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Arbeitern zu verhindern seien, wisse er nicht. Auch sei Gefahr im Verzuge jeder Tag könne Schlägereien bringen, die sofort zu einem kleinen Kriege anwachsen könnten, und wenn sich dann, was ja nicht anders zu erwarten sei, Militär einmischte, so wäre absolut nicht abzusehen, was hier oben werden solle, zumal die Leute wähnten, die Regierung sei mit dem von ihnen für ungerecht und gewissermaßen betrügerisch erachteten Verfahren der Eisenbahnverwaltung einverstanden.
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Daß er persönlich sich bedroht glaube, schrieb Frizz Lauter in keinem der Briefe, wie er auch von der zu so peinlichem Abschlusse gelangten Belästigung gänzlich geschwiegen hatte, die Willisch und ihm heut Nachmittag widerfahren war. Er legte wirklich, nachdem er sich von dem ersten, allerdings sehr niederdrückenden Eindrucke durch ruhiges Nachdenken befreit hatte, wenig Gewicht darauf; die vor seinen Augen enthüllten Verwicklungen erschienen ihm für die Allgemeinheit, die er als Abgesandter der Presse zu vertreten sich berufen fühlte, von so weittragender Bedeutung, daß er gar fein Recht zu haben glaubte, sich daneben sonderlich um sein eigenes Wohl und Wehe zu kümmern.
Als Frizz dem Boten seine Briefe übergeben außer den soeben aufgezählten war noch einer an seine Mutter dabei, der unter anderm die Mittheilung enthielt, daß er sich folgenden Tages zu seinem Ohm, dem Kantor von Oberbartenstein, auf Besuch begeben werdetraf er im Hofe wieder mit Willisch zusammen. Dieser sah arg bestaubt und beschmußt aus und schleppte ein ganzes Arsenal von Waffen daher.
" Sie können doch auch schießen, Freund Lauter?" rief er seinem Gast entgegen.
Die Republiken Südamerika's in ihrer Vergangenheit und Gegenwart.
Historische Stizze von Dr. Mar Vogler. ( Schluß.)
Die staatlichen Zustände Chile's bieten, wie man schon aus dem Vorhergehenden schließen wird, das erfreuliche Bild größerer und andauerndrer politischer Ordnung, als die übrigen Republiken Südamerikas , was dem Umstande zu danken ist, daß in der ursprünglich aus In dianern vom Stamme der Araukaner bestehenden und im Mittelalter in den nördlichen Landestheilen( gleich Bolivia ) unter der Herrschaft des Inkareiches befindlichen Bevölkerung seit der Unterwerfung durch die Spanier( von 1540 an) die Einheimischen neben der sich in der Folge bildenden Mischlingsrasse der Mestizen immermehr den wegen des günstigeren Klimas zahlreich einwandernden Weißen Plaz machten, und somit das Land namentlich auch von größeren Rassenkämpfen freiblieb. Der Abfall Chile's , wie aller südamerikanischen Republiken, von Spanien hatte seinen nächsten Grund darin, daß man den durch Napoleon eingesetzten König Joseph, gleichwie im Mutterlande, nicht anerkennen wollte, den josephinischen Statthalter verjagte und eine Junta ( Reichsrath, Volksausschuß) zu dem Zwecke bildete( 1810), das Land dem rechtmäßigen, von Napoleon entthronten König Ferdinand VII. zu erhalten, wobei indeß die in diesem Sinne Wirkenden in ihrer Mehrheit von vornherein die gänzliche Unabhängigkeit des Landes herbeizuführen suchten. Der General San Martin überstieg im Jahre 1817 mit ausgewanderten Chilenen und Hülfstruppen über La Plata von Mendoza aus die Andenpässe von Uspallata und besiegte die durch