einer viertel million erhalten. Alles andere ist bei der allge­meinen Zersezung zugrunde gegangen. Dieses Häuflein Kumanier und Jazygier repräsentirt fast ausschließlich das magyarische Element in Ungarn  . Da sind allerdings noch die Hajducken und die Szekler, welche zu den reinen Magyaren gezält werden. Die ersteren wonen an der oberen Theiß  , südöstlich von Tokai, ihr vielfach zerstückeltes und zerrissenes Gebiet umfaßt einen Flächen­raum von 172 Quadratmeilen, ihre Anzal mag 30 000 betragen. Sie waren ein friegerischer Hirtenstamm, welcher gegen den An­sturm der Türken verzweifelten Widerstand leistete und nach der unglücklichen Schlacht bei Mohacs   einzelne Kriegsscharen unter selbst gewälten Fürern bildete und in der zweiten Hälfte des 16. Jarhunderts den Krieg auf eigene Faust fürte. Die Unter­stüzung, welche die Hajducken dem berühmten siebenbürgischen Fürsten Stephan Botskai leisteten, veranlaßte diesen, zwei Kriegs­scharen in den Adelsstand zu erheben und ihnen feste Wonsize anzuweisen; so wurde ein Bruchteil von ihnen zu magyarischen Vollbürgern oder Edelleuten erhoben. Die Szekler, der dritte magyarische Zweig, ist in der Geschichte als ein wildes kriegerisches Reitervolt befant, über dessen Abstammung nichts Sicheres ver­lautet. Die Szekler selbst leiten sich gern von den Hunnen ab, wogegen jedoch ihre Körper- und Gesichtsbildung spricht, die beide auch von der der übrigen Magyaren sehr wesentlich abweichen. Seit dem 8. Jarhundert leisteten sie, ihre Unabhängigkeit jedoch soviel als möglich warend, den Magyaren Kriegsdienste. In den von ihnen besezten Gebieten, die von Walachen und Slaven bewont waren, waren sie Herscher und damit auch Edelleute. Ihre Zal mag heute mehr als 100 000 betragen. In Kumanien und Jazygien wird das reinste Magyarisch gesprochen, ebenso in den Distrikten der Hajducken, unreiner schon im Lande der Szekler. Man darf annemen, daß diese Völkerschaften tatsächlich Bruch­teile rein magyarischer Stämme sind, die zufällig dem Schicksale des großen Stammes entgingen, der eben völlig verloren ge­gangen ist.

Es fällt bei dieser Sachlage schwer, von der gesellschaftlichen Entwicklung des in Ungarn   herschenden Volkes zu sprechen. Die magyarische Geschichte läßt sich allerdings ziemlich weit verfolgen, doch im Laufe der Jarhunderte passirt es unmerklich, daß die eigentlichen Magyaren verschwinden und mit andern Völkerschaften sich verschmelzen, sodaß die große Masse derjenigen, welche sich Magyaren nennen, kaum noch als solche zu betrachten sind. Auf der andern Seite wird ein Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung dadurch erleichtert, daß bei dem Verschmelzungs­prozeß die äußern gesellschaftlichen Formen erhalten bleiben und daß die Völkerfragmente, welche in einander fließen, im all­gemeinen auf dem gleichen gesellschaftlichen Niveau stehn. Alle haben sie ursprünglich dieselben Einrichtungen und auch dieselbe Lebensweise, was die einen Herscher getrieben, das wird von den andern fortgesezt, und was die einen angefangen, von den andern vollendet.

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Wenden wir uns zunächst den Magyaren zu. Als diese ihr rätsel- und fabelhaftes Heimatland Atelkuza in Asien   verließen, waren sie ein nomadisirendes Hirtenvolk, das in verschiedene Stämme zerfiel und unter verschiednen freigewälten Fürern stand. Nach ihrer Niederlassung in Ungarn   behielten sie ihr nomadi­firendes Leben bei. Ihre Wonungen bestanden aus Zelten, die häufig wieder aufgenommen und in andern Gegenden von neuem aufgeschlagen wurden bis alles Land besezt, beziehungsweise unter die Eroberer verteilt war. Man hat hier die interessante Erscheinung, daß das Nomadenleben noch lange nach der Ein­fürung der Monarchie, also nach der Schaffung eines einheit lichen, festregierten Staates beibehalten wurde. Erst im Laufe der Jarhunderte machten die zerstreuten Zelte den festeren Wonungen plaz, wobei fast ängstlich das Näheraneinanderrücken, das Bilden gedrängter, eng zusammengeschlossener Niederlassungen verhütet

Der Herenmeister.( Siehe Bild S. 484-85.) Die Zeit, wo man die Heren und Teufelskünstler verbrante, ist schon längst verflossen und doch gibt es immerhin noch eine ganze Anzal Menschen, die an Hererei glauben, oder doch wenigstens von Taten, die ihrem beschränkten Berstande unerklärlich, rätselhaft sind, annemen, daß sie aus einem Bünd­nis mit dem Schwarzen" hervorgegangen seien. Das Sprüchwort ,, Geschwindigkeit ist keine Hererei" ist wol allgemein im Volksmunde und wird auch gegenüber den Gauklern, die mit ihren Taschenspieler stückchen auf den Jarmärkten und in den Dorfschenken die Zuschauer er­gözen und sich dadurch die zu ihrem dürftigen Leben nötigen Pfennige verdienen, meist genügend beachtet, aber leider scheint man es oft und

