Die Frau des Hauses, in dem sie unterrichtete, starb am; Schlagflusse, und nun ward die Gouvernante, welche sich die Ach­tung des Herrn und die Liebe seiner Kinder redlich verdient hatte, schier unentbehrlich, und nach etwas mehr als Jaresfrist reichte ihr der alternde Hausherr- weil es ja doch so viel ein­facher sei, wie er sagte die Hand zum Ehebunde.

-

-

-

Theodosia konte gar nichts vernünftigeres tun, als einzuwilligen. So ward sie Frau Krause und Mutter dreier schon ziemlich heran­gewachsener Kinder.

Herrn Traugott Wilhelm Haßler sah sie als junge Frau zum erstenmale wieder. Er war bereits nahezu drei Vierteljare in den Banden der Ehe. Und nun grade zu dieser Zeit ging die Spezereiwaren- Handlung in seinen alleinigen Besiz über. Das machte ihm Mut, sein Haupt wieder frei und kühn zu erheben. Auch zu Theodosia, welche als junge Frau durch die liebe weib­liche Neugierde und die nicht minder weibliche Anhänglichkeit an alte Flammen getrieben wurde, sich in Traugott Wilhelms Laden einmal umzusehen. Sie kaufte Kaffee und Zucker in größeren Quantitäten ein und prüfte die Ware mit anscheinend bedeutendem Sachverständnisse. Traugott Wilhelm, der Prinzipal, bediente sie höchsteigenhändig. Erst wußte der sonst Redselige absolut nicht, was er just zu dieser Kundin sprechen sollte. Schließlich kam ihm aber doch ein Gedanke er teilte ihr zunächst mit, daß

-

171

das Geschäft jezt sein Eigentum sei, ein interessanter Umstand, den allerdings schon das Ladenschild für jedermann verständlich ausplauderte. Dann aber fügte er allerlei etwas dunkle An­deutungen hinzu von wunderbaren gewaltigen Begebenheiten, wider die die schwache Kraft des Menschen nicht ankämpfen könne, ob er dabei nun glücklich oder unglücklich würde, ferner von schönen Träumen, die leider so oft in's Wasser fielen wie er sich in einem etwas sonderbaren Bilde ausdrückte, endlich auch von der schönen Erinnerung, die einem dafür eine Art freilich sehr schwachen Ersazes gewäre.

Die junge Frau Theodosia Krause hatte damals verständnis­innig gelächelt und gesagt, das wären sehr ware und tiefe Lebens­beobachtungen, welche mit ihren eigenen Erfarungen völlig überein­stimten und mit diesen Worten und ihrer Freundlichkeit hatte sie Herrn Traugott Wilhelm einen schweren Stein vom Herzen genommen. nicht

-

Seit dieser Zeit sahen sich die beiden wieder sehr oft nur im Laden, wo Frau Krause die bestbediente Kundin war und blieb, sondern auch in Konzerten, im Teater, auf Spazier­gängen, bei denen sich ihre Wege häufiger kreuzten, als es der Zufall sonst zu fügen pflegt.

( Fortsezung folgt.)

Die deutschen Frauen im Beitalter der Minnepoesie.

Von Manfred Bittich.

Viele Fürsten   neigten sich gern zur Kultur der Araber, nament­lich die normännischen Könige Siciliens und Unteritaliens, welche arabisches Hofceremoniell, islamitische Devisen in orientalischen Karakteren, arabische Münzen beibehielten, arabische Poesie und Musik pflegten. Vor allem aber ist zu nennen der Kaiser Fried­ rich   II., der sich von der mönchischen Beschränktheit abwendend, sich an der höheren Geistes- und Denkfreiheit erfreute, welche bei den Muhammedanern zu finden war. In Jerusalem   gereichte es den frommen Zionswächtern zu nicht geringem Verdruß, daß der kaiserliche Freigeist dialektische Disputationen pflog mit ge­lehrten Mosleminen und den Gesandten Saladins; sie entschä­digten sich für die Gleichgiltigkeit des Kaisers und für seine stellenweise unangenehme Zweifelsucht in religiösen Dingen da­durch, daß sie aussprengten, er habe muhammedanische Bagen, Eunuchen, und schrecklich zu hören- einen Harem, den in der Tat gar mancher deutsche Fürst hatte one Moslem zu sein: Als man 1781 Friedrichs Gruft öffnete, fanden sich wirklich arabische Inschriften auf dem Aermel seines Gewandes eingestickt. Ebenso war der rechtgläubigen Christenheit ein Greuel: Fried­richs tapferer und liebenswürdiger Sohn Manfred, den seine christlichen Feinde den Sultan von Nocera   nannten. Sänger, Dichter und Tonkünstler aus Frankreich  , Deutschland  , Italien  ; sicilische und spanische Araber, welche Wissenschaften und schöne Künste pflegten, drängten sich an dieser beiden Fürsten Hof. Der halbarabische Hof Friedrichs II. in Palermo   ward die Wiege der eigentlich italienischen, d. h. der im Volksdialekt schaffenden Dichtkunst Italiens  ; der glänzende Kaiser selbst, seine Söhne Manfred und Enzio   und sein Kanzler Petrus de Vineis eröffneten den Reigen.

