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Druckerpresse leistet, wurde von hundert oder tausend Sklavenhänden vollbracht. Titus Pomponius Atticus ( ein edler feingebildeter Römer, Freund Cicero's , geb. um 109 v. Chr.) machte, wie Prof. Zeibig in seiner Geschichte der Geschwindschreibekunst erzählt, schon zu Cicero's Zeit ein Gewerbe aus dieser Vervielfältigung. Er hatte unter seinen Sklaven zahlreiche Arbeiter in jedem Zweige der Bücherfabrikation, solche, die den Papyrus glätteten und leimten, andere, welche die Enveloppen kunstmäßig und elegant herstellten, geschickte Kopisten und Stenographen, endlich sachverständige und gelehrte Korrektoren. Daß von einem Buchhandel im heutigen Sinne erst seit Erfindung der Buchdruckerkunst die Rede sein kann, versteht sich von selbst. Dabei mag bemerkt werden, daß ursprünglich die Preise für alle Käufer die gleichen waren der Vorzug des Buchhändlers vor dem Nichtbuchhändler( Nettopreis und Ordinärpreis) tam erst später auf. Partiepreise ,,, Ballenpreise" gab es jedoch schon im 16. Jahrhundert.
Sprechsaal für jedermann.
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Folgenden interessanten Rechtsfall glauben wir den Lesern d. Bl. in ihrem eigenen Interesse nicht vorenthalten zu sollen; derselbe zeigt wieder einmal recht deutlich, wie sehr sich oft simpler Laienverstand und gelehrte Juristenansicht im Widerspruch befinden können. Der Inhaber eines kaufmännischen Geschäfts in dem sächsischen Städtchen 2. sandte zur Deckung eines ultimo Mai des vorigen Jahres fälligen Wechsels den Betrag von 32 Mark 40 Pf. am 29. des genannten Monats an eine mit ihm in Verbindung stehende leipziger Handlung ab; die letztere verlangte hingegen nach Empfang dieses Betrags von dem Absender noch weitere, angeblich zur vollen Bezahlung des fraglichen Accepts noch erforderliche 1 Mark 10 Pf. Obgleich der zur Deckung des Wechsels Verpflichtete nun wußte, daß das betreffende Handelshaus seinem Buche zufolge diese noch ferner verlangten M. 1,10 nicht rechtmäßig zu fordern hatte, er sich aber nachträglich überzeugte, daß der betr. Wechsel in der That auf die Summe von 33 M. 50 Pf. ausgestellt war, sandte er, um dem angedrohten Protest des Accepts vorzubeugen, bereits unterm 1. Juni per Postanweisung auch diesen Betrag an die bewußte Firma ab. Umsomehr mußte er sich überrascht fühlen, als ihm am 4. Juni von der leipziger Handlung die Mittheilung wurde, daß, da die noch zur vollen Deckung des Wechsels fehlenden M. 1,10 bis zum Mittag des 3. Juni nicht eingegangen seien, der Wechsel unter Protest gegangen wäre, indem man ihn gleichzeitig zur Einsendung der Protestkosten im Betrage von 3 M. 50 Pf. ersuchte. Der Betreffende glaubte diese Aufforderung umsomehr unbeachtet lassen zu dürfen, als er die von Seiten der Postverwaltung seines Ortes ausgestellte Einzahlungsbescheinigung( in Betreff der in diesem Falle so bedeutungsvollen M. 1,10) in Händen hatte, und war geneigt, dieses neuerliche Verlangen lediglich für einen Erpressungsversuch des Geschäftshauses zu halten, zu welchem er übrigens, des von ihm wiederholt beobachteten unnoblen geschäftlichen Verfahrens wegen, in feiner ferneren