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mein verbreitete Zweckmäßigkeit nicht zu leugnen; sie bestet als eine Tatsache, nicht nur als Dentresultat in uns, relativ" und bedingt, sondern außer uns als reale Erscheinung, und keinem Vernünftigen ist es je eingefallen, sich dagegen die Augen zu verschließen. Die organische, für die Erhaltung der Individuen oder der Gattung fast durchweg gut geeignete Ausrüstung der Tiere und Pflanzen ist bekant. Doch wies der Widerspruch, daß die Welt im einzelnen zweckmäßig, im ganzen zwecklos, ja zweck widrig ist, schon darauf hin, daß die Zweckmäßigkeit im einzelnen nicht zu Gunsten eines teleologischen Weltprinzips, einer„ allwaltenden Vernunft" gedeutet werden durfte. So beispielsweise mußte es höchst widerspruchsvoll genant werden, daß die von einer allmächtigen Intelligenz beabsichtigte und geschaffene Zweckmäßigkeit nicht bald diejenige Ausdehnung befizt, um das fortwärende gegenseitige Auffressen innerhalb der Tierwelt, den Menschen mit inbegriffen, zu verhindern, und die Ernärung der Organismen auf andere, weniger schmerzliche, weniger unharmonische Weise zu ermöglichen. Nicht minder schreiend war der Widerspruch, daß die Welt der Organismen von einem gütigen und allweisen Geist nur darum so kunstvoll konstruirt worden wäre, um schließlich ein Raub der Kälte beim weiteren Erkalten unserer Weltkörper zu werden, welcher Wandel in den kosmischen Zuständen so gut eine festgestellte Tatsache ist, als jene Zweck mäßigkeit.
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Bei genauerer Untersuchung der speziellen Zweckmäßigkeiten und des Bereiches der Zweckmäßigkeit überhaupt ergibt sich indessen, daß überall, wo eine Vereinigung von Stoffen, Kräften oder Bewegungen als ein dauerndes Ganzes, als einheitliches System erscheint, das aber als solches gleichwol durch äußere oder innere Vorgänge zerstört und aufgehoben werden kann - daß jedes derartige System stets mit denjenigen inneren und äußeren Erfordernissen ausgerüstet ist, welche hinreichen, um dasselbe bei gewöhnlichen Umständen vor Zerstörung von Seiten äußerer oder innerer Einflüsse eine Zeit lang zu bewaren, resp. den zeitweisen Bestand zu garantiren. Die Stämme der Bäume sind unten an der Wurzel um so viel dicker als oben und von solcher Festigkeit, um die Bedingungen der Widerstandsfähigkeit für gewöhnliche Verhältnisse zu erfüllen, wärend für außerordentlich heftige Stürme jene Widerstandsfähigkeit nicht genügt. Der Tiger befizt alle Eigenschaften, um sich selbst zu erhalten im reichsten Maße: schärfste Sinne, größte Gewantheit, Kraft; jedoch gegenüber der Wirkung einer wolgezielten Büchsenkugel ist seine Konstitution nicht zweckmäßig genug.
In jenem unscheinbaren, von niemand bestrittenen Saze nun, daß das Zweckmäßige nur Aussicht hat, sich in einem Chaos feindlicher, störender und vernichtender Einflüsse zu erhalten, hingegen alles in Beziehung auf diese Einflüsse Unzweckmäßige mit Notwendigkeit früher oder später untergehen muß, ist eins der fundamentalsten Erkentnisse unserer Naturwissenschaft enthalten und in ihm liegt zur Hälfte die Lösung des teleologischen Problems. Vergegenwärtigt man sich die gemeine Tatsache, daß jedes System, jede Vereinigung von Stoffen durch innere oder äußere Vorgänge alterirt, wie auch zerstört werden kann, so erscheint es als natürliche Bedingung, daß alle derartigen zerstör baren Vereinigungen, die wir tatsächlich als fortdauernd existirend in der Welt antreffen, mindestens mit denjenigen Organen und Eigenschaften ausgestattet sein müssen, welche all' jenen Borgängen gegenüber für gewöhnlich die Fortdauer ermöglichen.
Diese Organe und Eigenschaften werden um so komplizirter, mannigfacher, vielseitiger anzutreffen sein, je komplizirter, mannig facher und zalreicher die Einflüsse sind, welche die Fortdauer eines solchen Systems gefärden. Und um so einfacher werden im all gemeinen die schüzenden Einrichtungen der Systeme sein dürfen, je einfacherer Natur und geringer an Zal die störenden Mächte selbst sind.
Die ganze Welt, soweit Zweckmäßigkeit zu beobachten, zeigt nun wirklich diese Regeln. Für die organische Natur bilden die Menschen und Tiere, also die bestens ausgerüsteten Wesen selbst, einen wichtigen Teil der gefärlichen und zwar die allergefärlichsten Faktoren, und daher sehen wir auch in der organischen Natur die Zweckmäßigkeit am vollendetsten ausgebildet. In dem wilden, vom ersten Beginn des organischen Lebens an gefürten Kampfe zwischen den verschiedenen sich gegenseitig verfolgenden, verbrauchenden Organismen fonten sich nur die befähigten, zur Eri stenz geeignetsten Geschlechter in unsere Gegenwart herüberretten, wärend alles Unzweckmäßige oder nicht genügend Zweckmäßige untergegangen ist.
