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Zwergpalme auf Madagaskar  . Die Illustration auf S. 220 zeigt uns im Vordergrunde eine von den vielen tausenden von Palmen­arten, die zu der üppigen Flora der 11,000 Quadratmeilen großen afrikanischen Insel Madagaskar   gehört, zugleich aber auch den Reich­tum der Vegetation, den dort die Mutter Natur den Menschen spen­det. Schon vom Meere aus gesehen soll diese Insel einen prächtigen Anblick gewären, indem sie terrassenförmig aufsteigt und so den Eindruck eines gewaltigen Amphitheaters macht. Aber erst in den dichten, kaum durchdringlichen Urwäldern entfaltet sich ein wild- schönes, romantisches Leben. Wärend von den Bergen die höchsten Gipfel ragen bis zu 10,000 Fuß empor die Ströme rauschen und sich in der hier immer reichlich Wärme spendenden Sonne die Krokodile langhingestreckt er­wärmen, tummeln sich in den schönsten Farben prangende Kolibris und Schmetterlinge, und üben die von uns kürzlich hier beschriebenen prächtigen Orchideen in übergroßer Zal auf das Auge des glücklichen Beschauers ihren mächtigen Zauber. Um schließlich durch den Kontrast recht zu wirken hat die Natur die Wälder zugleich auch mit wilden Schweinen bevölkert, woher Madagaskar   auch den Namen ,,, Land der wilden Schweine", bei den Eingebornen ,, Nossindambo" erhalten hat. Dazu das Nilpferd, der Strauß, wilde und zahme Affen und Hunde, große Schlangen, Füchse, Eichhörnchen, Lemuren und verschiedene andere bilden die Fauna, wärend sonderbarer Weise Löwen  , Tiger  , Elephan­ten, Giraffen, Rhinozerosse nicht vorkommen, die das gegenüber liegende Afrika  , das von Madagaskar   nur durch den breiten Kanal von Mozam­ bique   getrennt ist, bevölkern. Die Flora zeigt 15 verschiedene Reisarten 12 verschiedene Baumarten geben Del, andere Gewürze, außerdem werden Tabak, Zucker, Baumwolle, Indigo, Kokosnüsse, Ananas, Bananen, Brotfrucht, Orangen, Pfirsiche und eine große Menge anderer Früchte gebaut und erzogen. Besondere Beachtung verdient eine Palmen­art, der sogenannte Baum der Reisenden" oder Ravinalbaum. Au der Basis der Blattstengel, welche die rippige Blattkrone bilden, befin­det sich eine Hölung, in der das Wasser von der breiten Oberfläche der Blätter fließt, dem Baume Narung zufürt und auch dem Reisenden Erfrischung gewärt. Sein Holz dient zum Häuserbauen, seine Blätter zum Bedachen derfelben, als Emballage, Tischtücher oder sie werden, in­dem man den Stil herauszieht, als Teller benüzt. Mit den Stilen baut man die Wände, die Rinde gibt Fußbodendecken. Seine Blätter sind 20-30 Fuß lang und Fuß breit. Außerdem hat Madagaskar  noch andere nüzliche Bäume; so einer, der die einheimische Seidenraupe närt, den Bambus und einen von dem die Tamarinde entnommen wird. Das Klima ist im Innern gemäßigt und gesund. Auf den höchsten Berggipfeln findet sich hie und da Eis; die Küstenebenen sind dagegen sehr heiß. Auf seinen Hochebenen steigt die Temperatur jedoch selten und zwar im Januar und Februar über 23 Grad Réaumur Wärend wir also unsere tälteste Jaresperiode durchmachen, herscht dort der Hochsommer. Große schöne Seen und Ströme zeichnen noch diese Insel aus, die Küstenebenen sollen sehr ungesund, namentlich soll die Nordostseite für den Europäer gänzlich unbewohnbar sein.

ff.

,, Donner und Doria!"( Illustration Seite 221.) Eigentlich fönte man auch sagen: fleine Ursachen, große Wirkungen, denn die Ver­anlassung zu dem großen Krach da auf unserem Bilde ist eine so unscheinbare, wie das daraus entstandene Gepolter groß ist. Wir wollen die drollige Geschichte erzälen. Zopfschmid, ein alter Jung­geselle" wohnt nun schon seit zwanzig Jaren mit seinem Bello zusam­men und verzehrt die Zinsen, welche ihm ein nicht gerade großes Ka­pital einbringt, das er einst von einer alten Tante geerbt. Daß ihn also besonders Sorgen bedrückten, können wir nicht behaupten. Er schläft gemütlich bis 9 Uhr, braut sich dann seinen Kaffee und läßt sich das neueste Tageblatt, Organ für Philister und die es werden wollen", bringen und fängt, gewissenhaft wie er ist, oben beim Titel zum so und soviel­ſten male zu lesen an und hört, nachdem er alle Heiratsanzeigen, Annoncen und sonstigen Blüten der Eselswieſe" mit Muße und Be­hagen gepflückt, beim verantwortlichen Redakteur" hinten auf. Sein Treiben wärend der übrigen Tageszeit ist dem ähnlich, wenigstens bringt es der menschlichen Gesellschaft ebenso großen Vorteil und so können wir uns eine specielle Aufzälung schenken.

gar feinen

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d. h.

