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genommen, daß ein in sich geschlossener Pferch für die unverheirateten Männer bestand, daneben ein Pferch für Familien( das heißt für Eheleute und unerwachsene Kinder), und endlich ein dritter Pferch für die unverheirateten Frauenzimmer. Indeß auch innerhalb dieser ein zelnen Pferche ergibt sich bei genauer Erwägung ein recht trübes Bild. Zu dem harten Lager, zu der kaum atembaren Luft, zu den Sorgen, wie es sich in der neuen Welt gestalten werde gesellt sich gewiß oft ein Nachbar, der in seinem Tun und Treiben unangenem und ekelerregend ist. Wie unangenem ist es, in einem solchen Pferch, umgeben von vielen Zuschauern oder Zuschauerinnen, seine Wäsche wechseln zu müssen. Und nun die Familien mit kleinen oder größeren Kindern! Das Weinen und Schreien derselben, welches ansteckend auf die benachbarten Kinder wirkt, die beständigen und unvermeidlichen Unarten der gelangweilten Kleinen, die ebenso unvermeidbaren Zwistigkeiten der verschiedenen Mütter! Und diese drei verschiedenen Pferche sind in einem und demselben niederen Raume, sind nur durch niedere Wände, über welche man hinweg sehen kann, von einander geschieden. Rohe Scherze im Männerpferche müssen im Frauenpferche gehört werden:
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dazu der Qualm der Luft, der Geruch nach alten Kleidern, Stiefeln, Ausdünstungen der vielen Menschen und Unreinlichkeiten jeder Art fürwar, ein solches Zwischendeck muß eine Hölle auf Erden genannt werden. Als wir das Schiff besichtigten, erkundigten wir uns auch, ob ein Arzt auf demselben mitreise, und erhielten eine verneinende Antwort. Der Kapitän besigt eine kleine Reiseapoteke und daneben ein fleines Hilfsbuch über die Verwendung der Mittel und mit diesem Arsenal doktorn Kapitän und Steward, so gut sie eben können. Wir sahen uns ferner die Rettungsböte an, berechneten die Zal der in denselben Unterzubringenden, und verglichen sie mit der Zal der Mannschaft und der Passagiere. Da stellte sich denn heraus, daß kaum der vierte Teil der auf dem Schiffe Befindlichen im Falle eines Schiffsbruchs auf offener See gerettet werden könne. Da erfarungsgemäß bei hochgehender See und bei der Eilfertigkeit, mit welcher die Rettungsböte herabgelassen werden, in der Regel merere derselben am Schiffe zerschellen, andere, ehe sie noch abstoßen, durch die Wogen zum Kän tern gebracht werden, so sollte man vorausseßen, daß der Raum der Rettungsböte eher um ein Bedeutendes die Bal der Mannschaft und der Passagiere überwiegen müsse, statt unter derselben sich zu befinden. Auf die Klagen über die Kost, welche man von fast allen Auswande rern hört, wollen wir nicht eingehen; denn mögen sie auch in vielen Fällen berechtigt sein, so sind sie gewiß auch in vielen unberechtigt, weil von den klagenden die Schwierigkeiten der Verpflegung nicht gewürdigt werden. Aber das kann man wol verlangen: daß der Passagierraum auf Auswanderungsschiffen gelüftet sei, daß jeder Reisende sein eigenes, vom Lager des Nachbars abstehendes Bett habe, daß ein der erfarungsgemäßen Krankenzal entsprechender Krankenraum auf dem Schiffe vorhanden sei, und daß ein staatlich geprüfter Arzt die Reise mitmache.
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So wie die Unterbringung der Auswanderer auf Auswanderungs. schiffen gegenwärtig ist, kann man Aufenthalt und erzwungene Lebensweise der Reisenden nicht als menschenwürdige bezeichnen. Hier muß Abhilfe geschaffen werden; sie ist auf das dringendste nötig. Die jenigen, welche sich freiwillig ihres Vaterlandes entäußern zu müssen glauben. sind schon beklagenswert genug; man wolle sie doch schonen und ihnen ihr trauriges Geschick erleichtern.