diesen kühnen Marsch überraschten Spanier am 5. April des folgenden Jahres in einer heißen Schlacht bei Chacabuco am Mayoflusse. Die Einnahme von Valdivia im Jahre 1820 vernichtete dann vollends den legten Rest der spanischen Macht auf dem Festlande, und im J. 1826 wurde von General Freyre auch der letzte Haltepunkt der spanischen Besaßungen, die Insel Chiloa, erobert. Die jeßige Staatsverfassung ist 1830 entworfen und hat dann im Jahre 1833 eine Umgestaltung erfahren, derzufolge das Land eine untheilbare Republik bildet und die öffentliche Gewalt zwischen der aus Präsident( welcher auf fünf Jahre gewählt wird), Ministerium und Staatsrath gebildeten Regierung und dem aus Senat( 20 Senatoren) und Abgeordnetenhause( 80-90 Deputirte) bestehenden Kongreß vertheilt ist. Auch trat zu Santiago ein oberster Gerichtshof mit unabseßbaren Räthen ins Leben. Für die innere Verwaltung ist das Land in 18 Provinzen getheilt, zu denen noch die Kolonie Magallanes kommt. Die beiden Parteien, die jeweilig nach der Führerschaft im Staatswesen strebten, handelten nicht aus ehrgeizigen Motiven, sondern wurden stets von höheren vaterländischen Gesichtspunkten geleitet. Daher fonnten schon im Anfang der dreißiger Jahre unter dem Präsidenten Prieto mancherlei nüßliche Einrichtungen getroffen werden. Die Bemühungen des bolivianischen Präsidenten Santa- Cruz, Chile , nachdem er bereits in Peru die höchste Staatsgewalt in seine Hände gebracht( s. oben), mit den Waffen zum Eintritt in die peruanisch- bolivische Konföderation zu zwingen( 1837), versezten das Land zwar in eine sehr gefahrvolle Lage, führten aber dann die gute Wirkung herbei, daß nach zweijährigem erfolgreichen Krieg gegen
" Ich habe in meinem ganzen Leben etwa zwei oder dreimal nach der Scheibe geschossen, weiter nichts," lautete die Antwort. Aber was wollen Sie mit den Gewehren und Säbeln?" " Mobilmachen!" lachte Willisch, der jetzt wieder bei allerbester Laune zu sein schien.
" Wenn Sie mir sagen wollen, was das heißen soll-" „ Mit Vergnügen. Schon deshalb, weil ich Sie zur UeberSie be= nahme eines Abtheilungskommandos ausersehen habe. kommen zum Zeichen dieser Würde den Sechsläufer da." Er wies einen äußerlich etwas verrosteten, aber wohl noch sehr brauchbaren Revolver vor.
" Ich verstehe noch lange nicht..."
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" Werden's sofort! Da sehen Sie: dieser famose doppelläufige Lefaucheur"-er schlug an eine elegant aussehende Büchse ist für mich. Ich habe beim Militär garnicht übel schießen gelernt drei Schießauszeichnungen, wissen Sie, wollen schon was sagen. Den einen Revolver kriegen Sie, den andern mein Dekonom, der früher eigentlich blos Großknecht war, von mir aber zu meinem Verwalter erhoben wurde, weil der Kerl mehr gelernt hat, als die meisten von seiner Couleur, und beim Militär so' ne Art Schliff gekriegt hat und die Landwirthschaft famos versteht. Wenn wir nun so gelegentlich von irgend einer Rotte Korah überfallen werden, was so ziemlich wahrscheinlich ist, so werden wir uns doch unsrer Haut wehren, nicht wahr? Dazu können wir nun die niedlichen Sächelchen hier vorzüglich brauchen Michel," unterbrach sich Willisch plötzlich, als er seinen Pferdejungen an der Stallthür auftauchen sah, um zehn werden die Hunde losgelassen, verstanden?"( Fortsetzung folgt.)