-

One Berürung und Uebernahme von poetischen Formen, An­schauungsweisen, Bildern und Gedanken kann nun ein so enges Nebeneinanderleben morgenländischer und abendländischer Poesie nicht möglich und schon damals vereinzelt Goethes Wort berech­tigt gewesen sein:

,, Orient und Occident sind nicht mehr zu trennen." Wenn wir bei Walter von der Vogelweide   lesen: Was hat die Welt zu geben Lieberes denn ein Weib, Das ein sehnend Herzen mehr erfreuen möge? Was würzet mehr das Leben als ihr werter Leib? Ich weiß nicht, was zu allen Freuden höher taugte!

Ist von allem, was der Schöpfer Schuf im weiten Weltbereich Irgend etwas einer schönen, Einer holden Jungfrau gleich?

woran sich die schönen Verse schließen:

Gerne hängt ich als Geschmeide, Shr, die meine einz'ge Lust, Dieses Herz und diese Augen

Um den Hals und auf die Brust.

( 1. Fortse zung.)

Von den Versformen sind namentlich das Zadschal und das Muwaschaha eingedrungen in die wälsche populäre sowol wie Kunstdichtung; Dante's Zeitgenosse, der fromme Jacopone da Todi   preist in demselben Versmaß Weltentsagung und Armut, in welchem die Mosleminen Allah   und den Propheten feierten.

Die Frau hat in der Tat bei den Arabern schon vor Moham­ med   eine bedeutend hohe Geltung gehabt, namentlich in der Poesie, welche mittelbar und unmittelbar ungeheuren Einfluß ausübte auf unsere abendländische Wertung des anderen Geschlechts. Wir haben bisher nur vom Einfluß des uns heimsuchen­den Islams gesprochen. Ein weiterer Gesichtspunkt wird uns eröffnet, wenn wir die Reaktion dagegen, jene Vorstöße in Rech­nung ziehen, welche die europäisch- christliche Gesellschaft gegen den Orient fürte, die Kreuzzüge. Sie spielen für das Mittelalter dieselbe Rolle, wie in der Neuzeit unsere Auswanderung nach Amerika  , sie förderten auch den Amalgamirungsprozeß zwischen abendländischer und morgenländischer Bildung. Mag die mittel­alterliche Dichtung immerhin von Türkenhunden und blinden Heiden reden; darin lebhaft unterstüzt von der christlichen Pfaff­heit, wie damals die Priesterschaft genant wurde: sie sollte doch auch selbst viele Elemente aus der fremden Ferne in sich auf­nehmen. Ja, die abendländischen Dichter nahmen sehr gern morgenländische Stoffe, morgenländische Staffage zu ihren Werten. Die wunderbare fabelhafte Ferne war an sich schon mit so starkem poetischem Schimmer ausgestattet, daß es sehr wunderbar ge­wesen wäre, wenn dies nicht stattgefunden hätte.

Die Erweiterung und Durchbildung des Gefüls durch das Christentum hervorgebracht, war durch die spanisch- und sicilisch­maurischen Einflüsse vom Himmel auf die Erde, von der himm lischen zur irdischen Liebe und Schönheit übergeleitet worden, zwischen Gottesdienst und Herrendienst trat jezt vermittelnd der

so klingt uns das Lied des sangeskundigen Mohrenkönigs Ab- Frauendienst, die Frauenminne. Englands Normannen leuch­durrahmans II. in die Ohren, worin es heißt:

teten dem deutschen   Norden, die romanisirten Franken  

-

die