den Untergang der Welt schon zwölftausend Jahre nach der Schöpfung erfolgen läßt. Die jüdischen Talmudisten halten die alte Lehre vom Weltuntergang jezt noch aufrecht; dieselbe reicht sogar in das neue Testament hinüber. So spricht Petrus ( 2. Ep.) vom Weltuntergang und sagt:„ Einen neuen Himmel aber und eine neue Erde erwarten wir seiner Verheißung zu folge;" und in der Apokalypse des heiligen Johannes heißt es von einem solchen Ereignis:„ Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der frühere Himmel und die frühere Erde waren zu Grunde gegangen." Natürlich nahm man hierbei nicht eine völlige Vernichtung der alten Welt, sondern einen formlosen Zwischenzustand an, wie ihn die Griechen mit dem Wort„ Chaos" bezeichneten und wie ihn auch die„ Genesis" vor Erschaffung der Welt annimmt. Dieses entspricht ganz den jezt geltenden Annahmen der Naturforschung, insbesondere der physifalischen Astronomie, über Auflösung alter und Bildung neuer Weltkörpersysteme.
Auch durch die ganze nordisch germanische Glaubenslehre zieht sich die halb trübe, halb freudige Ahnung einer das Ende aller Dinge herbeiführenden Vernichtung der bestehenden Weltordnung mit Entstehung einer neuen und besseren. Die„ Edda," das Hohelied des skandinavischen Nordens, malt dieses Ereignis mit glühenden Farben. Das altdeutsche Gedicht Muspilli oder vom Weltende ist hervorgegangen aus der alten heidnischen Vorstellung vom Weltbrand und Weltende. Die Götter vernichten sich im gegenseitigen Kampfe, die Sonne erlischt, die Sterne fallen vom Himmel, die Erde beginnt zu wanken, bis sie schließlich im Meere versinkt. Aber bald darnach taucht sie von neuem auf, es entstehen neue Götter, neue Menschen, neuer Mond und neue Sonne.
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Diese mytologischen Vorstellungen der alten Völker von einem Untergang der Welt mit einer darauf folgenden Neugestaltung oder von einem mehrmaligen Entstehen und Vergehen der Welt im Laufe sehr langer Zeiträume oder Weltperioden stimmen auf das genaueste überein mit den( allerdings hypotetischen) Vorstellungen, welche sich die Wissenschaft der Gegenwart von dem Verlauf dieser in ewiger Vernichtung und Neugestaltung gipfeln den Vorgänge macht. So wird speziell unser Sonnen- oder Planetensystem, nachdem es seinen naturgemäßen Lebenscyklus vollendet und alle seine Glieder wieder mit der dunkel gewordenen Sonne vereinigt hat, eines Tages seine Wiederauferstehung in anderer und vielleicht schönerer oder vollendeterer Gestalt, als vorher, feiern- entweder dadurch, daß dasselbe ( wie man dieses von solchen abgestorbenen Himmelskörpern annimmt) in eine weit im Weltraum ausgedehnte s. g. kosmische Wolke oder einen planetarischen Nebel von hoher Temperatur gerät, um von demselben aufgesaugt oder aufgelöst zu werden und nun an dessen bekannter Weiterentwicklung zu gegliederten Weltkörpersystemen Teil zu nehmen oder dadurch, daß durch Zusammenstoß oder Zusammenstürzen einer größeren Anzahl solcher abgestorbener Körper infolge gegenseitiger Anziehung eine Wärme erzeugt wird, welche hinreicht, um die Bestandteile dieser Körper abermals in jene Dunstform zurückzuführen, aus der sie sich ursprünglich entwickelt haben und nun von neuem durch Rotation und Zusammenziehung entwickeln werden- oder endlich dadurch, daß, wie andere Gelehrte annehmen, die abgestorbenen Himmelskörper sich allmälich in Kometenschwärme und Meteorsteinringe auflösen, von denen ein kleinerer Teil auf andere Sonnen und Planeten niederfällt, um an deren Weiterentwicklung Teil zu nehmen, während der weitaus größere Teil in den ungeheuren Himmelsräumen, welche sich zwischen den bestehenden Massencentren ausdehnen, sich wieder durch allmäliches Zusammentreffen vieler Kometen zu einer s. g. Kometenwolke vereinigt. Diese Kometenwolfe wird dann schließlich glühend und leuchtend, nimmt, Rotation an und tritt in den bekannten Entwicklungsgang des kosmischen oder Urnebel, wie wir ihn am Himmel in allen seinen verschiedenen und verschiedensten Stadien zu beobachten imstande sind, ein. Nach dem Astronomen W. Mayer wird die crkaltete Sonne infolge der Zerstörungstätigkeit der Fliehkraft dereinst auf ihrer Aequatoroberfläche einen