Hier braucht es keine langen Vorbereitungen; keine statistischen Erhebungen; die Tatsachen sprechen laut. Möge sich das Gesundheitsamt dem nicht entziehen, und zur Ehre der deutschen Nation dem deutschen Bürger auch auf dem Auswandererschiffe den Schuß der Staatsbehörde verschaffen.
Die Feinde der Engländer im Kaplande. I. Die Basuto. Unter den Eingebornen des südlichen Afrika , den Nachbarn und teilweise Unterworfenen des englischen Kaplandes haben sich in allerneuester Zeit, nachdem die Zulukaffern in hartnäckigen und auch für die Engländer verlustreichen Kriegen geschlagen worden sind, deren Nachbarn, die Basuto, besonders bemerklich gemacht, indem sie gleich den Bulus gegen die Engländer die Waffen ergriffen haben. Die Bajuto gehören gemeinschaftlich mit den Kaffern zu den Bantuvölkern, welche von den neuesten Forschern als eine von den Sudannegern verschiedene Völkereinheit betrachtet werden; wärend jedoch die Kaffern die östliche Gruppe der Bantuvölker bilden, gehören die Basuto zur mittleren Gruppe derselben, die mit dem Namen der Betschuanen bezeichnet wird. Einzelne Afrikaforscher, wie Peschel, rechnen übrigens auch die Betschuanen noch zur östlichen Bantugruppe. Nach Livingstones Vermutung bezeichnet die Bezeichnung Betschuanen nichts weiter als die Gleichen, die Genossen, wärend Bantu noch weit allgemeiner die ,, Menschen" oder auch die Leute" heißt. So nahe Verwante auch die
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Betschuanen von den Kaffern sind, so bestimmt unterscheiden sie sich doch von denselben, indem sie im Durchschnitt kleiner sind als die hochgewachsenen Kaffern und auch nicht eine so atletische Körperent= widlung aufzuweisen haben, als diese. Dafür zeigen die Gesichter der Betschuanen einen nicht so wilden Ausdruck, wie die der Kaffern; die Züge sind regelmäßig, tragen zuweilen sogar ein einigermaßen edles Gepräge bei schönen Augen und gesunden Zänen. Die Hautfarbe ist hell- Kupferbraun, das Haupthaar kurz und wollig. Sie besitzen eine gar nicht zu verachtende geistige Begabung gleich den Kaffern, sind aber weder so hochmütig noch so trozig als diese und im ganzen geistig elastischer. Ein gutes Teil Mutterwiß macht sich in ihrem aufgeweckten Wesen und ihrer meist offen zur Schau getragenen guten Laune bemerkbar; sie wissen allezeit treffend zu antworten und bewären im Handel und Verkehr eine Pfiffigkeit, die jeder Konkurrenz gewachsen ist. Auch verstehen sie trog ihrer angeborenen Zutraulichkeit bei passender Gelegenheit würdig und ceremoniös aufzutreten, was sie indessen nicht hindert, ihre Schlauheit auch in allerlei Ränken und Diebereien und ihr Rechtsgefül wie ihre Selbstsucht in rachsüchtigen Streichen zu betätigen. Die Beweglichkeit ihres Geistes bedingt, daß sie gutem Rate nicht unzugänglich sind und sich die Errungenschaften fremder Erfarung und Erfindung bereitwillig aneignen. Auch sind sie viel mer geneigt zu arbeiten, als man dies bei den Kaffern findet.
