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die kotbedeckte Straße lang hingestreckt, obgleich sie nicht den fünften Teil der Gepäckslast zu tragen hatten, als die gemeinen Soldaten.

Endlich war die gesamte Infanterie an mir vorüber, die Ar­tillerie rasselte vorbei und dann tamen ein par Wagen mit Offiziers­gepäck. Sie waren mit diesem Gut überladen, und doch klebte oder hing an ihnen überall, wo Kisten oder Koffer handbreiten Raum zum Fußfassen oder Handanlegen bot, ein totmüder Soldat. Für mich war nirgends mehr Plaz. Ganz hinten, mitten zwischen der geringen Zal von Bedeckungsmanschaften für die Wagen, tauchte plözlich ein Kabriolet auf. In dem saß ein Mann ganz allein. Ich hätte laut aufjubeln mögen vor Ueberraschung und Freude; mit einer äußersten Kraftanstrengung schleppte ich mich dicht an den Wagen heran und stammelte in fliegender Hast her, wie es mir ergangen, und daß ich jedenfalls verloren sei, wenn mich der Herr es war ein Mann in Civilkleidung nicht barmherzig aufneme in seinen Wagen, das bescheidenste Pläzchen würde ich unendlich dankbar sein. Es war ein Mann Gottes, der mir da begegnet ein Feld­prediger. Sein Kutscher, ein Trainsoldat, ließ sein Pferd in den lang= samsten Schritt fallen, als er gesehen, wie es mit mir stand. Der Prediger hüllte sich fester in seinen warmen Mantel und erwiderte mit Würde und Salbung:

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,, Sie stehen in Gottes Hand, mein Lieber. In meinem Wagen ist tein Plaz. Zwei Size hat er nur. Auf dem zweiten stet mein Koffer. Neben dem Kutscher stet eine Kiste, sie enthält auch unentbehrliches Gepäck, ich bedaure also. Der Herr behüte Sie, Kutscher, faren Sie zu."

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Für einen Augenblick war's mir, als wäre alle Ermattung von mir genommen. Ich richtete mich hoch auf und rief so laut, daß ich selbst von der Kraft meiner Stimme überrascht war:

Ich danke Ihnen, Herr Feldprediger, für die Erfarung, um die Sie mich bereichert haben. Ihr Herrgott sei Ihnen gnädig, Sie haben's nötiger, als ich."

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Der Trainsoldat war inzwischen doch nicht rascher zugefaren hatte unschlüssig von seinem Borgesezten und Herrn auf mich und dann wieder nach mir zurück gesehen. Jezt rief ich ihm zu:

Far' nur zu, Kamerad! Mit dem Manne in deinem Wagen will ich nun keine Gemeinschaft, und wenn ich sterben soll, wie ein Hund. Adieu, Kamerad!"

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Der Trainsoldat rief: ,, Adje, adje halt dich tapfer, Kamerad!" Und dann hieb er auf sein Pferd so ingrimmig ein, daß es einen wilden Saz nach vor­wärts machte und das leichte Gefärt beinahe umgeschlagen wäre. Ich hörte noch den Prediger mit entsezter Stimme schimpfen und drohen dann verschwand der Wagen in die Nacht hinein. Nur noch wenige unsrer Soldaten zogen an mir vorbei ich kümmerte mich um feinen und feiner um mich. Die furchtbare Abspannung von vorher hatte sich sofort wieder geltend gemacht ich taumelte wol kaum noch zwei oder dreihundert Schritte vorwärts- dann sank ich vor Schmerzen und Müdigkeit am Rande der Landstraße zusammen. Wieder vergingen mir die Sinne diesmal aber kehrte das Bewußtsein nicht mehr so rasch zurück, als nach meinem ersten Falle.

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Aber ich erwachte doch wieder zum Leben nach wenigen Stunden. Ein furchtbar peinigendes Gefül der Kälte rüttelte mich auf- es däm­merte bereits, ein feuchter Nebel beengte mein Gesicht als ich meine Hände erheben wollte, war es, als ob sie im Wasser plätscherten ein heftiger Schreck ergriff mich, als ich mich über meine Lage verge­wifferte: ich stat im Wasser bis an die Brust!

