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Der Leierschwanz lebt in Neusüdwales, hält sich dort in Buschwaldungen, auf hügeligen und felsigen Gründen, und zwar meist an Stellen auf, wo man wol seine laute, helle Stimme hört, aber ihn selbst nicht zu Gesicht bekomt. Wegen der Schwierigkeiten, welche zu überwinden sind, um zu dem Vogel zu gelangen, fent man auch seine Lebensweise sehr wenig. Er soll sich der Flügel selten bedienen, meist lausen und springen, und zwar mit großer Schnelligkeit, wobei er den schönen Schwanz lang ausstreckt. Seine Stimme soll außerordentlich biegsam sein, der gewönliche Lockton weitschallend und schrillend. Zudem soll er die Gabe besizen, Töne aller Art nachzuahmen; so z. B. Hundegebell, das Schärfen einer Säge, menschliches Lachen, Gesang und Gekreisch von Vögeln hörte ein Beobachter von einem und demselben Exemplar nachahmen. In der Brutzeit soll sich dieses Nachahmen noch steigern und er dann ein ganzes Heer von Vögeln ersezen. Er ist sonst gegen andre Vögel scheu, noch mehr aber fliet er den Menschen. Sie leben nur parweise zusammen, und man will beobachtet haben, daß zwei Mänchen, sobald sie sich begegnen, miteinander in Streit geraten. Seine Narung bilden Würmer und Kerbtiere, zu Zeiten auch Sämereien. Er nistet in holen oder dicht zusammenstehenden Bäumen oder in Gestrüpp an Abhängen der tiefen und schroffen Klüfte. Das Nest ist ein je nach dem Standorte aus den am leichtesten zu beschaffenden Stoffen bestehender großer, eiförmiger Bau, und etwa 60 Centimeter lang und 30 Centimeter hoch. Die Decke ist dachförmig leicht draufgesezt, der Eingang an der Seite. Das Weibchen legt nur ein Ei des Jares, das den Enteneiern an Größe gleicht, 60 Millimeter lang, 40 Millimeter dick und auf hell aschgrauem Grunde rötlich gefleckt ist. Das Weibchen brütet allein und wird wärend der Zeit auch nicht vom Mänchen gefüttert. Das Junge verläßt das Nest erst, wenn es 8-10 Wochen alt ist. Wegen seiner Scheu ist dem Vogel schwer beizukommen, läuft er ja doch nach dem ersten besten verdächtigen Geräusch davon. Auch hat es lange gedauert, bevor man ein junges Tier aufziehen konte, und erst im J. 1867 fam der erste lebende Leierschwarz im Tiergarten zu Regentspark an.
Kunterbunte Reminiszenzen.
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Ein schöner Gebrauch bei Hochzeiten herscht in DesterreichischSchlesien. Nachdem der Vorabend des Hochzeitstages sowol im Hause der Braut wie in dem des Bräutigams durch ein außerordentlich reichliches und gutes Gastmal, das bis spät in die Nacht hinein dauert, gefeiert worden ist, kommen mit Anbruch des Hochzeitstages selbst die Freundinnen und Gespielinnen der Braut in die Behausung der leztern, um im Verein mit der Brautjungfer sie zu schmücken. Bei dem Flechten der Hare und der Herrichtung des Kopfpuzes fingen sie, nicht in der gewönlichen, wehmütig stimmenden Weise der Slaven, sondern freundlich und frisch, warhaft zu Herzen sprechend, folgendes Lied:
,, Wir schmücken dich zum leztenmal, Du freiest nun nach deiner Wal, Von Burschen wirst du nicht geneckt, Dein schönes Har wird bald verdeckt. Am Wiesenplan, am Bache hin
Wirst du mit uns dann nicht mehr ziehn, An deines Mannes starkem Arm Besieh' nicht stolz den Mädchenschwarm. Lieb Weibchen wirst du dann genant: Viel Glück und Freud' im neuen Stand, Viel Glück und Freud' und niemals Leid, Dent' auch an uns, die Jugendzeit!"