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ähnlichen Staubring von losgelösten Körpern, wie ihn der Planet Saturn bereits besizt, oder mehrere solcher Ringe um sich bilden und dadurch ihre zertrümmerte Masse wieder über einen Teil ihres Bereichs ausbreiten, bis nach und nach ein unentwirrbares Chaos von Steintrümmern und Schutt daraus geworden sein wird. Dieser Trümmerhaufen wird seinen bekannten Weg durch den Weltraum fortsezen und überall auf diesem Wege einzelne Teile an andere Sonnen oder Sonnensysteme in Form von Ko meten, welche Stücke zertrümmerter Weltsysteme sind, oder in Form von Meteorsteinringen abgeben. Dieses wird so oft sich wiederholen oder so lange fortdauern, bis endlich die Sonnenmasse in eine große Anzahl von Kometen aufgelöst sein wird, die das Weltall nach allen Richtungen durchschwärmen. Ein kleiner Teil dieser Kometen wird von einzelnen Weltkörpersystemen festgehalten und zu dauernden Bestandteilen derselben in der Form s. g. periodischer Kometen" werden, während die große Mehrzahl derselben in jenen unermeßlichen, von den Massencentren weit entfernten Himmelsregionen, wo die Gravis tationseinflüsse fast verschwinden, festgehalten werden wird. Es sind gewissermaßen die Sammelpläze der die Himmelsräume in enormen Mengen durchirrenden Kometen. Ihr Zusammenstoß erzeugt eine bis zur Gluthize sich erwärmende, nebelartige Masse von ungeheurer Ausdehnung mit einzelnen stärkeren Anziehungsmittelpunkten oder Massenknotenpunkten, wie wir sie in den unregelmäßig gestalteten, mit einzelnen helleren Punkten oder Kernen versehenen Nebelflecken vor uns sehen.„ Es ist also höchst wahrscheinlich, daß diese Nebelflecke wirklich solche Stellen im Weltgebäude sind, solche abgelegene Laboratorien, in denen sich der Stoff langsam zu neuer Lebensfähigkeit vorbereitet." Die Art, auf welche man sich die weitere Entwicklung dieser nebel artigen Massen zu geordneten Weltkörpersystemen vorstellt, ist bekannt.
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Mag nun diese Hypotese oder eine andere der Wahrheit oder Wirklichkeit näher kommen, jedenfalls ist soviel gewiß, daß sich die großen Weltkörper und Weltkörpersysteme in ihrem Leben und Dasein nicht anders verhalten, wie die organischen Körper unserer Erde, oder daß sie, ebenso wie diese, dem allgemeinen und großen Grundgesez des Entstehens und Vergehens unter worfen sind. Im Himmel, wie auf der Erde, im Großen, wie im Kleinen, im Lebenden, wie im Toten reichen sich überall Sein und Werden, Geburt und Tod, Zerfall und Neugestaltung in ununterbrochener Kette einander die Hand, und die alten Mytiker oder Mytenerfinder haben vollkommen richtig geahnt, als sie auf den von ihnen prophezeiten Weltuntergang eine neue Weltentstehung folgen ließen. Jeder Stern oder jeder Himmelsförper durchlebt seinen ihm durch bestimmte Naturgeseze vor geschriebenen Lebenscyklus von Anfang, Bestand und Niedergang, und wahrscheinlich existiren, wie der englische Astronom Proktor scharfsinnig bemerkt, unter den Myriaden von Himmelskörpern keine zwei, welche sich in demselben oder auch nur nahezu in demselben Zustande befinden, indem die an jedem derselben auf seinen verschiedenen Entwicklungsstufen vor sich gehenden Veränderungen nie ganz genau den an einem anderen Körper vollzogenen entsprechen oder entsprochen haben.
Was für die Himmelskörper im allgemeinen gilt, gilt selbstverständlich in gleicher Weise für unseren Wohnplaz oder die Erde, welche sich dereinst oder nach Ablauf vieler Jahrmillionen wieder mit der Sonne, ihrer Wiege und ihrem Grab, vereinigen und ihr ferneres Schicksal als kleinerer Bestandteil des Mutter Körpers teilen wird. Lebende Zeugen wird diese Katastrophe freilich keine haben, da schon lange, lange vorher alles Leben auf der Erdoberfläche erloschen sein wird infolge einer Reihe chemisch- physikalischer Vorgänge, welche zwar nicht auf einmal, aber langsam und allmälich im Laufe langer Jahrtausende oder Jahrmillionen auf den Untergang der die Oberfläche der Erde bevölkernden Organismenwelt oder der Welt des Lebendigen hin arbeiten.
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Der beschränkte Raum der„ N. W." verbietet mir, auf das einzelne dieser Vorgänge näher einzugehen, so interessant auch an und für sich diese Einzelheiten und die daran sich knüpfen