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Am Rande des Landstraßengrabens war ich umgesunken der grade an dieser Stelle tiefe Graben war durch das tolle Regenwetter mit trübem, schlammigen Wasser fast gefüllt, wärend meiner Bewußt­losigkeit war ich tiefer und tiefer hineingeraten. Daß ich nicht elendig ertrunken war, fonte ich als ein wares Wunder betrachten.

Ich troch aus meiner nassen, schneidigkalten Lagerstätte heraus­hob mein Gewehr auf, das vor mir auf der Straße liegen geblieben war, nam aus dem zum auswinden durchnäßten Brotbeutel meine Feld­müze mein Helm war und blieb verschwunden-rang nach Kräften das Wasser aus der Müze und stülpte sie mir auf den Kopf. Nun versuchte ich zu gehen.

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Merkwürdigerweise ging es viel leichter, als ich nur im entfern testen für möglich gehalten hatte. Die Schmerzen im Leibe waren fast ganz verschwunden, alle Glieder waren steif, aber das Bedürfnis durch Bewegung im Körper Wärme zu erzeugen, überwand alle Schwierigkeiten. So war es denn gar kein langsames Tempo, in dem ich in den nebel­grauen Morgen hinein schritt. Den Weg, welchen unsre Truppen ge­nommen, fonte ich, wie ich bald zu meiner Ueberraschung inne ward, nicht verfelen. Er war mit Pferdeleichen und mit einer gar reichlichen Bal toter oder halbtoter meist vor Uebermüdung zusammenge­brochener Soldaten bezeichnet.

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Als ich vorbei schritt, erhob dieser oder jener den Kopf, an jeden ging ich heran und sah, ob ich ihm vielleicht etwas helfen könne. Der eine aber sah mich nur mit starren glanzlosen Augen an, one ein Wort zu sagen und sein Haupt sant dann wieder kraftlos auf die Seite, der an­dere schüttelte den Kopf, ein Blutstrom stürzte ihm aus dem Munde und seine Augen brachener hatte ausgekämpft. Zwei Oberschlesier , ein Gefreiter und ein mit dem Gefreitenknopf noch nicht ausgezeichneter Gemeiner, gewannen allein von der nicht geringen Zal der Wegemüden ringsumher die Kraft sich zu erheben. Sie schlossen sich mir an. Ich

fürte sie in mehrstündigen, für unsere zerschlagenen und zerlegenen, von Kälte und Nässe noch lange bocksteifen Glieder ungeheuer beschwerlichem Marsche unserem Armeekorps nach.

Des morgens zwischen neun und zehn Uhr erreichten wir Rethel, vor dem unsere Truppen endlich nach ganz abnormen Verluste an Maroden biwackirt hatten.

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Sie waren längst wieder abmarschirt. Nur ein Brigadekommando, wenn ich nicht irre, und ein ganz kleiner Rest von Soldaten waren noch zurück. Wir schlossen uns diesen an und wurden auf Leiterwagen zu unseren Truppen befördert.

Ich wehrte mich noch zehn Tage lang gegen die Krankheit, welche ich jenem Gewaltmarsche am ersten ,, Ruhetage" zu danken hatte, dann brach mit unwiderstehlicher Gewalt ein gastrisches Fieber aus, das sich zu einem echten und gerechten Typhus entwickelte.

Auch das überstand ich nach siebenwöchentlichem Kampfe. Feld­tüchtig wurde ich wärend des ganzen Feldzuges nicht mehr. Ich sehnte mich auch nicht nach dem Felde. Ich hatte bei dem Kriege doch gar zu wenig für den einzelnen, der in erster Linie, Brust an Brust mit dem Feinde, agirt, herauskommen sehen.

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Aber eine Errungenschaft war mir geblieben: Die Ueberzeugung, daß jeder auch der selbstbewußteste, stärkste Mensch, wo er get und stet, Verhältnisse finden kann unausweichliche Schranken für die Freiheit seines Tuns und Lassens, an denen all' sein Mut und seine Kraft, all' das Vermögen seines Geistes wie seines Körpers zerschellt wie Glas an Granit. Man kann, man muß, wenn man nicht ein blöder Tor ist, bescheiden werden im Kriege, Feldmarschall Moltke hat recht nach einer Rich­tung hin wenigstens, der Krieg ist die furchtbar harte Schule dieser einen Tugend, der Erkentnis, wie jämmerlich schwach der Mensch ist. B. G.

