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der einstige chaotische Zustand der Weltmaterie auch nie der wirk­liche Anfang der Welt, sondern nur ein Stadium im ewig wiederholten Kreislaufe der Formation gewesen ist. Außer­dem läßt das gleichzeitige Vorhandensein von in der Entwickelung verschieden vorgeschrittenen Materienmassen einige Nebelflecken sind mit Sicherheit teleskopisch und spektralanalytisch als Haufen gasförmiger Urmaterie erkant worden vermuten, daß niemals das ganze" Universum gleichzeitig im Zustande der größtmög­lichen Unordnung verweilte, sondern daß sich ein gewisses Ent­wickelungsstadium immer nur auf einen mehr oder weniger scharf abgegrenzten Teil der Welt erstrecken kann, was sich in gewissem Maße auch aus der syntetischen Behandlung der kosmischen Un­endlichkeit ergibt.

Wir lernten als notwendige Konsequenzen des siderischen Kampfes ums Dasein weite Abstände der Weltkörper, hervorge­gangen aus der Aufzehrung der kleinen Körper durch die großen fennen, Konsequenzen, welche wiederum in der natürlichsten, folge­richtigsten Weise Verminderung und schließlich die größte Selten heit von mächtigeren Zusammenstößen herbeifüren müssen. Nun auch in dieser Beziehung können wir nicht bessere Ueberein stimmung der Hypotese mit der Wirklichkeit wünschen. In der Natur finden sich beide Attribute faktisch vor. Ueber die großen Entfernungen der Weltkörper ist schon gesprochen worden. sind schon innerhalb des Gewimmels unsers Fixsternsystems so riesenhaft, daß man fast versucht ist, zu meinen, auch bei ge­ringeren Entfernungen fönten Karambolagen kaum häufiger ein­treten, als es wirklich der Fall ist. Doch darf man nie ver­gessen, wie viel Muße dem Kosmos zur Entfaltung seiner An­lagen gegeben ist, wie die unermeßliche Zeit es zuläßt, daß er auch seine längste Periode ausspinnen, auch seine lezte Möglich­keit verwirklichen kann.

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Kosmologische Erwägungen verschiedener Art geben übrigens die Gewißheit, daß nicht alle Zweckmäßigkeiten in der Bewegung der Weltkörper ihr Dasein ausschließlich Kämpfen und Katastrophen im engeren Sinne verdanken. Wenn wir der laplace'schen Lehre von der Entwicklung des Sonnensystems, schon wegen der einen Tatsache des Ringsystems des Saturn, einen hohen Grad von Bedeutung zugestehen müssen, so können wir mit großer Sicher heit die harmonische Verfassung der Sonnensysteme zu einem be­trächtlichen Teile direkt auf die besondere Entstehungsart dieser Weltkörpergruppen zurückfüren.

Ob eine diffuse, weit ausgedehnte Masse den Karakter eines vergleichsweise geordneten, einheitlich rotirenden Körpers annimt, oder in die chaotische Verfassung eines Nebeneinander von einer Menge kleinerer Massen( s. obige Bemerkung über Kant und Laplace) übergeht, wird ganz von dem Verhältnis der Ausdehnung der Gesamtmasse zu dem Grade ihres Zusammenhanges abhängen. Ist der Zusammenhang start genug, so werden die einzelnen Be­wegungen der verschiedenen Teile durch ihre gleichzeitige Wirkung nicht ein zerreißen des Ganzen, sondern diejenige Einheitlichkeit desselben zur Folge haben, die sich meist in gemeinsamer Rotation und Fortbewegung des Ganzen betätigen wird. Daß also die Teilung der Gasmassen nicht durchaus nach einer Schablone geschehen sein, sondern wieder im Gegensaz zu Kant  - je nach den Verhältnissen der oder jener Modus obgewaltet haben wird, dürfte hieraus sehr klar hervorgehen*).

Die Ringe des Saturn bieten nun den unumstößlichen Be­weis, daß sich ein rotirender, flüssiger oder gasförmiger Körper bei der Zusammenziehung in ringförmige Teile und einen kugel­förmigen Centralförper scheiden kann. Müssen wir im Sinne der obigen Darlegung die Möglichkeit derartiger Bildungen in jene spätere Zeit verlegen, in der die Urmaterie schon einen höheren Grad von Konsistenz erlangt hatte, also der Zerfall der Gasmasse unsers Fixsternsystems in eine große Anzal von kleineren Kom­pleren bereits vollzogen war, so sind wir schon von vorn­herein darauf hingewiesen, für die weitere Entwicklung dieser fleineren Massen, der späteren Sonnensysteme, im allgemeinen andere, von der früheren Trennungsart unterschiedene Abtren­nungsprozesse anzunehmen, und dann bejizen wir außer der Tat­

*) Da sich bei der Verdichtung unserer Fixsternmaterie in den ver­schiedenen, räumlich verteilten Gebieten derselben alle Abstufungen jenes Berhältnisses zwischen Zusammenhang und Ausdehnung vorfinden mußten, so folgt, daß sich hier und da auch eine Scheidung in zwei oder drei Teile vollzogen haben wird, die zur Bildung zweier oder mehrerer, mit einander kreisender Sonnensysteme( Doppelsterne 2c.) fürte. P. K.