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Santa Cruz und der Verbannung des letteren( 1839) das Nationalgefühl einen erhöhten Aufschwung nahm und die Stellung der Republik sich zu einer immer mehr geachteten gestaltete. Spanien erkannte Chile als unabhängigen Freistaat an( 1844) und schloß einen Handelsvertrag mit ihm ab, auch Frankreich und Belgien knüpften Verhandlungen mit ihm an, und der Handelsverkehr entwickelte sich in stets erfreulicher Weise. Vor allem heilsam für das Land wirkten die Präsidenten Bulnos( 1841-51) und Manuel Montt ( 1851-61), welche beide, in einem südamerikanischen Staat eine Seltenheit ersten Ranges, nach Ablauf der fünfjährigen Präsidentschaftsperiode zum zweitenmal gewählt wurden. Es wurden( Anfang der fünfziger Jahre) Eisenbahnen gebaut, ein neues Civilgesetzbuch ausgearbeitet, eine Disconto- und Depositenbank in Valparaiso errichtet, Handelsgerichte und vertrauenerweckende Gemeindeordnungen eingeführt, fördernde Anstalten für den Unterricht ins Leben gerufen, neue Handels- und Schifffahrtsverträge( 1856 mit Großbritannien ) geschlossen 2c. Einmal sah sich Montt während seiner zehnjährigen Präsidentschaft genöthigt, die Waffen gegen einen Aufstand ( unter General Vidaurri Leal) zu ergreifen, um den letzteren siegreich niederzuwerfen. Da nach der Verfassung die höchste Amtsgewalt nur zweimal nacheinander in dieselben Hände gelegt werden darf, so trat dann José Joaquin Perej an die Stelle Montts. Unter dessen Präsidentschaft traten kriegerische Verwickelungen mit Bolivia ein, weil Chile den guanoreichen Küstenstrich Mejillonos am Stillen Ozean, den indessen der bolivianische Präsident( 1863) Acha bei Bolivia zu erhalten wußte, für sich in Anspruch nahm; ferner war in dieser Zeit( 1861) ein Aufstand der noch im Süden hausenden Araukaner, theils seßhafte Bauern, theils schweifende Jäger, zu überwinden, was auch nach der Gefangennahme jenes französischen Abenteurers, de Touens aus Perigueux , der sich zum König dieser altindianischen Stämme aufgeworfen hatte, gelang. Ein schreckliches Unglück traf das Land durch den furchtbaren Brand, der am 8. Dezember 1863 bei einem Feste in der kerzenerleuchteten Kirche in der Hauptstadt Santiago ausbrach und zweitausend Personen, meist Frauen, zum Opfer forderte. Von großer Wichtigkeit für die Einwanderung war das Toleranzgesetz vom Juli 1865, welches die Ausübung auch einer anderen als der katholischen Religion und die Einrichtung von Schulen für Nichtkatholiken gestattet.
In den oben erwähnten spanisch- peruanischen Händeln( 1864) hatte sich Chile nach Ansicht der spanischen Regierung ein völkerrechtswidriges Benehmen zuschulden kommen lassen, weshalb nach Abbruch des diplomatischen Verkehrs am 17. September 1865 ein spanisches Geschwader unter Admiral Bareja vor Valparaiso erschien und den Krieg erklärte. Das spanische Avisoschiff„ Canadonaa" wurde darauf am 26. Novbr. von der chilenischen Korvette ,, Esmeralda" angegriffen und weggenommen, bei welcher Gelegenheit 114 Soldaten und 7 Offiziere in Kriegsgefangenschaft geriethen. Der Admiral Pareja entleibte sich infolge dieser schmählichen Niederlage, die in Chile helle Freude hervorrief. Wie schon erzählt, betheiligten sich dann neben Peru noch Ecuador und Bo livia an dem Kriege und unternahm Pareja's Nachfolger Nunez, aus Aerger über das für die Spanier unglückliche Gefecht, in den Aneudischen Gewässern gegen Chile die barbarische Rachethat, daß er die wehrlose Stadt Valparaiso bombardirte , womit das für die Spanier schimpfliche Ende herbeigeführt war. Die Araukaner wiederholten ihre Aufstände zuerst unter ihrem Häuptling Quilapan und dann( anfangs 1870)