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ist in diesem Buche in wunderbar schöner Weise gelungen und erinnert uns oft an Jean Paul  ; alle Vorzüge Bulwers find in diesem sowie in dem hierauf folgenden Roman Meine Novelle" in höchst anmutender Art vereinigt. Die lezten Romane Bulwers: ,, Was wird er damit machen?" ,,, Eine sonderbare Geschichte" und ,, Kenelm Chillingly" bilden einen würdigen Abschluß seiner lite­rarischen Tätigkeit; sie stehen an Reichtum des Inhalts und Schönheit der Form seinen besten Leistungen zur Seite und werden als treue Spiegelbilder der damaligen politischen und literarischen Richtung einen bleibenden Wert haben.

Ein anerkennenswertes Verdienst um die Interessen derer, welche auf literarischem Felde arbeiten, erwarb sich Bulwer   durch die Gründung des Vereins: Gilde der Literatur und Kunst", zum Zwecke der Unterstützung unbemittelter Künstler und Literaten. Charles Dickens  , John Forster  , Douglas Jerrold u. a. standen ihm hierbei helfend zur Seite. Bulwer   schrieb zum besten dieser Stiftung das Lustspiel: Nicht so schlimm, als wir scheinen", welches unter Dickens   Leitung und Mitwirkung in London   und vielen Provinzialstädten mit außerordentlichem Beifall aufgefürt wurde; der Ertrag ward für den Fonds der Gilde bestimt. Außer­dem schenkte Bulwer   dem Vereine noch ein Grundstück zur Er­richtung von Häusern, welche zur Aufname armer Schriftsteller bestimt waren; auch muß rühmend erwänt werden, daß der Dichter seinen, ihm nach dem Tode seiner Mutter zugefallenen Reichtum

Michie's Schopfhirsch.( Seite 460.) Im Jare 1874 entdeckte A. Michie in Shanghai   in den Bergen bei Ningpo   in China   einen eigentümlichen und kleinen Hirsch, dem man später den oben angefürten Namen gab und von dessen Gattung wir in unserer Illustration ein Exemplar vorfüreu. Dieses von den Eingebornen als wilde Ziege be­zeichnete Tier mißt von der Schnauzenspize bis zum Schwanz kaum 1 Meter, wird ungefär 2/3 Meter hoch und ist von fast gedrungener und unterſezter Gestalt. Es hat kurzes, dickes, dunkelgraubraunes, ein wenig weiß melirtes Har mit dunkler gefärbtem Rücken und schwarzen Beinen. Den Namen ,, Schopfhirsch" erhielt es wegen dem dicken, schwar­zen, mähnenartigen Stirnschopf, der aus starren, Schweineborsten än­lichen Haren   bestet. Die Unterseite ist etwas heller gefärbt, die Stellen unter dem Schwanze und zwischen den Schenkeln sind weiß. Die Färbung an der Rückseite der Ohren ist dunkel, Spizen und untere Partie weiß und die Innenseite hell mit einem schwärzlichen Querstreifen. Ferner zeigt auch unser Bild die weißen Streifen der Oberlippe und die ihn besonders charakterisirenden( nur bei dem Mänchen vorkommenden) sehr langen Eckzähne, die den Rand der Oberlippe um ungefär 2 Centimeter überragen. Das gleichfalls nur bei dem Mänchen vorkommende sehr fleine Geweih ragt kaum aus dem Harschopse hervor und ist unver­ästelt. Der nächste Verwante dieses Zwerghirsches wurde 1870 von dem französischen   Missionar Père David   entdeckt, fürt dessen Namen und lebt in Tibet  . Von unserem Schopfhirsche kam das erste Exemplar, ein Weibchen, welches 1874 bekant wurde, als Balg nach Europa   und befindet sich jezt ausgestopft im Zoologischen Museum der berliner Uni­versität. Das zweite, ein Mänchen, wurde lebend von der londoner zoologischen Gesellschaft im Jare 1876 für 700 Mark angekauft, fonte aber nur fünf Monate am Leben erhalten bleiben. Ein zweites leben­des Individuum gelangte 1878 im Oktober in den Besiz der genanten Gesellschaft und im Mai 1879 endlich ein drittes schönes lebendes Män­chen, dasselbe, welches unsere Illustration vorfürt.

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Der Pavillon des Schahs am Kaspischen Meere. Der luftige Bau, der sich uns auf Seite 461 präsentirt, wurde seinerzeit, als die persische Majestät ihre allbekante und nicht immer zum besten von sich reden machende Reise nach Europa   unternam, aufgefürt, um dieser als leztes Quartier zu dienen, von dem aus sie sich in einer ihrer wür­digen, feierlichen Weise von ihrem Reiche verabschiedete. Das eigentüm liche Gebäude, am südöstlichen Ende des Kaspischen Meeres gelegen, ist 60-70 Fuß hoch und aus Luftziegeln, d. h. aus ungebranten, nur an der Luft und Sonne getrockneten Lehmpazen, aufgefürt. Daß diese Art zu bauen keine besonderen Garantieen für die Dauerhaftigkeit bietet, ist klar und auch unser Pavillon soll bereits kurze Zeit nach seiner Ent­stehung die Spuren irdischer Vergänglichkeit aufgewiesen haben. Es möchte daher für diejenigen, welche sich in der oberen Etage selbst nur auf furze Zeit einquartieren wollen, sehr ratsam sein, sich vorher in

