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hervorgegangen war, als er, der noch nie im Leben eine selb- ständige oder gar verantwortliche Stellung eingenommen hatte; vas freute ihn umsomehr, das imponirte ihm gewaltig. „Gut," sagte er.„Seit ich weiß, daß der hochberger Krawall trotz des schauderhaften Wetters doch ausgebrochen ist, und seit mir's auch so vorkommen will, als ob uns das Wasser doch nicht blos bis an die Stiefelsohlen, sondern wahrscheinlich bis an den Kragen gehen wird,— seitdem bin ich mit meinem bischen Latein fertig; Jhr's scheint nu aber grade erst loszugehen. Drum lass' ich in Gottesnamen Ihnen die Führung von der Kolonne, und wenn's meinetwegen mitten in die hochberger Todschläger hinein- geht oder ins Wasser, wo'ä am tiefsten ist. Also fort— zum Landesältesten." „Zum Landesältcsten?" Der Kantor hatte die letzten Worte gehört und steckte erschrocken den Kopf zum Wagenfenster heraus. „Ja, aber Fritz, willst du zum Landesältesten?" „Gewiß, Onkel. Der Freiherr von Felseck ist nach deinen und des Herrn Willisch Mittheilungen und nach dem, loas ich selber erfahren, der einflußreichste Mann im ganzen Gebirge. Er ist angesehen bei allen Behörden und auch hochgeachtet beim Volke, der einzige von der großen Aristokratie, auf den das Volk noch etwas hält und der noch die Herren von der Regierung vor Uebereilungen bewahren kann, wenn er will. Und damit er wolle, werde ich ihm vortragen, was ich über die Sachlage denke."
Dem guten Kantor blieb der Mund offenstehen vor Ver- wunderung und Entsetzen. Er hatte zwar auch in der jüngsten Zeit riesigen Respekt bekommen vor seinem Neffen, aber daß er so mir nichts dir nichts zu eineni großen Herrn wollte, zu dem Freiherrn von Bergen, dem Patriarchen von Felseck, wie dieser in der sogenannt besseren Gesellschaft am liebsten genannt wurde, zu dem Manne, vor dem der Kantor stets mit dem Hut in der Hand in verehrungsvoller Bescheidenheit zur Seite trat, wenn er ihm einmal auf der Landstraße begegnete, das erschien ihm denn doch als eine unerhörte Verwegenheit. »Fritz, Fritz," rief er,„ich bitte dich, was willst du bei dem vornehmen Herrn? An solche Herrschaften wagt sich unsereiner am besten nicht heran. Er wird es schon für eine heillose Ungezogenheit betrachten, wenn du dich bei ihm nur melden läßt." „Wollen sehen, Onkel; ich thue nichts, was ich nicht für meine Pflicht halte." Uni den Einwurf des Kantors hatte sich Willisch nicht ge- kümmert. Er war mit seinem Entschlüsse fertig; er hatte sich Fritz Lauters Kommando freiwillig untergeordnet, nun that er, was dieser von ihm verlangte, grade wie zu seiner Dienstmanns- zeit, wo er für jeden, der ihm einen Thaler zu verdienen gab, blindlings durch's Feuer gelaufen wäre. (Fortsetzung folgt.)