Die Kleidung der Betschuanen bestet hauptsächlich aus dem Karoß, d. i. ein Mantel aus Fellen, den sie mit Geschmack um die Schultern werfen; die Männer tragen außer dem Karoß den in einer kurzen Schürze bestehenden Ledergurt; die Frauen ein bis zu den Knien reichendes Lederröckchen. Auch Schuwerk ist bei den Betschuanen gebräuchlich und zwar in der Form von Sandalen aus Büffel- oder Giraffenhaut. Mit Schmuck beladen sich beide Geschlechter, die starkknochigen und untersetzten Weiber so übermäßig, daß die reicheren, welche sich dußende von dickgewundenen Glasperlenschnüren leisten können, von der Last bald nach dieser, bald nach jener Seite gezogen, einen lächerlich watschelnden Gang annemen. Natürlich gilt dieses von der unmäßigen Schmuckbeladung bedingte Watscheln für ein Zeichen von Vornemheit und die armen Frauen, welche sich nicht so viel Glasperlen und kupferne, messingene, wie eiserne Ringe und Amulette an Armen und Beinen anzutun vermögen, amen dafür wenigstens nach Kräften das noble Watscheln nach. Die Männer hängen an ihrem Körper weniger Perlen aus als die Weiber, dafür tragen sie auch Arm- und Beinringe und außerdem baumeln sie eine Unmasse von Kleinigkeiten aller Art an ihren Körper, von denen zuweilen jedes einzelne bestimmte Bedeutung als Amulett für einen besonderen Zweck hat. Eine Kopfbedeckung füren die Betschuanen nicht, dafür salben sie den Kopf und nicht blos diesen, wie es auch bei uns gebildeten" Europäern mindestens ebenso geschmackvoll, vorzüglich von Handlungsbeslissenen und Offizieren, geschiet, sondern vielmer den ganzen Körper mit Fett oder auch mit Butter, unter die bei einigen Stämmen, des schönen Aussehens wegen, noch roter Ocker oder die schillernden Bröckchen einer Art des Glimmerschiefers gemengt wird. Die Männer lieben es, bis an die Zäne bewaffnet einherzugehen, am Arm einen kreisrunden oder ovalen Schild aus Büffel- oder Giraffenhaut, dazu eine sorgfältig gearbeitete Streitagt, deren Stiel aus dem Horne des Rhinozeros gefertigt ist, ferner eine ,,, Berri" genannte, kleinere Wurfkeule, und auch zum Werfen oder, je nach Bedürfniß, auch zum Stechen, ein ganzes Bündel sogenannter Assagaien, d. h. spießänlicher, im Nahekampfe sehr gefärlicher Waffen. ( Fortseßung folgt.)
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Hinaus in die Fremde!( Bild Seite 201.) Es bedarf nicht vieler Worte, um den Leser in das volle Verständnis unsres Bildes einzufüren; es spricht ein ächtes und gerechtes Kunstwerk für sich selbst. Die Hauptperson, wir möchten fast sagen: die Heldin desselben, eine Waise aus einst wolhabender Familie, die der Tochter eine treffliche Erziehung zu geben vermochte, get hinaus in die Welt, sie ist verlassen allein. Ob ihr Vater und Mutter gestorben, ob die Eltern nur in bittre Not geraten sind und das teure Kind seinen eignen, sicherlich dornendurchkreuzten Pfad suchen lassen mußten durch die Welt wer weiß es? Soviel ist gewiß sie stet einer dunklen Zukunft - eine tränenumflorten Auges und schweren Herzens, aber doch tapfer gegenüber, Heldin eben im besten, edelsten Sinn möge es ihr gutgehen, mögen ihr wenigstens die schwersten Prüfungen, aus denen nur eisenfeste Charaktere ungebrochen hervorgehen, erspart bleiben. Kaum minder rürend mutet uns die Gruppe an, die ihr zur Seite stet und mit der sie ein änliches Schicksal wol nur für kurze Momente verbindet. Der alte, arme jüdische Handelsmann mit seinem kleinen, des Vaters und Helfers so sehr bedürftigen Mädchen- auch sie gehen ins Ungewisse, Mühselige, Entsagungsvolle, hinaus in die Welt, auch ihnen gilt unser aufrichtiges: Glückauf, ihr Armen, Beladenen, Verlassenen alle!
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Inhalt. Die Schwestern, Roman von M. Kautsky( Fortsetzung). Aus dem Leben der Insekten. Naturgeschichtliche Skizzen von Dr. L. Jacoby. Ein flandrischer Hund. Aus dem Englischen von Quida. Für die N. W." übersezt von L. v. d. Wieseck ( Fortsetzung). Was und wie unsere Vorfaren arbeiteten( mit Illustration). Winkelmann in seinem Beruf( Schluß). Ueber die deutschen Auswanderungsschiffe. Die Feinde der Engländer im Kaplande. I. Die Basuto. Hinaus in die Fremde( mit Illustration).
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