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Raphael Mengs  ( Siehe Porträt S. 508.) Einer der gefeiertste n Künstler seiner Zeit war Raphael Mengs  . Selten ist wol aber auch ein Mensch von der frühesten Jugend auf derart zu seinem fünftigen Lebensberufe vorbereitet worden, wie dieser bedeutende Zeitgenosse und Freund Winkelmanns. Am 12. März 1728 in Aussig   in Böhmen   ge­boren, gab ihm sein Vater, der selbst Maler war, schon die Vornamen Raphael   und Anton zum Andenken an Raphael   und Correggio  , die er besonders verehrte. Der so schon dadurch zu seiner künstlerischen Lauf­bahn bestimte Raphael erhielt denn auch kein anderes Spielzeug in die Hand als Bleistift, Papier 2c. und war noch nicht 6 Jare alt, als er von seinem Vater bereits Zeichenunterricht erhielt. Nachdem er zwei Jare das Zeichnen vom Grund auf hatte üben müssen, mußte er in Del malen, später gab ihm sein väterlicher Lehrmeister Unterweisungen in der Chemie und in der Schmelz  - und Miniaturmalerei. Als er hierin allmälig Fortschritte machte, muß er sich im Zeichnen noch mehr ver­vollkommen und erfüllt jeden Tag die Aufgabe, zwei Figuren von Raphael oder Correggio   zu kopiren. Zu diesem Unterricht gesellt sich noch der in der Perspektive und Anatomie und mit dem 12. Jare zeichnet er nach antiken Figuren. Dabei wurde er von seinem Vater sehr streng gehalten und mit seinen Geschwistern förmlich eingesperrt; nur des Nachts durfte er in Gemeinschaft mit diesem ins Freie gehen. Dieselbe Strenge ließ sein Vater auch obwalten, als er in Gesellschaft mit demselben 1741 nach Rom   fam. Zunächst ward ihm dort die Auf­gabe, den Laokoon und den Torso im Belvedere, dann die Fresken Michelangelos   in der sirtinischen Kapelle und nachher die Meisterwerke Raphaels im Vatikan   zu studiren. Ja sein Freund Prange sagt sogar in seinen ,, Merkwürdigkeiten aus dem Leben Mengs  ", daß sich hier die Strenge des Vaters allein auf den jungen Künstler konzentrirt hätte, denn er schaffte ihn früh nach dem Vatikan  , bestimte, welche Arbeit er bis Abend fertig bringen mußte und ließ ihn dann bei einer Flasche Wasser und einem Brode allein, um ihn abends abzuholen und strenge Rechenschaft zu fordern. Diese etwas despotische Erziehungsmetode hat denn nach den Angaben des genanten Autors für Mengs   auch seine üblen Folgen gehabt, indem der leztere zeitlebens Furchtsamkeit und bäurisches Wesen nie ganz abgestreift hatte. Von Rom   nach Dresden  zurückgekehrt, lenkt der noch junge Künstler durch einige gut gemalte Porträts die Aufmerksamkeit des Königs August III.   auf sich und wird zu dessen Kabinetsmaler mit 600 Taler Gehalt und freier Wonung er­nant. Bereitwilligst wird ihm auch seine Forderung, troz dieser Stellung nach Rom   gehen zu dürfen, um dort seine Studien fortsezen zu können, bewilligt und er macht sich bald auf die Reise und besucht die Akademie und die anatomischen Vorlesungen. Nach vierjärigen Studien vollendet er dann sein erstes größeres Gemälde ,,, Die heilige Familie", mit dem er großes Lob erntet. Verschiedene Anerbietungen, die man ihm infolgedessen in Rom   macht, weist er zurück und kehrt, nachdem er sich noch verheiratet, Ende 1749 nach Dresden   zurück. Hier hat er aber bald wieder unter der Herschsucht seines Vaters zu leiden, der nicht allein seinen ganzen Erwerb einſtrich, sondern ihn auch eines schönen Tages one alle Subsistenzmittel und Möbel auf die Straße sezte. Von seinen Freunden wird er jedoch reichlich unterstüzt und erhält außerdem vom König eine schöne Wonung, außerdem den Titel eines ersten Hof­malers mit 1000 Talern Gehalt. Mit Geschenken und Ehrentiteln wird er überhäuft. Rom   übte jedoch eine zu starke Anziehungskraft auf ihn aus und so get er bereits im Früjar 1752 mit Weib und Kind nach dort, hauptsächlich um dort das große Altarbild für die eben im Bau fertig gewordene dresdner   Hofkirche zu malen. Die römische Luft übt außerdem ihre günstige Wirkung auf seine angegriffene Gesundheit. Um Raphael   gründlich zu studiren, kopirt er dessen ,, Schule von Athen  ". Die Arbeit an dem begonnenen Altarbilde muß er jedoch vorläufig ein­stellen, da durch den Ausbruch des 7 järigen Krieges sein dresdner Jaresgehalt wegblieb. Um sich die Subsistenzmittel zu