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Aus allen Winkeln der Zeitliteratur.

Europas   Verlust konto. Die Gesamteinwanderung in die Ver­ einigten Staaten   ist in dem am 30. Juni 1880 endigenden Jare im Vergleich mit dem Vorjare von 177 826 auf 457 257 gestiegen. Nach amerikanischer Schäßung haben, solange die Aufzeichnungen zurückreichen, überhaupt nicht mer als etwa 6 mill. Fremde den amerikanischen   Boden betreten. Das eine Jar von Anfang Juli 1879 bis Anfang Juli 1880 hat den 12. Teil der Gesamteinwanderung in die Vereinigten Staaten  geliefert. In Newyorks Castle Garden, dem Landungsplaß der Haupt­einwanderungsmassen aus Europa  , werden die Anlangenden auch nach der Nationalität gefragt. Hiernach hätte in dem am 30. Juni 1880 endigenden Jare Großbritannien   das größte Kontingent von Einwan­dernden gestellt, nämlich 144 876. Erblidt man in England, Irland und Schottland   besondere Nationalitäten, so stet allerdings das deutsche Reich mit 84 638 an der Spize. Dann würde folgen: Irland mit 71 603, England mit 59 454, Schottland   mit 12 640. Schweden   stellte 39 186, Norwegen   19 895, Desterreich 12 904, Italien   12 327, Däne­ mark   6576, die Schweiz   6156, Rußland 4854, Ungarn   4363 und Frank­ reich   nur 4313 Einwanderer. Ziet man auch die außereuropäische Ein­wanderung in Betracht, so übertrifft allerdings das benachbarte Kanada  mit 99 706 Einwanderern alle übrigen Staaten. Selbst die Söne des

paradiesischen" Antillen gelangen zur Einsicht, daß man oft im Aus­lande besser als im Inlande fortkommt. Von den Chinesen wanderten 5802, von den Bewonern der Antillen   aber 1851 nach den Vereinigten Staaten  . T.

brauchen und nicht im entferntesten anend, daß das Gute, was ihnen hier geboten wird, nur ein dürftiges Aequivalent ist für ein viel Besseres, ihr eigenes Leben, das sie später doch an die heute so wol­tätigen Egoisten abgeben müssen. Gerade wegen seiner Scheu und seiner anmutigen und behenden Bewegungen ist das Reh der Liebling der Menschen geworden; von vielen mag es allerdings nur wegen seines Fleisches geliebt werden. Seine Schüchternheit behält es selbst dann noch, wenn es von Jugend auf vom Menschen gezämt und er­zogen wird. Aber seine von andern gerümte Freundlichkeit und Zu­traulichkeit bestreitet der kundige Brehm und spricht ihm diese Eigen schaften nur in der Jugend zu. Im Alter sei es trobig, bösartig und eigenwillig und selbst die alte Rike( das Weibchen) habe ihre Mucken, jei jedoch zu schwach, um sie mit Nachdruck durchzufüren. Der Bock dagegen sei ein boshafter, herrschsüchtiger, eigenwilliger und unverträg­licher Geselle, der schwächere seiner Art, ganz gleich ob seine Spröß­linge oder die Rike, abscheulich behandle. Wirkliche Hingebung sei ihm fremd und er mache sich bei Gefaren nur allzugern und zwar nicht one List und Verschlagenheit zuerst aus dem Staube. Wenn er sich bei der Rike und den Jungen aufhalte, so geschehe dies nur gesell schaftshalber und aus Bequemlichkeit, denn die erstere sorge ganz allein für die Sprossen. Nicht einmal wärend der Brunstzeit bekunde er Zu­neigung und Zärtlichkeit dieser gegenüber, sondern nur Begierde und Sinnlichkeit. Aenlich äußert sich Brehm auch über den Hirsch, nament- ,, himmlischen Reichs der Mitte", die Chinesen, und die Bewoner der lich aber über den Rot- oder Edelhirsch. Nur könne dieser wegen seiner bedeutenderen Körperkraft und seinen starken Angriffswaffen, den Geweihen, seine Tücke oft nachdrücklicher ausfüren. Nimmt man zu alledem noch, daß Hirsch sowol wie Reh viel größeren Schaden wie Nußen bringen, so beschränkt sich ihr Wert, abgesehen von dem heute nur wenigen fäuflichem Fleische, nur auf die Jäger, welche sich die noble Passion der Jagd erlauben können. Diese sind es denn auch, welche das Wild in den Tierparken und Tiergärten meist zu ihrem Vergnügen pflegen. Wie unser Bild zeigt, get diese Pflege sogar so weit, daß man den erkrankten Tieren mit ärztlicher Hilfe beispringt. Die Aesung des Rotwildes bestet im Winter aus grüner Saat, Pflanzen­fnospen, Baumrinde, Haidekraut, Brombeerblättern u. dgl.; im Früjar in Knospen, frischen Trieben, Gräsern, Kräutern und später in Ge­treidekörnern, Rüben, Kraut, Früchten, Kartoffeln, Bucheln und Eicheln. Gewärsmänner versichern, daß das Edelwild in Norddeutschland erst seit 50 Jaren dem Genuß der Kartoffel nachgehe und das dasselbe ferner früher auch keine Fichtenrinde abgeschält habe. Das Reh närt sich fast von denselben Stoffen wie der Edelhirsch, nur wält es sich die zarteren Pflanzen aus. Salz und Wasser lieben beide. Sie leben mit Ausname der nördlichsten Länder in ganz Europa   und in dem größten Teile von Asien  . In der Schweiz   ist das Reh fast ganz ausgerottet und get da, wo es vorkommt, auch nicht hoch ins Gebirge empor; da­gegen steigt es im Kaukasus   bis zu 2000 Meter, im südlichen Sibirien  fogar 3000 Meter hoch. Im allgemeinen lebt es in den Bergen und in der Ebene, im Laub- und im Nadelholz. Bei herannahendem Winter ziet es von den im Sommer bewonten Höhen in die Täler; in Sibirien   tritt es sogar regelmäßig bei Wechsel der falten und warmen Jareszeit größere Wanderungen an. Aenlich treibt es das Rotwild. Doch gilt dies nur da, wo es wirklich noch wild lebt; dort wo es sein Dasein nur noch unter dem Schuße der Einhegung fristet, würde sein letztes Stündlein bald geschlagen haben, wenn die Freiheit" der Jagd nicht ihre Einschränkungen fände.

nrt.

