Auch ein Raketenapparat befindet sich auf der Insel, und schon oft ist derselbe mit Erfolg angewandt und durch ihn eine Verbindung zwischen Insel und Wrack herbeigeführt worden.
Ein schmaler Meeresarm trennt die Düne von Helgoland . Beide Inseln sind nur dünn mit Erde bedeckt und schwerlich liegt dieselbe irgendwo höher, als 4 Fuß auf dem Felsen. Doch find Weidepläze für Rindvich und Schafe vorhanden und im Sommer wird eine ganz hübsche Ernte an Gerste und Hafer eingeheimst. Das hauptsächlichste Einkommen der Insel entquillt dem Fischfang, dessen Ertrag nach Hamburg , und von dort zum teil sogar nach London verschickt wird. Außerdem wird noch eine große Austerbank ausgebeutet, die sich in der Nähe der Insel befindet. Mit außerordentlicher Kühnheit wagen sich die Helgoländer mit ihren kleinen Fahrzeugen auf's Meer hinaus, und schon lange, ehe noch Land zu bemerken ist, begegnen die dem Hafen zueilenden Seeschiffe den weißen Segeln der helgoländer Fischer, welche ihnen gleichsam die Botschaft bringen, daß die Reise bald zurückgelegt, die Gefahr bald überstanden sein wird.
Seit etwa 50 Jahren dient Helgoland als Seebad, und besonders sind es deutsche Familien, die von Juni bis September dort ihren Aufenthalt nehmen, und durch das schöne, ungenirte Leben im Freien ist es ein Lieblingsaufenthalt vieler geworden. Die Badegäste werden durch Boote nach der Düne übergesezt, wo der Badeplaz für Herren ist. Die Damen baden an der entgegengesezten Seite der Insel, doch werden die Pläze geändert, da sie sich nach Wind, Flut und Ebbe richten. Eine Kapelle gibt des Tages über zwei Konzerte, und zur Unterhaltung der Gäste ist ein kleines Teater errichtet, auf dessen Bühne eine ganz gut geschulte Truppe spielt, deren Repertoir meistens aus fleinen Lustspielen besteht.
Pferde gibt es auf der Insel nicht, und dem Verfasser dieser Sfizze sagte einmal eine alte Helgoländerin von 70 Jahren, daß sie es als das höchste Glück ihres Lebens betrachten würde, wenn sie nur einmal ein solches Tier, von dem sie so viel gehört habe, sehen würde.„ Aber", fügte sie traurig hinzu, das wird mir wohl nicht bescheert sein." Wer sich daher die Insel von allen Seiten betrachten will, muß, wenn er nicht vorzieht, ein Boot zu nehmen, seine Füße anstrengen. Der schönste Spaziergang ist der Besuch des Nordendes der Insel, woselbst ein eigentümlich gebildeter Fels sich, abgesondert von der Insel, aus der blauen Flut erhebt. Die Klippen sind voller Höhlen und Grotten, die das Meer ausgewaschen hat. Zur Unterhaltung der Badegäste werden dieselben jährlich zweimal durch bengalische Flammen beleuchtet, was bei stiller See, wenn der farbige Schein sich weithin im Wasser spiegelt, ein prachtvoller Anblick sein muß.
Ein hohes Vergnügen ist solch ein Bad in dem hellen, Klaren Wasser der Nordsee , und umgeben von einer Luft, wie sie würziger, frischer nicht gedacht werden kann. Wenn man danach ein sogenanntes„ Sonnenbad" nimmt, und sich auf dem fleinen Sandhügel, durch die überhängenden Felsen vor dem Winde geschüzt, zu„ süßem Nichtstun" niederlegt, so überkommt jeden, der nur einen Funken poetischen Gefühls in sich hat, jene eigentümlich schwermütige Stimmung, die jede großartige Erscheinung im Menschen hervorruft; und wahrlich, wohl nichts fann großartiger sein, als dieses ewige, weite Meer, wenn es, unbeeinflußt von Wind und Wetter, jenes gleichmäßige Heben
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und Senken seiner Fläche zeigt, welches man so schön das " Atmen des Meeres" genannt hat. Oder: wenn der Sturm es bis in seine Tiefen aufwühlt, der weiße Gischt am Felsen zerstiebt und das Brüllen der Brandung das Heulen des Sturmes übertönt.