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sache des Saturnsystems noch mehrere andere, welche das wesent­liche der laplace'schen Lehre fast zur zweifellosen Geltung erheben. Hierher gehören um es kurz anzudeuten die annähernd übereinstimmenden Bahnebenen der Hauptplaneten unsers Sonnen­systems, die Uebereinstimmung der Umlaufsrichtung aller unserer Planeten und Trabanten mit Ausname eines Uranusmondes, der rückläufig ist, und die annähernde Aehnlichkeit der Bahnen der Hauptplaneten, die als Ellipsen von geringer Verschiedenheit der Ären sich nicht schneiden, sondern fast wie konzentrische Kreise einander umfassen.

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Es ist nun völlig unwarscheinlich, daß sich bei der Verdichtung einer Masse deren Sonderungen wegen des bereits erlangten größeren Zusammenhangs nur den Karakter der periodischen, durch die fortschreitende Verdichtung bedingten Abscheidung kleiner diese Massen von einer rotirenden. Hauptmasse tragen konten Abtrennung anders als an Umfange der am schnellsten rotirenden 3one derselben, also am Aequator  , vollziehen konte. Gleichviel nun, ob die abgetrenten Stücke ganze, den Hauptkörper umfassende Ringe, oder Ringstücke darstellten, oder gar nur einzelne abge­löste Ausläufer der Hauptmasse waren: sie erhielten ihre Bahit ebenen, wie die Richtung und Geschwindigkeit ihres Umlaufes, von vornherein durch die Drehung der Hauptmasse vorgezeichnet und bestimmt, und die Anlage zur zweckmäßigen Bewegung war im großen ganzen bereits in den Elementen ihrer Bewegungen enthalten.

Indessen haben wir keinen Grund für die Anname, daß in diesem Zustande schon derjenige Grad von Harmonie gegeben war, dessen sich beispielsweise unser Sonnensystem gegenwärtig erfreut. Möglicherweise sind bedeutend mehr Planeten vom Haupt­balle abgelöst worden, als wir heute vorfinden. Auch nötigen uns hier wie in früheren Fällen gewisse Tatsachen, alle Ideen unbedingter Harmonie und friedlicher Regelmäßigkeit gänz­lich beiseite zu lassen. So stellen die Planetoiden, jene zwischen der Bahn Jupiters und der des Mars   um die Sonne kreisende Gesellschaft kleiner Körper, ferner der nur durch das Dasein dieses Planetoidenschwarms vermittelte Kontrast der Größen- und Ro­tationsverhältnisse zwischen den sogenanten inneren Planeten ( Merkur, Venus  , Erde, Mars  ) und der äußeren( Jupiter  , Saturn, Uranus  , Neptun  ) Regelwidrigkeiten dar, zu deren Erklärung die einfache Teorie der periodischen, gesezmäßigen Ringabsonderung nicht ausreicht.

Treten wir einen Augenblick der Möglichkeit einer anfänglich größeren Anzal regelrecht abgetrenter Planeten näher, so erkennen wir, daß ein solcher Zustand in einem Falle nicht von Dauer sein konte: einfach, wenn die Planeten bei ihrem Laufe sich so nahe kamen, daß die Gravitation und die von derselben verur­sachten Ablenkungen hinreichten, entweder unmittelbar oder im schließlichen Resultate die Vereinigung der betreffenden Planeten zu bewirken. Es versteht sich von selbst, daß die Planetenver­einigungen so lange stattfinden mußten, bis die gegenseitigen Störungen nicht mehr hinreichten, solche Vereinigungen zu Wege zu bringen. Auch hier stellt sich somit die unendlich einfache Warheit heraus, daß eben nur das Zweckmäßige bestehen kann.

Die beachtenswerte Tatsache, daß unsere Planeten in fast idealer Harmonie sich genau nur insoweit stören und ablenken, als nötig ist, um die Wirkungen früherer Störungen wieder gut zu machen, fann daher in keinem Falle mehr unser Erstaunen und die Idee einer vorweltlichen Weisheit wachrufen, weil wir von der wissenschaftlichen Ueberzeugung erfüllt sind, daß dies der einzig mögliche Zustand eines aus einem rotirenden Nebelballen entstandenen Systems von Weltkörpern ist, der längere Dauer haben kann.

Eine für die Menschheit und deren Kultur höchst wichtige Frage ist die nach dem persönlichen Gott. Doch besteht ihre Wichtigkeit weniger in dem inneren Gehalt; sie wird von den­selben Kräften gelöst, die einst die Frage auf's Tapet gebracht haben vom Geist des Menschen, und die Frage ist nur insofern wichtig, als ihre allgemeine Auflösung zusammenfällt mit der Weltwende, welche das Zeitalter der Halbbarbarei, die Periode des ersten Dämmerns vor dem hellen Tage der waren Kultur abschließt. Die Wissenschaft, gleichen Ursprungs mit der Religion in der Fähigkeit der organisirten Materie, äußere Ein­drücke und Wirkungen in sich aufzunehmen, fortzupflanzen und in einem Centrum, dem Gehirn zusammenzufassen welche Fähigkeit in der Gattung des Menschen ihre höchste Entwicklung feiert ergreift die Erscheinungen allseitig, erkent den kausalen Zusammenhang von allem, was da ist und in die Welt der

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