Sodann:
Ich wollte tief mich unterrichten, Nicht folgen mehr dem eitlen Schein;
Wollt nicht mehr lieben, nicht mehr dichten, Ich wollt' gar ein Gelehrter sein.
Doch seht, ich irr' von Stätt zu Stätte, Mein Träumerhirn ist wie ein Sieb. Bleib' Lafontaine mir und Lisette, Ihr Lieder bleibet, bleibe Lieb'!"
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In rührender Weise spricht sich auch die Erinnerung an diese seine Jugendliebe aus in dem berühmten Gedicht„ Mein Rock": Wie freut mich dieser Fleck an deinem Kragen, Der mich an Lieschen denken läßt!
Ich floh sie einst, als fänd' ich kein Behagen
Bei ihr. Ein Händchen hielt mich fest,
Du rissest. Welche Niederlage!
Ich leistete auf Flucht Verzicht;
Dich auszubessern, brauchte man zwei Tage: Mein guter Alter, trennen wir uns nicht!"
Und dann noch einmal, in dem ergreifenden Gedicht„ Lebt wohl, ihr Lieder!" umschwebt ihn der Schatten der Geliebten und er gibt seiner wehmüthigen Trauer Ausdruck:
,, Der Acolsharfe gleich am kahlen Stamme, Hat nun mein Herz verloren seinen Klang. Nicht blitet mehr des Frohsinns helle Flamme, Am Lebenshimmel naht ein Wetter bang,
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Der Horizont wird dunkler, Wolken drohen, Kein Lied mehr stimmst in frohem Klang du an. Wie mancher Freund ging längst schon dir voran, Lisett' auch ist in's, Todtenreich geflohen.
Ade, mein Sang! Mein Haupt ist müd' und grau,
Das Vöglein schweigt, der Herbstwind fegt die Au'!"
In jener Zeit seiner Jugend, als die Liebe zu Lisette das Herz des Dichters entflammte, vermochte Béranger in der Gesellschaft fröhlicher Freunde, deren Zahl immer mehr wuchs, die Sorgen des Tages hinwegzuschlagen: man feierte bescheidene, aber um so heitere Gastmähler, und spielte Komödie, wozu Béranger Kleine Liederspiele, Vaudevilles, zusammensetzte. Seine vertrau testen Kameraden waren junge Schriftsteller und Musiker, denen er seine Verse vorlas und Abschriften davon gab. Diese Abschriften wanderten von Hand zu Hand; noch mehr aber gingen die Strophen und einfachen, leichten Melodien von Mund zu Mund. Waren sie nicht nach bekannter Melodie gedichtet, so wußte das allezeit wahrfühlende Gemüth des Volkes bald die rechte Weise zu erfinden, und so geschah es, daß, während noch keine einzige Strophe Bérangers gedruckt war, seine Lieder in den Salons wie in den Hütten, in den Champs élysées wie in den entlegensten Vorstädten von Paris , ja, in ganz Frankreich erklangen, und der Dichter schon einen berühmten Namen hatte, bevor er noch daran zu denken wagte.
( Fortsetzung folgt.)
Blumen
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ein Symbol der Liebe.
Von Hugo Sturm. ( Schluß.)
Dem empfindsamen Herzen wird die Pflanze immer etwas mehr sein als ein Gebild aus Wurzeln, Stengel, Blättern und Blüthen. Der Nadelwald wirkt anders als der Laubhain aber beide können nur dem Gefühllosen gleichgültig bleiben. ,, Kennst du noch die irren Lieder
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Aus der alten, schönen Zeit?
Sie erwachen alle wieder
Nachts in Waldeseinsamkeit,
Wenn die Bäume träumend lauschen Und der Flieder duftet schwül,
Und im Fluß die Nixen rauschen
So singt Eichendorf , und wir können leicht errathen, welche Lieder aus der alten, schönen Zeit" sein Herz bewegen. Aber auch der Lebensschmerz findet in der Natur einen geeigneten Ort, wo er sich den Augen der schadenfrohen Welt entzieht. Den trübfeligen Lenau dürfen wir nur fragen:
,, Wild verwachs'ne, dunkle Fichten, Leise klagt die Quelle fort: Herz, das ist der rechte Ort Für dein schmerzliches Verzichten!"