Ameisen als intelligente Honig- und Zuckerränber. Unsere höheren Pflanzen sondern in ihren Blülhen Honig ab, weil dadurch In- selten zum Besuch veranlaßt werden und hierbei die Fremdbestäubung von Blüthe zu Blüthe vollzogen und die Bildung kräftiger Samen zu Stande gebracht wird. Die meisten Blüthen, welche vorwiegend auf Fremdbestäubung angewiesen sind, haben sich den fliegenden In- selten, als den nützlichsten Besuchern, angepaßt. Hierher gehören Haupt- sächlich die Bienen, Hummeln, auch manche Fliegen, Wespen und namentlich die Schmetterlinge, welche fast ausschließlich aus de» Götter- tranl„Nectar " der Blüthenwclt angewiesen sind. Aber es gibt auch andere Insekten als die fliegenden, welche den Honig der Blumen liebe» und ihm gelegentlich nachstellen, ohne daß sie dabei die Fremd- bestäubung vermitteln, wodurch jür die Pflanze der Nutzen des Honig- abionderns verloren geht. Man nennt solche Honigräuber ganz pas- send„unberufene Gäste!" Nun haben sich die meisten Blüthenpflanzen vor solch unberuseucn kriechenden Gästen zu schützen versucht durch An- bringung von Schutzwchren im Bereich der Blüthe, Schutzwehren gegen kriechende Honigräuber. Zu letzteren gehören in erster Linie die Ameisen. Prof. A. Kerner hat in seiner prächtigen Arbeit über„die Schutzmittel der Blülhen gegen unberufene Gäste" in geistreicher Weise gezeigt, wie die honigabsonderndcn Blüthenpflanzen sich gegen die zudringlichen Ameisen und anderes Kriechthier zu schützen verstanden. Bei diesem Anlaß theilt er einige Anekdoten mit, welche recht drastisch die Intel - ligenz der Ameisen ins Licht stellen und uns geeignet erscheinen, in den Kreisen der Hauswirthinnen manch' Stück zähen Aberglaubens zu beseitigen. Es ist m bekannt, daß unsere Hausfrauen nicht selten mit dem Orakel vor uns treten, daß in der Borrathskammer gedörrtes Obst und eingemachte Früchte tutti guanti„lebendig" geworden sei, indem sich alles, alles in Ameisen verwandelt habe. Dabei wollen uns die Liebenswürdigen mit ihrer Naivctät im Naturerkennen alles Ernstes glauben machen, daß im ,„Houighäferl" der Honig ohne wei- teres, d. h. aus sich selbst, aus sreiem Bildungstrieb zu Ameisen ge- worden sei. Der Naturforscher belächelt solch kindliche Weisheit; denn er weiß die Sache besser. Bis jetzt blieb der Satz nnangesochlen: „Alle Lebewesen unserer Zeit entstehen nur durch mütterliche Zeugung", was auf den vorliegenden Fall angewendet so viel heißt als: wo Ameisen in einem Behältnisse entdeckt werden, da find sie von außen hereingekommen.— Nun zur Illustration die beiden Anekdoten: In dem Erdgeschosse eines Hauses, das unmittelbar au den Garten grenzt, wurden getrocknete Birnen aufbewahrt, zu welchen sich die Ameisen des Gartens alsbald einen Weg ausfindig machten. Da man sich der un- gebetenen Gäste im Erdgeschosse nicht zu erwehren vermochte, übertrug man die Birnen in ein Gemach im zweiten Stockwerke. Aber schon am andern Tage waren auch hier die Birnen von denselben Ameisen belagert, und als man nachspürte, wie sie rn das zweite Stockiverk ge- langt sein mochten, ergab sich, daß sie den Draht eines Glockenzugcs, welcher von dem Garten in das zweite Stockwerk führte und an dem Fenster jenes Gemaches vorbeigeleitet war, als Weg ausfindig gemacht hatten, um zu den getrockneten Birnen zu gelangen. Gredler in Bozen theilt folgenden Fall mit: einer seiner Kollegen legte seit Monaten einem Ameisenzugc, welcher vom Garten zum Ziminerfenster des an den Garten stößenden Gebäudos regelmäßige Prozessionen unterhielt, auf dem Gesimse zerstoßenen Zucker vor. Er kam nun auf den Einfall, den gestoßenen Zucker in ein Gefäß zu geben, welches er an einem Faden am Querbalken des Fensterkreuzes besesttgte, und damit die bis- her gehegten Pfleglinge auch vom höher gehängten Brodkorbe Kunde
