so kleinen Festplatze, wo mehr als 40000 Menschen zusammengedrängt waren, geboten waren. Am Sonntag, den 25. Juli, war Frank- surt voll Jubel, acht Tage später zog man mit Kränzen hinaus aus den Kirchhof. Ziehen wir das Fazit aus unseren aphoristischen Dar- legungen, so müssen wir dafür eintreten: 1) daß derartige, sogenannte allgemeine Feste zu wirklichen Volksfesten gestaltet werden, in- dem man den Eintrittspreis möglichst gering berechne, 2) daß man Rücksicht auf die klimatischen Verhältnisse des Landes nehme und die Baulichkeiten dementsprechend errichte und 3) daß man von der- artigen Festlichkeiten solche Unterhaltungsspiele fernhalte, welche auch nur im entferntesten Gefahr bringen können. Frankfurt a/M._ W. L. R. Modethorheitea vergangener Jahrhunderte. IV. Besonders auffällig und närrisch war das seinerzeit gleichfalls sehr beliebte, an den Rändern der Röcke, Kragen, Aermel und Achselstücke angebrachte Zaddelwerk(siehe Illustration in Nr. 30). Dieses, ursprünglich sich als einfache ausgeschnittene Lappen darstellend, später durch Auszackungen dieselben zu komplizirteren Formen gestaltet, war anfangs französischer Brauch, fand aber zugleich mit Schnabelschuh und Schellen nebst an- derem Schwulst in Deutschland Eingang und zwar zur Ausstasfirung der männlichen Kleidung bereits im 13. Jahrhundert. Wie es aber dem 15. Jahrhundert erst vorbehalten war, sich im Ueberhandnehmen so vieler Uebertrcibungen und Geschmacklosigkeiten auf dem Gebiete des KleiderwesenS auszuzeichnen, so gelangte auch das Zaddelwerk erst um diese Zeit zur vollen Ausbildung. Angebracht wurde es mit Vorliebe am Tappert, einem kurzen, mantelähnlichen Gewand, welches sich durch seine weiten und langen Sackärmel ganz vorzüglich dazu eignete. Man begnügte sich dabei nicht mit dem einfachen Aufschlitzen des Stoffes, sondern suchte das Lappenwerk noch durch Aufnähen von anderen Lappen zu verdoppeln oder auch, wie in der Bllltheperiode dieses Un- sinns, das ganze Gewand damit zu besetzen. Zu bemerken ist dabei, daß die Ausartung gegen Ende des 15. Jahrhunderts auch hier erst eintrat, nachdem sich die Verordnungen der hohen Obrigkeit alle Mühe gegeben hatten, dem Uebel Einhalt zu thun. In der Kleider- ordnung des Raths von Ulm vom Jahre 1406 wird verboten:an Röcken, Mänteln und Tapperten keine Lappen mehr zu tragen, noch an irgend einem Gewand mehr als acht Einschnitte zu machen, aus- genommen nur Reitröcke, daran man Lappen tragen mag, aber auch nur außerhalb der Stadt. Auch möge es gestattet sein, an Röcken, Mänteln und Trapperten, die nicht mit Pelzwerk gefüttert sind, unter- halb ein Gefränz von Lappen doch höchstens von nur einer viertel Elle Länge anzubringen. Die Kappen oder Gugeln aber möge man zer- schneiden wie man wolle, nur dürfe dazu niemals mehr als vier Ellen Tuch verwendet werden." Die Thatsache, daß man die Lappen in der Länge einer viertel Elle gestattete, sowie daß man verbot, nicht mehr als vier Ellen Tuch zu einer Kopfbedeckung zu verwenden, zeigt am deut- lichsten, welche Dimensionen das Gezoddel schon damals angenommen hatte. Weitere Verordnungen bemühten sich gleichfalls, dem Ueberhand- nehmen des Unsinns entgegenzuwirken, aber mit ebensowenig Erfolg wie in anderen Fällen. Das Auffällige und Absonderliche wird