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verkommen lassen, wie die Handweber in unsern Dörfern elend verkommen mit ihren Weibern und Kindern, das glauben wir, Herr, und, wie ich gesagt habe, so wollen wir, nicht so, Ihr Männer?"
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ist's
" So ist's," antworteten die vier andern laut und fest. Glückliche Befriedigung hatte sich über Steins von den Aufregungen der lezten Tage sichtlich angegriffenes Gesicht ge= breitet.
Er reichte dem alten Arbeiter die Hand, dieser schlug ohne Zögern ein und die beiden schüttelten sich die Rechte, wie ein paar alte liebe Freunde.
" Ich danke, Winter," sagte er hörbar bewegt. Ich danke euch alle, die Ihr bei mir arbeitet. Ich kann aber euer Opfer nicht mehr annehmen, dazu ist es zu spät. Dafür aber will ich sorgen, daß euch auf wenigstens ein Jahr die alten höheren Löhne gewiß bleiben. Und was ich sonst noch für euch tun kann, wird sicherlich geschehen, zählt auf mich als auf einen aufrichtigen und treuen Freund."
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"
Auch dafür danken wir Ihnen, Herr," entgegnete der alte Arbeiter, er schüttelte jedoch bedenklich den grauen Kopf dazu, - ,, aber geht's denn wirklich garnicht, mit uns würden Sie's aushalten können von heute an
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,, Wir werden unsre Schuldigkeit tun- andern hinzu.„ Gewiß, Herr."
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immer," fügten die
" Ich glaube es, wie Ihr mir glaubt- ich bin durchaus überzeugt davon, aber ich, der ich in der Kapitalistenwelt ganz allein stehe und nichts als Feinde habe, würde das Etabliſſement auch dann, auch mit meiner Arbeiter treuer Unterſtüzung
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nicht auf die Dauer halten können, das habe ich erkannt, ich weiß jezt, daß die kleinen und die mittleren Kapitalien in der Großproduktion einen völlig aussichtslosen Kampf führen mit den ganz großen und den Kapitalassoziationen, ich würde auch nach der verzweifeltsten Gegenwehr zugrunde gehen und meine Arbeiter in mein Verderben hineinreißen. So opfre ich denn freiwillig den weitaus größten Teil meines ererbten Vermögens und ziehe mich aus dem ruhe und aussichtslosen Kampfe zurück. Dabei habe ich die Genugtuung, meinen Arbeitern wenigstens einen Teil ihrer Zukunft zu sichern, und meine geistigen Kräfte frei zu bekommen zur Betätigung auf dem Gebiete der Wissenschaft, wo sie dem Moloch der schrankenlosen Konfurrenz nicht gänzlich nuzlos zum Opfer fallen können. Das ist mein Standpunkt, Ihr Leute, sagt es den andren allen, nehmt nochmals meine Hand und laßt uns über abgetane Dinge kein Wort mehr reden."
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Stillschweigend reichte einer der Arbeiter nach dem andern ihm die Hand. Stillschweigend, gesenkten Hauptes und mit sehr ernſten Gesichtern schritten sie zur Tür. Nur der Alte drehte sich noch um, ehe er die Tür hinter sich schloß:
,, Wir werden an Sie denken, Herr," sagte er. Franz Stein nickte und wandte sich dann rasch ab. Es war ihm, als wollte ihm weich werden, um's Herz. Nun öffnete er erst die Briefe und Telegramme.
( Schluß folgt.)
Untergang des Nordpoljahrers Jeannette.( Illustration siehe Seite 528 und 529.) Steinhart, dreifach mit Erz umgürtet, singt der römische Dichter Horaz , muß das Herz des Mannes gewesen sein, der zuerst das zerbrechliche Fahrzeug dem wütenden Meere anvertraute und den ungestümen Winden Troz bot. Noch weit zutreffender dürfte die Anwendung dieser klassischen Worte auf jene kühnen Seefahrer sein, welche sich vorgesezt haben, bis zur äußersten Region der Polargegenden vorzudringen, Gegenden, welche einen ganz anderen Karakter haben, als die anderen Erdzonen, Gegenden, die in ewigem Eise starren und gegen deren Temperatur unser strengster Winter nur ein milder Herbst ist, Gegenden, in welchen die Sonne nicht täglich auf- und untergeht, deren Tage und Nächte vielmehr je ein halbes Jahr lang währen. Diese Polarregionen haben von jeher auf die Einbildung der Menschen eine im Winter das Bild des Todes oder zum mindesten der vollständigen Hellwald,( Im ewigen Eis, Stuttgart , 1881.) die wir gewöhnt sind, Ruhe in der Natur zu erblicken, Gegenden uns vorzustellen, die ewig begraben liegen unter einem schneeigen Bahrtuche, Ströme, deren Fluten die Kälte in starre unbewegliche Massen bannt, menschliche Wesen, verurteilt, unter einem Himmel zu leben, dem monatelang die Sonne nicht leuchtet, ihren Hunger mit dem Fleische der Wale, ihren Durst mit dem Trane zn stillen, welcher aus den Riesenleibern jener gewaltigen Tiere gewonnen wird. Und dennoch befizen auch diese öden Himmelsstriche ihre eigenen Reize, welche gewissermaßen die Schrednisse aufwiegen, womit dort die Natur den Menschen