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der Glücksjäger? Im nordamerikanischen Staate Colorado verzeichnen die Karten 135 Meilen südwestlich von Denver , nordwestlich von Puebla , auf dem Bergzuge, der Middle und South- Park Scheidet, das Städtchen Oro- City. Nur drei Meilen davon befindet sich Leadville, auf einer Höhe von 12 200 Fuß über der Meeresfläche, aber noch lange nicht auf dem Scheitelpunkt der Gebirgskette der Felsengebirge, noch um mehrere tausend Fuß von höheren Bergzinnen überragt. Es ist nicht zum erstenmal, daß Tausende hierher geeilt, angelockt von überaus reichen Funden. Schon im Jahre 1865 wurden in der Nähe des jezigen Leadville im California- Gulch werthvolle Goldlager entdeckt, und bald hatte sich hier eine Bevölkerung von etwa 10 000 Köpfen zusammengestaut. Ungefähr 4 bis 6 millionen Dollars Goldwerth wurden damals den Kieseldepositen entnommen. Doch nach dem Versiegen dieser Quellen verschwand dort auch rasch fast jede Spur von Ansiedlung wieder. Schon damals soll übrigens dort ,, Carbonat", jener dunkle, silberhaltige, schwere Sand gefunden worden sein, der erst vor zwei Jahren den Anfang der neuen Leadville- Sensation machte. Im Frühjahr 1878 stürzten sich Massen von Abenteurern hierher und brachten binnen wenigen Monaten die großartigste Entwicklung einer Bergwerksregion hervor, welche die Welt überhaupt bis jetzt gekannt. Kaliforniens Goldlager, Montanas weltberühmte ,, Alder- Gulch", die ihre 40 millionen Dollars gleich Wasserfluthen darbot, und Nevada's Silberstadt VirginiaCity mit ihren immenſen Jahresprodukten haben für einen gleichgroßen Zeitraum keine ähnlichen Resultate aufzuweisen. Binnen kurzem war ein vollkommenes Gemeinwesen organisirt: Zeitungen im Gange, Banken geöffnet, Kirchen, Schulen, Hotels gebaut, Wasser- und Minenwerke und Pferdebahnen angelegt, furz, aus einem leichten Barackenlager war, wie über Nacht, eine blühende Stadt von 12 000 bis 15 000 Einwohnern entstanden, tausende von Minen sind reklamirt und beinahe hundert davon zahlen hohe Dividenden. Die Silberminenernte des Jahres 1878 erreichte die Summe von 2 818 000 Dollars, während die des Jahres 1879 auf 12 bis 15 Millionen geschätzt wird, bei einem täglichen Ergebniß von 1000 Tonnen, 75 Dollars Silbergehalt per Tonne. Der Bürgermeister von Leadville, der als Krämer seinerzeit für 17, Dollars Provisionen, die er an zwei Prospektors abgab, den dritten Antheil einer Mine im ,, California- Gulch" erworben, entnimmt daraus jetzt täglich 2000 bis 3000 Doll. Silber. Der Carbonat- Gürtel" soll ein Areal von circa 300 Quadratmeilen umfassen und neue Entdeckungen werden bis 20 Meilen im Umkreise der Stadt täglich gemacht. Minenantheile sind zu 500 bis 500 000 Dollars zu haben. Geld ist dort in Hülle und Fülle vorhanden und alle Geschäfte befinden sich im Blüthezustande. Chestnat Street, die Hauptstraße der Stadt, gibt an Lebendig keit und Frequenz dem Broadway, der Hauptader New- Yorks , wenig nach. Ueber 15 millionen Fuß Bauholz wurden aus den benachbarten Wäldern im Jahre 1878 entnommen und zwanzig Sägemühlen sind gegenwärtig in Betrieb. Für Telegramme werden monatlich 3000 Doll. eingenommen, Grundeigenthum und Miethpreise sind natürlich enorm, einzelne Baupläße bis zu 10 000 Dollars notirt. Die zwei anderen vielversprechenden Minenlager Süd- Colorados sind Rosita und SilberCliffe. Das erstere zählt jetzt 1500, das letztere etwa 5000 Einwohner. Beide Städte liegen auf einem 9000 Fuß hohen Plateau, sind zugänglicher als Leadville und das Leben ist dort müheloser. Dazu ist die Luft so schön und stärkend zwischen den fichtengekrönten Hügeln, zu den Füßen der schneebedeckten mächtigen Sangre de Christo( Christi Blut) Berge, und auf allen Seiten umringt von den Riesen des Felsen gebirges. Dieser enorme Reichthum an Silber und Gold kann nicht