Die Bene Well

46. Jahrg. In. Erscheint wöchentlich.

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Illustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volk.

Preis vierteljährlich 1 Mark 20 Pfennig. In Heften à 30 Pfennig. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter.

Eine Seereise und eine Auswanderung.

III.

Von Dr. Adolf Douai.

Als unsere Reisegesellschaft am Morgen das gelobte Land" betrat, wie es der Kapitän humoristisch benamste, warnte ich alle vor Magenverderbniß. Wir sind hier in einem halbtropischen Klima, und alle die gefährlichen Krankheiten, welche hier vor fommen, fangen mit Magenverderbniß an," sagte ich. Besonders ist vor südlichen Früchten und schlechten Getränken zu warnen," und mehr dergleichen. Allein bei unseren Geschäftsgängen durch die Stadt, auf denen wir mehreren Trüppeln unserer Landsleute begegneten, mußte ich zu meinem Verdrußse bemerken, wie sehr mein Rath in den Wind gesprochen war. Sie aßen und tranken von allem, was sie verkäuflich fanden, und zwar durcheinander. Wie Kinder waren sie darauf versessen, alle neuen Genüsse sofort kennen zu lernen, und nach so langem Genuß der Schiffskost schien der Reiz, den die Bananen, Apfelsinen, Feigen, Datteln  , Tomatoes( Liebesäpfel), besonders aber das elende Vier( aus Syrup, Hefe und Hopfen bereitet) auf sie ausübten, unwider stehlich. Durch eigne Geschäfte am längsten in der Stadt auf­gehalten, kam ich an den Hafen in dem Augenblicke, als die ganze Schaar aufgebrochen war, mich aufzusuchen, um mir zu flagen, daß der Kapitän ihre Weiterfahrt nach Indianola nicht, wie der Vertrag lautete, an einen Dampfer, sondern an ein elendes, kleines Segelschiff verdingen wolle.

Das wird er nicht, wenn wir nicht wollen. Ich traue aber seinem Rathe mehr als unserm Wunsche; er wird am besten wissen, was ein sichres Schiff ist. Wir wollen uns aber erst einmal den Schoner besehen," sagte ich.

So gingen wir alle zusammen nach dem bezeichneten Segel­schiffe; es war ein kleiner, zweimastiger Schoner von schmuckem Aussehen. Ich mußte den Leuten recht geben, daß wir darin wie die Häringe zusammengepackt sein würden, und bestand nun selbst darauf, daß wir an den einzigen im Hafen liegenden Dampfer bergeben würden, welcher nach Indianola bestimmt war. Den Kapitän des Schoners fand ich sofort bereit, unserm Lamike dessen Busage zurüdzugeben. Sie werden es aber bedauern," sagte er ruhig, nicht mit mir gefahren zu sein."

" Ich glaube das selbst," versetzte ich; aber was kann ich gegen

alle?"

Und wir bedauerten es allerdings. Es war eine Nacht voll Angst und Sorge. Kaum waren wir aus dem Hafen hinaus, als ein frischer Wind sich erhob, welcher uns fast ganz grade entgegenblies. Der Dampfer war nicht für die See gebaut,

1878.

sondern für die seichten, gefahrlosen teranischen Flüsse. Es war ein Flachboot ohne Kiel  , auf welchem die Fracht und die Dampf­maschine ruhte. Darüber erhob sich, hoch auf dünnen Pfosten aufgethürmt, ein Ueberbau von zwei leichten Verdecken; da waren wir einquartirt auf Matraßen, während etwa zwei Dußend Ameri­kaner die Kabinen besetzt hatten. Mit aller Dampffraft konnte sich dieser Riesensarg, der aber von außen sehr schmuck ausgesehen hatte, nicht grade gegen den Wind halten, der ihn bald von rechts, bald von links traf; dabei krachte er fortwährend in allen Fugen. unten im Raume wurde geheizt, wie in einer Hölle, und die Neger, denen das Besorgen der Maschine oblag, schienen mir gar bedenkliche Versicherer so vieler Menschenleben. Zum Glück war die Küste die ganze Nacht in Sicht und die Brandung schwach, weil die Küste genau in der Windrichtung hinlief. Im Falle des Untergangs des Dampfers mochte, obwohl wir nur ein leichtes Boot hatten, eine Rettung der Menschen denkbar bleiben. Es hat aber schwerlich einer von uns ein Auge zugethan.

Der erste Sonnenstrahl fand mich auf dem Oberdeck. Eine Gruppe von Amerikanern war mit seltsamer Spannung um ein Fernrohr beschäftigt, welches von einer Hand zur andern ging. Ich bemerkte durch dasselbe ein weit entferntes Segel, welches von vorn auf uns zukam, aber als Landratte weiter nichts, und hielt es nicht der Mühe werth, nach dem Grunde ihrer Spannung zu fragen, welche mit jeder Minute wuchs. Es war ein Schoner, der rasch nahe kam und jetzt bereits so dicht an uns vorbeisegelte, daß wir fast hätten hinüberspringen können. Und der Mann am Steuer rief mir freundlich Guten Morgen zu. Sofort erkannte ich ihn; es war derselbe Kapitän, mit welchem wir( und ver­muthlich auch die Amerikaner) hatten fahren sollen. Er war, wie wir alle uns überzeugten, mindestens zwei Stunden später aus dem Hafen ausgelaufen, hatte die ganze Nacht durch gegen den widrigen Wind kreuzen müssen, hatte uns trotzdem vor Tages­anbruch weit überholt, war dann umgekehrt, um uns Guten Morgen zu wünschen, und legte dicht hinter uns wieder um, fuhr mit geringer Schwierigkeit an uns vorbei, ließ uns bald weit dahinten und kam uns, als wir bei Indianola landeten, mit dem schelmischen Gruße entgegen: Nun, haben Sie es bereut oder nicht, daß Sie nicht mit mir gefahren sind?" Ich gab ihm jede Genugthuung, welche in meiner Macht stand.

Wir d. h. ich und der Wagner, von dem ich schon ge­sprochen hatten uns von Deutschland   einen gutgebauten Farm­wagen und 27 Bentner Fracht mitgenommen, welche eine ganze