Lorgings Grabschrift. Unser geerter Mitarbeiter Herr Dr. 2. Jacoby in Triest   schreibt uns: Zu dem Artikel über Lorßing gestatten Sie mir als Nachtrag, seine Grabschrift auf dem berliner Friedhof mitzuteilen. Es ist eine der schönsten Grabschriften, die je verfaßt wurden, und gewiß werden die Leser der ,, Neuen Welt" sie gerne vernemen. Sie lautet: Deutsch   war sein Lied und auch sein Leid, Sein Leben Kampf mit Not und Neid. Der Neid bleibt fern von diesem Ort; Die Not ist aus; das Lied tönt fort!

Gefrorenes Fleisch. Ein früherer Versuch, Fleisch in gefrornem zustande von Australien   nach England zu befördern, scheiterte voll­ständig. Aber der zähe Charakter des Engländers gibt so leicht nicht nach. Ein zweiter Versuch ward gemacht, und mit dem Dampfer " Strathleven" wurden Anfang September 475 geschlachtete Hammel und 50 Ochsen, auf künstlichem Wege geforen gemacht, von Sydney  aus nach London   geschafft. Der Erfolg war ein glänzender. Das Fleisch traf in vorzüglichster Beschaffenheit in London   ein und wurde fofort mit 62 Pfennig das Pfund verkauft. Es kam, gekocht wie ge­braten, an Farbe, Geschmack und Saftigkeit dem besten englischen gleich. Dies läßt sich von dem halbgekochten und in Blechbüchsen konservirten Fleische, wie es bis jetzt von Australien   ausgefürt wurde, keineswegs sagen, weshalb es auch nirgends rechten Eingang finden konnte. Der erzielte Erfolg ist für die australischen Squatter( Pflanzer) von außerordentlicher Bedeutung, indem sie dadurch einen sehr wichtigen Markt für den großen Ueberfluß an Fettvieh gewonnen haben. Zälen doch die Viehherden der australischen Kolonien, mit Einschluß von Tasmanien   und Neuseeland  , zur Zeit reichlich 70 millionen Schafe und 712 millionen Stück Rindvieh, wärend die weiße Bevölkerung sich erst auf 2 625 000 Seelen beläuft. T.

Ein Krieg, bei dem das Volk ausnamsweise profitirt. Unter den die Verbindung zwischen Chicago  , St. Louis   und Kansas City   herstellenden Eisenbankompagnien ist in lezter Zeit ein Konkurrenz­frieg ausgebrochen, der für sämtliche hierbei beteiligten Kombattanten recht kostspielig ist, indem jeder den andern in der Reduzirung der Passagierpreise zu unterbieten sucht. So wurde z. B. auf den Alton­und Wabashbanen der Farpreis von Chenoa nach Chicago   von 3 Dollars und 5 Cents um 3 Dollars vermindert und auf 5 Cents herabgesezt. Sämtliche Züge der an dem Kriege beteiligten Banen find infolge dessen mit Passagieren, welche diese günstige Gelegenheit benußen, so überfüllt, daß sie nur sektionsweise faren können. T.

Getreide und Eis. Die Getreideausfur nach Europa   von New­ york   betrug am 22. Oftober 1148 280 Bushel, und zwar Weizen 720 206 und Mais 420 042 Bushel. Amerika   liefert Europa   Brot und empfängt dafür. gefrornes Wasser, denn die Einfur von Eis aus Norwegen   ist im besten Gange. Erst in letzter Woche ist, wie ,, Newyork Herald" meldet, eine Ladung von 530 Tonnen aus Landangen in New­ york   eingetroffen.

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T.

Hiermit teile ich den geerten Lesern der ,, Neuen Welt" ergebenst mit, daß der Verlag und die Druckerei der ,, Neuen Welt" in den Besitz des Herrn Franz Goldhausen übergegangen ist, und bitte, das mir geschenkte Vertrauen in vollem Maße auf meinen Herrn Nachfolger übertragen zu wollen. Hochachtungsvoll W. Fink. Im Hinblick auf das Vorhergehende glaube ich mich auf die Versicherung beschränken zu dürfen, daß ich an meinem Teil mit allem Eifer bemüht sein werde, mir das Wolwollen der zalreichen Leser der Neuen Welt" zu erwerben und zu erhalten. In achtungsvollster Begrüßung Franz Goldhausen.

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Inhalt. Die Schwestern, Roman von M. Kautsky( Fortsetzung). Ein Meister im Epigramm. Ein flandrischer Hund. Aus dem Englischen von Quida. Für die N. W." übersezt von L. v. d. Wieseck  ( Fortsetzung). Mein Freund, der Klopfgeist, von H. E.( XV.) Britannia's Stieffind. Eine Wildfütterung im Harz zur Winterzeit( mit Illustration). Lorgings Grabschrift. der Zeitliteratur.

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Aus allen Winkeln

Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Südstraße 5).- Expedition: Färberstraße 12. II. in Leipzig  . Drud und Verlag von Franz Goldhausen in Leipzig  .