glücklich war, hunderte von Kallima paralecta auf Sumatra zu beobachten und viele von ihnen zu fangen, so kann ich für die Genauigkeit des Folgenden einstehen:
Diese Schmetterlinge halten sich in trockenen Wäldern auf und fliegen sehr schnell. Man sieht ein, daß sie sich auf eine Blume oder auf ein grünes Blatt niedersetzen; aber man verfiert sie in einem Busch oder in einem Baum mit abgestorbenen Blättern urplötzlich aus den Augen. Wärend man sie nun vergeblich sucht und gerade eifrig auf den Plaz hinstarrt, wo ein solcher Schmetterling soeben verschwand, fliegt er oft plötzlich dicht vor unseren Augen heraus und verschwindet dann plötzlich wieder einige Schritte weiterhin. Ein oder zweimal entdeckte ich das Insekt zufällig in der Ruhe, und dann konnte man sehen,
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wie vollständig es den umgebenden Blättern gleicht. Es sitzt auf einem fast aufrecht stehenden Zweige, die Flügel legen sich genau aneinander und Fülhörner und Kopf werden eingezogen, sind daher unsichtbar. Die kleinen Anhänge der Hinterflügel berüren den Zweig und bilden einen vollkommenen Blattſtiel; die Kontur der Flügel giebt nun vollendet die perspektivische Wirkung eines rungligen Blattes wieder. Wir finden auf diese alle Weise Größe, Farbe, Form, Zeichnung und Gewonheit zusammen kombinirt, um eine Verkleidung hervorzurufen, welche, wie man wol sagen kann, absolut vollkommen ist, und der Schutz, welchen dieselbe dem Insekt gewärt, zeigt sich in seiner Wirkung augenscheinlich durch die große Anzal lebender Individuen, welche diese Verkleidung füren." ( Fortseßung folgt.)
Ein flandrischer Hund.
Aus dem Englischen von Quida.
" Ich würde vergnügt ins Grab gehn, wenn ich wüßte, Nello, daß du einst, als erwachsener Mann, diese Hütte und dieses Fleckchen Land zu eigen hättest, und für dich selbst arbeiten und von den Nachbarn Baas genannt würdest," sagte der alte Mann manchmal aus seinem Bett in der Ecke.
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Denn ein Fleckchen Land besitzen und von den Nachbarn „ Baas" d. i. Meister, Herr genannt zu werden, das ist das höchste Jdeal eines flandrischen Bauern; und der alte Soldat, der in seiner Jugend die halbe Erde durchwandert und nichts heimgebracht hatte, als seine zerschossenen Knochen, glaubte in seinem Greiſenalter, das schönste Los, welches er seinem Liebling wünschen könne, sei: in bescheidener Genügsamkeit auf einem und demselben Fleckchen Erde zu leben und zu sterben.
Aber Nello sagte nichts.
Der nämliche Sauerteig gährte in ihm, der in früheren Zeiten in Rubens, in Jordans, in den Van Eyks und anderen dieses Wundergeschlechts gegährt hatte, und der auch heute in Diesem und Jenem gährt.
Nello träumte für die Zukunft von anderen Dingen, als die Erde zu bestellen, unter einem Schilfdach zu wonen und„ Baas" und ,, Baas" genannt zu werden von Nachbarn, die ein bischen ärmer oder weniger arm waren als er selbst. Die Katedrale, dort hinter den Feldern, im goldroten Licht der Abendsonne oder im gespenstischen Morgennebel, sie sagte ihm Anderes. Aber was sie ihm sagte, das vertraute er nur seinem Patrasche an, dem er nach Kindesart seine Geheimnisse ins Or flüsterte, wenn sie zusammen nach der Stadt gingen, oder in den Binsen am Kanal lagen.
Denn solche Träume gestalten sich nicht leicht zu Worten, welche das langsame Mitgefül menschlicher Hörer erwecken; und nur Kopfzerbrechen hätten sie dem armen alten Manne verursucht, dem die blau und rot gekleckste Madonna an dem antwerpener Wirtshaus, wo er in früheren Tagen für seinen Son schwarzes Bier zu trinken pflegte, ebenso gut gemalt dünkte, als die berühmten Altarbilder, um derentwillen die Fremden aus aller Herren Länder, welche die Sonne beschien, nach Flandern reisten.
Es gab nur noch ein Wesen, außer Patrasche, dem Nello von seinen kühnen Phantasien erzählen konnte. Und das war die kleine Alois, welche in der alten brannroten Müle auf dem grünen Hügelchen wonte, und deren Vater, der Müller, der reichste Bauer im ganzen Dorf war.
