-
Maserbildungen, von allen zur Verwendung kommenden in- und ausländischen Baumarten, vorgeführt. Ihnen schließt sich eine ziemlich vollständige Sammlung aller im Handel nur vorkommen den Hölzer an, die in der Kunsttechnik benutzt werden. Durch Längs- und Querschnitte von Holzstämmen wird die Astbildung gezeigt und über Frostwirkungen Aufschluß gegeben.- Nicht nur der Pflanzenphyfiologe findet in diesem reichlich ausgestatteten Pavillon Material zu interessanten Studien, sondern nicht minder wird hier dem Land- und Forstwirth, der sein Gewerbe mit vollem Verständniß und zur Verstandesbefriedigung treiben will und ebenso auch jedem, der sich gewerblich mit der Verarbeitung des Holzes beschäftigt, reichlich Belehrung und Anregung zum Nachdenken und Beobachten geliefert. Nicht weit von diesem Pavillon treffen wir eine weitere morphologische Partie, deren einzelne Stücke sich meist durch ihre ansehnliche Größe auszeichnen: 7 bis 8 Fuß dicke Querschnitte von 500jährigen Fichtenstämmen aus den böhmischen Urwäldern, Querschnitte von 300- bis 500jährigen Eichen und anderen Bäumen. Im Gegensatz dazu veranschaulichen ein ungemein langsames Wachsthum nur vier Zoll starke und doch über hundert Jahre alte Stämmchen von Myrthe und Orange. Ueberwallungen, Verlegungen unsrer Waldbäume durch Thiere, und deren Folgen, ferner weitere unbearbeitete Exemplare von Knollen und Maserbildung, Verwachsungen von Stämmen mit einander und mit fremden Körpern: dienen zur Erläuterung von mit bloßem Auge erkennbaren Eigenthümlichkeiten des Wachsthums der Baumwelt und erreichen bei dieser Art Aufstellung im Freien ihren Zweck in weit höherem Grade, als wenn alle diese Gegenstände sich in den Winkeln von nach Zeit und Bedingungen schwer zugänglichen Museen befänden, wo das große Publikum sie in der Regel garnicht aufzusuchen pflegt.
Ein unscheinbarer Bau an und zum Theil in dem diese Partie nach Osten begrenzenden Graben verdient doch ganz erhebliche Aufmerksamkeit. Es ist das ein aus Originalstücken hier wieder aufgestellter Pfahlbau, wie er bei Gelegenheit von Kanalisationsarbeiten 15 bis 20 Fuß unter dem Niveau der Straßen der breslauer Dominsel gefunden worden ist. Er besteht aus 9 bis 12zölligen Pfählen von 6 bis 10 Fuß Länge, auf denen eine doppelte Lage von Balken eingepfalzt sind: sie bestehen sämmt lich aus Eichenholz. Die breslauer Pfahlbürger der alten Zeit mögen auf diesem relativ sicheren Inselbau eine lange Reihe von Generationen gelebt haben, nach Göpperts Ansicht bis gegen Ende des ersten Jahrtausends n. Chr., wie Reste von Knochen der Haus- und Jagdthiere beweisen, unter denen sich auch solche des Auerochsen vorfinden, der sich also in diesen Gegenden bei weitem länger, als in dem übrigen Deutschland gehalten hat.
Der botanische Garten gibt uns überhaupt nicht allein von der gegenwärtig unsere Erde belebenden und schmückenden Vegetation ein anschauliches Bild, sondern auf den schon öfters er wähnten Anschlägen und Tafeln ist auch allemal angegeben, wie weit die einzelnen Familien oder Arten in ältere Erdepochen rückwärts zu verfolgen, in welchen Schichten ihre versteinerten Reste noch aufzufinden sind. Einzelne ausgestorbene Arten, welche von größerer Bedeutung und allgemeinerem Interesse sind, hat die Direktion des Gartens durch Aufstellung an passenden Orten der allgemeinen Kenntnißnahme zugänglich gemacht. Bei der zuletzt erwähnten morphologischen Gruppe geschieht dies durch einen fossilen Stamm der mitteltertiären Braunkohlenperiode, der 36 Fuß Umfang besitzt und der überhaupt der größte von allen bekannten derartigen Stämmen( Cupressinoxylon Protolaris) ist. Wir gelangen, nachdem wir noch einen an geschütztem Ort aufgestellten Balmenhain und eine Gruppe von Gewächsen der wärmeren gemäßigten Zone in Augenschein genommen haben, wieder zu einer solchen naturhistorischen Merkwürdigkeit, einem 12 Fuß hohen, 5 bis 6 Fuß im Umfange haltenden, etwas platt gepreßten versteinerten Stamm einer Aukaria; kleinere Stämme, Aeste, Wurzeln lagern noch daneben; die Verwandten dieser Baumart sind noch jetzt zahlreich vorhanden.
Ein schattiges Wäldchen nimmt uns nun auf. Von der denkbar größten Mannichfaltigkeit von Bäumen auf so beschränktem Raum gebildet, enthält es Vertreter der Laubbäume der uördlichen Zone aller in derselben gelegenen Welttheile, von Asien , Europa und Amerika . Da finden sich Platanen, Magnolien, Tulpenbäume in nächster Gesellschaft fremdländischer und einheimischer Eichen, Nußbäume, Ahorn, Buchen, Pappeln, Weiden , Erlen, Ulmen, Linden, Eschen.
