suchungen, als der ältere Bruder der Erde gilt, darf angenommen werden, daß seine Bewohner geistig vollkommener sind, als die Erd­bewohner. In jüngster Zeit versuchte ein warschauer Astronom in einer Broschüre den Beweis zu führen, daß es nicht unmöglich ist, mittels interplanetarer Telegraphie, und zwar durch elektrisches Licht bewerk­stelligt, mit den Marsbewohnern eine Verbindung und infolge dessen einen Gedankenaustausch anzuknüpfen. Der phantasievolle Gelehrte erläutert seinen Plan folgendermaßen: ,, Lichtzeichen von verschiedener Dauer, unterbrochen von kürzeren und längeren Intervallen der Dunkel­heit, bilden die Verständnißzeichen, wie Striche und Punkte die Buch­staben in der Telegraphie. Zunahme und Abnahme der Lichtzeichen in der Stärke erweitern diese einfachen Hülfsmittel. Dieses System, auf arithmetischer Grundlage beruhend, macht es möglich, nicht nur jede Zahi, sondern gegen hundert Begriffe durch elektrische Lichtzeichen von der Erde nach dem Mars   zu übermitteln, Begriffe, die ohne Sprach­kenntnisse verstanden werden können und Veranlassung zum gegenseitigen Verständniß des Marsbewohners und des Erdbewohners geben. Aus dem Verständniß der Begriffe entwickelt sich dann die Sprache." Die Ausführung des Projektes, welche nach der Aussage des Erfinders viel Geld erfordert, werden wir in der schweren Zeit des ,, bewaffneten" Friedens schwerlich erleben, wollen sie aber unseren Nachkommen ans Herz legen. Seitdem Nikolaus Kopernikus   die Bedeutungslosigkeit unserer Erde im Weltraum uns klar zu Gemüthe geführt und Newton die Gravitation, die unsichtbare Gewalt, welche die Gestirne in ewiger Bendelbewegung schwingt, entdeckt hat, ist die Wissenschaft auf jenem Standpunkt angelangt, von welchem sie nicht nur, wie bisher, das Ziffer­blatt der Weltuhr bewundert, sondern auch in deren Gehäuse zu dringen sucht. Diese Wissenschaft, welche mittels Spektralanalyse die Beschaffen­heit der Fixsterne prüft, deren nächster 225000 mal weiter wie unsere Sonne von uns entfernt ist, wird uns auch die Mittel und Wege an­geben, welche uns mit den Bewohnern anderer Himmelskörper, wenn es deren gibt, in Verbindung seßen werden. Von allen Seiten werden Steine zu jenem Wunderbau herbeigetragen, dessen Pforte einst die stolze Inschrift zieren soll: ,, Wissenschaft ist Macht!" Mag Altmeister Goethe, der für jede Stimmung den besten Ausdruck zu finden wußte, und der nicht nur mit Dichtermacht in die Seelen griff, sondern auch den Triumph der Wissenschaft prophezeite, hier das letzte Wort behalten: ,, Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichniß; Das Unzulängliche, Hier wird's Ereigniß; Das Unbegreifliche, Hier ist's gethan."

Dr. M. T.

