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den und ich freute mich, die Herzlose ins Jenseits befördert zu haben. Ich freue mich noch! Ihr werdet mich zur Strafe tödten," setzte er finster hinzu, aber ich sterbe reuelos, ich bin besser, als die Erwürgte!" Das Abendblatt bringt diese Worte und in der Menge regt sich Mitleid mit ihm. Bei Weise war Soirée. Man hatte mich auch eingeladen und den Wunsch ausgesprochen, etwas vorzutragen. Da ich früher auch einmal zu dem Amt eines Plaisirmichels gebraucht worden war, so hätte ich diesmal lieber die Einladung ausgeschlagen, denn nichts ist mir verhaßter als mich als Mittel gegen die Langeweile mißbrauchen zu lassen. Eine auserlesene Gesellschaft von Herren und Damen fand ich im Saale. Der Empfang war äußerst artig. Man hatte meinen Plaz neben einer jungen Frau und einem Fräulein marquirt, ein leiser Wink für meine Pflichten, die ich aber schlecht ausübte, denn die junge Frau war schön und an einen graubärtigen Bankdirektor verheirathet, ich glaube, verkrüppelt. Ich sprach wenig und hörte mehr. Man machte schlechte Musik und warf sich gegenseitig Komplimente ins Gesicht; man sang und ward als Künstler ausgerufen. Das Lob ist ja wohlfeil. Man fand alles herrlich, großartig, bewunderungswürdig. Fräulein Elise frug ich nach einem von einer aufgepuzten Vogelscheuche abscheulich heruntergekrähten Liede, ob die Sängerin nicht ein großes Talent sei und noch zu den schönsten Hoffnungen berechtigte? Und die Schöne lispelte: ,, D, Fräulein Meynert singt recht schön, sie hat Unterricht bei dem königl. Musikdirektor und jede Stunde kostet 2 Thaler!" Wenn sie 3 Thaler für ihre Stimme aufwendete," entgegnete ich mit Schein von Harmlosigkeit, so würde sie bald auf Lorbeeren ausruhen können!" Meine Nachbarin sah mich an und schwieg. Hoffentlich hat ihr Magen an meiner Kritik noch lange zu verdauen!-Ein Herr spielte auf der Geige, ein anderer begleitete ihn auf dem Pianino. Da war viel Gewandtheit, aber wenig Verstand und Gemüth, aber es war Musik,
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es waren Töne!- Man rief nach den Piecen Bravo und ich bildete mir schließlich ein, im Kreise der größten Künstler zu figen. Endlich kam auch ich an die Reihe. Ich trug ein humoristisches Gedicht in fremdem Dialekt vor und ward am Schluß ebenfalls für ein großes Licht proklamirt. ,, Nein, wie Sie so vortrefflich vorzutragen verstehen. Man konnte jedes Wort verAus dem Buche, stehen. Wo haben Sie das nur gelernt?" mein Fräulein; da ich lesen kann, so habe ich nur von dieser Wissenschaft Gebrauch gemacht. Ich wette darauf, Sie machen es mir besser vor. Ich verdiene also kein Lob. Es müßte denn sein, Sie erachten jeden A- B- C- Schüßen für ein Talent, wenn er buchstabiren kann." Die kleine Bosheit traf. Die junge Frau lachte und rief: Sie scheinen wenig von unseren Leistungen zu halten?!" Soviel gnädige Frau, als sie verdienen. Was darüber ist, ist eine Beleidigung! Oft ist ein Lob so viel wie Tadel und Tadel so viel wie Lob." Ihre Aufrichtigkeit gefällt mir," versetzte sie lächelnd ,,, und ich hätte Lust, Ihr Urtheil auch über eine Menge anderer Sachen zu vernehmen. Was halten Sie von unseren Salondamen?" Ich komme nicht häufig und nur flüchtig in die Kreise, gnädige Frau," erwiderte ich, ich halte mich zunächst an das, was ich sehe und bin keineswegs blind gegen die Glücksgabe der Schönheit und die Vorzüge einer geschmackvollen Toilette, die mir hier und da aufgestoßen sind. Daß ich überall, der schönen, glänzenden Außenseite entsprechend, innen köstliche Eigenschaften finden werde, kann ich aus meinen Erfahrungen nicht sagen! Ich habe, gestehe ich, die Damen der feinen Gesellschaft noch immer mit einer gewissen Aengstlichkeit aus der Ferne betrachtet, etwa pie schöne Freskogemälde, denen man das prüfende Auge nicht zu nahe bringen darf, ohne den günstigen Eindruck zu stören." Die Dame schien die vielleicht zu starke Malice zu empfinden, denn sie sprang, heftig mit dem Fächer wedelnd, gewandt von dem Thema ab. ( Fortseßung folgt.)
