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zweck- und nuzlosen Kampfe hingemordet, vernichtet werden soll. Aber wenn dann aus diesem Munde der vielsagende Gruß ertönte, ob es da manchem der Cäsaren Roms   nicht aufgedämmert ist, wie er und seine wurmstichige Macht zu Spreu zerbröckeln müßte, wenn es der Kraft dieser Sklaven eines Tages einfallen sollte, die wuchtige Faust nach ihm auszustrecken, um ihn mit samt seiner Herlichkeit mit einem wuchtigen Schlage für immer in den Sand zu strecken?! Mit nichten, die Cäsaren haben sich, herzlos und von der Wollust abgeſtumpft, weiter an dem grausamen Spiel ergözt, bis das Gewitter hereinbrach und die Rachegeister der Totgeweihten sich den Scharen der urwüchsigen nordischen Völkerscharen, die den Todeskampf gegen das alte Rom   auf­genommen, zugesellten, um mit diesen vereint das Reich der Cäsaren in Trümmer zu schlagen. Und dann, als der lezte Cäsar endete, flang es ihm von allen Seiten noch einmal unheimlich düster entgegen: Ave, Caesar, morituri te salutant! Der Schöpfer dieses Werkes ist in Warschau   geboren und machte vor einiger Zeit durch einen in Stein gemeißelten Christuskopf die Kenner auf sich aufmerksam. Er studirte dann auf der Akademie in St. Petersburg   weiter und konte, nachdem er die silberne und goldene Preismedaille erhalten, auf Kosten des Staats 1880 nach Rom   gehen, um dort die Antike zu studiren. Vor­liegende Bronzestatue ist die Frucht seines römischen Aufenthalts, und man kann wol bei der ausgezeichneten Ausfürung mit Recht erwarten, daß dieser Künstler noch bedeutendes leisten wird.

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Eine berliner Landpartie aus dem vorigen Jarhundert. Eigentlich ist es eine berliner Landpartie in Gänsefüßchen  , die unser Bild auf Seite 309 dem Leser vergegenwärtigt, denn der große Künstler, deffen launiger Stift sie der Nachwelt aufbewart, hat bei aller Liebe zur Warheit und bei aller Treue, mit der er die Szene geschildert, denn doch bedeutend karrikirt. Noch heute flüchten sich ja die Berliner  im Sommer an den Sonntagen scharenweise aus dem Gewül der Straßen, allerdings auch meist durch dicken Staub nach den umliegen­den Ortschaften, wo schon dem Fremden die häufig sichtbaren Schilder mit ihrem ,, Hier können Familien Kaffe( berlinisch statt Kaffee) kochen" andeuten, in welcher Weise diese Ausflüge gefeiert werden. Diese Familienwanderungen waren nun in jener Zeit, in der unser Bild entstand, noch wesentlich anders, denn die Bewirtung, die heute spefu­lative Restaurateure oft mit viel Glück für ihren Geldbeutel übernemen, lag den Ausziehenden selbst ob, und so pilgerten sie denn ihrem Ver­gnügen und dem Erholungsort entgegen mit Körben beladen, in denen all die dazu nötigen magenstärkenden und erfrischenden Genußmittel ge­borgen waren. Einen solchen Ausflug hatte für einen Sontag im Jare 1775 der berühmte Maler und Kupferstecher Chodowiecki   seiner Familie versprochen, aber der nur allzuhäufige Störer derartiger Bar­tien, ein derber Regenguß, hatte auch diese vereitelt, und so schilderte denn der Künstler der in ihren schönen Hoffnungen betrogenen Gesell­schaft die verunglückte Partie in einer Zeichnung, die uns hier vor­liegt. Nach Angaben, von denen wir jedoch nicht wissen, ob ihre war­heit verbürgt ist, soll die mit dem bepackten Handkorb wie mit den auf der Ofengabel aufgespießten Würsten und der mächtigen Brezel gravitätisch dem Zuge voranschreitende Figur des Künstlers Tochter Susanne vorstellen, der vorn auf dem melancholisch dahin marschirenden Grauchen" Reitende ist sein Sohn Wilhelm, die hinter ihm funstvoll verpadten Passagire sind sein Sohn Heinrich und seine Tochter Henriette, wärend der allem Anschein nach in der Reitkunst wenig erfarene Inhaber des Rücksizes Daniel Chodowiecki  , seinen Neffen, vor­stellt. Seine Tochter Henriette trägt den für solche Reisen höchst wich tigen Flaschenkorb, seine Schwester Manette die mächtige Torte und ein Freund des Hauses, Better Kolbe", beschließt, die Geige spielend, den interessanten Zug und sorgt somit dafür, daß die Gesellschaft nicht ganz im gewönlichen Materialismus zugrunde geht und das ideale Element auch in ihr zu seinem Rechte komt. Troz der Karrikatur sind doch derartige Ereignisse in dieser Zeichnung mit vieler Warhaftigkeit ge­schildert und dabei beherscht die Gruppe der köstlichste Humor. Etwas steif gravitätisch find sämtliche Teilnemer dieser Reisegesellschaft ganz bei der Sache, namentlich sind die vom Esel geduldig getragenen nur von einem Gedanken beseelt, der in den anziehenden Gegenständen auf der mächtigen Dfengabel seinen Ursprung gefunden. Der gemütliche Humor aber, der sich im Ganzen offenbart, war der Grundzug Chodo­

