gebracht waren, wurden sie in einem Kahne nach dem etwas ent­fernten Begräbnisplaz, wo man das Grab bereits fertig gestellt und mit Tüchern ausgelegt hatte, übergefürt. Hier legte man nun zuerst die entseelten Körper der Weiber neben einander in die Gruft, auf sie den sterbenden König, der jezt seines Muschel­schmucks entkleidet und vollständig in Tücher gehüllt wurde, wo­rauf man das Grab mit Erde ausfüllte und ihn so lebendig be­grub. Das Husten des alten Mannes wurde noch vernommen, nachdem man bereits eine Masse Erde   über ihn gehäuft hatte. Nach dem Begräbnis pflegen die Fidschianer einen König noch durch verschiedene Ceremonien zu ehren, deren gräßlichste jeden­falls die ist, daß die Weiber derselben sich ein par Finger ab­schneiden, diese in ein Rohr stecken und längs der Dachtraufe des föniglichen Hauses aufhängen. Außerdem ist zwanzig Tage lang niemand, ausgenommen abends, und scheeren sich die Leute eben falls ganz oder teilweise das Haupt. Die nahen Verwanten tragen zum Zeichen der Trauer ganz gewönliche Kleider aus Blättern und bringen die Nacht auf dem Grabe des Verstorbenen zu. Das hindert jedoch nicht, daß u. a. zu Ehren des lezteren auch sehr spaßhafte Gebräuche stattfinden, deren ergözlichster darin bestet, daß vom zehnten Tage sich die Weiber des Toten mit Peitschen, Ruthen   oder Stricken bewaffnen und über jeden, der ihnen be­gegnet, one Unterschied des Ranges, herfallen dürfen; den Män­nern ist nur gestattet, sich dadurch quitt zu machen, daß sie die Angreiferinnen mit Kot bewerfen.

Viel einfacher wird freilich verfaren, wenn sich ein gewön­licher Fidschianer lebendig begraben läßt, und das tun fast alle diejenigen, die sich nicht erdrosseln lassen wollen. In diesem Falle tragen alle zu der Ceremonie Eingeladenen am bestimten Tage

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Tuch, Leinen und Del als Geschenke herbei und warten ruhig solange, bis der Alte die Stelle bezeichnet, auf der er begraben zu werden wünscht. Rasch macht man nun das Grab bereit, schmückt den Alten mit einem neuen Mantel und Turban und bringt ihn an die Gruft hinan. Unter lautem Wehklagen zer­schlagen sich hier die Verwanten die Brust oder zerfezen sie mit Wiessern, bedecken den Alten mit Tüchern, werfen das Grab mit Erde zu und stampfen diese auch sogleich fest. Dann entfernen sich alle, und nur der Son besucht in der folgenden Nacht das Grab, um zum Abschied ein Stück Kavawurzel darauf niederzu­legen.

Naiv ist der unter den Bewonern der Marianen übliche Brauch, zu den Häuptern der Sterbenden Körbe hinzustellen und die Seele zu bitten, darin Wonung zu nemen oder doch wenigstens bis­weilen Besuche darin zu machen.

Auf den Sandwichinseln endlich herscht die Sitte, daß schon, sobald ein Mann erkrankt, seine Weiber und weiblichen Verwanten sich um sein Lager versammeln, laut über seinen Zustand jam­mern, sich die Hare ausraufen und das Gesicht zerfleischen, weil sie hoffen, dem Kranken dadurch Heilung oder doch Linderung zu verschaffen. Auch hier wurde früher bei dem Tode eines vor­nemen sein Günſtling zugleich mitbegraben, und wenn die Priester für den Fall des Todes eines Königs im voraus schon die be­stimten, die mit ihm sterben mußten, so brauchten sie diesen ihre Schicksale nicht zu verheimlichen, weil sie mit Stolz und Freudig­feit der Ehre eines solch' schrecklichen Todes entgegensahen. Starb dann der König, so wurden sie gebunden, an den Begräbnisplaz geschleppt und hier unter mancherlei Ceremonien vom Priester ums Leben gebracht.

Die ungarische Adelsherschaft.

Kulturhistorische Skizze von C. Lübeck.

Ein mächtiger Gebirgsgürtel umschließt das weite Ungar-| piden besezten die Gegend an der Donau   und Theiß  , die Ost­land. Dort wo die March in die Donau   sich ergießt, begint, sanft aufsteigend und allmälich höher und schroffer sich türmend, das Karpatengebirge und umrahmt in gewaltigem Halbkreise, Hufeisenförmig den ganzen Nordwesten, Norden und Nordosten des Landes, um sich im äußersten Osten bei Orsawa wiederum an die Donau   zu schließen, wärend auf dem andern Ufer sich ihm trozig, das sonst breite Flußbett verengend, Glieder der langen illyrischen Gebirgskette entgegenwerfen, welche im Verein mit den Alpen   den Ring abschließt, der die ungarische Ebene umgibt.

