Illustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volk.

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17.

1880.

Erscheint wöchentlich.

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Preis vierteljährlich 1 Mark 20 Pfennig. In Heften à 30 Pfennig. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Bostämter.

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Dem Schicksal abgerungen.

Novelle von Rudolph von B...... ( Fortsetzung.)

Wie in einem Ausbruch des Entzückens wies Schweder auf| um den Hals fiel und ihm betheuerte, seine warmen Worte hätten die Eintretenden und rief begeistert:

" Sehen Sie, meine verehrtesten Herrschaften, während ich die Ehre hatte, Herrn Alster den Eintritt meines Freundes Senkbeil in die so schöne Gemeinschaft der Namen und Häuser Wichtel und Alster anzufündigen, hat sich das Bündniß selbst zwischen unserm allverehrten Herrn Justizrath und Senkbeil bereits voll­zogen. Dem Herrn Justizrath Wichtel, welcher in garnicht hoch genug zu schäßendem Entgegenkommen meinem Freunde die Hand geboten und damit seinerseits den ihm gebührenden hervorragen­den Antheil an der Gründung der hoffentlich bald die industrielle Welt beherrschenden Vereinigung Alster  , Wichtel und Senkbeil genommen, gilt dieses Glas, er soll leben!"

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Und wieder rief Schweder Hoch, und ebenso wie vorher stimmte der Oberbaurath mit voller Kraft seiner Donnerstimme und in überströmender Begeisterung ein.

Er hatte heute wirklich seinen guten und glücklichen Tag, der Herr Schweder. Bei allem, was er that, traf er das Richtige, das unter den gegebenen Verhältnissen Zweckmäßigste, und alles gelang ihm.

Bum Unterschiede von seiner ersten Rede hatte er jetzt un gemein geschwind und undeutlich gesprochen, sodaß ihn der Justiz rath wahrscheinlich auch nur halb verstanden haben würde, wenn er selbst vollständig nüchtern gewesen wäre. Nur auf die Worte: diesen schönen Bund", allverehrter Justizrath"," garnicht hoch genug zu schäßendes Entgegenkommen"," gebührender, hervor ragender Antheil", Vereinigung Wichtel" und soll leben", legte er den allernachdrücklichsten Ton. So hatte denn der Justizrath auch keine Silbe weiter verstanden, als diese Worte, und da ihm mit Hülfe von Schweders übermächtigem Verbündeten, dem Johannisberger, längst jeder Schatten bösen Verdachts abhanden gekommen war, ließ er sich mit dem erfreulichen Bewußtsein, daß der wirklich ganz famose Kerl, der Schweder", ihm, wie er sehr richtig selbst bemerkt hatte, gebührendermaßen" eine Ovation dargebracht hatte, genügen.

ihm unbeschreiblich wohl gethan und dem heutigen schönen Abend die Krone aufgesetzt. Er müsse gestehen, er empfinde heut mehr als je in seinem tiefsten Innern die Wahrheit des Sprüchworts Einheit macht start", und könne aus seiner eigenen Erfahrung noch hinzusetzen: ,, auch glücklich".

Diese Erpektoration Alsters rief auf des Justizraths hoch­geröthetem Antlige ein schadenfrohes Lächeln hervor. Alster   war offenbar angekneipt, fabelhaft angekneipt, er schwägte greulichen Unsinn, wahrscheinlich glaubte der Gute, er, der Justizrath, hätte ihm, Alster  , ein Hoch gebracht. Der Justizrath amüsirte sich kostbar über dieses, allerdings einen enormen Grad von Bezecht­heit verrathende Mißverständniß. Na, um so besser, schloß er diese seine lustige Gedankenreihe, wenn der eingebildete Schwäger sein Hoch in der Einbildung schon weg hat, brauche ich keins mehr auszubringen, eine Unterlassung, die er andernfalls gewaltig übel genommen hätte.

Während sich so alles in Gemüthlichkeit und Wohlgefallen auflöſte, machte neben Schweder nur Frau Senkbeil die kalt­blütige und scharfsichtige Beobachterin. Ein verächtlicher Zug hatte sich um ihre Mundwinkel gelagert, und wenn sie einen flüchtigen Blick auf Schweder warf, legte sich ein Schatten tiefer Entrüstung auf ihre hohe, blendendweiße Stirn.

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Der abscheuliche Mensch hatte hier eine Komödie aufgeführt, bei der er sich unterstanden hatte, auch sie als seine Marionette auftreten zu lassen. Noch jetzt begriff sie troß schärfster und auf­merkjamster Beobachtung nicht völlig, um was es sich ihm eigent­lich gehandelt habe. Nur soviel sah sie, daß ihr Gatte wenn er überhaupt noch zurechnungsfähig war, hatte er sich doch schmach­vollerweise, wie alle die andern, mit Ausnahme des Intriguanten Schweder vom Weine überwältigen lassen daß ihr Gatte mit Schweder im Einverständnisse war und über das, was dieser gethan, seine heimliche, aber darum nur um so tiefere Befriedigung empfand.

Sie mußte wissen, was für ein Geheimniß die beiden mit einander hatten, noch heut, ohne allen Verzug, mußte sie es er­Dementsprechend dankte der Justizrath huldvoll, versicherte, fahren. Darum mahnte sie ihren Mann an den Aufbruch und daß er, abgesehen von der, seiner Meinung nach, etwas zu hohen fand sich dabei von Schweder unterstützt, der dem Gatten einen Werthschäßung seiner Person, mit unserm gemeinsamen, aus- Wink gab, worauf dieser sich ohne Widerrede zur Heimkehr an­gezeichneten Freunde Schweder" in erfreulichster Weise einverschickte, obgleich er vorher die größte Lust zur Opposition und standen sei, und zechte mit neu angestachelter Tapferkeit weiter. zum längeren Verweilen in der, seinen abgeschmackten Begriffen Alster   war über diese höchst unerwartete Zustimmung so ent- nach", ausnehmend liebenswürdigen und interessanten Gesellschaft zückt, daß er seinem lieben, alten Wichtel einmal über's andre gezeigt hatte.

V. 24. Januar 1880,