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für den Dichter, der dadurch an der nationalen Sache und| Dieser Schlag gehörte zu den furchtbarsten, welche er sein Leben diese war damals in Frankreich   keine andere, als die der Frei­heit, der Freiheit aller Menschen und Völker schon früh das lebhafteste Interesse gewann.

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Wie so häufig, hat auch damals die menschliche Niederträchtig­keit das edle Werk de Belleeglise's zu Fall gebracht; Verleum­dung und Mißgunst nöthigten den braven Mann, an welchen Béranger für sein ganzes Leben eine fast kindliche Anhänglichkeit bewahrte, von der ferneren Verwirklichung seiner freisinnigen Pläne Abstand zu nehmen.

De Belleeglise starb in seinen besten Jahren zu Amiens   als Präsident des Kriminalgerichtshofs, und hat leider nicht sehen fönnen, inwieweit seine Voraussage, Béranger werde sich dereinst auszeichnen, sich verwirklichte.

Durch seine Vermittlung gelang es in der Folge Béranger, in eine durch die Beihülfe des edelmüthigen Mannes gegründete Buchdruckerei zu Peronne einzutreten. Damals schrieb der Dichter seine ersten Reime!

Inzwischen hatte sich sein Vater wieder mit seiner Mutter vereinigt, und durch glück­liche Spekula

tionen an der Börse waren dessen Ver­mögensver­hältnisse ziem lich günstige geworden, und nun rief er den Sohn nach Paris   zurück. Nach Pa­ ris  ! Wie sollte er nicht gern dem Wunsche Vaters

des

Folge leisten!

Hatte er doch

oft von Paris  geträumt, von der Stadt,

welche man nicht vergessen fann, wenn man jung von ihr Abschied genommen!" Aber der Ab­schied von der guten Tante ward ihm schwer, und er

hörte nicht auf

zu weinen,

lang empfangen. Glaubte und fürchtete doch der Edle, daß die Gläubiger seines Vaters ihm die größte Schuld an dem Geschick des Hauses zuschreiben und an seiner Rechtschaffenheit zweifeln würden, obgleich sie vorher das größte Vertrauen in ihn gesetzt! Reim auf Reim hatte Béranger schon geschmiedet, ohne Ziel und ohne Zweck; jetzt, da das Elend nahte, tröstete ihn die Poesie. In allen Gattungen der Dichtkunst hatte sich Béranger bisher schon versucht, und obgleich mit den Regeln der Grammatik noch auf ziemlich gespanntem Fuße stehend, hatte er sich bereits fast ein vollständiges Lehrbuch der Poetik zurechtgelegt. Er

Von dem Dichten allein jedoch konnte er nicht leben.- dachte daran, sich wieder der Buchdruckerkunst zuzuwenden, gab aber diesen Plan bald wieder auf, weil er glaubte, noch nicht Fertigkeiten genug zu besigen, um sich auf diese Weise seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ohne Rath und Hoffnung floh er die Straßen des inneren Paris   und schweifte in den Vorstädten und benachbarten Orten umher." Saint- Gervais, Romainville  , Boulogne, Vincennes  ," ruft er aus, welch' beruhigende Träume­

Die Mopsfledermaus.( Seite 551.)

reien danke ich euch!"

Napoleon Bonaparte  ging nach Aegypten   und kehrte zurück ( 1798 bis 99); aus dieser Zeit stammen die ersten politi schen Gesänge Bérangers, der, ein ar­mer Schüler Juvenals",

des

großen

römischen Sa­tirikers, die Geißel des Spottes gegen das soge­nannte Diref= torium der damaligen Republik schwang, wel­ches sich durch Bedrückungen und gewissen­lose Verwal tung immer mißliebiger machte. Alle Träume von

Freiheit und

während der ganzen Reise von zwei und einem halben Tag. Er| Ruhm, welche von jeher in dem Herzen der Franzosen ge­war eben ein außerordentlich weiches Dichtergemüth.

In das Bankgeschäft seines Vaters eingetreten, verursachte es dem eben zum Jüngling Herangereiften ein außerordentliches Vergnügen, die Spekulationen seines Vaters zu unterstützen, zu­mal er dabei eine ganz unerwartete Geschicklichkeit entwickelte und sich namentlich mit Hülfe seines sehr guten Gedächtnisses in der Kunst des Kopfrechnens wunderbar" vervollkommnete.

Seine Freude an diesen Geldgeschäften währte jedoch nicht lange. Der große Erfolg hatte den Vater verblendet; er wurde immer weniger eifrig und vorsichtig und ließ sich von Schmeichlern und Schwäßern nur allzu leicht hintergehen.

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Huldigte sein Vater der größten Verschwendung, so befleißigte sich Béranger auch während dieser Zeit der einfachsten Lebens­weise. Er bewohnte eine kleine, bescheidene Wohnung, welche von seiner guten alten Großmutter" Champy in Ordnung gehalten wurde, und machte nur sehr bescheidene Ansprüche. Diese alte Frau, Mutter Jary", wie er sie in einer der ergreifendsten Episoden seiner Selbstbiographie nennt, hat mit ihm treulich die Sorgen jener Zeit getragen, als der kurze Reichthum" in Trümmer fiel. Bérangers Sparsamkeit konnte den Sturz des väterlichen Bankgeschäfts nicht aufhalten; das Haus fallirte im Jahre 1798.

schlummert, fanden damals in dem kühnen General Bonaparte ihre Erfüllung, besonders die Jugend jauchzte ihm zu; so auch Béranger. Dieser war jeder Zoll ein Franzose, und als solcher hat er dem großen Feldherrn zugejubelt. Den Despotismus des Tyrannen, welcher später in Napoleon   zutage trat, verabscheute der Dichter im Innersten seiner Seele; erst als das Grab von St. Helena   sich geschlossen, fiel auch ein Schleier über die Flecken des ruhm- und herrschsüchtigen Regenten, und das Volk sah in ihm nur noch den größten Helden, den Frankreich   je besessen, des Volkes Denken und Fühlen aber lebte in Bérangers Gesängen.

Um seiner sorgenvollen Lage zu entfliehen, dachte Béranger daran, nach Aegypten   zu gehen, um in der französischen   Armee zu dienen. Ein wohlwollender Freund jedoch machte ihn auf alle Ünannehmlichkeiten aufmerksam, die dort seiner warteten, und so blieb der Dichter in Paris  . Und er mußte in der französischen  Hauptstadt, im Brennpunkt des politischen Lebens bleiben, wenn er das werden sollte, was er in der That geworden ist. Das immer regere Interesse, welches er an den öffentlichen Angelegen­heiten nahm, ließ ihn manche Sorge um das leibliche Dasein nicht so schwer empfinden, als er sie sonst empfunden haben würde.