verschaffen, strebte er nun hauptsächlich darnach, bekant zu werden und sich Privat­fundschaft zu erwerben. Das war auch der Grund, welcher ihn ver­anlaßte, ein großes Freskobild am Deckengewölbe der Kirche St. Eusebio zu malen und zwar für einen Spottpreis. Die Genugtuung, welche er durch den Beifall, den das Werk fand, erhielt, wurde allerdings wieder durch die gegen ihn am dresdner Hofe angezettelten Intriguen_ge­trübt, die Folge dieser Leistung war aber, daß er verschiedene Auf­träge von reichen Privatpersonen unter anderem auch von dem bekanten Kardinal Albani erhielt. Als aber der ihm wolwollende König von Ne­ apel   unter dem Namen Karl III. den spanischen   Tron bestieg, da wurde Mengs   von diesem, zur selben Zeit als er die feste Absicht hatte, sich dauernd in Rom   niederzulassen, aufgefordert, als Hofmaler an den Hof von Madrid   zu kommen. Er nimt den Ruf an und landet 1761 in Spanien  . Neben einem hohen Gehalt wird er hier von vielen Seiten bewundert und gefeiert, vom Könige protegirt, von anderen allerdings auch beneidet und verleumdet. Die Kämpfe mit seinen Neidern und seine hier entfaltete folossale Produktivität erschüttern aber seine Ge­sundheit derart, daß er beim Könige sich die Erlaubnis zu einer Reise nach Rom   wo seine Familie bereits seit einiger Zeit weilt- er= bittet und von dem dieses sein Gesuch auch gewärt wird. Er kam jedoch nur bis Monako, stellte dort schnell seine Gesundheit wieder her und arbeitete fleißig weiter. Große Freude machte ihm der ruhmvolle Auftrag des Pabstes Clemens XIV.  , im Vatikan   verschiedene Gemälde auszufüren. Drei Jare lang schafft er an diesem Werk und kehrt dann endlich wieder nach Madrid   zurück, von wo er nach zweijärigem Ver­bleib wieder nach Rom   reist. Die angestrengteste Tätigkeit, der Kampf

mit seinen Feinden, sowie der Kummer über den Tod seiner geliebten Frau untergraben seine Gesundheit noch mehr. Dabei beging er den Feler, seine Krankheit von einem Landsmann heilen lassen zu wollen, der aber durch seine Quacksalbereien seinen lezten Lebensrest noch ver­nichtete. Sein leztes großes Werk ,,, Die Verkündigung Marias", mußte er unvollendet zurücklassen, als er am 29. Juni 1779 starb. Beerdigt wurde er in Begleitung der Professoren der Malerakademie in St Luca  in der Pfarrei St. Michele  , aber sein in Erz gegossenes Bildnis wurde neben dem Denkmal Raphaels im Panteon aufgestellt. ( Schluß folgt.)

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Unrettbar verloren.( Bild S. 509.) In änliche aber ebenso fatale Lage wie der Bedauernswerte auf unserem Bilde ist wol schon manch anderer gekommen, der seinen Bedarf an Schuhwaren in den Magazinen kaufte, wo das ,, Billig" jedem Käufer schon aus der Ferne entgegenwinkt, dem das ,, Schlecht" aber zumeist sehr bald- und zwar hier buchstäblich! hier buchstäblich! auf dem Fuße folgt. Zur Beruhigung für die Zünftler und Schuzzöllner versichern wir jedoch auf das ausdrücklichsie, daß unser Opfer keineswegs bei dem ,, billigen Mann" ,, hereingefallen" ist nein, er hat sich im Gegenteil die jezt dem prüfenden Auge des Sachverständigen unterworfenen Stiefel aus sehr derbem Rindleder an­fertigen lassen und das obendrein noch bei einem alten zünftig geprüften Meister. Aber es get ihm wie jezt so vielen Reisenden, er irrt seit vollen 8 Monaten beschäftigunglos und arbeitsuchend auf den Land­straßen umher und da ist es denn kein Wunder, wenn die dicken Solen samt dem derben Oberleder allmälig kaput gegangen sind. Das hier keine Rettung mehr ist, sagt uns Blick und Haltung des Meisters sowie das schadenfroh lächelnde Gesicht des Gesellen. Ja wir würden nicht einmal an dem ,, unrettbar verlorenen" Objekt die Spuren gräulichster Ver­wüstung warzunemen brauchen die eine Tatsache, daß der um Rat ge­fragte Meister zu seiner Untersuchung des Tatbestandes nicht einmal seine Brille braucht, spricht zu deutlich für die Hoffnungslosigkeit unseres ,, armen Reisenden". Die Aussicht, welche sich ihm darbietet, der kein Geld, vorläufig gar keine Aussicht auf Arbeit hat, kent jedermann das ,, Unrettbar verloren!" hat ihm seine Situation nur zu klar ge­macht und verfolgt ihn auch, nachdem er die kleine Schuhmacherwerk­statt verlassen, gespenstisch auf Weg und Steg.

