Von der Gewerbeausstellung in Düsseldorf  . Von Ingenieur W. H. Fabian.

( Schluß.)

Der wichtigste Faktor in dem raschen Aufschwung der Industrie ist die Verwendung der Dampfkraft. Nach Dr. Engel hatte Preußen

Bergbaus, Hütten- und Salinenbetrieb

1861

633

im Jahre 1877/78 32411 stationäre Dampfkessel, wovon auf Rhein­ land   8016( Regierungsbezirk Düsseldorf   4209), auf Westfalen   4904 ( Regierungsbezirk Arnsberg   4095), auf Hessen- Nassau   1070 kommen. Rheinland   und Westfalen   haben somit allein 2/5 der Gesammtzahl der Dampfkessel in Preußen. Die Vertheilung der Dampfmaschinen( excl. der Lokomotiven) auf die einzelnen Industriezweige und ihre Zunahme seit 1861 zeigt folgende Tabelle:

Spinnerei, Weberei und Appretur

Maschinenbau­anstalten

Metallische Fabriken aller Art

Andere Fabrikzweige

Summa

1875

1861

1875

1861

1875

1861

1875

1861

1875

1861

1875

1) Westfalen:

a. Maschinen...

216

b. Pferdestärken.

12972

2626 138538 352

36

193

210

324

53

264

125

591

2657

3412

4932

1612

5783

1937

7955

2) Rheinland  :

a. Maschinen..

b. Pferdestärken.

607 29560

2924

105

349

273

512

338

1409

403

1632

132932

1315

3528

6455

8227

8210

27180

4783

21059

3) Westf. u. Rheinl.:

a. Maschinen...

b. Pferdestärken.

823 42532

5550 271470

141

542

483

836

1667

6185

9867

13159

391 9822

528 1673 32963 6720

2223 29014

2366 70608

10824 352791

52

50

12

11

20

16

25

20

13

13

30

33

Pferdestärken pro Maschine rot.

Die übrigen Dampfmaschinen vertheilen sich auf solche zu land­wirthschaftlichen Zweden, für Schneide und Getreidemühlen und für Transport- und Handelsgewerbe( Schiffsmaschinen 2c.).

An Windmühlen   waren 1875 vorhanden

Bock

in Westfalen 139 Bod- und 342 holländische, im Rheinland   73

"

251

"

Die Zahl der Betriebe mit Wasserkraft war in Westfalen  

im Rheinland  

im Regierungsbezirk Wiesbaden

in Summa

"

2516 mit 27095 Pferdestärken, 4463 1222

"

34819 8037

"

"

"

8201 mit 69951 Pferdestärken,

was pro Betrieb reichlich 82 Pferdestärken ergibt.

Die hauptsächlichsten Industriezweige stellen sich in dem Aus­stellungsgebiete, der Anzahl der Menschen nach, welche in ihnen be­schäftigt wird, für 1875 wie folgt:

Bergbau, Fabrikation Hütten und von Maschi

Papier­und Leder­Industrie

Salinen nen, Werk

Metall­verarbeitung

Textil Industrie

betrieb

zeugen 2c.

Münster  

2901

1651

3313

Minden  

622

2896

2626

14396 14313

Arnsberg  

94087

9325

29144

7928

Koblenz  

12262

2119

4605

2904

1025 1233 4244 2670

Düsseldorf  

50869

9082

33610

108843

6850

Köln  ...

8071

6287

6869

9244

4009

Trier  .

30629

2703

6291

2284

1409

16000

3842

7257

26490

4208

10745

4496

7280

3233

3380

226186

Aachen  

Wiesbaden  .

In Summa.

In

361409

42401 100995 246953 174509

189635 441968

29028 98060

ganz Preußen Fast alle Gruppen sind auf der Ausstellung verhältnißmäßig gut vertreten, die großen Etablissements der Textilindustrie von Aachen  , Burtscheid  , Krefeld  , Düren  , Hücheswagen, Elberfeld   und Lengenberg haben sich indessen nur schwach betheiligt; in der Gruppe Land- und Forstwirthschaft verhielten sich die landwirthschaftlichen Centralvereine der beiden Provinzen der Ausstellung gegenüber ablehnend. Daraus, daß im Ausstellungsgebiete eine hochentwickelte Industrie herrscht, geht hervor, daß sich im allgemeinen die sozialen Klassengegensäße in schärfster Weise bemerkbar machen, indem das Charakteristikum der modernen Industrie in der Assoziation der Produktivkräfte besteht, unter der Herrschaft des Kapitals. Rheinland   und Westfalen   nähern sich in dieser Beziehung bereits den Verhältnissen in England, woselbst der Industrialismus zur höchsten Ausbildung gelangt ist.

