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deren Ende immer das Hineinwerfen eines Knechtes in das Wasser bildete, der sich nun zum Vergnügen aller abmühte, das Ufer zu er­reichen. In Bayern wurde derjenige Knecht, der am Pfingstmorgen am spätesten austrieb, zum Wasservogel. Er wurde von den übrigen Burschen ergriffen, in den Wald geführt, mit grünen Zweigen geschmückt, auf ein Pferd gesetzt und in Begleitung der ganzen Dorfschaft zum nächsten Teich gebracht, wo ihn seine Mitknechte unter feierlichen Cere­monien in's Wasser warfen. Auch in Desterreich geschah ganz dasselbe, nur wurde hier zur noch größeren Belustigung dem keineswegs be­neidenswerthen Opfer das Gesicht geschwärzt. Zu Wössingen in Schwaben wurde ein Wettreiten zwischen sieben Burschen veranstaltet, bei welchem der Sieger einen mit Bändern geschmückten Baum als Preis erhielt. Der zweite Reiter erhielt ein Schwert, der dritte einen Geldbeutel, der vierte einen Eierkorb, der fünfte einen Schmalztiegel, der sechste aber ging leer aus und mußte Wasservogel sein, der schlechteste Reiter aber war dessen Knecht und mußte des Wasservogels Pferd führen. In anderen Gegenden wurde der lebendige Wasservogel durch eine mit Blumen geschmückte Puppe ersetzt. Was die ehemalige Bedeutung dieses Bades sein dürfte, läßt sich jest wohl kaum noch sagen, jedenfalls stammt aber diese Sitte aus altheidnischer Zeit und ist vielleicht als ein Opfer anzusehen, das man der Gottheit des Regens, der Fruchtbar­feit, darbrachte. H. St.

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lassen den Schweiß nicht so leicht verdunsten und schüßen, gerade im Sommer, vor Erkältung. In Italien , wo wohl selten jemand Leinen­wäsche auf bloßem Leibe trägt, nennt man die Leinenhemden: Leichen­hemden.

Weder zur öffentlichen, noch zur privaten Beantwortung eignen sich die Anfragen von F. R. D. in Hausdorf, F. H. in Zeulen­ roda , C. Wolf in Berlin , A. L. in Posen, Tischler A. W. in Berlin , in diesen Fällen wäre Berathung ohne persönliche Untersuchung Charlatanerie. Charlatanerie. Anfragen ähnlichen Inhalts finden folgende Brief­schreiber in früheren Nummern der ,, N. W. " beantwortet: A. Scholz in Berlin und L. 3. in Magdeburg ( wegen Airy's Naturheilmethode). C. Sp. in Berlin wolle einen recht geschickten dortigen Chirurgen wegen seines ,, Dußends Hühneraugen am Ballen" konsultiren, denn er selbst würde dieselben doch nicht beseitigen können, selbst wenn wir ihm das Verfahren genau beschreiben würden. Die übrigen bis zum 23. Mai eingegangenen Briefe haben wir direkt erledigt.

Im ärztlichen Briefkasten der Nummer 35 befindet sich ein Satz­fehler. Es soll heißen: ,, Kühle Waschungen mit 22-20 Grad R. warmem Wasser." 30 Grad warmes übersteigt die Bluttemperatur, fühlt also nicht ab. Dr. Resau.

Aerztlicher Briefkasten.

Berlin . Julius G- g. Das Wort Erkältung wird von Aerzten und Laien vielfach mißbraucht und gedankenlos nachgesprochen, umſo­mehr, da die Vorgänge im menschlichen Körper, welche unter dem Ein­flusse eines raschen Temperaturwechsels, namentlich wenn kalte Zugluft einwirkt, entstehen, vieles Dunkle in sich schließen und keineswegs ge­nügend erforscht sind. Denn die namentlich von den Wasserärzten ausgesprochene Ansicht, daß bei der Erkältung die Hautabsonderung unterdrückt und ein dem Körper schädlicher Stoff im Blute zurück­gehalten werde, welcher nunmehr örtliche und allgemeine Krankheiten ( Rheumatismen, Katarrhe 2c.) errege, ist ganz hypothetischer Art, weil bisher niemand einen solchen schädlichen Stoff gesehen und gefunden hat. Es ist vielmehr wahrscheinlicher, daß durch Abkühlungen das Nervensystem, respektive gewisse Theile desselben, in einen Reizungs­zustand versetzt wird, welcher wiederum Störungen hervorruft, die von den individuellen Verhältnissen des Erkrankten abhängen, denn sonst könnte nicht bei einem Menschen nach Erkältungen ein Kehlkopfskatarrh, beim anderen ein Schnupfen, beim dritten ein Muskelrheumatismus 2c. entstehen, sondern die Folgen müßten immer dieselben sein. Es hängt deshalb lediglich von individuellen Verhältnissen eines Menschen ab, ob er sich und wie weit er sich ohne Schaden im schwißenden Zustande dem Luftzuge aussehen darf. Erkältet sich jemand leicht, so muß er sich abzuhärten suchen. Die Regeln für eine Abhärtungsmethode gaben wir im Briefkasten von Nr. 20 dieses Jahrgangs.