Es ergibt sich hieraus zur Evidenz, daß das Vorhandensein aller, selbst der höchsten Zweckmäßigkeit in der Natur zur Hälfte das Schlußresultat eines einfachen, rein mechanischen Prozesses ist, bei dem auch nicht die Spur von Beteiligung weder einer panteistischen, noch einer monoteistischen Weltvernunft erkenbar wird. Gelingt es nun noch der Naturwissenschaft, das Entstehen organischer und anderer Gebilde des Stoffes, wie deren Veränderung im allgemeinen, das Wachsen und die Vererbung im besonderen als mechanische Wirkung der unzerstörbaren Materie und ihrer Eigenschaften, vielleicht der chemischen und physischen Anziehung, der Wärme, der Elektrizität u. f. w. zu erklären- in welcher Richtung in unserm Zeitalter die größten Fortschritte gemacht wurden so sind die größten Wunder der Natur auf die einfachen Säze der Mechanik, der Lehre von der Wirkung und Gruppirung der Materie, zurückgefürt.
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Als blos vorübergehende Gestaltungen des Stoffes müssen auch jene großartigen Systeme aufgefaßt werden, auf deren Gliedern bei geeigneter Temperatur die kleineren Systeme: die Organismen wuchern und wachsen: die Weltkörpergruppen, und auch diese müssen, da sie als solche nicht für unzerstörbar gelten können, diejenigen Erfordernisse aufweisen, welche ihren zeitweisen Bestand garantiren, allerdings nach Maßgabe der in der Natur der Sache liegenden, oben von uns erkanten Regeln.
Aber es ist kein zweites Gebiet in der Natur, in welchem uns die elementare Zweckmäßigkeit so schön und vollkommen erscheint, als in der über alle Begriffe erhabenen Sternenwelt. Selbst bei mehr als oberflächlicher Betrachtung muß der scheinbar ewige und ebenmäßige Wechsel der kosmischen Veränderungen in uns den Begriff einer hohen Ordnung und Harmonie erzeugen. Wie ein gewaltiges funstvolles, nie fehl gehendes Uhrwerk- so erscheint uns das Weltall mit seinen Sonnen- und Planetensystemen und man braucht nicht gerade der unwissende Naturmensch vorliterarischer Zeiten zu sein, um vor so viel augenscheinlicher Vernünftigkeit in der Welteinrichtung in die rettenden Löcher des Teismus zu flüchteu. Es ist vielmehr auch vom Standpunkt des oberflächlichen oder einseitigen Dogmatikers unserer Zeiten fast gerechtfertigt, in Ermangelung einer wissenschaftlichen Erklärung für jenen großartigen Mechanismus einen allgewaltigen Meister anzunehmen, der ihn gefertigt und in Gang gesezt habe. Wenn der berühmte Astronom Mädler im Jare 1830 dichtet: Auch mir hast du gewärt hineinzubliden, Wie du den Sonnen zeigtest ihre Bahn, Mit ihrem Glanz die Erden zu erquicken Im unermesinen Himmelsozean.
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Und Monde sah ich um Planeten rücken Nach weisem, ewig unverrückten Plan.
so gibt das ein Beispiel, daß selbst namhafte Forscher vor der Gewalt der teleologischen Rätsel in religiöse Andacht versinken konten fonten übrigens eine Erscheinung, die in kulturhistorischer Beziehung aller Beachtung wert ist. Es liegt uns hier einer jener geistigen Prozesse vor, die in frühern Zeiten zur Entstehung des Gottesglaubens am meisten beigetragen haben. Jederzeit mußten die sichtbare Harmonie im Weltall , die Zweckmäßigkeit unsers Körpers und dergleichen Warnemungen umsomehr zur Anname von persönlichen Göttern füren, je weniger der Mensch befähigt war, sich die Wunder der Natur anders zu erklären, und noch heute gerät der denkende Mensch in eine schwierige Lage, wenn er über die Welt ins klare kommen will, one weder aus sich selbst, noch durch die Hülfe der Vor- und Mitwelt in den Stand gesezt zu sein, das gründlich beweisen zu können. Nichts ist wenngleich vor dem Glauben dann oft einzig und allein die alsdann schlechter angebracht, als Einseitigkeit und Schwäche, Hoffnung auf bessere Zeiten schüzen kann.
Eine solche beffere Zeit ist nun auch inbetreff der Zweckmäßigkeil Darwinischen Revolution in der Biologie zum Fortschritt auf fast in der Sternenwelt angebrochen. Der mächtige Impuls der allen Gebieten des Wissens hat auch die astronomische Physik ergriffen. Zwar ist schon vor der Darwinischen Epoche erfant worden, daß die gegenwärtige Verfassung der Sonnensysteme das Resultat einer langen Entwicklung ist; ja schon bei Kant finden wir Versuche, die Harmonie der kosmischen Bewegungen als Endresultat mechanischer Vorgänge zu erklären. In der Vorrede ( Ausgabe 1799 1) entrollte er ein Bild der Weltentstehung, zum zweiten Teil seiner allgemeinen Naturgeschichte des Himmels freilich nur ein Phantasiebild, da seine Annamen und Hypotesen teils one reale Unterlagen, teils falsch waren welches deutlich genug zeigte, in welcher Richtung die Lösung des Problems der