vom großen Haufen am liebsten nachgeahmt, und erst wenn es von den Tollsten unter den Tollen auf die Spitze getrieben und zur kompletten Narrheit geworden ist, kehrt die Vernunft allmählich zurück. Viele Menschen müssen eben die Wirkungen des Fratzenhaften und Geschmacklosen erst an anderen beobachten, bevor sie das Komische und Widerliche begreifen, welches sie durch ihr äußeres Betragen hervorrufen. Wie die Schellen- tracht, so beschränkt sich denn schließlich zu Ende des 15. Jahrhunderts auch das Zaddelwerk, indem es allmählich an Liebhabern verlor, nur noch aus die Narren und öffentlichen Spaßmacher, gleichsam als wolle man dadurch späteren Geschlechtern immer wieder ins Gcdächtuiß rufen, daß die Narrheit sich einst nicht als ein Privilegium bestimmter Per- Ionen bewährt, sondern sich vielmehr wie eine ansteckende Krankheit über einen nicht unbeträchtlichen Theil der Gesellschaft verbreitet habe. Von besonders barbarischem Geschmack zeugt auch die getheilte Klei- dung. Ein böhmischer Chronist berichtet uns um 1336, wie man Röcke von zweierlei Tuch getragen habe und wie bei manchen die Rockärmel in der Größe verschieden gewesen seien. Andere wieder hätten den linken Aermel oder die linke Brust mit allerlei Bändern und Schnüren in vielerlei Farben verziert, oder Bildnisse auf der linken Brust ge- tragen. Wieder andere nähten an derselhen Stelle ein anderfarbiges Tuchstück auf, welches wieder mit verschiedenfarbigen Buchstaben u. dgl. verziert war. Vorläufig trat diese Mode auch nur vereinzelt auf, nach und nach wurde aber das gesammte Stutzerthum davon ergriffen, und in ihrer Blüthezeit im 15. Jahrhundert war ihre Ausbildung eine der- artige, daß man sie an sämmtlichen Kleidungsstücken, die Schuhe nicht ausgenommen, anwandte. Gebräuchlich war, daß man die ganze Be- kleidung durch zwei verschiedene Farben zerschnitt, sodaß die eine Seite, von vorn oder hinten gesehen, beispielsweise blau und die andere roth erschien, während der Habit von der rechten oder linken Seite gesehen, entweder sich als ganz blau oder ganz roth darstellte. Manchmal bc- schränkte man die Theilung aus die Beinkleiduna, manchmal auf das Wamms oder den Rock, meistens ordnete mau sie jedoch so an, daß die rechte obere Seite mit der linken unteren und umgekehrt in der Farbe harmonirten. Außerdem gefiel man sich auch darin, die vier Stücke verschieden zu färben oder durch aufgenähte andersfarbige Stücke auszustatten. Die erwähnte Illustration zeigt diese Methode.

So waren die Krieger von Augsburg 1473 dreifarbig gekleidet und zwar in weiß und roth, welches der Länge nach mit grün getheilt war. Dann brachte man die Streifen auch wellenförmig an oder ließ sie schräg über den Körper gehen. Kurz, man gab sich alle Mühe, die menschliche Gestalt zu verunstalten und wie ein Wappenschild zu be- handeln. Daß man die menschliche Figur nicht durch übel angebrachte Formen und Farben in der Bekleidung zerschneiden oder viertheilen darf, wenn man Anspruch auf Geschmack machen will, wurde damals nicht beachtet und nimmt wohl auch wenig Wunder, wenn man sieht, wie heute nach 400 Jahren ganz nach derselben Richtung gesündigt wird. Man ist nur raffinirter geworden; damals trat die Gefühl- und Geschmacklosigkeit plumper auf, das ist der Unterschied. urt.

