seiner Absichten nicht nur aufgeben, sondern die ganze Mühe und Arbeit seines Lebens förmlich widerrufen, feierlich ausstreichen zu müssen und so zu sterben! Mir ist kein Beispiel in der Geschichte befant, daß es einem Monarchen so hart ergangen wäre."
Nach Joseph II. Tode ging alles wieder rückwärts. Lepold II., sein Nachfolger, mußte mit dem ungarischen Adel seinen Frieden machen. Auf einem ungarischen Reichstage wurden in Uebereinstimmung mit Leopold II. die lezten Ueberreste des josephinischen Reformwerks zerstört. Die Leibeigenschaft wurde von neuem bestätigt und nur die Freizügigkeit der Bauern aufrecht erhalten, „ um das Volk zu trösten", wie die Stände sagten. Der von Joseph II. den Bauern gewärte freie Ausschank ihrer selbst er zeugten Weine wurde verboten, und die für die Bauern in einer besondern Herschaftskanzlei angeordneten Amtstage zur Erledigung ihrer Angelegenheiten, zur Geltendmachung ihrer Klagen und Beschwerden wurden wieder abgeschafft. Die neue Grundsteuerregulirung wurde nicht nur in Ungarn , sondern auch in den übrigen Erblanden, in Desterreich, Böhmen u. 5. w., rückgängig gemacht.
Die Bauern sanken in die Knechtschaft zurück, in ihren Kreisen aber hieß es, Joseph II. sei von den Feinden der Bauern, von den Herren vergiftet worden, und der Jugend erzälten die Alten von dem großen Kaiser, der nicht tot sei, den man eingesperrt halte und der wiederkommen würde, die Bauern aus der Knechtschaft zu befreien.
Der Bauer spricht allerdings noch die Sprache der Gebildeten, er ist auch auffallend intelligent, immerhin aber bestet doch zwischen dem Edelmann und ihm eine bedeutende Bildungsdifferenz. Wärend die herschende Adelsklasse zum teil zu hoher Intelligenz sich entwickelte, blieb der Bauer geistig zurück, wie er auch materiell verkümmerte. Allerdings ist dieses geistige Zurückbleiben kein so bedeutendes wie bei den europäischen Bauern, und die Ursache dieser Erscheinung liegt wol hauptsächlich in dem Umstande, daß der in die Leibeigenschaft versinkende ungarische Adel es verstand,
Unter griechischen Ruinen.
Hier hat in Tempeln hoch und hehr gesessen Der Schönheit Göttin einst; im heil'gen Drange, Begeisterten Gefüls, mit süßem Zwange
In jeder Kunst sah man das Volk sich messen. Nun flagt es wehmutsvoll in den Cypressen, Und das Gemüt ergreift es tief und bange, Daß all' dies holde Leben nun schon lange, Jartausende vergangen, fast vergessen.
Nur hier und da noch stolze Säulen ragen Aus Trümmern, die geblieben von dem Alten: So einsam stehn in diesen späten Tagen, Den lichtverlass'nen, weihelosen, falten, Die Unverstand'nen, deren Herzen schlagen Für Schönheit nur und fest am Waren halten!
Max Vogler.
Abd el- Kader und Mohammed Es Sadok Pascha, Bey von Tunis.( Siehe Bilder S. 496 11. 497.) Nachdem der nach einem so kurzen Feldzuge zwischen dem heute von uns im Bilde vorgefürten Herscher von Tunis und der französischen Regierung abgeschlossene Vertrag auch die Sanktion des französischen Parlaments erhalten hat und die Politiker der jungen Republik aller Welt die Versicherung gegeben haben, daß das genante Aftenstück die ,, Unabhängigkeit" des Bey's wie diejenige Frankreichs in Tunis garantire, ist es wol für die Leser der Neuen Welt von einigem Interesse, den einst gefärlichsten Feind der französischen Eroberungen in Nordafrika , den energischsten und begab testen Verfechter der Selbständigkeit seiner Landsleute kennen zu lernen: Abd- el- Kader. Die Seeräuberei der Araber hat den europäischen Staaten viel zu schaffen gemacht. Schon zu Anfang des 16. Jarhun derts kämpfte ein spanisches Heer dagegen, aber one Erfolg. Das gleiche war der Fall mit einer Expedition Kaiser Karl's V. um die Mitte desselben Jarhunderts und 1561 wurde ein ganzes spanisches Heer vernichtet; es hinterließ allein 12 000 Gefangene. Gleichfalls one Erfolg waren die im 17. Jarhundert von den Engländern und Holländern gemeinschaftlich unternommenen Kriegszüge gegen die algierischen Piraten; ebenso erzielten die drei von Ludwig XIV. unternommenen Angriffe auf Algier keine nachhaltige Wirkung. Die lezte große Expedition der Spanier ging im Jare 1775, 44 Kriegs- und 340 Transportschiffe nebst 25 000 Landsoldaten start, nach Algerien , mußte sich aber mit Zurücklassung von 1800 Verwundeten und sämtlichem Geschüz eiligst auf den Rückzug begeben. Erst 1815 zwang eine nordameri
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seine Individualität nicht ganz verkümmern zu lassen. Die beständige Geldnot der verschwenderischen Feudalherrn einerseits und die große Fruchtbarkeit des Bodens andererseits fürten wol schon in früher Zeit hie und da zur Lockerung der feudalistischen Herschaft. Joseph II. aber brachte den Bauern zuerst wirkliche Erleichterung. So fonte z. B. der in Leibeigenschaft geratene Bauer schon bei Lebzeiten über sein bewegliches und unbewegliches Eigentum verfügen, auch von seinen Obliegenheiten auf immer sich frei kaufen, was bekantlich in Deutschland erst in der lezten Zeit der Leibeigenschaft gesezlich gestattet wurde. Der ungarische Bauer konte auch durch Erbschaft, Testament und Kauf sich Grundstücke erwerben und in den meisten Komitaten durfte ein Bauer bis zu vier Sessionen befizen.