Berlin . H. B- 3. Ein sehr naiver Wunsch, wegen eines diph­theritiskranken Kindes schriftliche Rathschläge von uns zu erbitten! Bevor der Brief in unsere Hände gelangt, kann ja das Kind schon ge­storben sein oder der günstige Zeitpunkt zur Vornahme des Kehlkopfs­Luftröhrenschnittes, der in manchen Fällen, wo der Kehlkopf mit er­krankt, das einzige Rettungsmittel ist, ist schon vorüber. Mit solchen Anfragen wolle man uns freundlichst verschonen, denn akute Er­krankungen erheischen die Konsultation eines am Orte befindlichen Arztes.

Sigmaringen . E. Sch. Wir können nur wiederholen, daß rohes Fleisch kein Kräftigungs- und Nahrungsmittel für junge Kinder sein darf. Bandwurm kann sich durch den Genuß desselben allerdings nur entwickeln, wenn das Fleisch finnig war. Das Beste wird immer die Milch bleiben; bei Kindern nach dem ersten Lebensjahre auch weiche Eier. Wittenberg . D. D. Jene Ankündigung, in der die Elektrizität gegen Schwerhörigkeit und Ohrsausen als unfehlbar angepriesen wird, ist ein maßloser Schwindel; denn nur bei sehr wenigen Krank­heiten des Labyrinthes und Mittelohres hat sich die Elektrizität hie und da von einigem Nuzen erwiesen. Ganz zwecklos ist sie bei Ihrem chronischen Mittelohrkatarrh, bei welchem einzig und allein der konse­quente Gebrauch der Luftdouche, neben Einsprißungen von lauwarmem Salzwasser in die Nase und Gurgelungen mit letterem, Besserung herbeiführen kann.

Magdeburg . H. M. Daß für unsere klimatischen Verhältnisse das wollene Hemd im Winter und das baumwollene Hemd im Sommer zweckmäßiger ist, als ein leinenes, steht fest. Denn die Leinwand saugt Flüssigkeit leicht auf und läßt sie leicht wieder fahren, erkältet aber deshalb. Baumwolle und Wolle sind hygroskopischer, fie

Redaktions- Korrespondenz.

Rostock . H. Abhandlungen über Heraldik finden in der ,, N..", deren Name schon besagt, daß sie mit den Thorheiten der alten Welt nichts zu thun haben will, keinen Eingang. Die Thatsache, daß die dieser angeblichen ,, Wissenschaft"( von den Wappen unfrer Abelswelt) gewidmeten Universitätslehrstühle, troß der Vorliebe verschiedener Landesväter für solchen Firlefanz, schließlich unbesegt bleiben mußten, beweist zur genüge, daß das deutsche Bolt über derlei denn doch hinaus ist. Wollen Sie durchaus Heraldiker werden, obgleich Sie ,, einfacher bürgerlicher Beamter" sind und Ihre Zeit jedenfalls

besser als zu solchen junkerlichen Spielereien verwenden können, so schaffen Sie sich das

Wert von Bernd ,, Die Hauptstücke der Wappenwissenschaft" an. Detmold . Y. Sehr liebenswürdig!

u. Premierlieutenant B. Herr Dr. Didtmann ist praktischer Arzt in Linnich , Regierungsbezirk Aachen .

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Breslau . 2. Sch. Zu Ihren Zweden werden Sie wahrscheinlich die ,, Praktische Anleitung zur Glacéleberfärberei" von Anton Banggemann, 1858 zu Quedlinburg zuerst W. P. J. Ueber die Person unseres Mitarbeiters erschienen, gebrauchen können. R.-L. find wir vorläufig nicht befugt, Unbekannten Auskunft zu geben. 2. Wenden Sie Sich mit solchen Fragen gefälligst an die Redaktion der Wahrheit". Wien . Tischler A. T. Die fleinen Konversationslegita von Meyer und Brockhaus find beide schon deswegen zu empfehlen, weil in der Art gegenwärtig nichts Besseres existirt. Wenn Sie noch einige Wochen warten wollen, werden Sie erfahren können, ob nicht in nächster Zeit ein in wissenschaftlicher und sozialpolitischer Beziehung vollkommen vorurtheilslos redigirtes ähnliches Werk erscheint.

Düsseldorf . M. Pr. Die Gauchos , gesprochen Ga- utschos, find die aus der Ver­mischung der Spanier mit den Indianern hervorgegangene Landbevölkerung der Bampas

in den südamerikanischen Laplatastaaten, deren Hauptbeschäftigung das Einfangen der auf den Pampas zu millionen vorhandenen verwilderten Pferde und Kinder ist.