Die Olympischen Spiele sind es, die uns das Bild auf S. 437 vergegenwärtigt, eines von jenen illustrativen Meisterwerken, wie sie in reicher Zahl das bei Spemann in Stuttgart   erscheinende Pracht werk Hellas und Rom  " darbietet, und zu deren Herstellung sich geist- und fenntnißvolle Alterthumskunde mit den Künsten des Zeichnens und Holzschneidens auf das innigste vereinigt hat. Mehr als zwei ein­halb Jahrtausende sind verflossen, seit die in das tiefste Dunkel der griechi schen Sage zurückreichenden Spiele zu Olympia von dem elischen Fürsten Jphitus im Verein mit dem berühmten Gesetzgeber Spartas  , Lykurg, dauerverbürgend geordnet wurden. Wettspiele, in denen körperliche Kraft, Geschicklichkeit und Schönheit der bestentwickelten Jünglinge um den Siegespreis und die freudige Anerkennung der Mitbürger rang, wurden in Griechenland   überall, in jeder einzelnen Stadt, abgehalten und gepflegt. Vier Orte jedoch hatten es vor den anderen zu hoher Berühmtheit und nationaler Bedeutung ihrer Spiele gebracht: Nemea  in der peloponnesischen( d. h. auf der heutigen Halbinsel Morea   ge­legenen) Landschaft Arkadien  , der Isthmos von Korinth  , d. i. die Landenge, welche den Peloponnes   mit dem griechischen Festlande ver­bindet, Delphi in der mittelgriechischen Landschaft Phocis  , und als letzter und vornehmster Festort das reizende, von hohen Bergen, lieb­lichen Hügelreihen und schönufrigen Flüssen umgrenzte Thal Olympia in Pisatis, dem mittleren Theile der peloponnesischen Provinz Elis  . Hier versammelte sich alle vier Jahre ein Zeitraum, der darum in ganz Griechenland   eine Olympiade genannt wurde die Blüte der griechischen Jugend, um sich fünf Tage hintereinander in heißem Wett­kampfe zu messen. Unzählbare Schaaren von Zuschauern aus allen griechischen Staaten waren herzugeströmt, jeder Staat hatte besondere Gesandschaften geschickt und aus den Eleern waren kundige Männer zu Festordnern und Kampfrichtern Hellanodiken ernannt. Diese schrieben einen allgemeinen Festfrieden aus und erklärten die nach

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Olympia führenden Straßen für geheiligt. Fast über Nacht entstand in dem sonst weihevoll stillen und menschenleeren Thale   eine Stadt von Belten, Hütten und Häusern, welche den Kämpfern und den Zuschauern, den Handelsleuten und Schenkwirthen aller Art, die da herbeigeströmt waren, Unterkunft gewährten. Der von der Altis dem heiligen Haine umschlossene Festplatz vereinigte in einer Länge von nahezu 4000 und einer Breite von gegen 2000 Fuß die verschiedenen Kampf­pläße, deren wichtigster, die Wettlaufbahn, das 600 Fuß lange Stadion, der spezielle Gegenstand unsrer Abbildung ist. Von den zahllosen Kunstdenkmälern, deren sich die Altis rühmen konnte, erschauen wir zur rechten Seite das herrlichste über allen, den hochberühmten Tempel des Götterkönigs, des olympischen Zeus  . Aus weißem Marmor in dem einfach erhabenen dorischen Stile erbaut, barg das Olympieion die von dem größten Bildhauer aller Zeiten, von Phidias  , aus Elfenbein und Gold gearbeitete Kolossalstatue des Göttervaters. Dicht an den Balmen und Delbäumen der Altis hin sehen wir auf den amphitheatralisch sich erhebenden Sigpläßen die dichtgedrängten Schaaren des Publikums; in der Mitte des Bildes stürmen die Wettläufer daher, jeder belästigenden Hülle blos, nur mit dem leichten Armschilde beschwert. Kurz vor dem Ende des Stadion ist einer der Läufer der Ueberanspannung seiner Kräfte erlegen er hat den Schild von sich geworfen und preßt, auf den Boden hingestreckt, die linke Hand auf das stürmisch pochende Herz. Wer von den drei anderen den Sieg davonträgt, ist nicht mehr zweifel­haft; zwar macht der zweite in der Reihe noch eine letzte, verzweifelte Anstrengung, aber sie muß fruchtlos bleiben, denn der erste, mit un­geheuerster Anspannung aller Muskeln seines Körpers vorwärts fliegend mehr als vennend, greift schon mit der Hand nach dem nur wenig mehr als einen einzigen Sprung noch fernen Ziele, und die hier versammelten Hellanodiken jubeln ihm entgegen und werden ihm sogleich den aus den Zweigen des wilden Delbaums geflochtenen und mit mächtigem Balmblatt gezierten Siegerkranz auf die schweißbeperlte Stirn drücken. Dann wird sein Name von Munde zu Munde fliegen, und auch der Name des Vaters, der solch' wettkampftüchtigen Sohn gezeugt und er­zogen, wird von den Hellanodiken hinausgerufen unter das Volk, ebenso wie der Name seiner Baterstadt. Wer dreimal gesiegt, dem war es vergönnt, sich im heiligen Haine eine Statue zu bleibendem Angedenken setzen zu lassen. Während der Nacht nach dem Tage des Kampfes wurden die Sieger bei festlichen Gelagen bewirthet, die anwesenden Dichter feierten sie in Hymnen, und manch' einer ward unsterblich durch die ruhmgekrönte Anstrengung bei den olympischen Spielen. Die siegbekränzten Heimkehrenden wurden auch in ihrem Vaterlande im Triumphe empfangen und auf alle mögliche Weise geehrt. Man er­richtete ihnen Statuen, befreite sie von allen Staatslasten und gewährte ihnen Privilegien aller Art. In Athen   wurden sie im Prytaneion, dem Rathhause, gespeist, und die olympischen Sieger des kriegerischen Sparta   durften fortan in der Nähe des Königs kämpfen. Die Spiele zu Olympia überdauerten die griechische Größe und Freiheit. Erst nach 1200jährigem geschichtlichen Bestande am Schlusse des vierten Jahrhun­derts nach Christi Geburt   machte das christliche oströmische Kaiserthum, unter andern Beweggründen auch aus prüder heuchlerischer Scham vor heidnischer Nacktheit, diesem hochinteressanten Kulturdenkmal klassischen Volkslebens ein Ende. Zu verschiedenen Zeiten haben die griechischen Wettspiele eine, fast möchte ich sagen, gespenstige Auferstehung gefeiert, so auch in den allgemeinen Turnfesten der zweiten Hälfte unsers Jahr­hunderts. Aber man braucht wohl nur den leiſeſten Versuch machen, fich in das Wesen jener ehrwürdigen griechischen Nationalfeste zu ver­tiefen, um wahrzunehmen, daß das deutsche   Volk der Gegenwart in seiner tonangebenden Menge noch außerordentlich weit hin hat zu jenem heiligen Eifer in nationalen und Menschheitsangelegenheiten, welcher das an Zahl so kleine Griechenvolk zu dem an geistigen Schöpfungen wie kriegshistorischem Ruhme größten Volke der Kulturgeschichte gemacht hat. Maximilian Dittrich.