Tonprobe.(Bild Seite 58081.) Wir befinden uns in der Glockengießerwerkstatt des Meisters Klöppel. Der musikverständige geist- liche Herr soll den Klang der neugegossenen Glocke prüfen und hat zu dem Zweck seine Geige mitgebracht. Mit gleich wichtiger Miene geht Meister Klöppel mit dem Hammer, sowie der Priester mit der Geige ans Werk; aber noch eine dritte Person nimmt lebhaften Antheil an dem Vorgang, der älteste Sprößling des Hauses Klöppel, der über- müthige Sepp, der die musikalische Glockenprüfung mit Stock und Blasebalg und zwar mit der ernsthaftesten Miene von der Welt parodirt. Seine beiden jüngeren Geschwister horchen so andächtig dem ersten Glockenschlage zu, daß sie darüber ihr schönes Spielzeug vergessen. Die dralle Frau Meisterin, welche das laute Treiben aus der Küche in die Werkstatt gelockt hat, belebt in lauschender Stellung den Hintergrund, während des Hauses treuer Wächter, der Bullen- beißer Schnapp sich links im Vordergrunde vor der Glocke postirt hat und halb verdutzt, halb grimmig in den tönenden Schlund hinein- glotzt. Was wird wohl das weithinschallendc Erz den Menschen alles künden, wenn es aus dem Thurmgebälk zwischen Himmel und Erde hängt! Heute ruft es die Andächtigen zur Kirche und morgen he-R es Sturm zur Abwehr des Feindes; seine eherne Zunge ladet zur Hon, zeit und zum Begräbniß zugleich. In der That gibt es wenig Ge- meindeeinrichtungen, die so tief ins Menschenleben greifen, wie die Glocke, deshalb haben sie hunderte von Dichtern besungentz doch keiner von allen so herrlich wie Schiller. Die Geschichte der Glocken ist hoch- interessant, wenn schon die Zeit ihrer Erfindung, wie die des Pfluges, des Dreschflegels, der Egge, des Holzschuhes und vieler andern nütz- lichen Einrichtungen nicht festgestellt werden kann. Die Assyrer und Etrusker, sowie ihre Schüler, die Griechen und Römer, besaßen schon Glocken, welche bei kleiueren Maßverhältnisscn vorzugsweise musikali- scheu Zwecken dienten. Die erste Verwendung der Glocken als Signale fiuden wir in Rom und zwar in den letzten Tagen der Republik . Die Zeitgenossen desgrößten Römers" Julius Cäsar hatten an ihren Hausthüren derart angebrachte Glocken, daß sie beim Eintreten er- klangen. Die Aegypter waren die ersten, welche kleine Handglocken beim Opferdienst gebrauchten und der Hohepriester der Juden trug sogar klingende Schellen an seinem Festzewand. Die Priester der buddhistischen Religion, die heute noch in Indien und China 201 mill. Anhänger zählt, verwendeten seit dem 5. Jahrhundert vorchristlicher eitrechnung im Freien hängende Glocken zum Zusammenrusen der irchengemeinde. Mögen sich die christlichen Priester noch so sehr da- gegen sträuben, so besteht doch hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß der christliche Kultus von den buddhistischen Ceremonien nicht nur die brennenden Altarkerzen, den Weihrauch, das Frage- und Antwortsingen, sondern auch die Glocken herübernahm. Bis zum Einführen der Glocken bediente man sich zur Gebeteinladung eigener Boten, die man Einsager oder Mahner nannte, oder man nahm Zuflucht zu Ausrufern und Herolden, womit sich der Islam heute noch begnügt. Einen Fortschritt in dieser Hinsicht bedeuten die hölzernen oder metallenen Klöppel oder Hämmer, die in einem gewissen Rhyimus auf dicke, glatt abgehobelte Bretter geschlagen wurden. Im 6. Jahrhundert mahnte man die gläu- bigen Schäflein mit Schellen an die vorgeschriebene Andacht. Im Jahre 604 wird zuerst in Rom einer Kirchcnglocke Erwähnung gethan und sechs Jahre später kommt eine andere in Frankreich und zwar in Orleans vor. Um das Jahr 850 erscheinen sie bereits allgemein ver- breitet, und einzelne Kirchen haben deren gleichzeitig mehrere aufzu- weisen; so die Sophienkirche in Konflantinopcl gleich ein volles Detzend (heute als Hauptmoschee Aja Sophia gar keine). Die gewerbsmäßVz� Einsiedlerei bei guter Verpflegung und freier Klosterwohnung, das Mönchsthum, welches die christliche Kirche auch von buddhistischen Kirchen- satzungen entlehnte und so gut zu konserviren wußte, daß es sich sogar bis auf unsere Tage erhalten hat, nahm die Glocken unter seine ganz besondere Obhut und hat am meisten zu ihrer Verbreitung beigetragen. In den unruhigen Zeiten der Völkerwanderung, in welcher die römi- schcn Mönche die einzigen Kulturbeioahrer waren, mag die zur rechten Zeit gezogene Sturmglocke manches Unheil verhütet und manchen Ucbcr- fall vereitelt haben. Ihren lateinischen Namen cumxunu erhielten die Glocken aller Wahrscheinlichkeit nach, weil sie aus kampanischem Erz, aos carnpanurn, gegossen wurden, und nicht, weil sie, wie fälschlich behauptet wird, zu Nola in Campanien zuerst hergestellt worden sind, da, wie wir eingangs erzählt haben, sie zuerst in Rom vorkamen. Der große Frankenkönig Karl war es, der nebst vielen anderen römischen Einrichtungen auch die Glocken in Deutschland einbürgerte, doch besitzt das Wallrafmuseum in Köln eine eiserne, aus drei Stücken zusammen-