Daß der Held der ganzen Geschichte, Zopfschmid, ſelbſt ſich für ein sehr wichtiges und garnicht so unschönes Individuum hält, steht fest und wir verraten dies denen gern, die noch nicht davon unterrichtet sein follten. Er hat deshalb auch die Hoffnung noch nicht aufgegeben, daß ihm einst ein ebenso schönes, wie reiches Glied des schwächeren" Ge­schlechts die Hand zum dauernden Lebensbunde reichen wird. Liest er doch und denkt er doch garnicht daran, daß sich die schalkhaften Evastöchter gern mit ihm ein Späßchen erlauben. Seit einiger Zeit liest er nun ben einen Teil seines Leib- und Magenblattes mit ganz besonderem Eifer, den nämlich, der sich durch ganz besonders fett gedruckte Stich­worte auszeichnet, wie ,, Ein junges, sehr schönes, ordentliches Mädchen, ber " Eine noch gut erhaltene tinderlose Wittwe mit 10000 Mark Ber­mögen" und wie die Reklamen alle heißen, vermittelst deren man be­absichtigt in den Bund fürs Leben zu treten, den man dann pharisäer­haft einen heiligen" nent. Und auch heute hat er mit besonderer Aufmerksamkeit mit der Lektüre eines Inserats begonnen, in dessen Mitte sich sogar Zwanzigtausend Mark" recht fett auszeichnen, da­

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wie er schon ausrechnet, um wie viel sich seine Rente erhöhen würde, wenn dieser Goldfisch" bei ihm anbisse springt mit einemmale ein Mäuslein, für das diese interessante gedruckte Tatsache warscheinlich auch ein starker Anziehungspunkt war, auf das Zeitungsblatt. ,, Donner und Doria!" brichts aus dem Munde des aus seinen Him­meln aufgeschreckten alten Junggesellen" hervor ein Schlag mit der Faust Bello eifrigst hinterher ein noch furchtbareres Krachen und Zopfschmid selbst komt, das Gleichgewicht verlierend, in eine Lage, die man kennen muß, um sie voll und ganz würdigen zu kön­nen und die ihn wol oder übel zwingt, seine Träumereien diesmal aufzugeben. Denn da er abergläubisch ist, so nimmt er den Zusam menbruch der Stätte, welche das Fundament seiner gewonheitsmäßigen Ruhe bildet, symbolisch und glaubt darin inbezug auf die 20000 M. ein böses Omen zu erblicken. Ist er nun auch noch nicht kurirt, so wird er doch vorläufig seiner Einbildung gewisse Schranken sezen.

nart.

Frauenrecht der Vorzeit. Jn Anschluß an meinen Aufsaz ,, Die deutschen Frauen im Zeitalter der Minnepoesie" trage ich folgendes Kuriosum aus dem Rechtsleben nach.

Wenn ein gerichtlicher Zweikampf bei Männern oft die endliche rechtliche Entscheidung herbeifürte, so trat bei Klagkämpfen zwischen Mann und Frau für leztere gewönlich ein Mann ein, der für sie focht; aber interessant ist die Tatsache, daß in Mangel eines Ritters auch die Frau selbst als Kämpfer sich stellte. Darüber findet sich im Apollonius ron Heinrich von Neustadt   folgende lehrreiche Stelle:

Wenn ein Weib kämpfen soll Mit einem starken Manne, Man sieht es gleich dann.

Ein Weib ist ein halber Mann Herr, bei dem Amte, das ich habe, Sage ich dir wie es soll sein Ich las es in den Büchern mein. Es soll ein jeglicher Mann In einer engen Grube stahn, Daß er zur Hälfte drinnen sei. Scharfer Waffen sei er frei: Das ist recht im ganzen Land. Ihm soll auch die rechte Hand Auf den Rücken gebunden sein: Das ist das rechte Urteil mein. Man soll ihm einen Stecken geben, Damit verteidige er sein Leben,

Nicht zu groß und nicht zu schwank( dünn)

Er soll sein eine Elle lang,

Den gibt man ihm in die linke Hand. Damit ist seine Wehr bekant. Ein bloßer Rock ist sein Kleid, Ueber ein Hemde angelegt. Die Frau soll außen herumgehn Einen Stein in einem Aermel heben, Mit drei Riemen gebunden, Schwer bei drei Pfunden. Der Aermel soll von Leinwand Sein zwei Ellen lang*).

Wenn sie ihn nicht besiegen mag Vom Morgen zum Mittag, So soll der Mann davonkommen Und von der Frau ledig sein.

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Literarische Umschau.

M. W.

Karakterbilder bedeutender Künstler. Heft I. Filippo Bruneleschi von F. Holzhausen, Leipzig  , E. L. Morgenstern. Preis 1 Mark Unter dem an die Spize gestellten Haupttitel beab­sichtigt die genante Verlagsbuchhandlung eine Anzal von Biographien hervorragender Künstler, namentlich aus der Zeit der Renaissance herauszugeben, deren Lektüre vor allem in den breiten Volksschichten den Sinn für das Schöne wecken und zum eifrigen Studium der Kunst­leistungen der alten Meister anregen soll. Daß durch ein solches Be­ginnen gerade unseren aufstrebenden Kunstgewerben ein großer Dienst geleistet wird, liegt auf der Hand. Haben doch unsere mit dem und für das Kunsthandwerk schaffenden Künstler, als sie zu der jezigen Reform den Impuls gaben, zunächst auf die Meister der Renaissance hingewiesen und diese als Vorbilder empfolen. Es geht uns im Ge­werbsleben wie im politischen. Wie es hier die großen historischen Taten, die hervorragenden Geistes heroen der Menschheit sind, welche in Zeiten politischer Stagnation die wenigen vorwärtsstrebenden Männer erheben und zu frischer Tat anspornen, so auch dort. Und so darf es wol als ein glücklicher Griff bezeichnet werden, daß im ersten Heft die

*) Damit ist so ein Prachtärmel gemeint, von dem oben die Rede gewesen ist bei Erwänung der Frauentracht.