nähmen, wurde eine Anzahl von Individuen desselben Ameisenzuges ! hineingegeben. Diese geschäftigen Geschöpfe faßten nunmehr ihre Zuckerkrümchen an, fanden alsbald den einzigen Verbindungsweg, den Faden � hinan, über den Querbalken und den Fensterrahmen herab und standen jetzt bei den Ihrigen wieder auf dem Gesimse, um von hier die gewohnte Passage über das hohe Gemäuer, hinab bis zur Gartenkolonic fortzusetze». Nicht lange, so war auch der Zug auf der neuen Strecke vom Fenstergesimse über den Fensterrahmen, Querbalken und Fade» zur Zuckerniederlage organisirt und so gings ein paar Tage fort, ohne etwas neues zu bieten. Doch eines Morgens hielt der Ameisenzug an der alten Stelle an und holte dort, nämlich wieder vom Fenstergcsimse weg, seine Kolonialwaarcn. Kein Stück passirte mehr die Strecke von hier zum aufgehängten Zuckcrgcfäße. Dies war doch nicht leer gewor- den? Nichts von dem: aber ein Dutzend Kerle arbeiteten rüstig und unverdrossen im Gefäße droben, trugen die Krümchen nunmehr blos au den Rand desselben und warfen sie ihren Kameraden hinab aus das Fenstergesimse, das ihr kurzsichtiges Auge doch gar nicht wahrnehmen konnte! Das ist doch offenbar der Ausdruck einer intelligenten Berech nung, die einer wohlorgaiiisirten menschlichen Diebesbande alle Ehre machen würde. Nun haben wir es hier aber blos mit Ameisen zu thun, denen der kurzsichtige menschliche Witz so gerne alle Weisheit ab- spricht, weil es ja nur„Thiere" seien.— Ja, die Ameisen möchten sich für die ausgestellte„Fähigkeitsnote" höflichst bedanken, wenn sie drum wüßten, wie niedrig wir ihren Intellekt anschlagen. So aber begnügen sie sich, unseren Haussrauen dann und wann eine Nase zu drehen, indem sie sich Wege bahnen durch Runsen und Spalten bis zum Honigtopf, den sie vollständig plündern. Wie gut diese Thiere jede zuckerhaltige Flüssigkeit zu wittern verstehen, erhellt aus der That- fache, daß die Ameisen sich überall einzunnden wissen, wo Blattläuse aus lebenden Pflanzen vorkommen. Letztere Thiere sondern nämlich aus gewissen Organen einen zuckerhaltigen Saft ab, den die Ameisen gierig ausbeuten; ja es hat sich hierbei eine eigene Fertigkeit im Aus- melken der Blattläuse entwickelt und eine Freundschaft zwischen Gemelk- ten und Melkenden, die an Zärtlichkeit und Innigkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Man könnte wohl sagen, daß die Ameisen sich zu den Blattläusen ähnlich verhalten, wie die Menschen zu ihren milchgebenden Hausthieren. Dr. D-P. Die Krankheitsherde in den menschlichen Wohn- und Aufent- Haltsstätten stellt eine vom Eentralbureau der deutschen Papierindustrie in Dresden herausgegebene Broschüre„Ueber einige Entstehungsherde ansteckender Krankheiten, ihre Verbreiter und Vertilger, ein Beitrag zur Ersorschung von Krankheitsursachen" in kurzer, aber ebenso verstündiger als verständlicher Abhandlung zusammen. Nachdem in wenigen Zeilen aus die oft berührten Brutstätten zahlreicher und gefährlicher Krankheiten hingewiesen worden ist, welche in vielen vernachlässigten Wohnungen der armen Land- und Stadtbevölkerung zu finden sind, heißt es weiter: In den Häusern der Vornehmen und Reichen finden wir andere Seuchenherde von nicht minder abschreckender Natur. Wohlschließendc Doppelseuster und Thüren und Außenheizung im Korridor oder gar Cenlralheizung mit Luft oder Dampf, wollene Teppiche, volle Kleider- schränke und„der Verkühlung wegen" ungelüftete, im Hause installirte Aborte, dazu einige Hunde und Hündchen als freundliche Hausthiere, und der ganze vornehme Jammer liegt vor einem ausgebreitet! Die