sowie auch die dunklen Wärmestrahlen durch besondere Instrumente, während für die so ungemein viel langsameren und längeren Schallwellen das Ohr als besondres Organ vorhanden ist. Für die zwischen Schall- und Wärmewellen möglichen, sowie die noch kürzeren, als die chemisch wirksamen Lichtstrahlen, fehlen uns die Organe; so auch für die Gravitationswellen. Wir können ihre Existenz aber schließen aus den Wirkungen, nämlich den hervorgebrachten Massenbewegungen oder dem ausgeübten Druck.
Diese Art der Uebertragung von Bewegung ist natürlich nicht zu verwechseln mit der etwa durch das Strömen eines Flusses hervorgebrachten. Aber Isenkrahe trifft fehl, wenn er Dellingshausens Behauptung, daß unter gewissen Umständen durch fortschreitende Wellen bei denen jedoch jedes Flüssigkeitstheilchen nur eine hin und zurückgehende Bewegung vollbringt eine konstante Bewegung nach einer Richtung an einem festen Körper veranlaßt werden könne, mit folgendem Beispiel zu widerlegen meint: ,, Wenn ein Holzstückchen auf einem Teiche schwimmt und man durch einen Steinwurf einen Wellenzug veranlaßt, der von der Mitte in stets weitern Kreisen nach dem Ufer geht, so wird durch diese fortschreitenden Wellen das Holz gehoben und gesenkt, es nimmt theil an der Oszillation der Wassertheilchen, von denen es getragen wird, aber es wird nicht an das Ufer geführt, sondern nimmt, wenn der Spiegel wieder glatt geworden, seine alte Stelle ein." Dieses Beispiel ist nicht zutreffend, denn Isenkrahe setzt hier, außer einem engbegrenzten Wasserbecken, als von den Wellen beeinflußten Körper einen spezifisch leichteren voraus und dabei von so kleinen Dimensionen, daß er sich in mechanischer
582
Beziehung ganz gleich dem von ihm verdrängten Wasserquantum verhält und deshalb nur hin- und herpendelt. Dem entgegnet daher Dellingshausen , abgesehen von anderen Einwürfen und Erwägungen, Folgendes: ,, Ein Körper kann durch kleinere Wellen nicht hin- und hergeschoben werden, sondern sie brechen sich an ihm, wie die Meereswellen an einem Felsen. Die mächtige Wirkung dieser Wellen ist aber allgemein bekannt; ein Schiffswrack wird in kurzer Zeit zertrümmert; jeder Badende weiß, daß er den Wellenbergen einen größeren Widerstand zu leisten hat, als den Wellenthälern, um nicht umgeworfen zu werden; die Fensterscheiben werden bei einer Explosion eingedrückt. In allen diesen Fällen werden Bewegungen hervorgerufen, wozu eine Arbeitsleistung erforderlich ist, welche der Energie der Wellen entnommen wird." Gegen den aus seiner Diskussion gezogenen Schluß: Die Mittheilung der Bewegung durch eine Welle ist somit nichts anderes, als die innerhalb eines Körpers vor sich gehende Umwandlung der periodischen Bewegungen der Welle in eine gradlinig fortschreitende Bewegung seiner Punkte. Die Energie beider Bewegungen muß selbstverständlich äquivalent sein*)," läßt sich nichts einwenden, ebensowenig als gegen den noch allgemeineren: ,, die Mittheilung der Bewegungen in die Ferne wird durch fortschreitende Wellen vermittelt."( Schluß folgt.)
*) Man wolle hiermit aus den interessanten Abhandlungen von A. W. Fabian in der ,, Neuen Welt" die Beschreibung der Umwandlung von Energie der Wasserwellen in nüßliche Arbeit durch mechanische Vorrichtungen vergleichen. Jahrg. 1880, Seite 178. D. Verf.
Betrachtungen über die Gesundheitspflege des Volkes.
VII. Pflege der Sinneswerkzeuge.
Von Dr. Eduard Reich.
Die Pflege der Sinneswerkzeuge macht einen sehr gewichtigen, aber leider oft genug sehr vernachlässigten Theil der Gesundheitspflege aus, zuweilen wieder einen ungemein, aber mit ganz falschen Mitteln kultivirten Theil der Hygieine. In dieser letzteren Beziehung erinnere ich an die tausenderlei Augenwasser, Gehörpillen, galvanischen Halsketten u. s. w., die sämmtlich dazu bestimmt sind, den Erfinder reich zu machen und das große Rhinoceros, welches man Publikum nennt, zu prellen und zu verhöhnen.
Am besten für die Pflege des Tastsinnes, also die Ausbildung und Erhaltung feinen Gefühls in der Haut, ist sorgfältige Reini gung dieser letzteren, vollkommene allgemeine Gesundheitspflege und Vermeidung aller das Hautgefühl abstumpfenden schweren Arbeit. Demnach kann von eigentlicher Kultur des Tastsinnes jetzt nur bei den höheren Klassen der Gesellschaft die Rede sein.