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Das Lied vom deutschen Walde.
( Preußisches Feld- und Forstpolizei- Gesetz.)
Fürwahr, ihr Herren, das war ein schlimmer Schlag! Das war nicht adlig, ritterlich gehandelt! Ich frage mich, was euch an jenem Tag Ein Tag des Unglücks war es! angewandelt. Der Wald ist reich und unser Volk ist arm, Am ärmsten die, die sich des Bettelns schämen; Wollt ihr dem Volk zu allem seinen Harm Den Wald mit einem Federstriche nehmen? Habt ihr bedacht, wie viel der Wald ihm gibt, Dem alten Weiblein, dem zerlumpten Buben, Als ihr die spizen Paragraphen schriebt
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Am grünen Tisch, in wohldurchwärmten Stuben? Habt ihr bedacht, wie weh die Kälte thut, Euch ist die Noth ein wesenloser Schemen Wo fändet sonst im Herzen ihr den Muth, Dem deutschen Volke seinen Wald zu nehmen? Ihr habt zum Wandern jährlich Geld und Zeit. Ist der Herr Graf der Amtespflichten ledig, So trägt der Dampf in einer Nacht ihn weit
Ins Herz der Schweiz , nach Rom und nach Venedig . Zu schaun die Welt in jeglicher Gestalt,
Braucht ihr euch nur zum Reisen zu bequemen Und wollt dem Volt den luft'gen grünen Wald,
Der seine einz'ge Sommerfrische, nehmen?
Euch ist die Arbeit mit Genuß gemischt.
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eno
Auf springt im Zorn die heil'ge Poesie
Und wird den Anschlag nimmer euch verzeihen. In deutscher Zunge sang ein Dichter nie, Der nicht im Wald empfangen seine Weihen. Um jedes Kind, das eben ,, Mutter " lallt, Muß im voraus des Vaters Herz sich grämen, Gelingt es euch, dem Volke seinen Wald, Dem deutschen Volk den deutschen Wald zu nehmen. Ein Zauber webt und waltet, süß und bang, Jm tiefen Tann, wo scheue Rehe wohnen, Und ein Geheimniß braust wie Orgelflang Und weht wie Hauch des Mundes durch die Kronen. Wie Heimweh zieht es unser Volk zum Wald Und kein Gesetz wird diese Sehnsucht zähmen; Und darum sag' ich ruhig euch und kalt:
Ihr könnt, ihr werdet uns den Wald nicht nehmen! Beharrt ihr doch auf eurem stolzen Sinn, Wird das Gesez zum Bessren nicht gewendet, Gelingt der Plan was wäre der Gewinn? Ich will euch sagen, wie's unfehlbar endet. Das Volk hängt mehr am Walde, als ihr ahnt;
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Den Weg, der über Hamburg führt und Bremen ,
Ihr habt ihn weitern Tausenden gebahnt,
Wenn ihr's vermögt, dem Volk den Wald zu nehmen.
Ihr wißt, wie viele in die Fremde fliehn Vor Trommelschlag, vor Fahne und Kaserne; Soll über's Meer die kräft'ge Jugend ziehn,
Den freien Wald zu suchen in der Ferne?
Und ward der Schritt gethan und sind sie fort,
Wer wollte glauben, daß sie wiederkämen?
Es bannte in die Ferne sie das Wort:
Seid ihr verstumpft" das kommt wohl vor zu Zeiten So ist so Vieles da, was euch erfrischt, Ihr werdet ,, angeregt" von allen Seiten. Es würde ja die Schwingen nur zu bald Das Einerlei, das öde, todte, lähmen; Das Volk jedoch hat nichts, als seinen Wald Wollt ihr den Wald dem Volke wirklich nehmen? Macht ein Gesetz das Volk versteht es nie! Es beteten zu Thor im Wald die Ahnen; Es beugten vor der Seherin das Knie Im Wald die Jäger- Krieger, die Germanen. Im Walde hielten tausendmal Gericht
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„ Hier wird den Wald dem Volke niemand nehmen!"
Nach altem Rechte, feierlich die Behmen
Laßt ab, ihr Herrn! Nein, es gelingt euch nicht, Dem deutschen Volke seinen Wald zu nehmen!