verfehlen, über kurz oder lang Colorado zu einem der bedeutendsten Staaten der Union zu machen. Der Anfang ist gemacht. Das nüchternpraktische Prinzip der Amerikaner entwickelt die Civilisation auf weitem Raume, ohne Hemmniß. Noch nie seit Menschengedenken hat ein Volk sich in so unglaublich kurzer Zeit über solche Länderstrecken, nicht erobernd, sondern anbauend, verbreitet, die Wildniß mit so siegreicher Kraft gelichtet, so zahlreiche und gewaltige Bauwerke ausgeführt! Und alles dies bewirken die Amerikaner mit den modernen Zaubermitteln, die den alten Republiken unbekannt waren: die Eisenbahnen, die Dampf boote, die Kanäle, die Banken, die Zeitungen, die Elementarschulen und vor allen Dingen die Selbstverwaltung der Gemeinden. Um nur eines dieser Zaubermittel zu erwähnen, führen wir die Thatsache an, daß bereits drei Bahnlinien in der Richtung nach Leadville geführt werden, welche die Minenstadt wohl noch im Laufe des Sommers erreichen dürften. Es sind das die Colorado Centralbahn von Georgetown, die Denver - und South- Parkbahn von Webster und die Atchisonund Santa Fé Eisenbahn von Canon aus. Mit der unaufhörlichen Vergrößerung seines Bahnneßes, der steten Zunahme an Kapital und Arbeitskraft, einem unaufhaltsam zuströmenden Einwandererzug hat der Staat Colorado in den drei Jahren seines Bestehens einen erstaunlichen Aufschwung genommen. Seine Bevölkerung wird jezt auf 175 000 bis 200 000 Seelen und der monatliche Zufluß auf 15 000 geschäßt. Pilz artig schießen die Minenpläge empor, um schon in wenigen Monaten eine Bevölkerung von 5000 bis 10000 Seelen zu zählen. Colorado ist übrigens nicht blos Edelmetallstaat. Nicht weniger als 85 000 Stück Rindvieh, im Werth von einer million Dollars, wurden im Jahre 1878 aus seinen Hürden ausgeführt. Die Wollschur ergab 5 000 000 Pfund zu 875 000 Doll. und die Vermehrung an Lämmern betrug 500 000 Stück gleich 750 000 Dollars. Dazu kommen an gemeinnüßigen Institutionen 250 öffentliche Schulgebäude, die einen Gesammtwerth von mindestens einer million Dollars repräsentiren; 56 Zeitungen, 40 Banken mit drei
millionen Dollars Grundkapital und einem jährlichen Umsatz von 75 millionen Dollars. Dieses wunderbare Aufblühen des jungen Staates mit den blühenden Farmstrecken und dem wasserreichen Hochplateau, dessen ungeheures Terrain noch nicht zur Hälfte erforscht ist, ist ohne jegliche Regierungssubvention vor sich gegangen. Y.
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Eine Einrichtung zum Schuhe wider den Mißbrauch des Pantoffelregiments. Er soll dein Herr sein", herrscht die Bibel bekanntlich dem Weibe zu. Nicht minder bekannt ist, daß das schöne und angeblich wie anscheinend schwache Geschlecht von dieser Weisung nichts wissen will, wenn es gleich in sehr vielen seiner immerdar verehrungswürdigen Exemplare auf die Bibel die größten Stücke hält. Er soll dein Narr sein, verbesserte vor ein paar Jahrhunderten die energische Gattin eines Buchdruckers jene Bibelstelle, wofür sie schwere Strafe erleiden mußte. Andere Damen vor und nach ihr lassen der Bibel ihre Worte, wie sie einmal sind, um sich ihren Willen zu wahren. Und der geht dann meistens auf das an die eigene Adresse gerichtete Gebot hinaus: Du sollst sein nun, wie sagt man am besten sein Genius sein. Das heißt, du sollst ihn führen und leiten, am besten so, daß er es gar nicht merkt, daß er wohl gar allen Ernstes sich einbildet, daß sein Wille und Wunsch im Hause Gesetz sei. Eine uralte Geschichte! werden unsere geneigten Leser ausrufen- sie haben recht, aber gerade darum paßt diese Einleitung vortrefflich zu der uralten Geschichte, die der Schreiber dieser Zeilen wieder aufwärmen wollte. Wenn die Damen von hente den Pantoffel schwingen, so geschieht es meist nur im Geiste, daß es aber in nicht allzugrauer Vorzeit in der That und in der Wahrheit