Der Geschmackssinn wird bei dem höheren und niederen Pöbel eifrigst und mit Leidenschaft gepflegt, ja in so großem Maße, daß die anderen Sinne dabei zu kurz kommen und die ganze Gesundheit darunter leidet. Die beste Kultur des Geschmacks sinnes ist einfache, naturgemäße Lebensart und Entwicklung der ursprünglichen Instinkte.
Bei einem guten Theile der nur äußerlich Civilisirten und Uebercivilisirten läuft, ohne daß dies gewollt wird, alles darauf hinaus, den Geruchssinn zu ertödten, abzustumpfen, zu verderben. Hierzu trägt das Wirthshausleben und Tabakrauchen, das gesund heitswidrige Treiben und Tabakschnupfen wesentlich bei. Menschen, die von Alkohol, Tabak und Wirthshaus sich fernhalten, einfach, mäßig und nach den Grundsäßen der Hygieine leben, in wohl gelüfteten Zimmern schlafen und täglich mehrmals kalt sich waschen, bewahren ihrem Geruchssinn völlig normale Beschaffenheit und erweisen damit sich eine der größten Wohlthaten; denn mittels der Sinne unterscheiden wir das uns Nichtzuträgliche von dem uns Passenden.
Augen und Ohren pflegen, dies ist sehr leicht und sehr schwer, ganz wie man es nimmt und ganz nach der Person, welcher die Kultur der höheren Sinne obliegt. Augen- und Ohrenpflege braucht von keinem normalen, gesundheitsgemäß, sittenrein und vernünftig lebenden Menschen besonders vorgenommen zu werden, da sie mit der allgemeinen Leibeskultur von selbst sich vollzieht.
Die unzähligen Sklaven der modernen Nationalökonomie, die Proletarier des Geistes und der Faust, verderben ihre Augen bei grellem Sonnenschein und Lampenlicht, in halbdunklen, feuchten
Wohnungen, in Fabriken und tief unter der Erde in Bergwerken. Wer das Leiden entfernen will, muß dessen Ursache beseitigen. Nun predige man den Bergleuten: Steiget nicht hinunter in den Schlund der Erde, bringt weder Kohle herauf noch Erz. Und sie werden antworten: Wir müssen hinunter, da wir anders verkommen, erhungern, verderben, und wir wollen lieber leben und ein wenig an unseren Augen leiden, als Hungers sterben. Gegen diese Logik läßt sich unter den gegenwärtig herrschenden gesellschaftlichen Zuständen nichts einwenden; es kann nur ein Palliativmittel zur Pflege der Augen ersonnen werden. Und dieses scheint mir sehr einfach zu sein: man schüße die Augen vor dem Einfall allzu grellen Lichtes, vor Staub und schädlichen Dünsten, reinige dieselben möglichst oft mit Wasser und lebe gesundheitsgemäß; man vermeide falte, feuchte, enge, überheizte, nach Norden gelegene Wohnungen und schlafe in reinen, möglichst guten Betten; man lese nicht bis spät in die Nacht hinein und nehme kein Buch aus grauem Papier und mit Augenpulver gedruckt zur Hand.
Die empörende Habsucht mancher Buchverkäufer schädigt die Augen unzähliger Menschen nicht selten in dem bedeutendsten Maße, und in allen Ländern, woselbst die Schulbücher aus mit Augenpulver bedrucktem grauen Löschpapier bestehen, sind Kurzsichtigkeit und damit Brillen epidemisch. Es gibt keinen jämmerlicheren Anblick, als die größere Hälfte der den Schulen entströmenden Knaben und Jünglinge mit Brillen umherlaufen zu sehen! Daß zu Entstehung von Augenfehlern die Schulzimmer mit ihren unpassenden Lichtverhältnissen und die schlechten Gerüche jener, außerden die vielen Arbeiten bei Lampe und Gaslicht beträchtlich beitragen, haben wir nicht nöthig, besonders hervorzuheben.
Ueber den Gebrauch der Brille entscheide der Arzt.
Krankheiten der Gehörorgane müssen umsomehr verbreitet sein, je gesundheitswidriger die allgemeinen Lebensverhältnisse sich gestalten, je entsetzlicher der Kampf um das Bestehen tobt und je öfter die Furien des Krieges in den Kreis der Gesellschaft brechen. Gewisse Beschäftigungsweisen setzen das Ohr größeren Gefahren aus; diese letzteren werden umso bedeutender, je erbärmlicher Wohnung, Kleidung und Nahrung sind, und je geringer die Vorsicht ist, welche der Mensch den auf ihn wirkenden äußeren Einflüssen entgegensetzt.
Zu richtiger Pflege des Gehörsinnes ist angemessene GesammtLebensweise nach den Grundsäßen der Hygieine, gute Wohnung,