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in höchst freigebiger Weise mit Freunden und der Unterstützung Bedürftigen teilte, und zwar stets in feiner, großmütiger Weise. Wärend der lezten Jare feines Lebens zog sich Bulwer  , wegen seiner immer mehr zunemenden Taubheit, in die Einsamkeit seines Landsizes zurück, wo er stets einen kleinen Kreis vertrauter Freunde als Gäste um sich versammelte. Im Januar 1868 trat er zum leztenmale öffentlich als Redner auf, und zwar bei einem Charles Dickens   zu Ehren veranstalteten Bankett. Im Winter 1872-73 verweilte er längere Zeit in dem Seebad Torquay  , dessen mildes Klima ihm zuträglich war; dort trat jedoch im Januar 1873 eine heftige Entzündung im Ohre   ein, welche nach wenigen Tagen den Tod zur Folge hatte. Am 18. Januar 1873 verschied der Dichter; sanft, one langen Todeskampf schlum­merte er ein. In seinem Testamente hatte er die Bestimmung getroffen, daß man seine irdischen Ueberreste in seinem Familien­grab in Knebworth beerdigen solle, und zwar in aller Stille, one jede Feierlichkeit. Allein das dankbare Vaterland forderte seine Beisezung in der Westminsterabtei, wo alle berühmten Männer Großbritaniens ruhen, und dort wurde er am 25. Januar 1873 feierlich beigesezt. Das reiche, geistige Vermächtnis, welches Bulwer der Nachwelt hinterlassen hat, sichert ihm für alle Zeiten ein ehrenvolles Andenken. Sein einziger Son, Sir Robert Bulwer­Lytton, ist seit Jaren unter dem Pseudonym Owen Meredith   als Dichter und Romanschriftsteller tätig.

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eine Lebensversicherung aufnemen zu lassen, denn die Manipulation, die man in den meist einstöckigen Häusern in Persien   anwendet, wenn es zu ,, krachen" anfängt man flebt die Gebäude dort mehr oder we­niger in der Weise zusammen, wie dies bei unserem Pavillon der Fall indem man einfach aus dem Fenster springt, dürfte hier doch nicht so ganz gefarlos sein. Freilich die Bewoner des obersten mit Vorhängen versehenen Stockwerks, welche bei dem genanten Abschied auf keinen Fall felen durften, haben sich wol von keiner Gefar irgend etwas träumen wenn der Ausdruck hier lassen es waren verschiedene Ehehälften noch gestattet ist der Harem seiner gottbegnadeten, persischen Majestät. Man darf sich nur die Art des Transports der Glieder des hier in­stallirten Harems, welche der zärtliche Gatte dieser Weiblein entsprechend seiner Zärtlichkeit anzuwenden beliebt, betrachten und man wird es sehr erklärlich finden, daß das wenig beneidenswerte Logis da oben nach den Strapazen der Reise, troz der brennenden Sonnenstralen, immer noch eine förmliche Erlösung bietet. Der Transport dieser Gemalinnen des persischen Herschers geschiet nämlich in folgender Weise. Man stekt jede in einen engen Kasten, der der Luft und dem Licht nur geringen Zutritt gestattet und ladet sie auf Maultiere und zwar derart, daß bei jedem Tiere zwei solcher Kästen nebst den erlauchten Insassen baumelnd herabhängen. Eine angeneme Situation! Nebst einigen Teppichen bildeten sie denn auch ganz entsprechend ihrem Werte das einzige Mo­bilar, welches das Innere des Pavillons zu schmücken bestimt war und wurden, nachdem die Abschiedskomödie vorüber, wieder wie Bleisoldaten verpackt, nach Hause geschickt und dort eingesperrt. Die äußere Deko­ration dieses wunderlichen Baues wird durch unsere Illustration so deutlich zur Anschauung gebracht, daß wir jeder Beschreibung derselben überhoben sind. Im Innern sind die Wände mit zierlichen, in Gyps geschnittenen Ornamenten bedeckt, die nur hier und da, ganz dem Ge­schmack des erlauchteten Herschers von Persien   entsprechend, von einer Dekoration unterbrochen werden, die darin bestet, daß man Spiegel­stückchen an die Wandflächen klebt: einer von den vielen Beweisen, daß die Kunſtäußerungen immer das Gepräge der menschlichen Kulturzu­stände aufzeigen.

Aus allen Winkeln der Zeitfiteratur.

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Teure Bücher und Bilder. Kürzlich wurden in Paris   die Biblio­tek und Gemäldesamlung des Grafen de Ganay versteigert und bei dieser Gelegenheit für eine fünfbändige Ausgabe des Rabelais vom Jare 1711 14 000 Frants bezalt. Die dritte und vierte Lieferung der Original­ausgabe des Pantagruel erzielten den Preis von 14 600, eine sechs­bändige Molièreausgabe von 1675 den von 2750 Franks. Weiter wurden ein Exemplar des Romans ,, Manou Lescaut" vom Jare 1753 in zwei Bänden mit 3450 Franks, und ein angeblich aus der Zeit Karls d. Gr. herrührendes Evangeliarum mit 30 100 Franken bezalt und endlich brachte eine Landschaft von Claude- Lorrain 43 000 Franken. nrt.

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Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Fortsezung). Universitätsleben und Universitätsfreunde. Eine Erinnerung von J. D. H. Temme( Fortsetzung). Ein kleiner Streber. Ein Stück modernsten Kulturlebens. Edward Bulwer- Lytton  . Sein Leben und seine Werke. Michie's Schopfhirsch( mit Illustration). Der Pavillon des Schahs am Kaspischen Meere( mit Illustration.) allen Winkeln der Zeitliteratur: Teure Bücher und Bilder.

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Aus

Expedition: Färberstr. 12. II. in Leipzig  .

Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Gohlis  - Leipzig  ( Mödernsche Straße 30d). Druck und Verlag von Franz Goldhausen in Leipzig  .