Dr. M. V. Ueber Preise und Werte um die Mitte des 16. Jarhunderts gibt eine harzburger Amtsrechnung vom Jare 1545 interessante Aufschlüsse. Danach kostete ein Pfund Mandeln 3 Groschen, 1 Pfund Reis 1 Groschen 4 Pfennige, 1 Pfund Pfeffer 16 Groschen, 1 Pfund Jugwer 18 Groschen, 4 Pfund Safran 32 Groschen, 1/8 Pfund Muskatenblumen 10 Groschen, 1 Pfund Butter 1 Groschen 4 Pfennige, 100 Pfund Klippfisch 4 Gulden 15 Groschen, eine Tonne Heringe 7 Gulden 10 Groschen, ein Schock Heringe 10 Groschen, eine Tonne bortseld'sche Rüben 13 Gr., 1 Pfund Lichte 16 Pfennige, 1 Hammel 1 Gulden, 5 Pferde 77 Gulden 10 Groschen, 22 Kühe 93 Gulden 15 Groschen, 1 Faß österwieckisches Bier 34 Groschen. Dr. M. V. Die Gastwirte genossen nach mittelalterlichem Stadtrecht die zweifelhafte Ehre, jeden Montag das Necessarium des Bischofs ( heute Kommodität oder allenfalls auch Kloset genant) nicht blos reinigen zu lassen, sondern reinigen zu müssen.
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Dr. M. V.
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Ueber die Tracht und das Benemen der Richter im Amte enthalten schon die ältesten deutschen Reichsbücher aus dem 13. Jarhundert sehr eingehende Bestimmungen. Zufolge solcher Verordnungen, die sich selbst auf die Gebäude erstrecken, mußte der Richter auf seinem Stul welcher stets vierbeinig und je nach dem höheren Range der Richter reicher ausgestattet war ,, sizen als ein grisgrimmender Löwe, den rechten Fuß über den linken schlagen, angetan mit einem Mantel und one Waffen." Bei Androhung des Königsbannes war ihnen untersagt, irgend welche Kopfbedeckung oder Handschuhe zu tragen; dagegen hatten sie einen weißen( von der Rinde entblößten) Stab zu füren. Die Schöppen mußten mit Stäben und Mänteln und in einem eigentümlich gestalteten gelben Krempenhut erscheinen; in frühester Zeit waren die lezteren auch mit Messern versehen, welche Bestimmung jedoch späterhin aufgehoben wurde. Dr. M. V.
Aus allen Winkeln der Zeiffiteratur.
Deutsche Wissenschaft in Japan . Wie man aus Yeddo mitteilt, sind an der dortigen Universität, die von der japanischen Regierung begründet wurde, um den einheimischen Studenten das Studium der in Europa blühenden Wissenschaften in der Heimat zu ermöglichen, die englischen und französischen Lehrer entlassen worden und sind nunmehr alle Lehrer deutsche. Die Professoren der drei Nationalitäten hatten in ihrer Muttersprache gelehrt und man gibt nicht an, ob dadurch die Sprachverwirrung zu groß wurde und zu dem Schritt der Entlassung der genanten beitrug, oder ob sich die deutschen Lehrer als solche vor ihren englischen und französischen Kollegen in den Augen der Japanesen derart auszeichneten, daß sie den Vorzug erhielten. Mit Ausname der Teologie sind alle Studienzweige an der Universität zu Yeddo so vertreten wie in Berlin oder Heidelberg und zält diese Lehranstalt über 1000 Studenten, die sich die Berechtigung derselben durch einen sechsjärigen Kurjus auf dem deutschen Gymnasium erwerben müssen. Die Mehrzal der Studenten studirt Medizin. Der japanische Unterrichtsminister ist ein deutscher Professor. Die Bezalung der Professoren soll bestehen in Reisekosten nach Yeddo und zurück, ein Haus mit Garten und ungefär 24 000 Mark järlich. Auch die Chinesen sollen in Peting eine deutsche Universität gründen.