So wie die große Dampfmaschine billiger arbeitet als die Kleinkraftmaschinen, so wie es eine vergebliche Mühe ist, eine Klein­fraftmaschine erfinden zu wollen, die mit der großen Maschine zu kon­furriren vermag, so arbeiten infolge der räumlichen Affumulation und der planmäßig auf ein bestimmtes Ziel gerichteten Thätigkeit eine An­zahl Arbeiter im kombinirten Arbeitstage desgleichen billiger, als wie solches bei der absoluten Verselbständigung einer gleichen Anzahl von Individuen der Fall sein könnte.

Assoziation der Produktivkräfte und räumliche Affumulation be­deuten an sich ,, Steigerung der Produktivkraft der Arbeit" und diesem

ökonomischen Grundgesetze entsprechend schreitet die Entwicklung der Industrie immer rapider fort auf dem Prozesse der Umwandlung der Kleinbetriebe und des Handwerkes zunächst in den Manufaktur­betrieb und von demselben in den der fabriksmäßigen Produktion und des vollendeten Maschinenbetriebs.

-

In Rheinland   und Westfalen   wandelt insbesondere der Bergbau bereits nur den Pfad der Großindustrie; annähernd gilt das gleiche auf dem Gebiete der Hüttenproduktion und der Eisenindustrie, sowie der Textilindustrie und da, wo hier wie auf anderen Gebieten der Uebergang noch nicht völlig erfolgt ist, wie beispielsweise in der solinger und remscheider Metallwaarenindustrie, ist doch bereits die Umwand­lung des Handwerkes zur Hausindustrie vollzogen und ist der Ueber­gang von derselben zur Fabrikindustrie in Funktion getreten. Nur in den seltensten Fällen, wie beispielsweise in der Weberei des Regierungs­bezirkes Aachen, hat sich noch einigermaßen der Handbetrieb erhalten und zwar hier hauptsächlich in gemusterten Stoffen, während die Handweberei in glatten Stoffen auch hier schon völlig von der mecha­nischen Weberei verdrängt ist.

Hausindustrie, Kleinkraftmaschinen und kombinirte Werkstätten mit Kraftvermiethung, sie alle sind lediglich als organische Uebergangsstufen vom alten Handwerke zur modernen Großindustrie zu betrachten, wer die diesbezügliche Entwicklung bekämpft, bekämpft ein Naturgesetz, sein Erfolg ist die Mystifikation.

Dasjenige Volt aber, welches das Geseßmäßige und an sich Noth­wendige dieses Umwandlungsprozesses der Produktion am ersten kon­sequent erfaßt und dem entsprechend nach neuen Sozial- und Organi­sationsformen der Arbeit ringt, die der naturwüchsigen Grundlage der Produktion, der Assoziation der Produktivkräfte sich anschließen, wird vorangehen in dem der Produktionsumwandlung parallel laufenden Umformungsprozessen des Sozialgetriebes und in erster Linie sich den Ruhm eines wahrhaftigen Kulturvolkes erwerben.

-

Selbst aber in der rein kapitalistischen Form gewähren durch Ein­führung normaler Arbeitszeiten, hygienischer Grundgeseze, des Haft­pflichtgesetzes 2c. und durch Einfluß der Fabrikinspektoren die Groß­betriebe und Fabriken den Arbeitern schon besseren Unterhalt und eine normalere Lebensthätigkeit als wie in den oft schreckhaft gestalteten Hausindustriebetrieben, bei welchen jede Kontrole und Polizeiaufsicht geradezu illusorisch wird und in welcher in elenden Baracken die Aeltern um den kärglichen Lohn nicht nur sich bis weit über die Dauer eines normalen Arbeitstages, sondern auch ihre Kinder zum gleichen schmach­vollen Spielballe des die Waaren und Produkte in konzentrirter Weise abseßenden Kapitalisten und Kaufmannes resp. Manufakturherren stempeln.

Der Universalismus auf dem Gebiete des Transportwesens, der dabei auch völlig dem Großbetriebe durch Einführung der Dampfkraft ergeben ist, zwingt zu einem konzentrirten Marktverkehr, den zu be­schaffen nur der Manufakturherr, nicht aber der Einzelhandwerker in der Lage ist; dieser sinkt dabei herab zum bloßen Werkzeuge des ersteren, der infolge der Hungerlöhne und infolge der Ueberanstrengung mensch­licher Arbeitskräfte, sowie der Ausnußung der Weiber- und Kinder­arbeit nun das Fabrikat auch billiger herstellt und es so zuwege bringt, daß er eine zeitlang selbst mit der großen Industrie und Maschinenkraft zu konkurriren vermag.

Es gibt aber eine Grenze der menschlichen Spannkraft und wenn diese erreicht ist, schlägt die Stunde der Einführung der Maschinerie und es erfolgt nunmehr in beschleunigter Entwicklung die Umwandlung der Hausindustrie in Fabrikbetrieb.

Thatsächlich stellen sich die Verhältnisse so und nicht anders.