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Blaue Augen. Ein Händler mit Glasaugen( für Menschen) in Chicago ( Illinois ) hat vor kurzem eine sehr interessante Geschäfts- Sta­tistik veröffentlicht, aus welcher hervorget, daß der Verkauf von Glas­augen die besten werden beiläufig im Kanton Uri in der Schweiz gemacht in den Vereinigten Staaten eine bedeutende Höhe erreicht hat sechs bis acht hundert das Jar und daß der Verbrauch von blauen und überhaupt hellen Augen beständig zunimt, wärend der von dunklen Augen beständig abnimt. Vor 20 Jaren wurden in den Vereinigten Staaten noch mehr dunkle als helle Augen abgesezt, wohin­gegen jezt auf 1 dunkles Glasauge 20 helle kommen. Es beweist dies eine rasche Zurückdrängung der dunkeläugigen Rassen durch die hell­äugigen. Denn wer sich ein künstliches Auge kauft, wält selbstverständ­lich die Farbe seines natürlichen Auges( Fälle, wo jemand zwei künft­liche Augen trägt, sind außerordentlich selten); und die dunkeläugigen Rassen haben nicht weniger Chancen ein Auge zu verlieren, als die helläugigen. Eher umgekehrt, da die dunkeläugigen Neger und Indianer weniger civilisirt, also größeren Gefaren durch Krankheiten, Gewalt­tätigkeiten u. s. w. ausgesezt sind.

In Boston komt nach der Glasaugenstatistik 1 dunkles Auge auf 35 helle, meist blaue; in New- Orleans , wo das französische und das Neger- Element vorherschen, 1 helles Auge auf 50 dunkle. In den nörd­lichen, mittleren und westlichen Staaten überwiegen die hellen Augen weitaus; nur im äußersten Süden dominiren die dunklen, aber das Gebiet ihrer Herschaft wird mehr und mehr beschränkt.

Diese Glasaugenstatistik hat durch den neuesten Census der Ver­ einigten Staaten die vollste Bestätigung gefunden. Ihm zufolge nimt das ,, ausländische Element", d. h. die Einwanderer aus Europa im Norden, Westen und Often immer mehr überhand. In Kalifornien be­trägt es 51% der Gesamtbevölkerung, in Arizona 67/2, in Dakota 62/2 und in den nördlichen und alten westlichen Staaten durchschnittlich 32%. In den Südstaaten ist das ,, ausländische Element" dagegen sehr schwach vertreten; in den füleren Staaten beläuft es sich noch auf 10%, in den übrigen auf etwa 2%, in Nordkarolina sogar auf kaum 1%. Mit Aus­name der Neger und Mischlinge weisen die sämtlichen dunkeläugigen Rassen: Franzosen, Spanier und Indianer entweder eine absolute, oder eine relative Verminderung auf, wärend die helläugigen Rassen: Ger­manen( Deutsche , Engländer, Skandinaven) und Kelten( Irländer- die Slaven Einwanderung ist nur schwach meist helläugig), mächtigem Strom das Riesengebiet der Vereinigten Staaten überfluten. Unter solchen Umständen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß den blauen Augen die Herschaft über die Neue Welt gesichert ist. Und daß die Neue Welt die Alte überflügeln wird, zum teil schon überflügelt hat, unterliegt ebenfalls keinem Zweifel. Den blauen Augen gehört also im eigentlichsten Sinne des Worts die Weltherschaft.

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lb.

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Auf der Schankel.( Bild S. 424.) Da fizt er nun oben, der wilde Moriz, und stet Todesangst aus, wärend der kleine Hans die größte Freude über seine pretäre Situation empfindet. Moriz ist sonst sehr mutig, er hat weder Furcht vor dem großen Gänserich, noch vor dem wütenden Tiras, vor dem lezteren jedoch nur dann nicht, wenn er an der Kette liegt und man ihn one Gefar mit Steinen werfen kann. Diesen Mut entwickelt unser Wildfang aber auch seinen Spielkameraden gegenüber, und es gibt für ihn fein größeres Vergnügen, als diesem oder jenem einen Streich zu spielen. So hat er fürzlich erst noch dem