Er flüchtet nicht in das Gewühl der Straßen, er schließt sich nicht in einsamer Zelle ein, er eilt an das Herz der allwaltenden Natur. Man sollte meinen, der Anblick der vieltausend Blumenmüßte dem liebeskranken Herzen unangenehm sein, da sie es ja stets an die verlorne Liebe erinnern. In Herzenssachen pflegen die Dichter am erfahrensten zu sein, und ich glaube auch den eben ausgesprochenen Einwurf am besten durch den Mund desselben ( Just. Kerner) widerlegen zu können:
, Blumen, ach Blumen, Heilen jeden Schmerz;
Drum drückt man so ein Kind Gern an das wunde Herz."
Fast überall begegnen wir deshalb auch einer ganz besonderen Vorliebe der Liebenden für die Blumen. Der liebekundigste unserer Dichter, Heinrich Heine , findet keinen schönern Vergleich für seine Geliebte, als den mit einer Blume:
Du bist wie eine Blume,
So hold, so schön, so rein!"
Aber wir würden uns irren, wollten wir ihm das Prioritätsrecht hierfür zuerkennen. Schon der weise Dichter des Hohenliedes nennt seine Sulamith eine Blume zu Saron, eine Rofe im Thal,"
und diese Anschauung kehrt bei allen Völkern wieder. Wie wahr ist es, was F. Th. Bratranet sagt:„ Wir verbinden oft den Namen und die Züge einer geliebten Person mit der Vorstellung einer Blume, die uns jene immer wieder zurückruft. Für die einen ist es die Rose, der Jasmin, der Flieder, die Sonnenwende, die Verbena; für die andern ist es das Immergrün, das Veilchen, das Vergißmeinnicht. Für alle aber ist die Erinnerung an eine Frau unzertrennbar von der an eine Blume. Der Duft dieser bevorzugten Blume erfüllt uns mit einem Rausche, der sich vom Haupte in das Herz versenkt. Ihr Anblick hebt euch über die Gegenwart hinweg, ihr lebt in der Vergangenheit, ihr seht ihn wieder, jenen schmalen Pfad, auf dem ihr beide zwischen Rosengebüschen gewandelt, jenen Bach, der ihr Bild widerspiegelte, ihr hört ihre Stimme, ihre süße Stimme euch rufen.Unglücklich derjenige, dessen Augen sich nie bei dem Anblick einer bestimmten Blume mit Thränen füllten. Der war nie ein Kind, nie ein Jüngling er hat nie geliebt! Bevorzugte Blume, süße und liebliche Blume, deren Namen man nur so im Stillen ausspricht, wie den eines geliebten Weibes, das Herz, das deinem zauberhaften Einflusse nicht mehr unterworfen ist, das ist welf für ewig. Es schlägt noch, allein es hat aufgehört zu fühlen."
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Durch die Blume zu sprechen, haben die alten Völker schon früh versucht, und zwar im Sinne des Wortes. Wenn man die Opferaltäre mit Blumen belegte, die Laren bekränzte und sich selbst diesen Schmuck verschaffte, ehe man den Göttern opferte, so wollte man doch nichts weiter, als den Gottheiten hierdurch das Gefühl der Verehrung fundgeben. Sappho hebt ausdrücklich hervor, daß alles, was grünt und blüht, den Göttern angenehm sei. In ältester Zeit kamen die Kränze nur den Göttern zu, so daß Homers Helden noch ohne solche einherschreiten. Erst eine spätere Zeit bestimmte sie als Siegespreis bei den heiligen Kampfspielen, die aber im Anfang dieser Sitte nicht dem Sieger, sondern dem Vaterlande desselben zugesprochen wurden. Spätere Geschlechter gingen jedoch weiter und verehrten jeden, der sich irgend hervorragend verdient gemacht, mit der Ueberreichung eines Kranzes.
In das Liebesleben zog man später die Blumen auch als redende Symbole, wie wir von dem ausgezeichneten Literaturkenner des Alterthums Athenäus ( lebte in der letzten Hälfte des 2. Jahrhunderts nach Christus) erfahren. Er berichtet, daß ein aufgegangener Kranz Verliebtheit bedeute und daß es Sitte sei, die Thüren derjenigen, die man liebt, mit Blumengewinden