eleganter Wagen vorfur, Eigentum unseres Wirtes, der uns über die Boulevards ringsum die Stadt und bis zur Akropolis   bringen sollte. Zunächst passirten wir auf unseren Wunsch die vier größten Straßen Athens  , außer der uns schon bekanten Hermesstraße, nämlich die Friedrichs- und Athenastraße, welche beide parallel mit der Hermesstraße von Westen nach Osten die Neustadt durch­schneiden, dann die Aeolus- und Universitätsstraße, die umge­kehrt von Norden nach Süden ziehen, und bogen dann in die Boulevards ein, um die alte porta Hadriani und den arcus Hadriani, durch welche dieser baulustige römische Kaiser seine Schöpfung Neu- Athen von Alt- Athen trente, und im Südosten die Akropolis zu erreichen. Das Leben auf den Straßen war nicht gerade allzulebendig, da die Hize groß war; unser Termo­meter zeigte 21 Grad Reaumur; doch zält die Stadt nach Ver­sicherung des Senators jezt 43 000 Einwohner. Ich las mit viel Interesse die Schilder vor den Läden und Türen, und war begierig, hier einen Achilles als Schneider, dort einen Ajax als Schornsteinfeger, oder gar einen Ulysses als Schuster anzutreffen. Aber nein! Die Namen waren doch andere und mit dem Mode studium des atheniensischen Adreßbuches war es also nichts. Die alte Sprache, die Helleneka, ist ganz verschwunden, man spricht heute die Romaifa, eine entartete Tochter der ersteren.

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Südlich vom arcus Hadriani erreichten wir die Ruinen des Zeus oder Jovistempels, auch Olympiäum genant; es stehen davon noch 14 folossale Marmorsäulen auf dem Unterbau von Granitquadern. Pisistratus, der Tyrann von Athen  , soll den Untergrund erbaut haben, von Hadrian   dagegen stamt der Rest der Säulen her. Der Unterbau ragt hoch über die Straße hin­weg, an der zu Füßen desselben ein modernes Café errichtet ist, dessen Gäste im Schatten der Säulen sizen, deren Riesenhöhe man so am besten abschäzen kann. Unser Weg fürte uns dann an den geringen Ruinen des Odenms des Perikles vorüber, das 3000 Menschen faßte und zu musikalischen Wettkämpfen bestimt war. Dicht dabei liegen die Reste des Dionysos  : oder Bacchus­teaters, in dem gegen 30 000 Menschen der Auffürung heimischer Komödien zuschauen konten, die Ruinen des Tempels der Aphrodite Pandemos und des Odeums Herodis; lezteres war bedeutend jünger und größer als das alte perifleische Gebäude gleichen Namens. So gewannen wir endlich eine nordwärts allmälich aufwärts fürende Straße, die uns schließlich auch von Westen her auf den Hügel der Akropolis   fürte.

Unser Gefärt santen wir jezt heim und stiegen dann die Mar­morstufen der Propyläen hinauf, wo uns ein alter Invalide öff­nete. Dabei machte Herr Kneurosphyllos, unser liebenswürdiger Wirt, den kundigen Fürer.

" Sehen Sie, meine Herren," begann er seine Akropolisrede, hier an beiden Seiten liefen die Marmorstufen links und rechts ganz hinauf; der Weg in der Mitte dagegen war eben für die Prozessionen, deren feierlichste am Feste der Panathenäen( Jung­fraunfeste) statthatte, wo alles auf die Burg zog. Sechs Säulen­reihen von Marmor, deren Durchmesser ca. 6 Fuß betrug, bil­deten das fünfhallige Tor; links und rechts waren Kammern, die als Museen benuzt wurden, hergerichtet. Abgeschlossen war der Torbau rechts und links je durch eine riesige Reiterstatue. Das Werk ward unter Perikles   durch Mnesikles   erbaut und hat enorme Summen gekostet!"

Dabei hob der würdige Senator ein Stück Marmor auf, den Teil eines Säulenfrieses, und zeigte uns daran die Feinheit der Arbeit. Man vergißt die riesigen Proportionen ganz über der Feinheit der Ausfürung; nicht die Masse imponirt hier wie bei den Aegyptern und Indern, sondern die künstlerische Gestaltung. Ist hier nicht auch irgendwo der Tempel der Nike gewesen?" fragte jezt John in seinem Guide of Greece blätternd.

" Allerdings, Mr. Smith," entgegnete unser Fürer; sehen Sie, dort rechts am Treppenaufgang stand der ganz kleine, runde, pavillonartige, uralte Tempel der Nike apteros, der ungeflügelten Siegesgöttin; er genoß großes Ansehen wegen seines Alters!"

Mittlerweile betraten wir den eigentlichen Raum der Burg, der überall Marmorplatten aufwies, in denen hier und da sich tünstlische Löcher befanden. Ich wies auf dieselben und bat Herrn Kneurosphyllos nm Aufklärung. Mein verehrter Gast", erwiderte unser Wirt freundlich, das sind die Einlaßstellen für die Marmorstatuen, deren hier tausende gestanden haben müssen. Das Werk manches Künstlers, von dessen Dasein wir keine Ahnung haben, ist hier untergegangen. So muß man wenigstens denken, wenn man den Bausanias liest, der bekaatlich die Kunstwerke wie die Künstler des alten Griechenlands   Revue passiren läßt.