Die kleine Alois war ein hübsches Ding, mit sanften, runden, rosigen Zügen, und jenen prächtigen schwarzen Augen, welche die spanische Herrschaft in so manchem flandrischen Gesicht zurückgelassen hat, zum Andenken an Alba's Regiment- wie die spanische Kunst, weithin über das Land zerstreut, majestätische Paläste und stattliche Höfe, vergoldete Hausfronten und kostbare Bildhauerarbeit, zierliche Schnitzereien und großartige Gemälde hinterlassen hat Geschichte in Bildern, Gedichte in Stein.
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Die kleine Alois war oft mit Nello und Patrasche zusammen. Sie spielten in den Feldern, liefen im Schnee herum, pflückten Gänseblumen und Beeren, gingen in die alte Kirche und saßen oft zusammen vor dem breiten Holzfeuer in der Müle.
Die kleine Alois war das reichste Kind in dem Dorf. Sie hatte weder Bruder noch Schwester; ihr blaues Sergekleid hatte
( 3. Fortsegung.)
nie ein Loch; zur Kirmes hatte sie immer so viel vergoldete Nüsse und zuckerne Gotteslämmchen( agni dei), als ihre Hände nur halten konnten; und als sie zum ersten Abendmahl ging, trug sie auf ihren flachshellen Locken ein Häubchen mit mechelner Spitzen, die einst ihrer Mutter und ihrer Großmutter gehört hatten. Und Eltern von heranwachsenden Sönen sprachen schon davon, obgleich sie kaum zwölf Jare alt war, was für eine gute Hausfrau sie für ihre Söne abgeben würde. Aber sie selbst war ein kleines, heiteres, einfaches Kind, hatte keine Anung von ihrem dereinstigen Reichtum, und hatte keinen ihrer Gespielen so gern, wie den Enkel des Tehan Daas und seinen Hund.
Ihr Vater, Baas Copez, ein gutmütiger Mann von Haus aus, aber etwas finster und ernst, stieß eines Tags im Gras hinter der Müle auf eine hübsche Gruppe.
Das Grummet war am Morgen geschnitten worden, und seine den großen hellbraunen kleine Tochter saß mitten im Heu, Kopf Patrasche's auf ihrem Schooß, beide geschmückt mit Kränzen von Mon und blauen Kornblumen, und daneben stand der kleine Nello und zeichnete auf ein sauberes glattes Tannenbret ihr Bild mit einem Stückchen Kole.
Der Müller, den die Kinder gar nicht bemerkt hatten, war wie angewurzelt und betrachtete das Bild mit Tränen in den Augen, denn es war so seltsam änlich und er liebte sein einziges Kind mit ganzer Seele. Dann trat er hervor, schalt das kleine Mädchen in rauhen Worten, weil es hier faullenze, wärend die Mutter sie drinnen brauche, und schickte sie weinend und erschreckt nach Haus. Und dann, sich umdrehend, nahm er das Brett aus Nello's Händen.
,, Machst du mer solcher Dummheiten?" fragte er, aber es war ein leises Zittern in seiner Stimme.
Nello wurde rot und ließ den Kopf hängen. Ich zeichne Alles, was ich sehe," murmelte er.
Der Müller schwieg, griff in die Tasche und reichte ihm einen Franc.
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Es ist dummes Zeug," sagte er nach einer kurzen Pause, es ist dummes Zeug, sage ich, und sträfliche Zeitverschwendung; trotzdem es gleicht der Alois und wird ihrer Mutter Spaß machen. Nimm dieses Silberstück dafür, und laß mir das Brett." Das Blut schoß dem kleinen Ardenner zum Herzen; er wurde leichenblaß, hob den Kopf in die Höhe und legte die Hände auf den Rücken. " Behalten Sie Ihr Geld, Baas Copez, und das Bild auch," sagte er einfach. Sie sind mir oft freundlich gewesen." Dann rief er Patrasche herbei, und ging mit ihm durch die Felder davon.
"
Ich hätte sie für den Franc sehen können," flüsterte er Patrasche zu, aber ich konnte ihr Bild nicht verkaufen, selbst nicht um sie zu sehn."
Baas Copez kehrte in seine Müle zurück, von allerhand Gedanken heimgesucht.
" Der Bursche darf nicht so viel mit Alois zusammen sein," sagte er seiner Frau an jenem Abend.„ Es könnte zu Unannemlichkeiten füren. Er ist jetzt fünfzehn und sie ist zwölf; und der Junge hat ein hübsches Gesicht und eine gute Figur."