175duftend, und ich habe wirklich einige Zärtlichkeit für sie, da ichsie selbst vom Baume gebrochen und zwar nicht one Widerwillen,aber was tut man nicht alles, um—" Er stockte.„Um einem hübschen Mädchen zu gefallen,— nicht war?"ergänzte der Hausherr, seine Cigarre in Brand steckend.„Nun,ich wette, diese hat bereits ihre Bestimmung."„Ich will sie einem jungen Mädchen schenken, das ich herzlichlieb habe, der Schwester meiner Braut."„Braut?" wiederholte der Baron mit ungemessener Verwun-derung, und dann in ein Lachen übergehend,„nun ja, Braut,wie man so sagt, wie man das so nennt."„Ich weiß nicht, was Sie so nennen," vcrsezte Fritz unwillig.„Nun, Sie werden das doch nicht ernst nemen, in IhrenJaren."„Ich bin fast vierundzwanzig, und wir werden uns heiraten,sobald als möglich."„Sie denken, wirklich daran? Dann ist die Braut wol serreich?"„Sie lebt von ihrer Hände Arbeit."„Und Sie haben also Vermögen?"„Mein Vermögen ist gleich Null, aber Sie hören ja, ich willSänger werden."„Aber mein lieber junger Freund, unter solchen Verhältnissenkann man ja doch nicht ans Heiraten denken,"— der Baronlachte inimer noch,—„nein, das erscheint mir wirklich zu drollig."„Wenn wir uns aber lieben?"„Lieben Sie, soviel Sie wollen, das ist unser Vorrecht, so-lange wir jung sind, ich möchte sagen, solange wir's können, aberheiraten— heiraten— und noch dazu, wenn man Künstler,wenn man beim Dealer ist,— ach, mein lieber Freund, das er-scheint mir nicht nur wie eine jugendliche Unbesonnenheit, dashalte ich— verzeihen Sie mir, aber ich muß es Ihnen sagen—,das halte ich für Verrücktheit."„Herr Baron!"„O bitte, seien Sie mir nicht böse, aber der Fall ist wirklichzu seltsam; wer hängt sich auch heutzutage an ein Mädchen, woer vom Leben und seinen Genüssen noch alles zu erwarten hat,wo seine Talente selbst noch der Entfaltung harren, wo allesbei ihm erst in Schwung kommen soll? Sehen Sie Sich dochnur an, Sie sind hübsch, jung, wolgebildct, gesund an Leib undSeele,— was können Sie alles genießen! Und Sie könnenIhr Glück machen, Sie haben eine Zukunft, wenn Sie frei sind,und Sie wollten Sich absichtlich mit Bleigewichten behängen,Sich in den entnervenden, freudetötenden Kreis kleiner, haus-licher Sorgen ziehen lassen, Sie, selbst one Vermögen, Siewollten ein armes Mädchen heiraten, ein Weib auf den HalsSich laden?"„Nun, das tun wir doch schließlich alle," sagte Fritz in kräf-tiger Entgegnung,„der eine früher, der andre später, und wennwir's nicht täten, ginge die Welt zugrunde, und Sie haben wolselber schon dran gedacht, eine Ehefrau zu nemen, oder"— einZug schalkhaften Humors breitete sich über sein Gesicht—„odervielleicht haben Sie gar schon eine solche und zwar nicht diebeste?"Der Baron lachte laut auf.„Felgeschossen, junger Freund,dieser giftige Pfeil hat nicht getroffen! Ich, ein Eheweib, Gottbeware mich! Ich habe mick> vor den Mädchen, die geheiratetwerden wollen, immer klüglich in einer gewissen Entfernung ge-halten,, und doch könnte ich mir einen so überflüssigen Artikelweit eher erlauben. Ich bin reich und unabhängig, meine Familiewünscht sogar meine Verehelichung, one mir dafür die geringstenVorschriften zu machen, und mein jezt verstorbener Onkel hatte,um mir diesen Gedanken noch verlockender erscheinen zu lassen,diese hübsche Villa angekauft und sie für mich und meine Gattinschon auf das reichste und geschmackvollste einrichten lassen. Ach,der gute, alte Herr hatte sich in diese Idee ganz verrannt; erhat meiner Zukünftigen ein Boudoir, einen Salon, ein Gewächs-haus mit allem nur erdenklichen Komfort hergestellt, niit der ein-zigen Bedingung, daß ich die Honigmonate bei ihm verlebte,—er ist gestorben, one daß ich ihm den Gefallen getan hätte, indieses wolaustapezirte Nest das erwartete Weibchen zu bringen."Er teilte mit der weißen Hand die Rauchwölkchen und blies siein die Höhe, dann für er lächelnd fort:„Wird auch nicht ge-schehen, ich habe eine zu große Angst vor der Ehe. Prr, mirschaudert vor diesem unauflöslichen, durch die List der Frauenuns immer enger umschnürenden, langsam aufreibenden Banden.Ich wenigstens sehe die Notwendigkeit dieser lebenslänglichenSklaverei nicht ein und ich werde mich niemals in die Händeeines Weibes geben, von dem ich mich nicht wieder trennenkönnte, dessen Launen ich ertragen müßte und von der ich den-noch hinterrücks betrogen und verraten werde, gewiß niemals!"