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Geboren wurde dieser Künstler, mit den vollen Namen Daniel Nikolaus Chodowiecki  

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am 16. Oktober 1726 zu Danzig  , wo er auch von seinem

Vater, der Kaufmann und begeisterter Kunstliebhaber war, den ersten Unterricht in der Miniatur- Malerei erhielt. Zugleich mußte er dann auch in die Geheimnisse des Kaufmannsstandes eindringen, zuerst in Danzig  , dann in Berlin  . Jede freie Stunde benüzte er aber, um sich empfand und in welcher sein Geist eher Befriedigung finden konte, als Nachdem er dann bedeutende Fortschritte im Zeichnen und Komponiren gemacht, gab er den Handelsstand ganz auf, beschäftigte sich neben seinen Studien hauptsächlich mit der Miniatur- Malerei, versuchte sich aber 1756 im Radiren und lenkte durch seine Leistungen in dieser Technik die Aufmerksamkeit der berliner Akademie auf sich, für die er dann die Bilder zu ihrem Kalender fertigte. Durch die Erfolge in diesem Genre ermutigt, gab er die Miniatur- Malerei ganz auf und leistete dann

auf dem Gebiete der Radirung und des Kupferstichs das bedeutendste Längere Zeit hatte er schon das Amt eines Vize- Direktors an der ber­liner Akademie der schönen Künste bekleidet, als er 1793 ordentlicher Direktor dieses Instituts wurde. Er starb am 7. Februar 1801. Cho­ dowiecki   war ebenso originell als Künstler wie als Mensch. In einer Zeit, als die Kunst nur vom Fremden lebte und sich nur mit Fremdem und Falschen schmückte, stand er vollkommen selbständig da, und er ges hört deswegen zu den Geistern, die, wenn sie auch keine durchgreifenden Reformen durchfürten, sie doch anbahnten und eine neue Zeit ankün digten. Seine Zeitgenossen famen ihm auch allerwegen entgegen und brachten ihm den reichsten Beifall dar. Wesentlich mag gerade seine Kunstgattung dazu beigetragen haben, denn dadurch, daß er die her­vorragendsten und am liebsten gelesenen Werke der Literatur mit seinen Kupfern schmückte, drang er viel leichter ins Volf, als wenn er die schönsten Gemälde für die Fürsten   und Reichen gemalt hätte, die nur ein kleiner Bruchteil zu Gesicht bekam. Es gibt auch kein bedeu­tendes Werk aus jener Zeit, das er nicht künstlerisch ausgestattet oder doch wenigstens dazu eine Vignette geliefert hätte.

