haben, wenn du mich etwas gefragt hättest; du übertreibst da wohl wieder einmal."
,, Nein, nein, rede dich nur nicht aus!" erwiderte die Kleine eifrig, es war garnicht zum Aushalten mit dir, so lieb ich dich auch habe."
Der Kommerzienrath fragte besorgt:" Bist du etwa unpäßlich, Martha? Du bist doch nicht am Ende bei diesem gräßlichen Schneesturm aus gewesen und hast dich erkältet?"
„ Gott behüte, Papa," warf Emmy ein, unwohl ist sie durchaus nicht, sie ist auch garnicht verstimmt und traurig, hat vielmehr mit einem ganz verklärten Gesicht dagesessen und zuweilen still vor sich hin gelächelt."
„ Nun, dann ist es ja gut!" sagte Herr Reischach beruhigt; ,, du könntest doch wissen, daß Martha zuweilen ihre stille, schweigſame Stunde hat."
111. 1. Juni 1878,