Verbindung mehr stehen wollte. Mehrere Tage danach wird er nichtsdestoweniger vor das zuständige Gerichtsamt zum Wechselverhör ge= laden, in welchem er sich entschieden weigert, die von ihm verlangten Protest- und inzwischen entstandenen gerichtsamtlichen Kosten zu bezahlen, indem er zugleich den in seinem Besiz befindlichen Postschein vorlegt. Diese Verweigerung hatte zur Folge, daß kurz darauf der Exekutor bei ihm erschien, um die Hülfsvollstreckung zu vollziehen. Der von ihm verlangte Betrag hatte jeßt, unter Einrechnung der Exekutionskosten, schon die Höhe von M. 14,50 erreicht, welche Summe die Frau des Beklagten, in Abwesenheit ihres Mannes, um die Hülfs vollstreckung zu verhüten, auch baar entrichtete. Der in dieser Weise Geschädigte sah sich nun veranlaßt, bei der Oberpostdirektion des betr. Bezirks anzufragen, was der Grund der nicht rechtzeitigen Ablieferung jener M. 1,10 gewesen, worauf er nach Untersuchung der Sache den Bescheid erhielt, daß von Seiten der Postverwaltung seines Ortes die Abstempelung der betr. Postanweisung unterlassen und daher die Sendung vorschriftsmäßig an den Aufgabeort zur nachträglichen Abstempelung zurückgeschickt worden sei. Dadurch sei natürlich die Ablieferung an den Adressaten verzögert worden. Man bedaure zwar die dem Absender erwachsenen Unzuträglichkeiten und habe auch dem betr. Postverwalter eine Rüge wegen jener Nachlässigkeit in seinem Amtsdienst ertheilt, dagegen stehe ihm ein Anspruch auf irgendwelche Entschädigung gesetzmäßig nicht zu( eine Verpflichtung seitens der Post, den Adressaten von dem Eingang vorläufig nicht bestellbarer Geldanweisungen in Kenntniß zu setzen, sei nämlich in der Regel nicht vorhanden, wenn die betr. Anweisung nur auf kleinere Beträge laute, eine Unzulänglichkeit
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im Postgesetz, die angesichts des vorliegenden Falles in die Augen springt, die aber von dem Postverwalter, der das ganze Aergerniß verschuldete, nachher als Entlastungsmoment anzuführen versucht wurde). Auf die von dem Geschädigten nunmehr gegen den Postverwalter bei dem zuständigen Gerichtsamte angestrengte Klage erfolgte nach mehreren gegenseitigen Verhören folgender Bescheid: der Postverwalter D. sei zwar die Protestkosten im Betrage von 3 M. 50 Pf. zu bezahlen schuldig, nicht aber zur Begleichung der entstandenen anderen gerichtlichen Kosten verpflichtet, da der Kläger die von der leipziger Handlung ihm abgeforderten Protestkosten hätte bezahlen sollen, um dadurch dem weiteren gerichtsamtlichen Verfahren wider ihn zu entgehen. Die Berechtigung, den Postverwalter O. für diese Protestkosten verantwortlich zu machen und deren Wiedererstattung von ihm zu verlangen, würde ja dadurch nicht aufgehoben worden sein. Die angerufene zweite Instanz entschied in gleichem Sinne. Der dem Absender jener an sich so geringfügig erscheinenden M. 1,10 in der ganzen Angelegenheit erwachsene Schaden belief sich, einschließlich der von ihm zu zahlenden Gerichtskosten zweiter Instanz( diejenigen der ersten waren aufgehoben worden), in Summa auf rund 24 Mark, wobei der ihm verursachte Zeit- und Müheaufwand noch garnicht mit eingerechnet ist.