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Hier an dieser Stelle muß wol das Parthenon  , der Tempel der Athene, mit der großen Bildsäule der Pallas Parthenos( der jung­fräulichen Göttin) gestanden haben, die 37 Fuß hoch war und aus Elfenbein, Ebenholz und Gold bestand, wärend ein par edle blaue Steine die Augen darstellten, ein Werk des Phidias, des Freundes von Perikles  . Der Mantel der Göttin war von Gold und repräsentirte einen Wert von ca. 790 000 Taler; er war ab­nehmbar, damit er, wie Perikles   scherzend sagte, einst wieder er­sezt werden könte, wenn schwere Zeiten seine Einschmelzung er­forderten. Das Parthenon   selbst war ein schlanker Säulenbau, 227 Fuß lang, 101 Fuß breit und 65 Fuß hoch; jene Bildsäule stand ganz hinten im Heiligtum. Der Fries enthielt die schönsten Darstellungen aus der griechischen Heldengeschichte; das ganze muß einen geradezu entzückenden Eindruck hervorgebracht haben, wenn die weißen Marmorsäulen und Marmorwände im hellen Sonnenschein weithin glänzten. Das Werk war aus pentelischem Marmor, dem schönsten der Welt, vor Ausbruch des peloponnesischen Krieges durch die beiden berühmten Baumeister Jktinos und Kallitrates erbaut und das größte Heiligtum Griechenlands  ."

Kneurosphyllos seufzte, und wir verstanden ihn wol. Noch stehen einige schlanke Säulen aufrecht da, alles andere liegt in Trümmern; Marmorsplitter, Reste von Bildsäulen und Granat­splitter liegen durcheinander. Im Jare 1687 richteten die Vene­tianer eine heillose Verwüstung in den bis dahin noch erhaltenen Schäzen des Altertums durch ihre Bomben und Vollkugeln an, die sie auf die Burg warfen, wärend des 1829 begonnenen Frei­heitskrieges der Griechen gegen die Türken diente dann die Burg als Festung, und nun ward das meiste fast verdorben, bis end­Lord Elgin mit echt englischer Dreistigkeit sich die schönsten Sachen zusammensuchte, sie wegschleppte und unter dem Namen Elgin Marbles  " an das british Museum   in London  - verkaufte.

Unser liebenswürdiger Fürer ging weiter und wieder standen wir vor den Resten eines großen Gebäudes:

,, Dieses war das Erechtheum", begann er, erbaut von Erechtheus, das älteste Heiligtum der Griechen. Hier stand das älteste Bild der Athene  , die Kaomon, und im Hofe war die Stelle, an der sie den Delbaum emporsprießen ließ, der ihr heilig war, wie dem Apoll   der Lorbeer, wo im Wettkampf mit der Göttin der Meeresgott Poseidon   mit seinem gewaltigen Dreizack einen mächtig tiefen Brunnen in den Felsen hineinschlug."

In der Mitte zwischen Propyläen, Partenon und Erechtheum", fur dann unser unterrichteter Cicerone fort ,,, stand die eherne Bildsäule der Athene Promachos( der vorkämpfenden Athene) mit erhobener Lanze, auch ein Werk des Phidias, aber erst teilweise nach seinem Tode vollendet; sie war gegen 50 Fuß hoch, und ihre Lanzenspize wie ihr Helm ward schon weithin blizend von den Schiffern zur See gesehen!"

Der Berg des Akropolis   ist ein Kalkfelsen, wol 150 Fuß hoch und auf der Platte 1100 Fuß lang und 500 Fuß breit. Früher war sein Abhang mit weißen Marmortempelchen und dunklen Hainen bedeckt, heute jedoch liegt an seinen Abhängen nichts als Schutt. Unwillkürlich fielen mir Schillers Verse ein, mit denen er die Götter Griechenlands   besang:

Da ihr noch die schöne Welt regieret, An der Freude leichtem Gängelband Selige Geschlechter noch gefüret, Schöne Wesen aus dem Fabelland; Ach, da euer Wonnedienst noch glänzte, Wie ganz anders war es da,

Da man deine Tempel noch bekränzte, Venus Amathusia.

Schöne Welt, wo bist du? Kehre wieder, Holdes Blütenalter der Natur, Ach, nur in dem Feenland der Lieder Lebt noch deine fabelhafte Spur. Ausgestorben trauert das Gefilde, Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick, Ach, von jenem lebenswarmen Bilde Blieb der Schatten nur zurück."

Aber die Akropolis   ist auch heute in ihrer Verfallenheit noch kein Bild der Trauer; sie ist Licht und Wonne, und tut man erst gar eine Umschau von ihr auf die Umgebung, so geht einem schier das Herz auf. Im Süden reicht der Blick durch die klare weitsichtige Luft bis zu den Schneehäuptern des Isthmus, bis zum Eiland Calauria( jezt Poros  ), das wie hingehaucht dort im gesättigt blauen Meere liegt, von wo Demosthenes  , vor den An­maßungen eines Philipp von Mazedonien, der die griechische