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So illustrirte er Minna von Barnhelm, Don Quixote, Lavaters Physiognomik, den Landprediger von Wakefield, Gellerts Fabeln, Bürgers Gedichte, Lichtenbergs Satyren, Nikolais Leben und Meinungen des Magister Sebaldus Notanker, Schillers Räuber, Shakespeares Werke, Voltaires   Schriften, die von Voß gedichtete Luise, und außerdem viele andere literarisch- historische Arbeiten. Besonders ist der Stich nach seinem eigenen Gemälde, den Abschied des Jean Calas   von seiner an Calas   wurde in Frankreich   ein Justizmord verübt, wie später von Voltaire nachgewiesen worden hervorzuheben. Im Ganzen zält man 2012 solcher Blätter, nach einer andern Angabe so­gar über 3000. Mag auch leztere Zal übertrieben sein, die erstere bürgt schon für den großen Fleiß des Künstlers und für den Einfluß, den er auf seine Zeitgenossen übte. Dieser Einfluß mußte um so größer und wirksamer sein, weil er zu seinen vorzüglichsten Dar­stellungen den Stoff aus dem bürgerlichen Leben entnam und dann das Laster mit grellen Farben schilderte und die Torheiten seiner Zeit verspottet darstellte. Selbst unser Bild, das doch einem sehr einfachen Familienvorgang seine Entstehung verdankt, übt heute noch seine Wir­fung, und das beweist somit am besten, daß die Leistungen Chodowieckis dauernden, also wirklich künstlerischen Wert befizen.

ff.

Leguan, einen Fluß überschreitend. Der häßliche, Furcht ein­flößende Bursche, welcher auf unserm Bilde auf S. 312 mit Riesen­schritten über die spiegelglatte Fläche eines Flusses dahinschreitet, gehört zur Repitiliengattung aus der Ordnung der Eidechsen, karakterisirt sich durch seinen Kehlsack, den aus spizigen Hornplatten bestehenden, auf seinem Rücken dahinlaufenden Kamm und einen sehr langen Schwanz. Seine Heimat ist Amerika  , wo er meist auf Bäumen oder in Felsen­löchern lebt und sich von Samen, Früchten und Insekten närt. Die Farbe der Gattung, zu der unser Exemplar gehört, ist oben gelblich­grün, grün marmorirt mit braun geringeltem Schwanze. An der Schnauze hat es flache Schilder, eine große runde Platte unter dem Ohrfell und gezänten Vorderrand am Kehlsack. Es ist eine der größten Eidechsen des tropischen Amerika   und wird vier bis fünf Fuß lang. Troz seines schreckhaften Aussehens ist es ein sehr harmloses Tier, das ungereizt keinem etwas zu leide tut, aber angegriffen sich wehrt und dann auch mit seinen stumpfen Zänen den gepackten Gegenstand fest­hält. Gewant und schnell wird es wegen seines schmackhaften Fleisches selbst mit den Händen, am sichersten und leichtesten jedoch mit Striden und Hunden eingefangen. Auch seine im Sieden sich nicht erhärtenden, ganz aus Dotter bestehenden Eier, deren es 12-24 legt, sollen sich durch seinen Geschmack auszeichnen. Ueber dieses Tier schreibt nun ein Reisender: Als ich mich dem Flusse( dem Chagres unweit des Panama­fanals) näherte, stieß ich plözlich auf einen Leguan, der über meine Erscheinung derart erschrak, daß er ins Wasser sprang. Zu meinem größten Erstaunen begann er aber nicht zu schwimmen, sondern bewegte fich mit unglaublicher Geschwindigkeit auf der Oberfläche des Wassers vorwärts, wobei er nur eine seiner Klauen tiefer ins Wasser tauchte und fast den ganzen Leib über Wasser hielt. Mit großer Schnelligkeit hatte dieses originelle Wesen seine ebenso originelle Reise zu Wasser zurückgelegt und war verschwunden. Im allgemeinen hat man über dasselbe noch wenig Beobachtungen angestellt, und so fügen wir nur noch hinzu, daß sein Körpergewicht bis zu zehn Pfund beträgt.

Aus allen Winkeln der Zeitliferatur.

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Verschiedene Geschwindigkeiten. Den ,, uneingeweihten" Ilingt es sicher fabelhaft, zu hören, daß man vermittelst unserer Kurirzüge 55 Kilometer, in England 75 Kilometer und in Amerifa sogar 97 Kilom. per Stunde zurücklegen kann. Aber was will diese Geschwindigkeit übrigens besagen gegen den Flug einer Granate, deren Schnelligkeit die höchstgradige mechanische, welche der Mensch hervorzubringen ver­mag beim Abfeuern des Schusses 500 Meter in der Sekunde be­trägt! Werden dadurch die diesbezüglichen Leistungen der Schnellzüge um das 20-25fache übertroffen, so sind dieselben kaum zu vergleichen mit der Geschwindigkeit der Vorwärtsbewegungen der Himm elskörper