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Ein Blick auf ihren Gatten und dessen in diesem Augenblicke ganz verzweifeltes Gesicht ließ sie in heller Angst aufschreien: ,, Um Gott, Edmund, was hast du? Was ist dir?" Toten blässe bedeckte das Gesicht des Professors; er glitt vom Stul herunter, one daß ihm jemand so schnell beispringen konte. Wärend Frau Dorotea, Jutta und Mansfeld   den Onmächtigen mit Heil­tropfen und faltem Wasser zu neuem Leben zu erwecken versuchten, erschallte auf dem Korridor Sporengeklirr und rascher Schritt. Die Tür öffnete sich, und in derselben erschien Graf Ernst von Mansfeld  , den wir in der Hofburg zu Wien   verlassen haben. Soeben kam auf dem Lehnstule Professor Rauek wieder zu sich, als der Gast seinen Son, der ihm jubelnd und voll Tränen in den Augen entgegengeeilt war, mit Freuden umfaßte. ,, Wolehrsame Frau Professorin", fragte dann der Gast be­sorgt ,,, was ist mit ihrem Gatten geschehen?"

Hochwerter Herr Graf", entgegnete die Gefragte fummervoll, ,, ich weiß es selbst noch nicht; es kam so plözlich!

,, Nun", tönte jezt matt die Stimme des Hausherrn vom Lehnstule her, Ihr müßt es ja doch einmal wissen: Dorotea, erschrick nicht, ich bin entlassen, abgesezt, kassirt, wie Ihr wollt; wir sind brotlos zur Stelle!"

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Frau Dorotea barg das Haupt zwischen den Händen, Jutta schluchzte still vor sich hin. Graf Mansfeld machte ein bitter­böses Gesicht, seine Hände ballten sich und er flüsterte:

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Chiosottische Fischer.( Siehe Illustr. S. 556.) Dreiundeinhalb Meilen von Venedig   liegt am Adriatischen Meere auf einer der Chioggia­inseln das alte Fossia Claudia der Römer, jezt Chioggia  ( spr. Kiotscha) genant, eine Stadt, die gleich Venedig   auf Pfälen erbaut ist. Eine große, auf 43 Bögen ruhende 1337 Fuß lange Brücke verbindet sie mit dem Festlande. Außer dem lebhaften Handel und den großen Salz­schlämmereien, welche die Tätigkeit ihrer 27 000 Einwoner in Anspruch nemen, beschäftigen sich diese auch viel mit dem Fischfang, und unser heutiges Bild stellt uns in den kräftigen Gestalten zwei solcher Fischer vor, die nach ihrer Heimat den Namen Chiosotten erhalten haben. Als die ersten Fischer der Adria   bekant, begnügen sich diese jedoch nicht mit den reichen Schäzen, welche ihnen das Adriatische Meer an ihrer heimat­lichen Küste an Thunfischen, Sardellen, Makrelen, Brachsen, Meeralen, Schwertfischen 2c. bietet, sie gehen bis an die Küste von Istrien und Fiume und zwar oft auf drei bis vier Monate. Unsere beiden zeigen uns in den breiten Körben die Beute ihres nassen Gewerbes aus dem Meerbusen von Guarnero. Weder der Bora  ( ein verherender Nordost wind auf dem Adriatischen Meere) noch der schwüle und gefärliche Sirocco vermögen sie von diesen Farten abzuhalten, fie arbeiten im Gegenteil wärend des größten Sturmes ruhig weiter. Konkurrenz finden sie hierin wenig, am allerwenigsten aber von den Bewonern des Küsten­landes Istrien, welche der Fischerei keinen Geschmack abgewinnen. Wo daher in dortiger Gegend das Segel einer Fischerbarke in Sicht ist, tann man sicher annemen, daß diese einem Chiosotten gehört. Vier bis acht davon gehören meist einem Eigentümer, in dessen Dienst die übrigen Fischer stehen.

nrt.

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Die Pfaffen, die Pfaffen!"

