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ganze Land trägt den Stempel der Todesschwäche und der Verzweif lung, in erschreckend einförmige, gelbsüchtige Farbe getaucht, hoch mit Staub bedeckt, welcher oft, wenn ein kleiner Windstoß sich erhebt, die Landschaft mit hohen, heißen Sandsäulen überfluthet. Vögel und Vierfüßler, Käfer und Würmer theilen die erwartungsvolle Sehnsucht nach Erquicung mit ihrer mütterlichen Erde. Das Hausgeflügel hockt niedergeduckt in dem kargen Schatten der menschlichen Wohnungen, die Wasservögel lechzen am weiten, öden Strande nach der Erholung. Die Büffel wühlen sich bis zur Schnauze in den Schlamm der Moräfte selbst den Pariahunden ist die Hige gar zu unerträglich, denn sie friechen mit weitherabhängender Zunge in dem so oft wechselnden Schatten herum und ihr Gerippe hat kaum mehr die Kraft, sich der Fliegen zu erwehren. Der Boden der Reis- und Baumpflanzungen ist von der sengenden Hize in weitklaffende Spalten aufgerissen, in welche selbst die sonnenfreundlichen Eidechsen sich vor ihrer jezt gefährlichen Freundin scheu zurückziehen. In dem Gehölz ist keine Spur des so reichen Insektenlebens zu entdecken und das sonst so scheue Damm- und Rothwild, Antilopen und Tapirs lagern sich rings um die seltenen Wasserreste der Vertiefungen des Waldbodens. Jezt wird der Tiger der Herr des Dickichts und würgt nach Herzenslust. Ein Tiger, der einmal Menschenkost versuchte, greift nicht mehr zur thierischen Nahrung; er verläßt das Dickicht, zieht sich in die Nähe der Dörfer und wird der Schrecken der Gegend. Solche Thiere verursachen dann bedauerliche Menschenverluste; in Centralindien tödtete 1869 ein einziges Tigerweibchen 127 Menschen und sperrte eine lebhafte Heerstraße für viele Wochen, eine andere Tigerin bewirkte das Verlassen von 13 Dörfern und das Nichtbeackern von 6000 Hektaren Land. Daraus erhellt, wie nothwendig es ist, daß der Mensch im Morgengrauen auszieht, um den Herrn der Landstraße", wie das Volk den Tiger titulirt, zu jagen. Es ist eine sehr gefährliche Treibjagd. Das Tags vorher ausgekundschaftete Lager des Tigers wird von Treibern umſtellt. Den Mittelpunkt des immer enger werdenden Vorpostenringes bilden die Elephanten, auf denen die besten Schüßen reiten. Die Pferde sind bei der Tigerjagd schlecht zu verwenden, weil ihr Zittern beim Anblick des anstürmenden Tigers den Schuß ihrer Reiter unsicher macht. Doch auch der Muth des Elephanten steht nicht im richtigen Verhältniß zu seiner riesigen Körperkraft. Ist der Tiger aus seinem Lager aufgescheucht, so sucht er zuerst den Ring der Treiber zu durchbrechen und gibt, wenn es ihm gelingt, Fersengeld. Im andern Falle stellt er sich dem Elephanten und sucht ihn, den Rüssel vermeidend, von hinten anzuspringen. Das ist der richtige Moment zum Zielen für den Schüßen, der ihn mit einem Kernschuß ins Auge leblos dahinstreckt. In den Wüsten und Steppen Raschputanas( südöstlich des Indus und Satletsch flusses) jagt man auch den König der Wüste, den Löwen . Seine Mähne ist kürzer und von hellerer Farbe als die des afrikanischen Löwen; das Thier überhaupt kleiner. Man will