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Ueberall auf der Insel bemerkt man Spuren verunglückter Schiffe, deren Ueberreste aus dem Sande hervorragen, welcher zugleich das Grab manches Sohnes, manches Gatten ist, dessen Angehörige nie wieder von ihm gehört, und von dem es nur heißt: er ist„ geblieben zur See."
Die im Sommer auf Helgoland anwesenden Gäste mögen sich auf 300-400 Personen belaufen. Eine Spezialität der Insel bilden die Hüte, Muffe, Kragen und manche andere Artikel, die aus den Gefiedern der grauen Seemöve und anderer hier zwischen den Klippen nistenden Seevögeln, an den langen und kalten Winterabenden von den Einwohnern verfertigt werden. Geflügel ist auch der einzige Wildstand; dieses ist aber so reichlich vorhanden, daß es für Jagdliebhaber besonders angenehm sein muß, hier ihrer Leidenschaft nachhängen zu können. Die Lumme brütet in ungeheurer Anzahl zwischen den romantischen Felsen der Westküste und im Herbste landet hier die Waldschnepfe, wenn sie ihre Reise nach Süden antritt. Doch nicht nur diese einheimischen Vögel werden hier gefunden. Auch Geflügel, welches fremden Zonen angehört, wurde hier geschossen, und die ornitologische Sammlung, die der Sekretär des Gouverneurs der Insel angelegt hat, zeigt Exemplare von Vögeln, welche ihre Heimat in Afrika , am Himalaja , ja selbst in Australien haben, und die auf ihrer Wanderung hier ihr Ende fanden.
Während des Winters werden die Felsen geradezu mit wildem Geflügel überschwemmt, und die Schwäne, Gänse und Enten, welche bis in das Frühjahr hinein buchstäblich die Klippen bedecken, machen zu dieser Zeit einen solch ohrzerreißenden Lärm, daß nichts denselben übertönt. Natürlich fallen große Schaaren den Bewohnern zum Opfer.
Vor etwa 12-15 Jahren machte Helgoland sehr viel von sich reden. Diese Insel war damals der Schrecken der SeeVersicherungsgesellschaften geworden. Lag sie doch für jene Schiffseigentümer und Kapitäne so gelegen, welche ihre„ Sargschiffe" verschwinden lassen wollten, und dann die hohe Versicherungssumme einzustreichen.
Die Schiffe, die einmal auf die Riffe Helgolands gerieten, waren verloren, und das Schiffsgut, was geborgen wurde, ging meistens auf für das sogenannte Bergegeld, dessen Höhe von der Vorsteherschaft der Insel, also gewissermaßen beteiligten Personen, bestimmt wurde. Mehrere Staaten erhoben damals Einspruch gegen die Höhe dieses Bergegeldes, was eine Aenderung der betreffenden Bestimmungen zur Folge hatte.
Der Reisende, der es möglich machen kann, einen Ausflug nach der lieblichen Insel zu unternehmen, wird sich in allen Fällen, mag er nun gutes oder schlechtes Wetter finden, befriedigt finden. In dem einen Falle wird ihm die ganze Majestät des ruhenden Meeres offenbar, während er im andern Fall den Sturm auf dem Meere und die ganze Großartigkeit einer erregten See niemals vergessen und sich stets mit Freuden erinnern wird seines Besuches von Helgoland .
H. Schlüter.
Das Reichsgesundheitsamt und die Wissenschaft der Zukunft.
Von Bruno Geiser.
Den Embryo einer Organisation der wissenschaftlichen Gesammtarbeit nannte ich am Schluß des vorigen Artikels das Reichsgesundheitsamt.
Das Programm desselben, wie es in der Denkschrift vom Februar 1878 niedergelegt ist, gipfelt in dem Hinweis, daß
( Schluß.)
zwei Neze amtlicher Organisation über Deutschland gespannt werden müßten, um das Volk nach wissenschaftlicher Möglichkeit vor Gesundheitsschädigung zu wahren, einmal Stationen zur Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel, der Gebrauchsgegenstände, des Trink- und Nuzwassers und der Luftbeschaffen