„In Ivelchem Licht erscheinen Ihnen die Frauen!" sagte Fritz.„Sie haben nie geliebt und sind auch nie geliebt worden!"(Fortsetzung folgt.)Ein Meister im Epigramm.In einer tugendhaften Zeit nicht zu den Lasterhaften zu ge-hören, gilt wenig; aber unter einer sittlichen Fäulniß den Adelder Gesinnung rein zu bewaren, ist eine Arbeit, die nur einkerngesunder Geist bewältigt. Und solch ein Geist belebte jenenschlesischen Edelmann des siebzenten Jarhunderts, Friedrichvon Logau, dessen viertausend Epigramme ein volles Jar-hundert auf die Ere einer zweiten Auflage zu warten hatten.Freilich war dies auch nicht so ganz die Schuld der Zeit.Lessing, der zuerst wieder auf den Dichter hingewiesen, hob mitRecht hervor, daß gerade diese ungeheure Menge vielleicht eineder vornemsten Ursachen dieser Vernachlässigung sei, zumal essich leicht treffen konnte, daß die Neugierde das Buch siebenmalaufschlug und siebenmal etwas ser Mittelmäßiges drin fand."In der Tat sind der wolfeilen Späße, faden Wortspieleund nüchternen, platten Einfälle gar nicht wenige; sie werden in-dessen mer als aufgewogen durch eine seltene Erfindungskraft,welche neue Charaktere, küne Bilder, feine Wendungen und ker-nigen Witz in unerschöpflicher Fülle aneinanderreiht. Und dabeitritt Logau nicht etwa die Spuren Anderer breit; denn macht erauch gelegentlich eine Anleihe bei fremden Geiste, so darf erruhigen Gewissens sagen:Fst in meinem Buche was, das mir gaben andre Leute,Ist das Meiste doch wol mein und nicht Alles fremde Beute.Jedem, der das Seine kennt, gab ich willig Seines hin,Weiß wol, daß ich über Manches, dennoch Eigner bleib und bin.''Seine Wirkung wäre noch bedeutender und nachhalttger ge-worden sein, meint ein Literarhistoriker, wenn er init der Rücksichts-losigkeit, welche der Epigrammatiker ebensowenig wie der Satt-riker entberen kann, seine spitzen Pfeile direkt gegen die Personenselbst und nicht blos gegen ganze Gattungen gerichtet, wenn erseiner Satire statt des allgemeinen unterschiedslosen Kolorits be-stimmte, individuelle Züge verliehen hätte. Gewiß, es ist zu be-dauern, daß er sich nicht auf die rechte Warte hinaufzuschwingenvermochte, allein wie sollte in der dicken, entnervenden Luft jenerEpoche der Genius sich ungehemmt entfalten. Daß der Mannbrav und unverdorben blieb, ist an sich schon hoch anzuschlagen,um so mer, als er kein Liebling des Glückes war und tagtäg-lich bis an sein Ende es fülen mußte, daß das Leben„Sorgund viel Arbeit" sei.Logau hatte, one innere Neigung, die Rechte studirt; seineHochachtung vor den Priestern der Göttin, die mit verbundenenAugen dargestellt wird, scheint nie eine große gewesen zu sein.Auch ihm kamen die Gesetze als Spinngewebe vor, welche dieHummeln durchbrechen, und in welchen blos die schwachenFliegen umkommen; einmal singt er zum Hon auf„die dreiFakultäten":„Juristen, Aerzte, Prediger sind alle drei beflissen,Die Leute zu purgiren, wol an Säckel, Leib, Gewissen."Seine Rechtswissenschaft verschaffte ihm wenigstens einenBrodkorb, aber derselbe hing hoch— im Hause des Amtmannsdes Herzogs von Liegnitz gab es schmale Bissen und dazu vielBitterkeit. Er tat seine Pflicht, one Augendienerei und erklärtmit>vol berechtigtem Stolz, er spüre in sich keine„Hitze", nachHofgunst zu schnappen, er biege kein Knie und rücke keine Kappe,um Gunst zu erwerben. Und noch viel Anderes schreibt er denglatten Höflingen ins Stammbuch.