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Die Dummen werden nicht alle, so möchte man ausrufen, wenn man hört, daß nachfolgende Geschichte noch gläubige Leser findet. Jtalienische Blätter veröffentlichten vor kurzem eine Prophezeiung des im 14. Jarhundert verstorbenen Leonardo Aretino , nach welcher der Weltuntergang für den 15. November 1881 vorausgesagt wird. Die Katastrophe soll demnach 15 Tage andauern und sich nach folgendem Programm vollziehen: Am 1. Tage überschreitet das Meer seine Grenzen und dringt am 2. in das Innere der Erde; am 3. Tage sterben alle Fluß- und am 4. alle Seetiere; am 5. die Vögel; den 6. Tag stürzen die Häuser und den 7. die Felsen ein; am 8. große Erdbeben, am 9. Zusammensturz der Berge, am 10. sollen alle Menschen stumm werden, am 11. Tage öffnen sich die Gräber, am 12. regnet es Sterne, am 13. sterben alle Menschen( wie dies ein Mensch 12 Tage lang aushalten soll, wissen die Götter!), am 14. brennen Himmel und Erde und am 15. erfolgt endlich die Auferstehung und das jüngste Gericht. Man braucht beim Lesen dieser Weltuntergangstagesordnung garnicht zu viel Nachdenken zu verschwenden, um den Unsinn herauszufinden. Es ist deshalb interessant, zu erfaren, daß die österreichische Polizei am 17. Juni die Nr. der grazer ,, Morgenpost" konfiszirte, welche das vorstehende zum Abdrucke brachte. Lose Zungen behaupten in den liberalen Zeitungen, sie könne dies nur getan haben, weil durch den Einsturz von Himmel und Erde auch die österreichische Verfassung durch Umsturz bedrot würde und der Umsturz im Staatsleben zu den gemeingefärlichsten Bestrebungen gehöre.
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Bierverbrauch in Frankreich . Die Franzosen scheinen noch gar nicht zu wissen, daß der Biergenuß dumm" macht, denn der Konsum dieses deutschen Nationalgetränks steigert sich dort von Jar zu Jar. Wärend Paris 1853 faum 7000 Hektoliter verbrauchte, trant es 1864 schon 40 000 und jezt bereits 300 000 Hektoliter des edlen Gerstenstoffes. 1880 foftete Frankreich der Bierimport 15 millionen Franken . Dagegen erzeugen die französischen Brauereien ca. 8 millionen Hektoliter und zalen 15 millionen Franken Steuern. Der Bierkonsum beträgt in Frank reich pro Kopf järlich 21 Liter und es nimt demnach hierin unter den europäischen Ländern die drittlezte Stelle ein. Nach ihm komt Schweden und Norwegen mit 15 Liter und Rußland mit 2 Liter pro Kopf im Jare.
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Inhalt. Herschen oder dienen? Roman von M. Kautsky( Fortsezung).- Universitätsleben und Universitätsfreunde. Eine Erinnerung von J. D. H. Temme( Fortseßung). Die ungarische Adelsherschaft. Kulturgeschichtliche Stizze von C. Lübeck( Fortsezung). Unter griechischen Ruinen. Gedicht von Max Vogler. Abd- el- Kader und Mohammed Es Sadok Pascha, Bey von Tunis ( mit Porträts). Der Leierschwanz ( mit Illustration). Kunterbunte Reminiszenzen: Ein schöner Gebrauch bei Hochzeiten. Ueber Preise und Werte im 16. Jarhundert. Die Gastwirte nach mittelalterlichem Stadtrecht. Ueber die Tracht und das Benemen der Richter im Amte. Aus allen Winkeln der Zeitliteratur: Deutsche Wissenschaft in Japan . Die Dummen werden nicht alle. Bierverbrauch in Frankreich .
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Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser in Gohlis - Leipzig ( Mödernsche Straße 30 d). Druck und Verlag von Franz Goldhausen in Leipzig .
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