Nirgends mehr als in diesem weiten Gebirgskessel hat das Meer der Völkerwanderung getobt und gebrandet. Eine Völker­welle stürzte in rascher Aufeinanderfolge auf die andere, es war ein beständiges Schieben und Drängen und In- und Ueber­einanderfluten, ein rastloses Kämpfen der erliegenden Völker mit einander um ein schüzendes und rettendes Bergland, an dessen Abhängen die an der Ebene unwiderstehlich vorwärts drängende Völkersturmflut vorüberzog.

Die ungarische Ebene ist heute mit einem buntscheckigen Völker gemisch, mit zallosen Fragmenten und Spuren der mächtigen Wanderung längst voraufgegangener Jarhunderte gefüllt. Zum Teil sind die Spuren der ursprünglichen Völker bis zur Unkent­lichkeit verwischt, zum Teil auch sind viele Völker in einander geschmolzen. So wurde z. B. im ungarischen Völkerschmelztiegel aus der germanisch- slavischen Urbevölkerung, den dorisch- slavischen Stämmen und ihren römischen Herschern durch jarhundertelangen Druck das geistig verkümmerte Volk der Walachen, deren Sprache heute noch an die Zeiten der römischen Herschaft in diesen Ge­bieten erinnert.

Das Tor bei Orsawa bildet die Schleuse, durch welche die Wogen der Völkerwanderung über Ungarn   sich ergossen: Hier passirten, aus den Steppen Mittelafiens tommend, namentlich auch die furchtbaren Hunnen unter der Gottesgeißel Attila  , dem Schrecken des mittleren und westlichen Europas  , und in ihrem Gefolge zalreiche Völkerschaften, welche der kluge und gewaltige Hunnenkönig an seinen Siegeswagen gekettet, deren Namen aber im Sturme der Zeiten fast ganz verweht sind. Als nach Attilas  Tode in der großen Völkerschlacht in Pannonien am Netad das Schicksal des Hunnenvoltes definitiv besiegelt wurde, als es die Donauländer räumen und nach dem Schwarzen Meere zurück­weichen mußte, da waren die Goten seine Erben, gotische Ge­

goten unter den Fürsten Wolamir, Theodemir  ( Vater des großen Theodorich) und Widemir das pannonische Land zwischen den Alpen, der mittleren Donau   und der Sawe  . Die Rugier, Heruler und andere kleine germanische Stämme namen die Alpenprovinzen an der oberen Donau   in Besiz, wärend die Longobarden die jezigen österreichischen Länder an dem linken Donauufer einnamen. Im Laufe der Zeit werden die Heruler die Herscher in diesen Ge­bieten und machen die Longobarden und Gepiden zinsflüchtig. Bald aber wendet sich das Glück, die Heruler werden von den Longobarden fast bis zur Vernichtung geschlagen und die Sieger werden die Herschenden. Die Parteiname Kaiser Justinians   für die Longobarden in einem Kriege derselben mit den ihnen jezt benachbarten Gepiden veranlaßte die leztern, Hunnen und Slaven  über die Donau   zu lassen, welche weit und breit plünderten. Da die germanischen Stämme sich mehr westwärts wenden, erschienen die Slaven häufiger im Donaugebiet, namentlich zeigen sich auch Bulgaren  , die indes ihren Hauptweg nach Griechenland   nemen. So wogen die Völker auf und ab. Da erscheinen die Slovaken, Wenden, Kroaten  , Slavonier, die Askömlinge der alten Jllyrier und Pannonier, dazwischen wieder Germanen und endlich im 5. und 6. Jarhundert in den Ebenen der oberen Theiß   die Magy­aren, links verdrängen sie die Walachen, rechts die slavischen und germanischen Stämme. Warscheinlich treiben sie große Massen der Hunnen vor sich her oder haben solche in sich aufgenommen, sie vielleicht auch in der ungarischen Ebene noch angetroffen. Später traten Magyaren und Hunnen als Stammesgenossen auf, die Magyaren bezeichnen die Hunnen als ihre älteren, allerdings etwas unedleren Brüder. Auch hier hat im Laufe der Jarhun­derte ein großartiger Verschmelzungsprozeß stattgefunden, der gegenwärtig noch nicht ganz abgeschlossen ist, denn immer noch giebt es Urtypen der Magyaren und der Hunnen. Man ver= gleiche die schönen und edlen Gestalten der Kumanier und Jazy­gier, die als die uneigentlichen Magyaren gelten, mit den zalreich vorhandenen abstoßend häßlichen hunnischen Abkömlingen. Neben den Ueberresten der Kumanier und Jazygier, deren Einwanderung erst im 9., 10., 11. und 12. Jarhundert unter heftigen Kämpfen gegen die magyarisch- hunnische und slavisch- germanische Misch­bevölkerung erfolgte, findet man das buntscheckigste Mischvolk vor. Von der kumanisch- jazygischen Einwanderung hat sich auf einem Flächenraum von 85 Quadratmeilen nur noch ein Rest von etwa