beobachtet haben, daß Löwe und Tiger sich meiden, wahrscheinlich, um sich nicht konkurrenz zu machen. Der gefleckte Leopard wird nicht gejagt, wohl aber ge= zähmt und zum Jagen abgerichtet. Auch der Wolf erfreut sich einer unverdienten Schonung. Der Indier hegt abergläubische Furcht vor dem Herrn Jsegrimm, wie ihn unsere niederdeutsche Thierfabel nennt, und verehrt in ihm einen bösen Dämon, dessen Blut über den Tödtenden Verderben bringt. Der Schakal wird gleichfalls aus übereifrigem Aberglauben nicht verfolgt, wahrscheinlich weil er Gesundheitspolizei übt. Er nimmt alles Aas an, scharrt Leichname aus, begnügt sich
aber in der Noth mit Pflanzenkost, und wird deshalb den Kaffeepflanzungen lästig. Den Schluß unserer Jagdskizze möge das größte der indischen Säugethiere, der Elephant, machen. Er wurde früher in Heerden in ganz Indien in waldreichen Hügellandschaften angetroffen, wie uns die ältesten Heldengedichte Mahabharata und Ramayana melden. Als Hausthier ist er in allen Provinzen Indiens zu finden, wild jedoch nur in den Wäldern gegen die birmanische Grenze, in Centralindien, dann in Südindien im Lande Maissur und in den Ausläufern der Westghat. Der Name selbst ist indisch und auf Sanskrit( Ursprache Indiens ) Pilu zurückgeführt, altpersisch Fil, neupersisch Fel; die Araber sezten den Artikel vor und aus El- Fel wurde unser Elephant. In einem Lande wie Indien , wo es von unumschränkten Machthabern wimmelt, galten von jeher die Elephanten als Eigenthum der LandesHerren. Im Mittelalter war es ja mit dem Eigenthumsrecht des Wildes in unseren Wäldern auch ähnlich bestellt. Die englische Regie rung hat der Tödtung dieser nüßlichen Thiere enge Grenzen gezogen. Durch diese lobenswerthe Maßregel sind zur Naturgeschichte der Elephanten neue Einzelheiten bekannt geworden. Das neugeborene Thier hat Meterhöhe, mit dem dreißigsten Jahre hört das Wachsthum auf. Dieser Umstand hat wohl die Fabel von der vielhundertjährigen Lebensdauer der Elephanten erzeugt. Es ist möglich, daß einzelne Thiere
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hundert Jahre und darüber leben, aber das Durchschnittsalter kann dies nicht sein, denn nur selten trifft man selbst in größeren Heerden von 30-40 Stück ein wirklich altes Thier. Die Intelligenz der Elephanten ist längst bekannt, daß sie aber eine Art spartanisches Gesez beobachten, ist erst in neuester Zeit beobachtet worden. Die Männchen sind meist kleiner wie die Weibchen, die zwerghaft gebauten werden von den stärkeren getödtet oder aus der Heerde ausgestoßen. Man ist noch nie auf Elephantenaas gestoßen und nimmt deshalb an, daß schwer Kranke das undurchdringlichste Dickicht aufsuchen. In der Wildniß sind die Elephanten sehr scheu, geradezu furchtsam und werden selbst zu ihrer Vertheidigung niemals gegen den Menschen gehen. Die Heerden sind vorherrschend 20-25 Stück start; ein Weibchen, kein Männchen geht an der Spize und bei Gefahr nimmt das starke Geschlecht zuerst reißaus. Mit diesen überraschenden Daten, für die der Name unseres Gewährsmanns Emil Schlagintweit bürgt, wollen wir für heute von Indien scheiden. Dr. M. T.