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wurde. Heute noch gleichen die alten Dörfer und Städte zum Teil weit ausgedehnten Lagerpläzen. Allerdings ließ man dabei die Vorsicht nicht außer acht. Zur Aufrechthaltung der magyari­schen Herschaft erstanden feste Burgen, wie z. B. Komorn, Borsod  , Szabolcs, Czongrad, Abaujvar, Temesvar u. a., die später zu Städten heranwuchsen. Bei dem Einfall in Ungarn   waren die Eroberer nicht nur in den Besiz des fruchtbarsten und weiden­reichsten Bodens, sondern auch in den Besiz von Unterworfenen, Leibeigenen und Sklaven gekommen, und haben solche auch wol schon mitgebracht. Obwol die Magyaren aus ihrer Heimat nur Waffen, nicht aber auch Adelsdiplome mitgebracht, entstand doch als eine Folge der Eroberung die Adelsherschaft nach dem klassi­schen Vorbilde der Spartiaten zur Zeit Lyfurgs in Lakedämonien. Wie in Sparta  , so waren auch hier die Herschenden die Besizer des Landes und die ausschließlich berechtigten Staatsbürger mit vollkommner Gleichheit unter und gegeneinander. Unter freiem Himmel, auf weitem Felde versammelten sie sich, zu Roß und bewaffnet und mit erbeuteten Kriegstrophäen geschmückt. Hier berieten sie über ihre Kriegszüge, über die Lage des Landes, die gemeinsamen Arbeiten, das Schicksal der Unterworfenen. Hier wälten sie ihre Fürer und Fürsten   und später die Könige. Das Feld Rákos   bei Pest   wurde mit der Zeit zum ungarischen campus martius. Hier in dieser Ebene, im Nordosten der Stadt, eröffnet sich die große ungarische Steppe, welche sich zwischen der Donau  , Belgrad   und Siebenbürgen   ausdehnt. Von einem kleinen Bache, der sich in eigensinnigem Zickzack durch den Sand schlängelt und in die Donau   ergießt, trägt die Ebene und von dieser die spätere Nationalversamlung den Namen Rákos  .

Durchaus verwanten Einrichtungen begegnen wir bei den Szeklern, Hajducken und Kumanern.

Bei keiner dieser Völkerschaften gab es anfänglich einen Unter­schied zwischen Edelmann, Bauer und Bürger. Alle ihre An­gehörigen waren durchaus gleichberechtigt, sie wälten ihre eignen Fürer und Richter und entschieden alle ihre Angelegenheiten in der Volksversamlung unter freiem Himmel. Diese Gleichberechtigung hatte sich noch bis in die neueste Zeit unter den freigebliebenen Kumaniern und Jazygiern erhalten, wo es unter den Herschenden vollkommne Gleichheit und keinerlei Klassenunterschiede gab. Mit Stimmenmehrheit wurden die Magistrate und Richter und Bezirks­vorsteher gewält. In änlicher Weise war es bei den Hajducken. Bei den Szeklern zeigten sich indes schon in ältester Zeit Klassen unterschiede, die darauf schließen lassen, daß sie bei ihrer Ein­wanderung Unterworfene mitgebracht oder daß ein Teil der Ur­bewoner ihres Herschaftsgebiets mit ihnen zu einem einheitlichen Volke zusammenschmolz. Sehr früh schon findet man unter ihnen die" Primores", die Hauptleute, welche die obersten Civil- und Militärämter bekleideten, großen Grundbesiz besaßen und in neuster Zeit zum höchsten Adel Siebenbürgens   gerechnet werden. Ihnen folgten die Primipilen( Lófökre), die zu Pferde dienten, und drittens das gemeine Volk"( Pipidarii) oder das Fußvolk.

Die

Im allgemeinen sind die Unterworfenen anfänglich überall vom Kriegsdienste befreit, und wenn hier das gemeine Volk" Kriegsdienste leistete, so deutet dies eben auf dessen Unterjochung vor der Einwanderung hin. Man dürfte übrigens nicht felgreifen, wenn man in den Primores, die schließlich zur Alleinherschaft gelangten, die Häupter der alten Hausgemeinschaft, und in den Primipilen die jüngeren Generationen derselben erblickt. Grundstücke der beiden ersten Klassen waren denn auch steuerfrei und sie konten unter keinen Umständen konfiszirt werden, was wiederum an das ursprüngliche, unveräußerliche Genossenschafts­gut erinnert. Mit Ausname der von den Primores bejezten Aemter wurden alle Beamtungen durch freie Wal des Volkes bestimt, die unterworfene walachische Bevölkerung war sowol von diesem Walrecht als auch vom siebenbürgischen Landtage bis in die neueſte Zeit ausgeschlossen. ( Fortsezung folgt.)

obendrein in den gebildeten Kreisen ganz zu vergessen, wie uns die Geistererscheinungen, die fliegenden Tische, die von unsichtbarer Hand gefürten schreibenden Stifte und wie der Hokuspokus sonst heißt, be weisen. Der einzige Fortschritt, den die Menschheit in diesem Punkte gemacht hat, ist der, daß man sich wegen solcher Dinge nicht mehr gegenseitig totschlägt oder verbrent und zwar von Rechts wegen". Mr. Slade wäre unter Jakob Sprenger   und den anderen Heren­schnüfflern im 16. Jarhundert jedenfalls nicht so gut weggekommen wie heute! womit aber durchaus nicht gesagt sein soll, daß wir ihn mit den Schwarzkünstlern" jener finstern Zeit auf eine Stufe ſtellen seine Künste sind nur ebenso schwarz, dem darüber grübelnden

wollen

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