geschehen sein muß, das soll hier bewiesen werden. In seinem ,, Göttingischen Taschenkalender" von 1795 macht Lichtenberg auf die Hessische Landesgeschichte" des Prof. Wends aufmerksam, worin zu lesen steht, wie sich unsere Vorfahren männlichen Geschlechts an verschiedenen Orten gegen Gewaltthat seitens des weiblichen Geschlechts zu schützen bestrebt gewesen sind. Ja, gegen Gewaltthat. Der alte männliche Deutsche ," sagt der Herr Professor und Konsistorialrath Wencks, S. 519 ,,, kannte teine größere Ehre als die Tapferkeit" aber Prügel bekam er deshalb von seiner Ehehälfte doch so oft, daß die Herren Männer sich genöthigt sahen, besondere gefeßliche Bestimmungen und besondere schimpfliche Strafen wider die Mißhandlung der Ehemänner durch die Ehefrauen zu richten. In Darmstadt müssen die Damen besonders gefährlich und unbarmherzig gewesen sein, denn hier hatten die Bürger im 15. und 16. Jahrhundert mit der adligen Familie von Frankenstein auf Bessungen einen feierlichen Vertrag geschlossen, nach dem sie sich gegen eine jährliche Abgabe von zwölf Malter Korn von denen von Frankenstein durch einen besonderen Boten einen Esel schicken lassen konnten, so oft sie wollten, auf dem die undeutsche Frau, so ihren Mann geschlagen hatte, nach Urthel und Recht durch die Stadt ritt. ,, Das Recht, den Esel zu füh= ren," fährt Wends fort,., hatte seine Einschränkung. Hatte die Frau ihren Mann durch hinterlistige Bosheit, ohne daß er sich wehren konnte, geschlagen, so führte ihn der Frankensteiner Bote; war aber der Mann in offner ehrbarer Fehde hört, hört! mit der Frau zu den jedenfalls derberen Schlägen gekommen, als er sie selbst auszutheilen vermochte, so mußte er den Esel selbst leiten. Vermuthlich war es die Schlauheit der Frauen, welche gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts hin die Sache so zu wenden gewußt, daß das Eselslehn, wie dieser Vertrag der Darmstädter mit den Frankensteinern genannt wurde, auch benutzt wurde, um männliche Bürger, die sich ,, ungebührlich und übel" gehalten hatten, zu bestrafen." Den Herren von Frankenstein muß das aber als ein Mißbrauch ihres Lehnsesels erschienen sein, denn sie machten gelegentlich sehr entschieden geltend, daß sie den Esel nur wider die bösen Weiber, so ihre Männer geschlagen, zu stellen verpflichtet seien. Aber nicht allein die darmstädter Weiber, sondern auch wider solche von Pfungstadt , Nieder- Ranstadt, Kazenellenbogen und andere jener Gegend wurde der Frankensteiner Esel begehrt, und auch in manchem sonstigen Gaue deutschen Landes muß derartiger Brauch im Schwang gewesen sein, wie aus den alten Chroniken hervorgeht. Ob heutzutage die Kultur und die weibliche Sanftmuth soweit vorgeschritten ist, daß man ein solches Eselsreiten selten oder gar nicht sehen würde in Städten und Dörfern, wenngleich das Eselslehen noch gälte? Vielleicht! Wenn aber die Männer so ihre Weiber zu schlagen sich nicht für zu gut und ihre Weiber nicht für zu schwach und schußbedürftig halten heutzutage auf Efeln durch die Straßen reiten müßten wenn??
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- nun ―XZ.
Der Buchhandel vor der Erfindung der Buchdruckerkunft. Die Vervielfältigung der Bücher durch Schreibschrift wurde im alten römischen Reiche im großartigsten Maßstabe betrieben und der Preis derselben war ein verhältnißmäßig niedriger. Marcus Valerius Mar tialis , ein römischer Epigrammendichter, der etwa um 100 starb, gab beim Buchhändler Triphon eine Sammlung Xenien heraus, die in der Teubnerschen Ausgabe gedruckt 14 Oktabseiten füllen und der Dichter beschwerte sich, daß der Buchhändler sie nicht um die Hälfte des Preises( 4 Sesterzen 76 Pfg.) verkaufe, da er bei diesem Preise immer noch seinen Gewinn habe. Diese geradezu erstaunliche Billigkeit der Bücher war nur infolge der Sklaverei möglich was jetzt die