Oberschmon( bei Querfurt ). A. R. In solch' alten Büchern, wie das im Jahre 1820 zur Volksbelehrung erschienene, aus dem Sie die Formel zur Teufelaustreibung genommen haben, finden Sie keine zuverlässige Belehrung.

Hamburg . J. J. Sch. Sie hatten vollkommen recht, als Sie meinten, die welt­verzweifelte Stimmung, welche in Ihrem Sonette zum Ausdruck gelangt, passe nicht in die ,, Neue Welt". Wer an eine neue Welt glaubt, für sie arbeitet, der schaut frohen oder düsteren Muthes, aber stets mit unbesiegbarer Zuversicht, in die Zukunft. Daß übrigens der Jammer der alten, elenden Welt, in der wir leben, ganz dazu angethan ist, Menschen, deren Gefühl nicht-um mit Platen zu reden- ,, mit siebenfachem Leder überzogen, dem Schild des Ajax im Homer vergleichbar", zur Verzweiflung zu treiben, geben wir gern zu; nur dürfen wir diese sehr erklärliche Neigung zur Weltverzweiflung nicht fördern, sondern müssen die Proletariergemüther, foste es, was es wolle, stahlhart und in alle Wege schidialsfest machen helfen. Uebrigens erklären wir Ihnen gern, daß wir Sie für poetisch nicht unbegabt halten und Ihren Gedichten, wenn Sie Kampfes

freudigkeit statt weltschmerz athmen werden, die ,,.." nicht verschließen wollen.

Braunschweig . Gust. S. Der Kutut ist kein Raubvogel. Er lebt von Insekten, Raupen n. bergl. Raubvögel find nur die drei Familien der Geier, Falten und Eulen.

Diese nähren sich meist von Wirbelthieren; einige fressen auch Aas.

Berlin . W. E. Der betreffende Herr steht allerdings geistig und sittlich zu tief, als daß wir ihm die Ehre besonderer Beachtung in der.." angedeihen lassen tönnten. Für diejenigen, welche den Mann nun einmal näher fennen, sehen wir Ihr Epigramm an diese Stelle: ,, Des Vaters Leichnam ist für Hans der Köder, Mit dem er trebst; nach seiner Art jedweder." Es würde uns freuen, wenn Sie Gelegenheit nehmen wollten, uns zu überzeugen, daß Sie die Pfeile Ihres epigrammatischen Wiges M. H. Sie haben recht, in dem Artikel über auch nach edlerem Wilde richten. Immanuel Kant ist irrig angegeben, Kant habe 1777 seine schriftstellerische Laufbahn be­gonnen; es soll heißen: 1747. Uebrigens ist das aus den anderen Angaben, wonach St. 1724 geboren ist und 23 Jahre alt, sein erstes Wert veröffentlicht hat, klar genug er­fichtlich. Ein Verzeichniß der Druckfehler 2c. in diesem Jahrgang der N.." werden wir der legten Nummer derselben beifügen.

Marienwerder. Dekonomieeleve v. 2. Sie ,, verachten die Sozialdemokraten, wie alle Demokraten und andre Leute, die im Königthum nicht das höchste auf Erden sehen"!? Wie können Sie so grausam sein, liebes Kind?

Alle Verleger sozialistischer Schriften sowie aller anderen, die in wissenschaft­licher oder politischer Beziehung von radikalen, durchaus vorurtheilsfreien Grundgedanken

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ausgehen, ersucht der Unterzeichnete, ihm ein Verzeichniß ihrer Verlagsartikel, oder, so­weit dieselben nicht seit einigen Monaten bereits im Buchhandel sind, je ein Exemplar derfelben zuzusenden. Die aus dem großen Leserkreise der N.." zahlreich an die Redaktion ergehenden Anforderungen, Rathschläge zu ertheilen bezüglich der Wahl sozial­politischer, wissenschaftlicher oder belletristischer Lektüre, und die Absicht, in Zukunft, un­gefähr allmonatlich, ein Verzeichniß, resp. eine Besprechung der eingegangenen literari-, schen Novitäten zu bringen, sind die Veranlassung dieses Wunsches. Bruno Geiser , Redakteur der ,, Neuen Welt". ( Schluß der Redaktion: Montag, den 27. Mai.)

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Peter Paul Rubens ( mit Porträt).

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Alte Probleme in Komödianten­

Inhalt. Ein verlorener Posten, Roman von R. Lavant ( Fortsetzung). modernem Gewand( III. Das Lebenselixir). Ein Stück Kulturgeschichte des Mittelalters im Orient, von A. Bebel( Forts.). fahrten zwischen Trapezunt und Fiume, von Dr. Max Trausil( Schluß). Frau Holle( Gedicht). Antritt zur Sarabande in einer Schenke Andalusiens ( mit Illustration). Eine Pfingstsitte. Aerztlicher Briefkasten. Redaktionskorrespondenz.

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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser in Leipzig ( Plagwizerstraße 20). Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig .

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Expedition: Färberstraße 12. II.