Sprechsaal für jedermann.

Von dem Bauernphilosophen des Harzdorfes( Nr. 31 d. ,, N. W.") muß ich ein hübsches Stückchen erzählen. Ich war im J. 1878 Re­dakteur einer hier täglich erscheinenden fortschrittlichen Zeitung. Zu meiner Freude sandte eines Tages der hiesige sehr gelehrte Professor Dr. M., welcher eine eigene Sternwarte besißt, einen Artikel über die zu erwartenden Himmelserscheinungen. Gleich darauf lief ein Brief des besagten Bauernphilosophen ein, worin derselbe sehr bescheiden auf einen kolossalen Irrthum in dem erschienenen Artikel hinwies. Der Verleger begab sich mit dem Briefe zu Prof. Dr. M., welcher auch sofort sehr kleinlaut seinen Irrthum zugestand. Aug. Heine, Halberstadt  ."

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Inhalt. Jdealisten, von Rudolf Lavant  ( Fortseßung). Wohnungsheizung und Ventilation, von Rothberg- Lindener( Fortsetzung). Das neue Recht im neuen Reich, von P. D.( IV. Schluß.) Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph von B......( Fortseßung). Die Republiken Südamerikas   in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Historische Stizze von Dr. M. Vogler( Schluß). Ausstellung der Drechsler und Bildschniger Deutschlands und Desterreich- Ungarns   zu Leipzig  . II. Die Erde vom Monde und vom Planeten Mars   aus gesehen( mit Illustrationen). Die Olympischen Spiele( mit Illustration). Sprechsaal für jedermann.

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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Südstraße 5).- Expedition: Färberstraße 12. II. in Leipzig  . Druck und Verlag von W. Fink in Leipzig  .