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So sehr nun einestheils der gerichtsamtliche Bescheid berechtigt erscheint, drängt sich doch anderntheils die Frage auf: Mußte sich der Absender jener M. 1,10 nicht in vollem Recht wähnen, als er die Protestkosten nicht bezahlte, da er ja seinen Postschein in den Händen hatte? Und war nicht der betreffende Postverwalter an allen und jeden Folgen der verspäteten Ablieferung der Postanweisung schuld? Würde nicht jeder, wenn er sich an Stelle des schließlich so empfindlich Geschädigten befunden hätte, so und nicht anders wie er gehandelt haben? Mit diesen Erwägungen wandte man sich an das Generalpostamt, das aber erklärte, nicht in der Lage zu sein, den Postverwalter D. zur Zahlung einer über die gerichtsamtlich festgesetzte Buße hinausgehenden Entschädigung zu veranlassen." Dem von Seiten des Beschwerdeführers erhobenen Antrag, den Postverwalter, dem man noch andere schwere Vernachlässigungen seines Dienstes, unter anderm die tagelange Abwesenheit desselben von seinem Dienstorte, nachweisen konnte und zum Theil auch nachwies, zu versezen, wurde von Seiten des Generalpostamtes eine Folge nicht gegeben, da dieser Antrag ,, keineswegs ausreichend begründet sei."
Dr. M. V.
Aufruf. Der Tuchmacher Franz Wolf aus Hersfeld , Provinz Hessen in Preußen, den im Jahr 1874 Briefe unter folgender Adresse erreichten: Compagnie H. 7. U. S. Infan. Camp Baker Montana Territory. North Amerika.
hat seitdem nichts wieder von sich hören lassen. Sollte einem Leser der ,, Neuen Welt" in Amerika der Aufenthalt oder das Schicksal Wolf's bekannt sein, so bitte ich höflichst, mich, seinen Bruder, davon in Kenntniß zu setzen.
Hersfeld, Klausthor 703.
Literarische Umschan.
Georg Wolf.
Die Stenographie". Organ zur Förderung der Gabelsbergerschen Redezeichenkunst. Im Auftrage des Deutschen Gabelsberger Stenographenbundes, herausgeg. vom Gabelsberger Dresdner Stenographenverein. Von diesem 4- jährl. im Umfange von 8 Seiten in gewöhnlichem Typendruck und Autographie herausgegebenen Blatt ist fürzlich die erste Nummer erschienen. Dieselbe enthält mehrere der Propaganda gewidmete Artikel, die gewiß manchen veranlassen werden, sich mit der Kurzschrift zu befreunden, wenn nicht etwa der Aufsaz:„ Wer soll Stenographie lernen und wer nicht?" Von Dr. K( art) A( brecht), der die Stenographie nur für den gebildeten" Menschen geeignet hält, zu dem irrigen Glauben verleitet, daß der Stenographielernende Philologie oder sonst etwas ,, akademisch" studirt haben müsse. Die in der vorliegenden Nummer enthaltenen stenographischen Postkarten( mit 230, 650 und 750 Worten) zeigen recht augenfällig die bedeutende Raumersparniß, welche durch Anwendung der Stenographie erzielt wird.-z
Berichtigung. Durch einen Druckfehler in Nr. 26 wurde die Beisteuer Italiens zur Gotthardbahn statt mit 45 Millionen mit nur 20 Millionen Francs angeführt. Y.
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Inhalt. Ein verlorner Mann, von Hermann Hirschfeld. Brennstoffe und Wohnungsheizung, von Rothberg- Lindener. Ueber die Gesetze, denen der Fortschritt der Civilisation unterworfen ist( Schluß). Irrfahrten, von L. Rosenberg( Fortsetzung). Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph von B......( Fortsetzung). Forschungsfahrten im nördlichen Polargebiet. Geschichtliche Zusammenstellung von Dr. M. Trausil( Fortsetzung). Auswanderer nach den Silberminen von Leadville( mit Illustration). Eine Einrichtung zum Schuße wider den Mißbrauch des Pantoffelregiments.- Der Buchhandel vor der Erfindung der Buchdruckerkunst. Sprechsaal für jedermann. Literarische Umschau.
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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser in Leipzig ( Südstraße 5).- Expedition: Färberstraße 12. II. Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei zu Leipzig .
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