" Ganz richtig", meinte der Professor sich aufrichtend ,,, ich sprach ein gefordertes wissenschaftliches Gutachten zu Ungunsten des beabsichtigten Restitutionsediktes aus: Heute Morgen bekomme ich persönlich Nachricht durch den Dekan: Seine herzogliche Gnaden sähen sich veranlaßt, mich auf besonderen Wunsch Seiner kaiser­lichen Majestät meiner Stellung one weiteres zu entheben. Natür­lich, die Kurwürde lockt ihn, da muß er mich ja gehen lassen. Das ist alles!"

Ja, ja!" nickte der Graf. Nun tröstet Euch, mein wolehr­ſamster Herr Professor. Da fällt mir ein: der Administrator von Magdeburg   ist mir sehr befreundet und verpflichtet; ich schreibe Euch einen Brif, und Ihr gebt denselben persönlich ab. Ziehet getrost dorthin, er wird Euch eine Eurer würdige Stellung ver­schaffen. Frau Dorotea wird auch noch einen Notpfennig zurück­gelegt haben und ich, nun Freunde, schämt Euch des nicht,- als ein Darlehn als ein Darlehn nur," fur er beschwich­tigend fort, indem er zwei Röllchen auf den Tisch legte und der Professor eine abwehrende Bewegung machte diese 50 Du­faten von mir zu nemen; es ist ehrlicher Kriegssold!" Erheitert schon sprach Frau Dorotea:

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,, Gott   segne Eure Güte, Herr Graf; er segne es Euch an Eurem Knaben!"

( Fortsezung folgt.)