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-r- Jm Jare 2280. Der christlich- soziale Wanderprediger Stöcker tam jüngst nach Leipzig  , um über große Aufgaben in großer Zeit" eine kleine Rede zu halten. Der vielen Worte kurzer Sinn und Inhalt war die Mahnung: ,, Werdet wie die Engel, ihr Menschen, dann ist das Himmelreich auf Erden," ein Saz, gegen dessen Richtigkeit sich schwerlich etwas Vernünftiges einwenden ließe, wenn Herr Stöcker uns armen Menschen nur klar und bestimt angeben wollte, wie wirs anzu­fangen haben, um Engel zu werden. Gegen Ende der überaus wort­reichen, aber herzlich gedankenarmen wenn schon gutgemeinten Abend­predigt erhob sich der Apostel zum Propheten: er orakelte, wies wol ums Jar 1891 in der Welt im allgemeinen und in Deutschland   im besonderen aussehen möchte, und weissagte, Deutschland   müsse zugrunde gehen, wenn die Deutschen   nicht alle Mitglieder der christlich- sozialen Partei würden, denn Deutschlands   Zukunft liegt entweder in der christ­lich- sozialen Partei, ihren Arbeiten, Bestrebungen, Erfolgen oder im Abgrunde( sic!)." Sonderbarer Schwärmer, um so sonderbarer, als merkwürdigerweise die Erde im allgemeinen und Deutschland   im besonderen schon einige Jare one, ja sogar vor Stöcker und seiner Partei bestanden haben soll. Man braucht kein leichtsinniger Bekenner jenes frivolen Wortes: ,, Nach uns die Sintflut" zu sein, um solche oberflächlichen Berechnungen und willkürlichen Prophezeiungen für das zu halten, was sie wirklich sind, für absurd und unsinnig. Doch was will Herr Stöcker mit seiner Ausschau auf das Jar 1891? Er ist ein Waisenknabe im Vergleich zu dem Engländer William Delisle Hay, der uns ein vielseitiges Buch über über das Jar 2280 geschrieben hat und uns ganz genau berichtet, was den Leuten des 19. und der fol­genden Jarhunderte noch bevorstet. Mit diesem Buche in der Hand verliert man wirklich den Boden unter den Füßen und fliegt erhaben über allen irdischen Jammer dem Himmel zu. Auch der jüngst ver­storbene Littré erging sich zuweilen in Zukunftsphantasien, aber die waren so düsterer, trübsinniger Art, so vom pessimistischsten Pessimismus durchweht, daß einem beim lesen angst und bange werden fonte ob der Zukunft der Menschheit und daß man Gott dankte, nicht sein eigener Enkel sein und werden zu können. William Hay konstruirt auf dem festen Boden der exakten Wissenschaft ein ganz anderes, glänzendes her­liches Bild: alles Fürchterliche ist verschwunden, Freude und Wonne, Licht und Leben allüberall. Bedenklich macht den Propheten einzig und allein die riesige Vermehrung des Menschengeschlechts: trozdem daß durch Kriege mit furchtbaren Zerstörungsmaschinen, mit Revolvern und Ka­nonen, die ins Unendliche trugen, mit Torpedos, die ganze Festungen vernichteten, mit künstlichen Erdbeben und vulkanischen Eruptionen, mit giftregnenden Luftschiffen u. s. w. ganze Völker niederer Rassen: Neger, Chinesen, Japanesen u. s. w. geradezu vertilgt worden und daß schließ­lich die kaukasische weiße Rasse allein den Erdboden bevölkert, zält das Jar 2280 nicht weniger als 128 milliarden Erdbewoner, für welche, um sie bequem unterzubringen, die Kleinigkeit von 4 millionen engl. Quadratmeilen nötig ist. Da nun aber von der auf 60 millonen

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