umgibt. Behandelt sie auch stief= mütterlich genug die Bewohner der arktischen Zone, so ist doch nichts bemerkenswerter, als die Mannigfaltigkeit der Phänomene, welche eben nur dort zum Vorschein kommen. Karakteristisch sind die seltsamen Lichtdort auf in Begleitung von Ringen oder Höfen, Nebensonnen und effekte der Polarwelt; das so großartige Schauspiel des Nordlichts tritt Rebenmonden, während sich dabei, nach den Versicherungen zahlreicher Beobachter, ein Geräusch vernehmen lassen soll, wie das von knisternden Blättern. In den Höhlen, die in der Masse des angehäuften Eises sich bilden, widerhallt der Schall mit außerordentlichem Klange und gewaltiger Kraft. Die Planeten am nächtlichen Himmelszelte scheinen
man blos durch Hörensagen von der Existenz großer, dem nördlichen Ozean zuſtrömender Flüſſe. Dort hausten wohl auch die Hyperboräer der Sage, von denen man glaubte, daß sie über dem brausenden Boreas ( Nordwind) wohnen, damit der kalte Nordwind sie nicht treffe. Die erste namhafte Erweiterung gegen Norden hin erfuhr der geographische Gesichtskreis des Altertums im Nordwesten Europas mit dem Bekanntwerden der britischen Inseln. Das alte seefahrende Volk der Phönizier, dessen Blütenperiode etwa ein Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung anzusezen ist, soll freilich schon in unvordenklichen Epochen auf dem Seeweg nicht blos nach den britischen Inseln, sondern auch noch weiter nach dem europäischen Norden, selbst nach Skandinavien gelangt sein, was indes mit Grund bestritten wird. Der erste, welcher eine wahr= haftige Polarexpedition unternahm, war Pytheas , ein griechischer Ge
lehrter aus Marseile,( Massilia bei den Alten, Pflanzſtadt der jonischen
Seestadt Phocäa in Kleinasien , berühmt als Handelsstadt und Siz
griechischer Bildung). Ihm verdanken wir die frühesten Nachrichten, welche sich auf ein nordisches Land beziehen. Pytheas , der auf der Höhe der astronomischen Bildung seiner Zeit stand und der erste war, Ser daran dachte, die Astronomie auf die Erdkunde anzuwenden, hatte sein ganzes wissenschaftliches Denken und Trachten auf die Erforschung des Pols gerichtet und sein fester Mannesmut wagte sich endlich au die Reise. Ob er seine Expedition auf eigene Kosten unternahm, ob er sich der Unterstützung der reichen Kaufmannschaft seiner Heimat oder des Staates erfreute, wissen wir nicht. Gewiß ist nur, daß Pytheas die Oberleitung des Unternehmens, das aus jener reinen, unverfälschten Leidenschaft für Wissenschaft und Wahrheit entsprang, die allen großen Forschern und Entdeckern eigen ist, in Händen hatte und Richtung und Ausdehnung der Fahrt nach seinem Belieben bestimmte. Er unternahm seine Reise ca. 325 v. Ch. Er fuhr durch die Säulen des Herfules, wie man im Altertum die Meerenge von Gibraltar nannte, in den Atlantischen Ozean hinaus, an der West- und Nordküste Spaniens und an der Westküste Frankreichs hinauf, an der vielgegliederten Küste der irischen See hin, überschritt den 54. Parallelgrad, welcher dieses Meer dicht im Süden der Insel Man durchschneidet und erreichte die Nordspize Albions . Er strebte noch weiter, fuhr an den Orcaden oder
mit dem Glanze der Fixsterne zu funkeln. Die Wirkungen der Strahlen- Orkneysinseln hin, deren Zahl er annähernd richtig auf dreißig angibt brechung und Zurüdprallung gestalten endlich sehr eigentümlich den Anschein der Dinge, so daß abwechselnd die niedrigsten Gegenstände oft gleich gigantischen Bergen sich aufzurichten oder gähnende Abgründe
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Wer war der erste Polarfahrer? wer der erste, welcher in die Geheimnisse der nordischen Welt eindrang? Tiefe Unwissenheit verschleierte den südlichen Kulturvölkern des Altertums die nördlichen Ge
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und gelangte endlich bis zu den Shetlandinseln. Von da kehrte er um. Kein Grieche und kein Römer nach ihm ist je wieder so hoch in den Norden vorgedrungen. Indem wir uns vorbehalten, auf die bedeutendsten Nordpolfahrten im Mittelalter und in der Neuzeit bei einer anderen Gelegenheit eingehend zurückzukommen, wenden wir uns zur jüngsten, ebenso merkwürdigen als ergebnisreichen Nordpolexpedition des Gelehrten Nils Adolf Erik Nordenskiöld ( geb. 1832 in Helsing
bergen. Seit der Zeit ist er die Seele aller schwedischen Unternehmungen zur Erschließung der arktischen Gegenden. Nachdem er zwei Nordpol
biete unseres Erdteils. Geben die Alten doch dem Zuge der Alpen - fors). Er untersuchte bereits 1864 und wiederholt 1868 die Insel Spizgebirge eine garnicht bestehende Fortsezung nach Nordosten in den fabelhaften Rhipäischen Bergen( Rhipaei montes), welche für sie das Ende
der bekannten Welt bezeichneten. Darüber hinaus nach Norden wußte fahrten glüdlich zu Ende geführt hatte, sollte eine dritte Entdeckungs