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zog, war auch der klassischen Bildnerei des griechischen Altertums und dessen Gefolge auf den Gebieten der bildenden Künste unter der Römer­herschaft der Krieg erklärt worden. Die Menschheit hatte sich durch die materialistische Lebensweise den Magen verdorben und verfiel, als sie Hand zur Besserung anlegte, in das andere ebenso verwerfliche Extrem, indem sie allem fleischlichen entsagte, im Fasten und Beten ihr Heil erblickte und suchte. Daß bei solchen Maximen die Grundsäze helle­nischer Kunst und Wissenschaft ebenfalls außer Kurs geraten mußten, ist nur zu selbstverständlich, und so machte sich denn auch auf dem Ge­biete der Architektur, der Skulptur und Malerei die für das profane Leben eingefürte Askese geltend und fand namentlich in der gotischen Bau­kunst ihren sprechendsten Ausdruck. Hatte anfangs der romanische Stil noch bedeutende Momente der Antike in sich aufgenommen, so ver­schwanden diese mit der strengeren und auf die Spize getriebenen Durch­fürung der Gotik mehr und mehr. Die Wand als raumabschließendes und das Gebälk tragendes Glied wurde allmälich von großen Fenstern durchbrochen und in schlanke, aufstrebende Pfeiler aufgelöst, und die Decke, dieser Abschluß nach oben, wandelte sich in den riesigen, himmel­hoch strebenden Spizbogengewölben um. Die Gotik zeigt uns ein Knochengerüst one Fleisch", sagte vor nicht langer Zeit ein namhafter Kunstschriftsteller, und er hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Um jene Zeit nun, als der gotische Stil im Norden dominirte, wurde er auch von einem deutschen   Meister in Italien   eingefürt. Es war die Kirche S. Francesco zu Assisi  , welche von Jakob um 1228 bis 1253 in diesem Stile erbaut wurde. Bei einer Anzal öffentlicher und profaner Bauten machte sich bald die Gotik mehr oder weniger geltend, und dazu gehört auch die Katedrale von Siena  , wie wir schon an deren Fassade sehen. Freilich zeigt uns dieser Bau auch, und er mag als Die Katedrale in Siena.  ( Siehe Illustr. S. 557.) Siena  , in Beispiel dafür gelten- daß der dadurch zum Ausdruck gebrachte Geist Mittelitalien   in malerischer Lage auf und an Hügeln erbaut, war einst denn doch nicht imstande war, das durch Klima und Tradition ganz im Mittelalter eine mächtige Republik   und wärend der Kämpfe der anders geartete und von den Nordländern ganz verschieden denkende Guelfen und Ghibelinnen das Haupt der Städte, welche zur Partei und fülende Volk der Italiener ganz gefangen zu nemen. Die Antike der lezteren zälten. Es soll im Jare 1260 über 160 000 Einwoner macht ihren Einfluß immer noch geltend und zwar in der Art der beherbergt haben, und seine Ringmauern sollen von 38 Toren durch- Ueberdachung und im Charakter der Wand. Mildes Klima und die brochen gewesen sein. Als Handelsstadt, die besonders die Wollfabri- Sitte des Landes tragen dazu bei, daß die hohen, spizen Dächer weg­fation betrieb, hatte sie einen geachteten Namen; der im Süden ge- fallen; das Mittelschiff erhebt sich demnach nur wenig über die Seiten­legene Hafen von Telamone war in ihrem Besiz. Jezt freilich sind schiffe. Sind die Oberwände mit kleinen, meist runden Fenstern durch­die Mauern zerbröckelt, da wo sie früher standen, liegen jezt Del- brochen, so zeigt auch die in Funktion gebliebene Hauptwand kleine, gärten und Getreidefelder- ihr republikanisches Staatswesen hat einer schmale Fenster, welche bei der Klarheit des italischen Himmels dem Provinzialverwaltung( Toscana) Seiner Majestät des Königs von Jta- Innern Licht zur Genüge zufüren. Das schlanke Pfeilerwerk und die lien plazmachen müssen, und seine Einwonerzal wird nur auf ca. 22 000 Strebebögen fallen fort oder werden doch auf ein geringes Maß be­Köpfe geschäzt. Aber so viel auch von diesem Gemeinwesen im Lauf schränkt. An Stelle der Strebepfeiler bleiben die im romanischen Stil üblichen Lisenen. So bieten denn die mächtigen Wandflächen dem der Jarhunderte den Weg alles Fleisches gewandelt ist, die nicht un­wichtigen, ja sogar die beredetsten Zeugen des Reichtums und der Macht- Maler und dem Skulpteur die günstigste Gelegenheit zu seiner Kunst­stellung Sienas, eine große Anzal großartig schöner monumentaler Bau- tätigkeit. Großartige Fresko- und Delmalereien, sowie Marmormosait­bilder bedecken diese und gestalten den Raum zu großartiger Pracht. werke, öffentliche und Privatbauten, sind der Jeztzeit erhalten worden, um den Ruhm und den Kunstsinn der dahingegangenen Geschlechter Dabei behält der Rundbogen Geltung neben dem Spizbogen, die so beliebte Kuppel erhebt sich über dem Langbau, daneben drängen sich zu verkünden und zu erhalten. Und unter allen diesen ragt wieder eines majestätisch hervor: die Katedrale, an der viele, zum teil die be- gotische Einzelheiten, wie Krabben, Fialen u. s. w. hervor. Aber die rühmtesten Meister Italiens  , wir nennen nur die Namen Nicola und Gotit bringt es nicht zu einem fonsequent entwickelten organischen bon 1284-1537 ar- System, sie bringt, wie Lübke richtig sagt, es nur zu einer im dekora­Giovanni Pisano, Donatello und Pinturicchio  tiven Sinn gesteigerten Umbildung der früheren Bauweise". Man be­beiteten. Das Gebäude selbst ist noch älter; es soll schon 1012 auf dem heutigen Plaze gestanden haben. Mit der Einfürung und Be- trachte sich nur unsre Illustration, und man wird an der skizzenhaften festigung des Christentums, das als naturgemäße Reaktion gegen das Wiedergabe jenes Bauwerks das schon bestätigt finden, was wir eben ausgeartete und in Ueppigkeit und Schwelgerei versunkene Römer- gesagt. So reich die Vorderfassade mit gotischem Ornament geschmückt tum gegen das leztere sowol wie gegen das urwüchsige patriarchalische ist, die Gotik fungirt doch nur als Schmuck, die Struktur des Baues Leben der Heiden in den Urwäldern Germaniens   mit Glück zu Felde selbst zeigt nichts weniger als gotischen Stil, und dabei erhebt sich am

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