Eine prächtige Hängeesche bezeichnet die Grenze zu einer hochinteressanten Abtheilung des Gartens, einer paläontologischen
106
Partie, welche dem Beschauer aus dem großen Gebiet der Erdschichtenkunde eine Vorstellung von der Steinkohlenformation geben soll. Zur Einführung sind neben dem Weg von der Hängeesche ab mächtige versteinerte Stämme von Sigillarien und Lepidodendren aufgestellt, wie sie in dieser Formation gefunden werden. Das aufgestellte Profil der Steinkohlenformation füllt- in verkleinertem Maßstab- ein Thal zwischen einer Granitkuppe und einem aus natürlich vorkommenden, sechsseitigen Säulen gebildeten Porphyrkegel. Auf dem Liegendsten der Formation, das ist einer Unterlage von Kulmgrauwacke( flößleerer Sandstein) aufgebaut, sind übereinander zwei etwa 123öllige Kohlenflöße von wesentlich Horizontaler Richtung, die durch dazwischen lagernde, abwechselnde Schichten von Kohlensandstein und Schieferthon getrennt sind, dargestellt. Es ist dabei ein zweimaliger Bruch des ganzen Lagers angenommen, der sich in dem Auftreten eines mittleren Theiles und zweier Flügel zeigt, deren Schichten gegeneinander um ein Erhebliches verworfen erscheinen. Möglichst naturgetreu sind in dem Profil an vielen Stellen in den die Kohle begleitenden Gesteinschichten Abdrücke der schon erwähnten, für die Formation charakteristischen versteinerten Flora angebracht: Sigillarien, Lepidodendren, Koniferen( Araucarites), Kalamiten( Schachtelhalme) und Farne, deren in der Jezztzeit noch lebende Verwandte zum Vergleich in der die ganze künstliche Formation bedeckenden Erdschicht wurzelnd zu sehen sind.
Daß diese ganze Anlage trotz des verkleinerten Maßstabes noch mächtig genug ist, beweist der Umstand, daß das Gewicht der dazu verwendeten versteinerten Stämme gegen 500 Centner, das der übrigen Felsmassen aber gegen 6000 Centner beträgt. Wie wir das hier schon gewohnt sind, ist alles möglichst gut bezeichnet und auch an einer ausführlicheren, gedruckten und allgemein verständlichen Erläuterung fehlt es nicht.
Die anstoßende Anlage von Pflanzen der höheren Alpenregion, sowie solcher der subarktischen und arktischen Zonen, welche mit ersterer ja viel Verwandtes haben, betrachten wir am besten bei ihrer im Frühjahr eintretenden Blütheperiode.
Bon einem brückenartigen Geländer am südlichsten Theil des Teiches aus gewinnen wir noch einen interessanten Blick auf die Hauptbaumformen, welche das Ufer umsäumen. Nicht leicht wird man an einem andern Ort so viel abwechselnde Typen und Baumphysiognomien nebeneinander gereiht finden und ein in dieser Hinsicht so abwechslungreiches Vegetationsbild vor sich sehen, dessen verschwommeneres Abbild das Wasser zum zweitenmale wiedergibt.
Wir betreten dann den letzten Theil des Gartens, dessen größten Raum ein Nadelholzwald einnimmt, in dem alle euro päischen und viele nordamerikanische Arten gedeihen und in ihren Schutz wiederum noch zahlreiche fremde und einheimische Farnkräuter, südeuropäische immergrüne Sträucher und Stehpalmen aufnehmen. Nachdem wir noch ein Feld mit perennirenden Gewächsen gemustert, unter denen die größte Familie des Pflanzenreichs, die der Kompositen oder Korbblüthigen sich befindet( wozu Sonnenrosen, Astern u. a.), und nachdem wir uns noch haben mittheilen lassen, daß an diesem Orte Erdthermometer in 1,5 und 10 Fuß Tiefe in den Erdboden eingelassen sind zur Beobachtung der Temperatur des Bodens und ihres Wechselns in den verschiedenen Jahreszeiten, die nächst der Lufttemperatur der wichtigste Faktor des Pflanzenlebens und Wachsthums ist- sind wir auf unserm Rundgange an die Eintrittspforte zurückgekehrt.
Weniges konnte allerdings nur im Rahmen dieser Skizze hervorgehoben werden aus dem übergroßen Reichthum an Gegenständen, welche der botanische Garten umfaßt; sind es doch allein an lebenden Pflanzen etwa 12000 Arten. Auch lag uns eine Darlegung der Bedeutung dieses Instituts für die botanische Fachwissenschaft ferner, als die Absicht des Nachweises, daß wir es mit einem für unsere Zeit mustergiltigen Institut für allgemeine Belehrung und wahrhafte Volksbildung, hinsichtlich dieses einen Zweiges der Naturkunde, zu thun haben, sodaß jeder, der nur einigermaßen offenen Sinn für die Natur und Zugänglichkeit für eine Belehrung besißt, die sich in ausgesuchter Weise Mühe gibt, dem Verständniß entgegenzukommen und einen dauernden Eindruck zu hinterlassen, wahrhaft befriedigt die gastliche Schwelle verlassen wird. Nur ein weiterer Schritt wäre noch zu wünschen, damit der Garten die auseinandergesetzten und von seinem derzeitigen Direktor jederzeit betonten Zwecke in noch vollerem Maße erfüllen könnte! Sehr viele Ortseinwohner, die das hier Dargebotene gern und dankbar benutzen möchten, sind doch während der ganzen Woche durch ihre Berufsarbeit von dieser