Wir gedachten schon der freien Holzung, der Eichelmästung, der Weidebenuzung, die wol weit über Joseph I. hinausreichen. Bemerkenswert ist auch die gänzliche Taren- und Steuerfreiheit für den Fall eines Besizwechsels durch Erbschaft, Schenkung oder Kauf. In fast allen Ländern mußten dem Grundherrn für diesen Fall sehr bedeutende Gebüren( Laudemien), die sich bis auf 5 bis 10 Prozent des Wertes erhoben, entrichtet werden. Endlich zalte der ungarische Bauer auch keinerlei Art von Abzugsgeldern.
Die größere Freiheit des ungarischen Bauers mußte notwen digerweise geistig veredelnd auf ihn einwirken. Garve sagt in seiner Schrift über den„ Charakter der deutschen Bauern"( 1796): Der unfreie Bauer sei entweder ganz füllos, oder entfesselt roh, tückisch, in stetem geheimen Kampf mit seiner Herschaft betrügerisch, diebisch, für alle selbst woltätigen Neuerungen unempfänglich, unbesorgt um die Zukunft, despotisch gegen Kinder und Gesinde, Wolleben sei für ihn gleich Nichtstun und Uebermaß im Essen und Trinken. Der reich gewordene Bauer und der arme Fröner unterscheiden sich wenig in Bildung, Gesittung und Sprache, gingen auch nur miteinander um und hielten sich von den gebildeten Ständen fern. ( Fortsezung folgt.)
tanische Flotte die afrikanischen Seeräuber, die Flaggen ihrer heimatlichen Schiffe zu respektiren und die Gefangenen zu schonen; aber die Seeräuberei begann bald von neuem, namentlich gegen die Schiffe von Ländern, die den Piraten keinen Tribut zalten. 1827 nam endlich der langjärige, ebenso blutige wie erfolgreiche Krieg Frankreichs gegen Al gier , seinen Anfang, von dem sich jezt das kleine tunesische Nachspiel vollziet. Aber so hartnäckigen Widerstand auch die Araber jarhunderte lang den Angriffen der verschiedensten Staaten entgegengesezt haben, nie ist der Krieg von diesen wilden Volksstämmen mit einer solchen Erbitterung und einem solchen Fanatismus gefürt worden wie seit des Begins der französischen Invasion. Das Haupt, die Seele des Widerstandes war nunmehr 16 Jare lang eben der Mann, den uns unser Bild zeigt.
Sidi- el- Hadschi Abd- el- Kader Uled Mahiddin wurde um 1807 in der Ghetna, einer Unterrichtsanstalt unweit Maskara, als Sproß einer uralten Priesterfamilie geboren. Durch seine Studien und eine mit seinem Vater unternommene Pilgerfart nach Mekka erhielt er, noch sehr jung, den Beinamen des Heiligen oder Pilgers und komt in den Ruf besonderer Frömmigkeit. In seinem 20 Jare unternam er dann seine zweite Reise nach Aegypten . Da rückten die französischen Heere in Al gier ein und dieser Umstand veränderte seine Laufbahn, er wurde Krieger anstatt Priester. Daß seine von den Franzosen bedrängten Landsleute ihm damals schon vertrauten, beweist, daß dreißig Stämme ihn zum Emir von Maskara erwälten, in welcher Stadt er unter großer Begeisterung der Bevölkerung einzog. Seine unerschütterliche Baterlandsliebe und die Energie, mit welcher er den Kampf gegen die Feinde aufnam, verschaffte ihm das Vertrauen und die Liebe der Kabylen. Später ward er Sultan von Maskara. Wie gefärlich er den Franzosen war, beweist schon die eine Tatsache, daß diese gezwungen waren, 12 000 Bajonnette gegen ihn ins Feld zu schicken. Den Kampf eröffnete er am 3. und 4. Mai 1832 gegen die. unter französischer Herschaft stehende Provinz Oran. Blieb dieser erste Angriff, sowie noch mehrere darauf folgenden für ihn one Erfolg, so erschien er trozdem immer wieder auf dem Kampfplaze und brachte es soweit, daß er sich von 1832-33 alle Stämme zwischen Maskara und dem Meere unterwarf. Dadurch nötigte er dem französischen General Desmichels den Friedensvertrag vom 26. Februar 1834 auf, durch welchen seine Herschaft ausdrücklich anerkant wurde. Diesen günstigen Umstand nüzte er insofern aus, als er sofort daran ging, sich verschiedene noch selbstständige Voltsstämme zu unterwerfen. Die Franzosen , welche hierin mit vollem Recht eine Gefar für ihre Stellung erblickten, begannen den Krieg von neuem, holten sich aber zunächst eine Niederlage. Neue mili tärische Kräfte langten sehr bald von Frankreich an, das Kriegsglück schwankte, bis endlich der viel mächtigere Europäer die Kinder der Wüste besiegte. Trozdem wurde aber in dem neuen Friedensvertrage Abd- el- Kader als Herscher tatsächlich anerkant, wenn auch andererseits