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Das Nordlicht oder richtiger Polarlicht( Seite 496)- weil zuden mannichfachsten Formen auftretende prachtvolle Lichterscheinung, die, gleich in südlichen Gegenden am Südpol wahrnehmbar ist eine in nehmen können, bei uns den ersteren Namen erhalten hat. Während weil wir sie infolge unserer geographischen Lage nur am Nordpol wahres unter höheren Breiten öfter vorkommt, und zwar als Nordschein, zeigt sich dasselbe stark entwickelt feltner; so in der neueren Zeit am 7. Januar 1831, am 28. August und 1. September 1859 am 24. Phänomen auf am 24. und 25. Oktober 1870 und zwar so, daß es und 25. Oktober 1870 und am 4. Februar 1872. Großartig trat das sich von Lissabon über ganz Europa und Asien erstreckte und selbst noch auf dem Atlantischen Ozean in einer Entfernung von 600-800 Seemeilen von Lissabon gesehen wurde. Nicht minder großartig war das Nordlicht vom 4. Februar 1872. Gesehen wurde es in Syene in Aegypten , Bombay in Ostindien und Tromsö und Hammerfest in Nor wegen . Gleichzeitig wurde aber auch in St. Louis ein intensives Südlicht beobachtet. Unsere Illustration zeigt das im Norden beobachtete, wie es von Odessa aus gesehen wurde. Die Farbe des Nordlichts ist glänzend weiß, etwas ins bläuliche spielend, während der Dämmerung scheint es in röthlicher Farbe. Wie bereits bemerkt, sind die Formen jedoch mehr gelblich; manchmal, bei umfangreicherem Auftreten, erdesselben verschieden. Meistens bilden sie jedoch einen leuchtenden Bogen, dessen unterer scharfer Lichtrand ein, gegenüber der übrigen Luftauch mehrerer solcher Bogen übereinander. Von diesen Bogen steigen farbe, bedeutend dunkleres Segment begrenzt; hier und da zeigen sich die Lichtstrahlen nach allen Richtungen empor. Zuweilen ist das Nordlicht auch ohne allen Zusammenhang über einen mehr oder weniger eine stark slackernde Bewegung; nimmt diese nebst der Ausdehnung der großen Theil des Himmels verbreitet. Die Lichtstrahlen zeigen meist ganzen Erscheinung zu, so entsteht, indem die Strahlen an einem Punkt des Himmelsgewölbes zusammentreffen, die Nordlichtkrone. Die Höhe Meilen betragen. Das vom 4. Februar 1872 soll jedoch 56, das vom des Nordlichts ist verschieden, soll aber nicht unter 20 geographische 25. Oftober 1870 sogar 72 Meilen hoch gewesen sein. Daß das Nordlicht in direkter Beziehung zum Erdmagnetismus steht, wird zwar als feststehend angenommen, ist aber wohl noch nicht entgiltig erwiesen.
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Mohamed eröffnet in seinem Koran den Spöttern recht angenehme Aussichten für das Jenseits. Er sagt nämlich: ,, Am Tage der Auferstehung werden die, so sich mit Spöttereien abgegeben haben, vor die Thüre des Paradieses gerufen, und wenn sie davorstehen, wird sie ihnen vor der Nase zugeschlagen werden, wenn sie dann umkehren, wird man sie vor eine andere Thür rufen, die ihnen, wenn sie kommen, gleichfalls verschlossen werden wird, und so fort in alle Ewigkeit."
M. V.
Die Zahl der Meister wie die der Gesellen und Lehrjungen war im Mittelalter bei den einzelnen Handwerkern bestimmt und blieb, ohne Berücksichtigung der wachsenden Bevölkerung, gleich. In Berlin z. B. durften sich jährlich nur acht neue Meister seßen. Keinem Meister war es gestattet, mehr Gesellen zu halten, als sein Mitmeister; die fieler Schneiderordnung vom Jahre 1634 sezte die Zahl der Gesellen auf drei fest, während ein Meister nur einen Jungen auf einmal halten sollte. Häufig mußte ein Meister, nachdem ein Lehrbursch bei ihm ausgelernt hatte, mehrere Jahre warten, bis er einen neuen nehmen durfte. M. V.
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Inhalt. Jdealisten, von Rudolf Lavant ( Fortseßung). Hamburgs Verfassung, sein Handel und seine Freihafenstellung, von Wilh. Blos. Irrfahrten, von 2. Rosenberg( Fortseßung). An der Wiege des Christenthums. Kulturhistorische Skizze von C. Lübeck( Schluß). Dem Schicksal abgerungen, Novelle von Rudolph v. B......( Fortseßung). Ameisen als intelligente Honig und Zuderräuber. Krankheitsherde in menschlichen Wohn- und Aufenthaltsstätten. Aufbruch zur Tigerjagd( mit Illustration).- Das Nordlicht( mit Illustration).- Mohamed und die Spötter. Die Zahl der Meister, Gesellen und Lehrjungen im Mittelalter.
Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser in Leipzig ( Südstraße 5). Expedition: Färberstraße 12. II. in Leipzig . Drud und Verlag von W. Fink in Leipzig .
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